Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bei Mitgliedschaft in einer berufsständischen
Kammer
Erforderlichkeit der Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit unabhängig vom Wohnort des Beschäftigten
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für dessen Tätigkeit
als Teamleiter Facility Management bei der A. B. GmbH (A.) in C ...
Der am 17.04.1969 geborene Kläger ist Architekt und als solcher seit dem 17.11.2004 in die Architektenliste bei der Architektenkammer
E. eingetragen. Darüber hinaus ist der Kläger seit dem 17.11.2004 Pflichtmitglied im Versorgungswerk der D. Architektenversorgung.
Seit dem 01.04.2017 ist der Kläger als Teamleiter Facility Manamement/Diplomingenieur Architektur in der Niederlassung F.
der A. in C. beschäftigt.
Am 30.05.2017 beantragte er bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
(§
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI)). Auf Nachfrage der Beklagten übersandte der Kläger zur Beschreibung der von ihm ausgeübten Beschäftigung die Stellenausschreibung
des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag sowie eine Aufgabenbeschreibung des Arbeitgebers.
Laut Stellenausschreibung wurde für einen Eintrittstermin 01.01.2017 ein Leiter Facility Management (m/w) gesucht. Die Aufgaben
wurden in der Ausschreibung wie folgt beschrieben: "Als Teamleiter des Bereiches Facility Management in unserer Niederlassung
C. verantworten Sie die Planung, Steuerung und Kontrolle von Instandhaltungsmaßnahmen, den Betrieb und Umbauten unserer Liegenschaften
im Raum C ... In dieser Funktion mit Personalverantwortung leisten Sie einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der Werterhaltung
der Liegenschaften, verantworten einen wirtschaftlichen Betrieb der Gebäudeinfrastruktur und stellen die zur Betriebsdurchführung
notwendigen wirtschaftlichen und kapazitativen Mittel durch weitsichtige Planung und Steuerung sicher. Für interne Kunden
sind Sie Fachberater hinsichtlich der gestellten Anforderung. Sie sind zentraler Ansprechpartner für das jeweilige Produktmanagement
sowie für externe Dienstleister." Hinsichtlich des zu erfüllenden Profils wurden folgende Anforderungen gestellt: "- Abgeschlossenes
Diplom-/Masterstudium im betriebswirtschaftlichen oder technischen Bereich mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung
im Bereich Gebäudemanagement sowie erster Führungserfahrung, - umfassende und tiefgehende Kenntnisse und Erfahrungen zu Themen
des Gebäudemanagements z.B. in den Bereichen Elektro-, Gebäudetechnik und Bauwesen, - umfassende und tiefgehende Kenntnisse
und Erfahrungen mit Planungstechniken, MS-Office, SAP, - umfassende Kenntnisse in der Leitung von Projekten, - verhandlungssicheres
Englisch".
Laut Aufgabenbeschreibung vom 03.04.2017 (unterschrieben auf Arbeitgeberseite vom Leiter Technik und vom Referenten Personalmanagement
sowie vom Kläger als Arbeitnehmer) führt der Stelleninhaber als Teamleiter des Bereichs Facility Management an der Niederlassung
F. in C. diesen Bereich disziplinarisch und fachlich. Er ist verantwortlich für die Planung, Steuerung und Kontrolle von Umbauten,
Instandhaltungsmaßnahmen und den Betrieb einer großen Liegenschaft der A ... Für interne Kunden ist der Stelleninhaber Fachberater
hinsichtlich der gestellten Anforderungen und Ansprechpartner für das jeweilige Produktmanagement sowie für externe Dienstleister.
Das Steuern der zugewiesenen Mitarbeiter, als auch sämtlicher fachbezogener, administrativer und vertraglicher Arbeiten gehört
ebenso zu seinem Aufgabengebiet wie das Erarbeiten von Konzepten, Richtlinien und Anweisungen für den langfristigen Werterhalt
von Gebäuden und Anlagen inklusive der Verantwortung für die Einführung und Umsetzung. Die Hauptaufgaben werden aufgelistet
wie folgt: "- Plant alle erforderlichen Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Niederlassung F.
