Zulassung einer Revision bzgl. der Auslegung und Anwendung landesrechtlicher Vorschriften zur Erhebung von Langzeitstudiengebühren;
Rückgriff auf das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) zur Ausfüllung des Begriffs der wirtschaftlichen Notlage i.S.d. Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG)
Gründe
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von §
132 Abs.
2 Nr.
1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des
revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf.
Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
Die Klägerin will als grundsätzlich bedeutsam geklärt wissen, ob "sich aus Art.
3, Art.
7 Abs.
4 S(atz) 2, Art.
12 Abs.
1 GG, Art.
13 Abs.
1 S(atz) 1 Abs.
2c des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.12.1966 (BGBl. 1973 II S. 1569), der den Ländern die Verpflichtung auferlegt, gleiche Bildungschancen zu wahren, die Notwendigkeit einer verfassungskonformen
Auslegung landesrechtlicher Härtefallregelungen bei der Erhebung von Langzeitstudiengebühren, die auf eine ,wirtschaftliche
Notlage' von Studierenden abstellen, in der Weise (ergibt), dass den Studierenden ein Einkommen in Höhe des
BAföG-Grundbedarfs (Lebensunterhalt plus Unterkunftskosten) zzgl. der tatsächlich zu zahlenden angemessenen Krankenversicherungsaufwendungen
zu belassen ist".
Die Klägerin führt hierzu in der Beschwerdebegründung aus, im Zusammenhang mit der Erhebung von Langzeitstudiengebühren sei
wegen der zwingenden Rechtsfolge der Exmatrikulation bei Nichtentrichtung der Gebühr vor dem Hintergrund des Art.
12 Abs.
1 Satz 1
GG eine allgemeine Härtefallregelung erforderlich, durch die Ausnahmesituationen im Wege einer Gebührenbefreiung, -ermäßigung
oder -stundung Rechnung getragen werden könne. Eine solche Härtefallregelung stelle auch ein Mittel dar, durch das entsprechend
den Erfordernissen des Grundrechts der Berufsfreiheit sichergestellt werden könne, dass ein Zweitstudium nicht wegen des Fehlens
finanzieller Mittel aufgegeben werden müsse. Beide Gesichtspunkte seien in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(Beschlüsse vom 31. März 2006 - 1 BvR 1750/01 - und 1 BvR 1771/01 -, jeweils [...]) geklärt. In Gestalt der Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes
(NHG) in der hier anwendbaren Fassung vom 24. Juni 2002 (Nds. GVBl S. 286), wonach eine unbillige Härte dann anzunehmen sei,
wenn der Gebühreneinzug zu einer wirtschaftlichen Notlage der Studierenden in zeitlich unmittelbarer Nähe zum letzten Abschnitt
der Abschlussprüfung führe, habe der Landesgesetzgeber eine typisierte Härtefallregelung für jene Fälle vorgesehen, in denen
sich ein durch wirtschaftliche Gründe verursachter Studienabbruch als unverhältnismäßig im Hinblick auf die Zwecke der Langzeitstudiengebühren
darstellen würde. Der Inhalt der Vorschrift sei - insbesondere für die Frage, unter welchen Bedingungen eine wirtschaftliche
Notlage anzuerkennen sei - ebenfalls verfassungsrechtlich durch das Grundrecht der Berufsfreiheit vorgeprägt. Insoweit könne
in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zwar im Grundsatz an den Bedarf eines Studierenden, wie
er sich für den Lebensunterhalt aus dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz ergebe, angeknüpft werden. Kranken- und Pflegeversicherungskosten seien jedoch entgegen dem angefochtenen Urteil in ihrer
tatsächlich aufgewandten Höhe und nicht lediglich in Gestalt der Zuschläge nach §
13a BAföG hinzuzurechnen. Denn diese Zuschläge orientierten sich an den Beiträgen der nach §
5 Abs.
1 Nr.
9 SGB V versicherungspflichtigen Studierenden. Dieser Vorschrift unterfielen Langzeitstudierende typischerweise nicht mehr. Sie seien
deshalb gezwungen, eine freiwillige Versicherung mit deutlich höheren Beiträgen abzuschließen. Die Sichtweise des Berufungsgerichts
könne dazu führen, Studierende mit geringem Einkommen von der Aufnahme oder einer Weiterführung des Studiums abzuhalten.