in C. unter Berücksichtigung der technischen, energetischen, wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen sowie gestaltenden Umstände
der Planung, - initiiert, koordiniert, steuert und verantwortet die Vertragsgestaltung von der Angebotseinholung bis zur Vertragsvergabe
(entsprechend HOAI), - steuert und überwacht Fremdfirmen u.a. bei der Ausführung von Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen (entsprechend HOAI), - entwickelt und steuert Projekte und überwacht und betreut Bauobjekte, - führt zugewiesene Mitarbeiter, - erarbeitet verantwortlich
Konzepte und Richtlinien zur Betreuung der Bausubstanz, führt sie ein und kontrolliert die Einhaltung dieser Konzepte und
Richtlinien, - kontrolliert Auftragserledigung und Abrechnung, insbesondere von Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen, - setzt
verantwortlich Arbeitsschutzmaßnahmen an Arbeitsplätzen, Gebäuden und Anlagen, insbesondere im Rahmen von Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen
um, - verhandelt und stimmt verantwortlich sämtliche Verträge mit den externen/internen Beteiligten ab, dies gilt u.a. für
die Verträge im Zusammenhang mit Umbauten, Instandhaltungsmaßnahmen, dabei berücksichtigt er insbesondere die technischen,
energetischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Vorgaben für die Planung solcher Baumaßnahmen, - optimiert das
Betreiben der Anlage unter Berücksichtigung der technischen, energetischen, wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Vorgaben,
- erstellt Berichte und Empfehlungen aus dem Störungsmanagement, - setzt Prozessverbesserungsmaßnahmen um, - plant und realisiert
umfassend und verantwortlich Umbau- und Ergänzungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der gestaltenden, technischen, energetischen,
wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Vorgaben als verantwortlicher Architekt, - wickelt bauliche und sicherungstechnische
Maßnahmen verantwortlich ab, koordiniert und steuert Fremdfirmen (gegebenenfalls entsprechend HOAI), - führt die Übernahme von Anlagen nach Projektabschluss durch, - erarbeitet die Budgetplanung und ist für das Budgetcontrolling
verantwortlich, - erstellt OLAs und Leistungsscheine und betreibt das dazugehörige Controlling, - verantwortet die Umsetzung
und Einhaltung der technischen und bautechnischen Sicherheitsanforderungen und das Qualitätsmanagement des Gebäudemanagements,
- leitet Projekte und Arbeitsgruppen, - vertritt die Anforderungen zu komplexen Themenstellungen in interdisziplinären Teams,
- bearbeitet selbstständig und verantwortlich Sonderaufgaben." Als Herausforderungen der nächsten Jahre werden bauliche Maßnahmen
zur Sicherung der Gebäude bzw. der Liegenschaft, Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen an der Niederlassung und Durchführung
von energetischen Verbesserungen an den Gebäuden der Niederlassung aufgeführt.
Mit Bescheid vom 04.12.2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht für die abhängige Beschäftigung
ab dem 01.04.2017 als Teamleiter Facility Manager in der Niederlassung F. in C. bei der B. GmbH ab, weil es sich hierbei um
keine berufsspezifische Tätigkeit als Architekt handele. Nach der Vorschrift des §
6 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB VI könne eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für die Beschäftigung erfolgen,
wegen der die Beschäftigten aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer
öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung)
und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer seien. Es müsse ein innerer Zusammenhang
zwischen der Tätigkeit, für die eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht begehrt werde und dem Versicherungsschutz
durch die berufsständische Versorgungseinrichtung bestehen. Ein solcher innerer Zusammenhang werde durch das Merkmal "berufsspezifisch"
gewährleistet. Berufsspezifisch sei eine Tätigkeit, die dem typischen durch die Hochschulausbildung und den entsprechenden
Hochschulabschluss geprägten Berufsbild und Tätigkeitsbereich des Betreffenden entspreche. Nach der Gesamtschau der dem Kläger
übertragenen Aufgaben entspreche seine Tätigkeit nicht dem berufsspezifischen Bild eines Architekten. Hierfür sei weder die
Ausbildung zum Architekten erforderlich noch gäben etwaige berufsspezifische Tätigkeiten der ausgeübten Tätigkeit das Gepräge.
Auch ein abgeschlossenes Diplom-/Masterstudium im betriebswirtschaftlichen oder technischen Bereich wäre eine mögliche Qualifikation
für diese Tätigkeit. Die Tätigkeit entspreche auch nicht dem in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) definierten Leistungsbild, das für die Gebäudeplanung und -realisierung die Leistungsphasen der Grundlagenermittlung, Vorplanung,
Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung, Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung bei der Vergabe, Objektüberwachung
(Bauüberwachung oder Bauoberleitung), Objektbetreuung und Dokumentation umfasse (§ 34 HOAI).
Hiergegen erhob der Kläger am 04.01.2018 Widerspruch. Nach § 1 Abs. 1 des rheinland-pfälzischen Architektengesetzes (ArchG
RP) sei Berufsaufgabe der Architektin und des Architekten insbesondere die gestaltende, technische, energetische, wirtschaftliche,
umweltgerechte und soziale Planung von Bauwerken. Nach Abs. 5 der Vorschrift gehöre zu den Berufsaufgaben auch die Beratung,
Betreuung und Vertretung der Auftraggeber in allen mit der Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängenden Fragen
auch hinsichtlich einer effizienten und nachhaltigen Bauweise sowie die Überwachung der Ausführung. Hierbei fänden zudem funktionale
baukulturelle, rechtliche und ökologische Belange Beachtung. Die Berufsaufgaben umfassten ferner die Projektentwicklung, Projektsteuerung
und Objektunterhaltung sowie die Erstattung von Fachgutachten, die Sachverständigen-, Lehr-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten
und sonstigen Dienstleistungen bei der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen, bei der Nutzung von Bauwerken
und baulichen Anlagen sowie die Wahrnehmung der damit verbundenen sicherheits- und gesundheitstechnischen Belange. Solche
Verrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 5 ArchG RP gehörten zu den überwiegenden Aufgaben des Klägers bei der A ... Neben planerischen
Aufgaben seien dem Kläger die regelmäßige Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen bei der Nutzung von Bauwerken
und baulichen Anlagen sowie die Wahrnehmung der damit verbundenen sicherheits- und gesundheitstechnischen Belange übertragen.
So sei er zuständig für die Planung der Instandhaltung der Gebäudeprimärstruktur (Tragwerk), die Planung der Instandhaltung
der Gebäudehülle, die Planung der Pflege und Entwicklungsplanung der Außenanlagen. Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehöre
es, die Versorgung der Grundstücke sicherzustellen, indem er für die technische Infrastruktur ebenso zu sorgen habe wie für
den Kantinenbetrieb oder die Reinigung. Alle Punkte der Versorgung seien im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass die
baulichen Anlagen gemäß den gesetzlichen Vorgaben nach den sicherheits- und gesundheitstechnischen Belangen betrieben werden
müssten. Dies gelte z.B. für die Trinkwasserversorgung, die Hygiene, den sicheren Betrieb elektrotechnischer Anlagen, die
Erstellung und Überwachung der Brandschutzkonzeption usw. Dem Kläger seien im Übrigen auch Leistungen im Sinne des § 34 Abs. 1 HOAI übertragen, nämlich Leistungen, die den Umbau, die Modernisierung, Instandhaltung und Instandsetzung der Gebäude beträfen.
Aktuelle Aufgaben aus diesem Bereich seien etwa die Entwicklung einer Gestaltungskonzeption für die Sozialräume der Niederlassung,
der Ruheräume, Veranstaltungsräume, der Kantine und Küche, der WC-Anlagen und der Arzt- und Sanitärräume. Der Kläger beauftrage
und steuere externe Architekten und Fachplaner, etwa für die Bauleitung oder die Oberbauleitung. Das Ziel der Entwicklung
dieses Gestaltungskonzepts sei die Erneuerung und Anpassung der Ausbaustandards nach aktuellen Standards, wie etwa inklusiven
Gesichtspunkten, der Arbeitsstättenrichtlinie (Arbeitsschutz), der Gebrauchsfähigkeit der Anlage sowie der Innenraumgestaltung
nach den betrieblichen Anforderungen. Aktuell betreue der Kläger auch den Umbau des Lagers der Niederlassung. Im Rahmen dieser
Umbaumaßnahme verantworte der Kläger die Neukonzeption, die Vergrößerung und den technischen Umbau der vorhandenen Lagerflächen
zu einem neuen Lagerbereich. Es sei im Übrigen bei der A. üblich, dass die Leiterinnen und Leiter des Facility Managements
der Niederlassungen Architektinnen und Architekten sein sollten. Dies gelte etwa auch für die Niederlassung M. der A ... Die
Leiterin Facility Management dort sei Architektin mit der Zusatzausbildung Technisches Gebäudemanagement.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie blieb bei der Auffassung, dass die Tätigkeit
des Klägers nach der Gesamtschau der ihm übertragenen Aufgaben nicht dem berufsspezifischen Bild eines Architekten entspreche.
Hierfür sei weder die Ausbildung zum Architekten erforderlich noch gäben etwaige berufsspezifische Tätigkeiten der ausgeübten
Tätigkeit das Gepräge. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es bei der Ausübung der Tätigkeit dahingehend Überschneidungen gebe,
als dass die Fachkenntnisse als Architekt mitverwertet werden könnten. Nach den vorliegenden Unterlagen sei davon auszugehen,
dass die Ausbildung als Architekt von großem Vorteil sei. Dies reiche aber nicht aus, um eine Tätigkeit als Architekt anzunehmen.
Deswegen hat der Kläger am 26.10.2018 Klage zum Sozialgericht (SG) C. erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er sei Mitglied der Architektenkammer E., die die Architektenversorgung über
die Bayerische Versicherungskammer/Bayerische Architektenversorgung abwickele. Die Auffassung der Beklagten sei falsch und
berücksichtige nicht die aktuelle Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der Befreiungsfähigkeit von Tätigkeiten freier Berufe bei "nicht klassischen" Arbeitgebern. Der 5. Senat des BSG habe in zwei aktuellen Entscheidungen (Urteil vom 07.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - und vom 22.03.2018 - B 5 RE 5/16 R -) bestätigt,
dass die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Ausübung einer approbationspflichtigen
Tätigkeit verlange. Vielmehr sei zu prüfen, wie die Tätigkeit nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften des Berufsrechts
zu beurteilen sei. Dies sei beim Kläger der Fall. Seine Tätigkeit bei der A. entspreche der Tätigkeit, die in § 1 Abs. 5 ArchG
RP beschrieben werde. In einem Beschluss vom 13.12.2018 (B 5 RE 1/18 B) habe das BSG hervorgehoben, dass auch bei der Frage nach der Befreiungsfähigkeit der Tätigkeit von Architektinnen und Architekten auf
eine vermeintliche Zulassungspflichtigkeit (im Sinne einer Approbationspflichtigkeit) abzustellen sei (wohl gemeint: nicht
abzustellen sei). Auch Tätigkeiten "in einem Randbereich" eines verkammerten Berufs lösten die Zwangsmitgliedschaft in der
Berufskammer aus.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben und hat nochmals darauf verwiesen, dass es sich bei der tatsächlich verrichteten
Beschäftigung um die Erledigung typischer Aufgaben nach Maßgabe des jeweiligen Kammergesetzes handeln müsse, d.h. dass die
Tätigkeit die typischen, prägenden Aufgaben nach Maßgabe des Kammer- und Versorgungsrechts umfassen müsse (mit Verweis auf
LSG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 11.07.2016 - L 3 R 877/13 - und vom 19.05.2017 - L 14 R 1109/14 - sowie LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 18.07.2018 - L 5 R 3356/16 - und vom 31.01.2018 - L 5 R 4702/16 -). Kernaufgaben des Architekten seien die gestaltende, technische, ökologische und soziale Planung von Bauwerken, wobei
der planende Aspekt, die Bauwerksausführung und die Bauüberwachung dem Tätigkeitsbild des Architekten das Gepräge gäben. Im
Fall des Klägers ergebe sich aus der Stellenausschreibung eine überwiegend organisatorische, steuernde und koordinierende
Tätigkeit. Dafür spreche auch, dass der Kläger externe Architekten und Fachplaner beauftrage und steuere. Die Tätigkeit als
Teamleiter Facility Manager bei der A. könne daher nicht als im Kernbereich berufsspezifisch angesehen werden, sondern decke
nur einen Teilbereich des Berufsfeldes des Architekten ab.