Dieses Vorbringen führt, obwohl es unter anderem an Normen des Bundesverfassungsrechts anknüpft, nicht auf eine ungelöste
Frage des revisiblen Rechts und rechtfertigt deshalb nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht
die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender
Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen
bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen
Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung
darzulegen (vgl. etwa: Beschlüsse vom 6. Oktober 2005 - BVerwG 6 BN 2.05 - Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 80 S. 85, vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 23.08 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 164 S. 5 und vom 17. August 2009 - BVerwG 6 B 10.09 - [...] Rn. 7). Dabei wird eine Rechtsfrage des Landesrechts nicht schon dadurch zu einer grundsätzlichen Frage des revisiblen
Rechts, dass geltend gemacht wird, das Berufungsgericht habe die Frage unter Verletzung von Bundesrecht beantwortet (Beschluss
vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 §
132 VwGO Nr. 277 S. 20). Es muss vielmehr dargelegt werden, dass und inwiefern die jeweils angeführten revisiblen Normen über den
speziellen landesrechtlichen Anwendungsfall hinausreichende Rechtsfragen aufwerfen, die sich nicht auf Grund der bisherigen
höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (Beschlüsse vom 1. September 1992 - BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 §
137 VwGO Nr. 171 S. 18 und vom 17. August a.a.O. Rn. 7).
Wie die Klägerin zutreffend ausführt, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner von ihr in Bezug genommenen Rechtsprechung
geklärt, dass die landesrechtlichen Bestimmungen über die Erhebung von Langzeitstudiengebühren aus Gründen des Bundesverfassungsrechts
(Art.
12 Abs.
1 GG) nicht nur in der hier nicht einschlägigen Konstellation bestimmter Zweitstudien, sondern angesichts der regelmäßig vorgesehenen
berufsbezogenen Sanktionen darüber hinaus auch allgemein zur Bewältigung von Ausnahmesituationen eine Härtefallregelung enthalten
müssen. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass es verfassungsrechtlich geboten
sein kann, eine bestehende Härtefallregelung so anzuwenden, dass eine anderenfalls drohende Aufgabe des Studiums wegen einer
finanziellen Notlage verhindert wird. Ein weitergehender Klärungsbedarf in der von der Klägerin angegebenen Richtung besteht
demgegenüber nicht. Insbesondere lässt sich Art.
12 Abs.
1 GG, ohne dass dies der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte, kein Gebot des Inhalts entnehmen, bei der Anwendung der
Härtefallregelung zur Bestimmung des dem Studierenden zuzubilligenden Unterhaltsbedarfs die Maßstäbe des Bundesausbildungsförderungsgesetzes
heranzuziehen, mag dies auch von der Sache her naheliegen. Denn Art.
12 Abs.
1 GG verlangt nicht, dass dem Studierenden während seines Studiums stets finanzielle Mittel gerade in Höhe der Förderungshöchstbeträge
nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz zur Verfügung stehen. Erst recht gebietet Art.
12 Abs.
1 GG nicht, unter den von der Klägerin bezeichneten Voraussetzungen (Ende der studentischen Versicherungspflicht) von den nach
dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz zu gewährenden (Pauschal-)Leistungen nach oben abzuweichen. Auch die übrigen von der Klägerin genannten bundes(verfassungs)-rechtlichen
Vorschriften enthalten derartige Anforderungen nicht. Vielmehr handelt es sich, soweit das Oberverwaltungsgericht zur Ausfüllung
des Begriffs der wirtschaftlichen Notlage in §
14 Abs.
2 Satz 2 Nr.
3 NHG auf das
Bundesausbildungsförderungsgesetz zurückgegriffen und eine Erhöhung des sich hiernach für die Klägerin ergebenden Förderungshöchstsatzes abgelehnt hat, ausschließlich
um die Auslegung und Anwendung von Landesrecht, zu dessen Klärung die Revision nicht zugelassen werden kann.
2.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.