Das SG hat die Bayerische Architektenversorgung (Beigeladene Ziff. 1), die A. (Beigeladene Ziff. 2) und die Architektenkammer E.
(Beigeladene Ziff. 3) zum Verfahren beigeladen. Die Beigeladene Ziff. 3 hat mitgeteilt, dass der Kläger seit dem 17.11.2004
als Architekt in die Architektenliste eingetragen sei. Infolge der Pflichtmitgliedschaft in der Architektenkammer sei er zugleich
auch Mitglied der D. Architektenversorgung. Soweit sich die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid auf die HOAI beziehe, sei dies falsch. Die HOAI enthalte weder Definitionen zur Architektentätigkeit noch lasse sich sonst aus ihr ableiten, wer Architekt sei. Wenn die
Beklagte in ihrer Klageerwiderung auf einen "Kernbereich" abstelle, der mit den Berufsaufgaben gemäß § 1 Abs. 1 beschrieben
sei, verkenne sie den Wortlaut des ArchG RP. In § 1 Abs. 1 heiße es "insbesondere". Mit dieser Formulierung werde deutlich,
dass die Regelung des § 1 Abs. 1 nicht die abschließende Regelung bezüglich der Berufsaufgaben eines Architekten darstelle.
Die Frage, ob eine befreiungsfähige Beschäftigung im Sinne des §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI vorliege, entscheide sich nach der Rechtsprechung des BSG ausschließlich in Anwendung der Normen des Kammer- und Versorgungsrechts. Das BSG trenne damit nicht in "Kernbereiche" und solche Tätigkeiten, die nicht zum Kernbereich gehörten. Auch habe das BSG in der Entscheidung vom 13.12.2018 (B 5 RE 1/18 B) noch einmal ausdrücklich beschrieben, dass sich die Berufsaufgaben von
Architekten von der früheren klassischen Beschäftigung weiterentwickelt hätten in eine umfassende Betreuung von Bauherren
bzw. Auftraggebern.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG den Bescheid vom 04.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2018 mit Gerichtsbescheid vom 04.06.2019 aufgehoben
und die Beklagte verurteilt, den Kläger von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Tätigkeit
als Teamleiter Facility Management ab dem 01.04.2017 zu befreien. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung anhand
der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen seien (unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 31.12.2012 - B 12 R 3/11 R - und vom 07.12.2017 - B 5 RE 10/16 R -). Unstreitig gingen die Beteiligten davon aus, dass die vom Kläger bei der Beigeladenen
Ziff. 2 ausgeübte Tätigkeit teilweise § 1 Abs. 5 ArchG RP unterfalle. Danach sei ausdrücklich geregelt, dass die Berufsaufgaben
" ... die Projektentwicklung, Projektsteuerung und Objektunterhaltung ..." umfassten. Facility Management - die Tätigkeit
des Klägers - sei bei der Verabschiedung des Architektengesetzes zur Vermeidung von Anglizismen im Gesetzeswortlaut mit dem
Begriff "Objektunterhaltung" übersetzt. Im Übrigen erbringe der Kläger nach seinem Vortrag auch klassische Architektenleistungen.
Insofern sei lediglich noch umstritten, ob es für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht genüge, dass lediglich
ein Randbereich der approbationspflichtigen Tätigkeit berührt werde. Dass mit der Formulierung "insbesondere" in § 1 Abs.
1 ArchG RP deutlich werde, dass die Regelung nicht abschließend die Berufsaufgaben eines Architekten darstelle und insoweit
nicht zwischen "Kernbereichen" und solchen Tätigkeiten, die nicht zum Kernbereich gehörten, unterscheide, habe das BSG mit seinem Beschluss vom 13.12.2018 (B 5 RE 1/18 B) mit der gebotenen Eindeutigkeit klargestellt. Das BSG habe in der genannten Entscheidung konkret für das Berufsrecht der Architekten entschieden, dass der Prüfungsmaßstab dafür,
ob die Tätigkeit eines Betroffenen für einen Architekten berufsspezifisch sei, die im Landesrecht legal definierten Berufsaufgaben
seien. Eine Einschränkung dahingehend, dass nur berufsspezifische Tätigkeiten zu einer Befreiung nach §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI führten, die den Kernbereich der architektonischen Tätigkeit (Planung von Bauwerken) abbildeten, habe das BSG nachvollziehbar abgelehnt. Dem sei seitens der erkennenden Kammer nur noch wenig hinzuzufügen. Das BSG habe im Rahmen des Revisionsverfahrens eine grundsätzliche Auslegung der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGBVI vorgenommen. Die Auslegung dieser Befreiungsvorschrift durch das BSG entfalte nach Auffassung der Kammer auch über diesen Einzelfall hinaus Wirkung. Es sei im Übrigen in dem diesem Beschluss
zugrundeliegenden Verfahren vor dem LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 31.01.2018 - L 5 R 4702/16 -) wie auch in dem aktuell vor dem BSG noch laufenden Verfahren (B 5 RE 1/19 B) zum Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.07.2018 (L 5 R 3356/16) um eine vergleichbare Rechts- und Verfahrenslage gegangen. Es sei nicht zu erwarten, dass das BSG die Befreiungsvorschrift des §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI im noch laufenden Revisionsverfahren anders auslegen werde als im vorherigen Verfahren (B 5 RE 1/18 B).
Gegen den ihr am 01.07.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 03.07.2019 Berufung eingelegt und nunmehr zur
Begründung vorgetragen, dass der Kläger nicht wegen seiner streitgegenständlichen Beschäftigung bei der Beigeladenen Ziff.
2 aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung
und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sei. Nach § 5 Abs. 1 ArchG RP sei in
die Architektenliste auf Antrag einzutragen, wer eine Niederlassung oder einen Wohnsitz in E. habe oder die Berufsaufgaben
überwiegend in E. ausübe. Da der Kläger seine streitgegenständliche Beschäftigung in Baden-Württemberg ausübe, bestehe seine
Pflichtmitgliedschaft in der Architektenkammer E. nicht wegen dieser Beschäftigung. Er sei wegen seines Wohnsitzes (Schriftsatz
vom 18.09.2019) bzw. wegen seiner Niederlassung (Schriftsatz vom 19.12.2019) in die Architektenliste in E. eingetragen und
damit nicht wegen seiner in C./Baden-Württemberg ausgeübten streitgegenständlichen Beschäftigung bei der Beigeladenen Ziff.
2.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 4. Juni 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung des SG sei nicht zu beanstanden. Der Einwand der Beklagten sei unzutreffend. Der Kläger sei in die Architektenliste E. eingetragen,
da er seinen Wohnsitz in E., nämlich in N.-O. habe. Sei er Pflichtmitglied der Beigeladenen Ziff. 3, folge daraus, dass er
auch Pflichtmitglied der Beigeladenen Ziff. 1 sei. Die Auffassung der Beklagten zu Ende gedacht bedeute, dass nur solche Personen
von der Rentenversicherungspflicht befreit werden könnten, die in dem Bundesland wohnten und arbeiteten, in dem sie Mitglied
der berufsständischen Kammer und Versorgungseinrichtung seien. Die Beklagte müsse sich schon die Frage gefallen lassen, ob
sie das Urteil des SG auch dann angegriffen hätte, wenn der Kläger neben seiner Tätigkeit für die Beigeladene Ziff. 2 in Baden-Württemberg in der
Architektenliste verzeichnet wäre.
Die Beigeladene Ziff. 3 beantragt schriftsätzlich,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger sei seit dem 17.11.2004 in die Architektenliste eingetragen und Pflichtmitglied der Architektenkammer E., seit
2008 mit Wohnsitz K. in N.-O. Sämtliche Korrespondenz werde hierüber geführt. Eine Befreiungsmöglichkeit entfalle nicht, wenn
der Architekt nicht an seinem Arbeitsplatz wohne. Auch stelle der Umstand, dass ein Architekt in E. wohne und in Baden-Württemberg
arbeite, keinen Löschungsgrund dar. Maßgeblich für die Eintragung sei der rheinland-pfälzische Wohnsitz und nicht der Beschäftigungsort.
Die weiteren Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten und der Gerichtsakten
beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144,
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat den Bescheid vom 04.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid
vom 04.06.2019 zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger ab dem 01.04.2017 von der Versicherungspflicht
zur gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Denn dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Er hat Anspruch auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für seine Beschäftigung bei der Beigeladenen Ziff. 2.
Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Versicherungspflicht ist §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI: Danach werden von der Versicherungspflicht Beschäftigte für die Beschäftigung befreit, wegen der sie aufgrund einer durch
Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich rechtlichen Versicherungseinrichtung
oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung
Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für
ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen
Kammer bestanden hat, b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze
zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter
Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der
berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.
Der Kläger erbringt bei der Beigeladenen Ziff. 2 seit dem 01.04.2017 eine nicht selbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis
in mehr als nur geringfügigem Umfang; er ist hiernach abhängig versicherungspflichtig beschäftigt, was zwischen den Beteiligten
auch unstreitig ist. Auch die weiteren in §
6 Abs.
1 Satz 1
SGB VI unter a) bis c) aufgeführten Voraussetzungen sind erfüllt.
Der Kläger ist auch - anders als es die Beklagte nunmehr im Berufungsverfahren vertritt - wegen seiner Beschäftigung bei der
Beigeladenen Ziff. 2 aufgrund auf Gesetz beruhender Verpflichtung (Satzung) Mitglied der Beigeladenen Ziff. 1, die eine berufsständische
Versorgungseinrichtung i.S.d. §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI ist, und zugleich aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Mitglied der Beigeladenen Ziff. 3 (berufsständische Kammer).
Nach § 14 Abs. 1 ArchG RP gehören der Architektenkammer alle in die Architektenliste Eingetragenen an. In die Architektenliste
ist auf Antrag einzutragen, wer eine Niederlassung oder einen Wohnsitz in E. hat oder die Berufsaufgaben nach § 1 überwiegend
in E. ausübt und die Berufsbefähigung nachweist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 ArchG RP). Die Eintragung in die Architektenliste ist (u.a.)
zu löschen, wenn die eingetragene Person in E. weder Wohnsitz noch Niederlassung noch den Ort der überwiegenden beruflichen
Tätigkeit hat und keinen Antrag nach Abs. 3 stellt (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 ArchG RP). Auf Antrag des Mitglieds kann im Falle des
Absatzes 1 Nr. 3 sowie bei vorübergehender Einstellung der Berufsausübung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren das Ruhen
seiner Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft in der Architektenkammer angeordnet werden (§ 7 Abs. 3 ArchG RP).
Pflichtmitglieder der Architektenversorgung sind gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung der D. Architektenversorgung vom 07.12.2005
(Bayerischer Staatsanzeiger Nr. 50), zuletzt geändert durch Satzung vom 14.11.2019 (Bayerischer Staatanzeiger Nr. 48) alle
nicht berufsunfähigen Mitglieder der D. Architektenkammer, darüber hinaus nach Abs. 3 auch Mitglieder anderer Architektenkammern,
die nach Maßgabe von Staatsverträgen in den Tätigkeitsbereich der Architektenversorgung einbezogen sind. Im vorliegenden Fall
ist dies durch den Staatsvertrag zwischen Bayern und E. über die Zugehörigkeit der Architekten/innen des Landes E. zur D.
Architektenversorgung erfolgt. Nach dessen Art. 1 Abs. 1 sind die nicht berufsunfähigen Mitglieder der Architektenkammer E.
Mitglieder der D. Architektenversorgung. Soweit die Satzung der D. Architektenversorgung Rechtswirkungen an die Zugehörigkeit
zur D. Architektenkammer knüpft, ergeben sich die gleichen Rechtswirkungen für die Mitglieder der Architektenkammer E. aus
der Zugehörigkeit zu dieser Kammer (Art. 1 Abs. 3 des Staatsvertrages).
Der Kläger ist seit dem 17.11.2004 ununterbrochen in die Architektenliste des Landes E. eingetragen, seit 2008 mit einem Wohnsitz
K. in N.-O. Das wurde durch die Beigeladene Ziff. 3 mehrfach schriftsätzlich bestätigt. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte
dafür vor, dass die Eintragung mangels Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen im November 2004 nicht zu Recht erfolgt sein
sollte. Dies wird auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt. Zwar hat der Kläger zwischenzeitlich mehrere Jahre einen
Wohnsitz in Berlin innegehabt und ist nunmehr seit März 2020 in C. wohnhaft. Dies hindert ihn jedoch nicht, einen (Neben-)Wohnsitz
im rheinland-pfälzischen N.-O. beizubehalten. Aus der Eintragungsvoraussetzung "Wohnsitz" in E. in § 5 Abs. 1 ArchG RP ergibt
sich nicht zwingend, dass es sich hierbei um den Hauptwohnsitz handeln muss. Auch wurde eine Löschung zu keinem Zeitpunkt
vom Kläger beantragt. Ebenso wenig wurde eine Löschungsentscheidung von der Beigeladenen Ziff. 3 getroffen.
Die Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beigeladenen Ziff. 3 ist auch nicht dadurch entfallen, dass der Kläger zum 01.04.2017
eine Beschäftigung bei der Beigeladenen Ziff. 1 in C./Baden-Württemberg aufgenommen hat.
Der nunmehr im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung der Beklagten, dass eine Befreiung schon deshalb nicht in Betracht
komme, weil der Kläger wegen seines Wohnsitzes/seiner Niederlassung in E. (N.-O.) und nicht wegen seiner in C./Baden-Württemberg
ausgeübten Beschäftigung Pflichtmitglied in der Architektenkammer E. sei, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Das BSG hat (im Zusammenhang mit dem anwaltlichen Berufs- und Versorgungsrecht) ausgeführt, dass sich das Verständnis von §
6 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB VI an seiner systemübergreifenden Koordinierungsfunktion (Möglichkeit der Vermeidung einer Doppelbelastung mit Beiträgen und
einer mehrfachen Absicherung vergleichbarer Risiken) zu orientieren habe (BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, Juris. Rn. 29; zum Gesetzeszweck auch Dankelmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VI, 2. Aufl., §
6 SGB VI - Stand: 03.09.2020 -, Rn. 35). Dieses überzeugende Grundverständnis legt auch der Senat der Auslegung zugrunde. Gesetzlich
gefordert ist die positive Feststellung, dass dieselbe Erwerbstätigkeit, die die Mitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung
begründet, wegen ihrer Ausübung in der Form der Beschäftigung zugleich Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
begründet (BSG, Urteil vom 03.04.2014 - B 5 RE 13/14 R -, Juris Rn. 46). Dabei ist unter "derselben Beschäftigung" im Sinne der Norm die
"von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" zu verstehen. Die Befreiung ist zudem ausdrücklich beschränkt "auf die jeweilige
Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit". Der Gesetzeswortlaut definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht
damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa
Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status. Maßgeblich ist vielmehr die Klassifikation konkret der
Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird. Auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten oder Selbstständigen
kommt es nicht an (BSG, Urteile vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R -, Rn. 34/35 und vom 07.12.2017 - B 5 RE 10/16 R -, Juris Rn. 20).
Die Wendung "für die Beschäftigung, wegen der " wurde mit der Änderung von §
6 SGB VI zum 01.01.1996 ins Gesetz aufgenommen. Die davor gültige Fassung der Norm hatte lediglich die Mitgliedschaft in einer berufsständischen
Versorgungseinrichtung gefordert. Grund für die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeiten war die - gesetzgeberisch unerwünschte
- Neuerrichtung und Erweiterung berufsständischer Vorsorgesysteme in Bereichen auch außerhalb bisheriger freier Berufsausübung.
Zielsetzung der Änderungen war eine "Festigung der Friedensgrenze zwischen gesetzlicher Rentenversorgung und berufsständischer
Versorgung" sowie der in jüngster Vergangenheit beobachteten Ausweitung berufsständischer Versorgungswerke entgegenzuwirken,
gleichzeitig jedoch weiterhin geschlossene Versicherungsbiographien in bewährten berufsständischen Versorgungseinrichtungen
zu ermöglichen (BT-Drs. 13/2590, S. 18, 21 f.). Um eine schärfere Abtrennung der Berufsgruppen vorzunehmen, die in einem berufsständischen
Versorgungswerk versichert sind, wurde die Befreiungsmöglichkeit der Mitglieder einer berufsständischen Versorgung nur noch
für den Fall zugelassen, dass neben der Mitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk die Mitgliedschaft in der
jeweiligen Berufskammer vorgeschrieben wurde (BT-Drucks. 13/2590 S. 18). Konkretere Anhaltspunkte zur Interpretation der Wendung
"für die Beschäftigung, wegen" enthält die Gesetzesbegründung nicht. Es wird lediglich ausgeführt, dass mit der Neufassung
von Satz 1 Nr. 1
SGB VI ferner klargestellt werde, auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränke (BT-Drs. a.a.O. S.
22).
Grundsätzlich ist ein Versicherter nicht wegen irgendeiner Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit Mitglied einer berufsständischen
Versorgungseinrichtung. Er ist Einrichtungsmitglied, weil er Mitglied einer Kammer ist. Die Kammermitgliedschaft wiederum
beruht nicht auf einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, sondern zunächst darauf, dass eine bestimmte Qualifikation
erzielt wurde (s. hierzu ausführlich Giesen, Rentenversicherungspflicht angestellter Freiberufler, NZA 2014, S. 1297, 1299; vgl. auch Horn, Das Befreiungsrecht der Syndikusanwälte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, NZS 2014, S. 245, 246). Diese Diskrepanz zwischen Berufsrecht (personenbezogene Zuordnung zu einer Kammer mit der Folge der Pflichtmitgliedschaft
in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung) und dem tätigkeitsbezogenen Ansatz des Sozialrechts (§
6 Abs.
5 SGB VI knüpft die Befreiung an die jeweilige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit) ist nach Auffassung des Senats im Rahmen
der Auslegung der Befreiungsvorschrift des §
6 Abs.
1 SGB VI aufzulösen: Für die vom Gesetz verlangte kausale Verknüpfung von Tätigkeit und Mitgliedschaft in der entsprechenden Kammer
und Versorgungseinrichtung ist die Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit erforderlich, aber auch ausreichend (so im
Ergebnis auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.02.2020 - L 3 R 278/17 -, Juris Rn. 42).
Die Auslegung der Beklagten würde im Übrigen zu dem Ergebnis führen, dass der Kläger von der Versicherungspflicht befreit
werden könnte, wenn er seine Beschäftigung in E. ausüben würde, nicht jedoch bei einer Beschäftigung in einem anderen Bundesland.
Dies dürfte weder der Intention des Gesetzgebers entsprechen noch mit der grundgesetzlich garantierten Berufsfreiheit bzw.
dem Recht auf Freizügigkeit zu vereinbaren sein. Der Gesetzeszweck, in den Berufszweigen, in denen sich berufsständische Versorgungswerke
etabliert und für ihre Mitglieder die Aufgaben der sozialen Absicherung übernommen haben, durch die Befreiungsmöglichkeit
eine Doppelversorgung zu vermeiden und wie oben dargelegt geschlossene Versicherungsbiographien zu ermöglichen, gilt unabhängig
vom jeweiligen Wohn- oder Beschäftigungsort. Maßgebend ist vielmehr wie dargelegt die Pflichtmitgliedschaft in Kammer und
Versorgungseinrichtung bei Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit. Dass der Kläger - wie im Rahmen der Argumentation
des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung angeklungen - u.U. die Möglichkeit hätte, durch eine Aufnahme in die
baden-württembergische Architektenkammer die Befreiungsvoraussetzungen herbeizuführen, ist für die vorliegend zu treffende
Entscheidung nicht von Belang - vielmehr eher ein weiteres Argument dafür, dass ausschlaggebend ausschließlich die Ausübung
einer berufsspezifischen Tätigkeit sein muss.
Ob diese Voraussetzung einer berufsspezifischen Tätigkeit erfüllt ist, ist - wie bereits das SG zutreffend dargelegt hat - anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (BSG, Urteil vom 07.12.2017 - B 5 RE 10/16 R -, Juris Rn. 15, 19 f.). Auch eine Tätigkeit "in einem Randbereich" eines verkammerten
Berufs ist eine die Zwangsmitgliedschaft in der Berufskammer begründende Berufsausübung (BSG, Urteil vom 13.12.2018 - B 5 RE 1/18 B -, Juris Rn. 36 mit Verweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.01.1996 -
1 C 9/93, Juris Rn. 24 -; BSG, Urteil vom 07.12.2017 - B 5 RE 10/16 R -, Juris Rn. 30).
Diese Rechtsprechung erscheint dem Senat wie bereits dem SG überzeugend, weshalb er sich dieser in vollem Umfang anschließt. Anderweitigen Auslegungen, wonach es nicht ausreichend sein
soll, wenn eine Beschäftigung ausgeübt wird, die lediglich einen Teilbereich des Berufsfeldes des Architekten abdeckt (vgl.
nur LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 31.01.2018 - L 5 R 4702/16 -, Juris und vom 18.07.2018 - L 5 R 3356/16 -, Juris), ist hiermit auch nach der Auffassung des Senats die Grundlage entzogen. Durch die Beklagte wurde der entsprechende
Vortrag aus dem Verfahren vor dem SG nicht weiter vertieft, sondern der Schwerpunkt der Argumentation auf die oben diskutierte Frage der Mitgliedschaft wegen
der streitgegenständlichen Beschäftigung gelegt. Das von der Beklagten im Rahmen des Vortrags vor dem SG angesprochene Verfahren B 5 RE 1/19 R ist nicht mehr beim BSG anhängig (laut Juris-Nachweis zum der Revision zu Grunde liegenden Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 18.07.2018 - L 5 R 3356/16 -, in dem die Befreiungsvoraussetzungen wegen Tätigkeit nur in einem Teilbereich des Berufsfeldes eines Architekten verneint
worden waren, "sonstige Erledigung: Anerkenntnis vom 09.06.2020"). Auch in diesem Verfahren scheint demnach die Beklagte ihre
Position nicht weiter aufrecht gehalten zu haben.
Berufsspezifisch für einen Architekten ist eine Tätigkeit, bei der die durch das Architekturstudium erworbenen Kenntnisse
eingesetzt werden. Zu messen ist dies vorliegend an den Maßgaben des ArchG RP. Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend dargelegt, dass der Kläger bei der Beigeladenen
Ziff. 2 jedenfalls auch und nicht nur in untergeordnetem Umfang Tätigkeiten ausübt, die von § 1 Abs. 1 und Abs. 5 ArchG RP
erfasst sind. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung uneingeschränkt an.
Gemäß § 1 Abs. 1 Architektengesetz E. (ArchG RP) ist Berufsaufgabe der Architektin und des Architekten insbesondere die gestaltende,
technische, energetische, wirtschaftliche, umweltgerechte und soziale Planung von Bauwerken. Nach Abs. 5 der Vorschrift gehören
zu den Berufsaufgaben auch die Beratung, Betreuung und Vertretung der Auftraggeberin oder des Auftraggebers in allen mit der
Planung und Durchführung eines Vorhabens zusammenhängenden Fragen auch hinsichtlich einer effizienten und nachhaltigen Bauweise
sowie die Überwachung der Ausführung. Hierbei finden zudem funktionale, baukulturelle, rechtliche und ökologische Belange
Beachtung. Die Berufsaufgaben umfassen ferner die Projektentwicklung, Projektsteuerung und Objektunterhaltung sowie die Erstattung
von Fachgutachten, die Sachverständigen-, Lehr-, Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten und sonstigen Dienstleistungen bei
der Vorbereitung und Steuerung von Planungs- und Baumaßnahmen, bei der Nutzung von Bauwerken und baulichen Anlagen sowie die
Wahrnehmung der damit verbundenen sicherheits- und gesundheitstechnischen Belange.
Zu den Aufgaben des Klägers gehört nach dem Inhalt der vorgelegten Aufgabenbeschreibung u.a. die Planung, Steuerung und Kontrolle
von Umbauten, Instandhaltungsmaßnahmen und der Betrieb der Liegenschaft der Beigeladenen Ziff. 2 in C ... Hierzu hat er im
Einzelnen die bereits oben aufgeführten Aufgaben zu erfüllen. Hat der Kläger daher sowohl planende als auch lenkende, koordinierende
und überwachende Aufgaben hinsichtlich der Planung von Umbau- und Instandhaltungsmaßnahmen, übt er Tätigkeiten aus, die bereits
von § 1 Abs. 1 ArchG RP umfasst sind. Hinsichtlich der Organisation von Instandhaltungsmaßnahmen, Optimierung des Betriebs
von Anlagen sowie der Umsetzung und Einhaltung der technischen und bautechnischen Sicherheitsanforderungen und des Qualitätsmanagements
des Gebäudemanagements übt er Tätigkeiten aus, die von Abs. 5 der Vorschrift, insbesondere dort genannten Projektentwicklung,
Projektsteuerung und Objektunterhaltung erfasst werden.
Nachdem keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die tatsächlich vom Kläger durchgeführten Tätigkeiten von denen in der Aufgabenbeschreibung
abweichen, erweist sich jedenfalls ein großer Teil der vom Kläger ausgeübten regelmäßigen Tätigkeit als berufsspezifisch.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Sie berücksichtigt, dass die Beigeladene Ziff. 3 unter Übernahme eines Prozessrisikos einen erfolgreichen Sachantrag gestellt
hat.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zugelassen. Die Rechtsfrage, ob sachlicher Anknüpfungspunkt für die Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
6 Abs.
1 Satz 1
SGB VI ausschließlich die Ausübung einer berufsspezifischen Tätigkeit unabhängig vom Wohnort des Beschäftigten ist, ist über den
Einzelfall hinaus von Bedeutung und bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt.