Tatbestand:
Die Klägerin Ziff. 1 wendet sich gemeinsam mit ihren minderjährigen Söhnen, den Klägern Ziff. 2 und Ziff. 3 gegen die Inanspruchnahme
als Erben des verstorbenen hilfebedürftigen Ehemannes der Klägerin Ziff. 1 bzw. Vaters der Kläger Ziff. 2 und 3 durch den
Sozialhilfeträger.
Der beklagte Sozialhilfeträger, der Landkreis Tübingen, erbrachte für den verstorbenen Ehemann der Klägerin Ziff. 1 und Vater
der Kläger Ziff. 2 und 3 Leistungen in Form der Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung, nachdem dieser nach einem Schlaganfall
im Pflegeheim R. in Reutlingen untergebracht war. Dem Beklagten entstand in der Zeit vom 8. März 2004 bis zum 3. September
2005 (Todestag des Ehemannes der Klägerin Ziff. 1) einen Sozialhilfeaufwand in Höhe von insgesamt 49.269,08 €.
Nachdem der Ehemann der Klägerin Ziff. 1 bzw. Vater der Kläger Ziff. 2 und 3 am 3. September 2005 verstorben war, wurden die
Klägerin Ziff. 1 zur Hälfte und die Kläger Ziff. 2 und 3 je zu einem Viertel gesetzliche Erben. Im Nachlass befindet sich
die Miteigentumshälfte an der Eigentumswohnung M. 2 bis 6, Wohnung Nr. 4 in G. (111 qm). Die Restdarlehenssumme betrug zum
damaligen Zeitpunkt 44.777,37 € (derzeit noch 42.232,99 €). Die Wohnung war ursprünglich (1996) von der Klägerin Ziff. 1 und
ihrem verstorbenen Ehemann für 345.000,00 DM gekauft worden.
Mit Bescheiden vom 27. Juli 2006 wurde die Klägerin Ziff.1 in Höhe von 23.599,54 € und die Kläger Ziff. 2 und 3 in Höhe von
jeweils 11.799,77 € zur Erstattung von an den verstorbenen Ehegatten bzw. Vater gezahlten Sozialleistungen aufgrund der erlangten
Erbenstellung aufgefordert. Dem lag folgende Berechnung zugrunde: ausgegangen wurde vom Kaufpreis von 345.000,00 DM, umgerechnet
176.395,70 €. Unter Berücksichtigung der Restschuld zum 30. September 2005 in Höhe von 44.777,37 € sei von einem Nachlasswert
von 65.809,17 € auszugehen (176.395,70 € - 44.777,37 € = 131.618,33 € : 2 = 65.809,17 €). Mit dem Tod des Ehegatten habe die
Klägerin Ziff. 1 von seinem Eigentumsanteil die Hälfte und die beiden Kinder zusammen die andere Hälfte geerbt. Gemäß § 102
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII) seien die Erben zum Ersatz der Kosten, die innerhalb eines Zeitraumes
von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden seien und das Dreifache des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 SGB XII übersteigen
würden, verpflichtet. Die Ersatzpflicht der Erben gehöre zu den Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von §
1967 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Der Erbe hafte mit dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses.
Der Grundbetrag liege derzeit bei 690,00 €. Der dreifache Grundbetrag belaufe sich auf 2.070,00 €. Insgesamt seien in der
Zeit, in der sich der Ehemann der Klägerin Ziff. 1 im Pflegeheim befunden habe, 49.269,08 € vom Sozialhilfeträger übernommen
worden. Der Betrag, der als Kostenersatz durch die Erben zurückgefordert werde, liege somit bei 47.199,08 €. Entsprechend
der Erbanteile der Klägerin Ziff. 1 und der Kläger Ziff. 2 und 3 seien anteilig Kosten in Höhe von 23.599,54 € durch die Klägerin
Ziff. 1 und jeweils 11.799,77 € durch die Kläger Ziff. 2 und 3 zu erstatten.
Dagegen erhoben die Kläger Widerspruch mit der Begründung, die Inanspruchnahme der Kläger als Erben würde eine besondere Härte
bedeuten. Es würde sich um einen schlimmen Schicksalsschlag handeln, nachdem der Ehemann und Vater im Alter von erst 46 Jahren
seiner Familie nach einem Schlaganfall und anschließender Vollpflegebedürftigkeit im Koma entrissen worden sei. Die Klägerin
sei nicht einmal 35 Jahre alt, die beiden Söhne elf und zwei Jahre. Die Klägerin Ziff. 1 arbeite halbtags, um ihre Familie
über Wasser zu halten und habe ein Gehalt von netto 600,00 € erzielt. Ausreichende Mittel, den Sozialhilfeaufwand zurückzuzahlen,
würden damit nicht vorliegen. Eine Verwertung der Wohnung sei indessen praktisch nur durch den Auszug der Familie möglich,
was unzumutbar sei. Darüber hinaus sei zu erwarten, dass bei Verwertung der Wohnung die Klägerin selbst Sozialleistungen für
sich und ihre Kinder in Anspruch nehmen müsse. Im Übrigen sei der Wohnungsanteil des verstorbenen Ehegatten dessen Schonvermögen
gewesen und es auch nunmehr für die Erben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2007 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger zurück. Im Ergebnis hielt er an seiner
Auffassung fest und führte ergänzend noch aus, dass nicht verkannt werde, dass die Situation der Kläger nach dem Tod des Ehemannes
und Vaters in finanzieller Hinsicht gerade sehr schwierig sei. Außergewöhnliche persönliche oder wirtschaftliche Umstände,
die zur Anerkennung einer besonderen Härte nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII führen könnten, seien in Bezug auf die Entscheidung
zum Kostenersatz jedoch nicht erkennbar. Dem Einwand, wonach eine mögliche Sozialhilfebedürftigkeit der Kläger, die durch
den Kostenersatz entstehen könne, abgewendet werden müsse, werde über die Vereinbarungen zu den Rückzahlungsmodalitäten Rechnung
getragen. Ein von den Klägern angeführtes Urteil des VGH München vom 26. Juli 1993 sei auf den hier vorliegenden Sachverhalt
nicht einschlägig, da es sich beim dort entschiedenen Fall erstens um Eheleute gehandelt habe, die im Güterstand der Gütergemeinschaft
gelebt hätten, und es sich zweitens beim geschützten Vermögen um einen landwirtschaftlichen Betrieb gehandelt habe, der vom
Gericht als eine unzertrennbare wirtschaftliche Einheit angesehen worden sei, wovon man bei einer Eigentumswohnung nicht ausgehen
könne.
Es entspreche vielmehr Sinn und Zweck des § 102 SGB XII, dass der Erbe den Kostenersatz gerade aus dem ihm hinterlassenen
Vermögen leiste, das zu Lebzeiten des Hilfeempfängers Schonvermögen gewesen sei. Soweit er nicht selbst hilfebedürftig sei,
könne er sich nicht darauf berufen, dass sich die Regelung über Schonvermögen auch zu seinen Gunsten auswirke. Der vererbte
Anteil an der Eigentumswohnung stelle somit kein Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII dar. Es werde insoweit auf die
entsprechende Rechtsprechung (Urteil VGH Mannheim vom 7. Oktober 1992, Urteil des VGH NRW vom 20. Februar 2001 oder Urteil VG Münster vom 2. November 2004) verwiesen.
Aufgrund der finanziellen Situation der Kläger werde im Übrigen auf die Möglichkeit hingewiesen, Ratenzahlungen zu vereinbaren
oder Stundung zu beantragen.
Hiergegen haben die Kläger am 22. Mai 2007 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zur Begründung haben die Kläger vorgetragen, § 102 SGB XII sei nach seinem Sinn und Zweck auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Klägerin Ziff. 1 sei lange vor dem
Erbfall bereits hälftige Miteigentümerin der Wohnung gewesen. Nachdem kein weiteres Grundvermögen vorliegen würde, handele
es sich um die Existenzgrundlage der Kläger. Die selbst genutzte Eigentumswohnung sei indessen grundsätzlich Schonvermögen
im Sinne des Sozialrechts, soweit sie vom potentiellen Sozialhilfeempfänger bewohnt werde und kein anderer Wohnraum zur Verfügung
stehe. Die Wohnung sei damit zu Lebzeiten des Ehegatten der Klägerin Ziff. 1) für diesen eindeutiges Schonvermögen gewesen,
weshalb es auch unangetastet geblieben sei. Nun sei aber auch die Wohnung für die Kläger Schonvermögen, soweit diese selbst
Sozialleistungen beantragen müssten. Es gehe zwar lediglich um die Wohneigentumshälfte der Kläger, faktisch müsse indessen
die gesamte Wohnung verwertet werden, soweit die Forderung zu bedienen sei. Eine separate Verwertung sei gerade nicht möglich.
Vielmehr würde die Wohnung eine wirtschaftliche Einheit bilden. Die Gründe, die vor dem Tod des Ehemannes für die Verschonung
des Vermögens tragend gewesen seien, seien es auch unverändert nach dessen Tod. Unter Berücksichtigung der persönlichen Situation
der Kläger und auch der Einkommensverhältnisse würde darüber hinaus auch eine besondere Härte vorliegen.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass an die Kläger unstreitig die Hälfte der Eigentumswohnung
im Wert von 65.809,17 € vererbt worden sei. Die Klassifizierung der Wohnung als Schonvermögen habe mit dem Tod des Erblassers
geendet. Inwieweit diese Wohnung wiederum zu Schonvermögen werde, dadurch, dass die Kläger selbst hilfebedürftig würden, sei
rein hypothetisch. Darüber hinaus sei die Vorschrift des § 102 SGB XII anwendbar, da es Sinn und Zweck dieser Vorschrift sei,
vom Erben Kostenersatz aus dem ihm vom Hilfeempfänger hinterlassenen Vermögen zu fordern, um so sachlich ungerechtfertigte
Vorteile des Erben zu vermeiden und den Wert des Erbes klar zu beziffern. Es sei zwar praktisch schwierig, die ererbte Hälfte
der Wohnung zu verwerten. Diese Schwierigkeiten würden jedoch nicht so stark wiegen, dass von einer Nichtverwertbarkeit auszugehen
wäre. Die Voraussetzungen für die Begründung einer besonderen Härte würden nicht vorliegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2008 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 27. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2007 aufgehoben. Das
SG hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für einen Kostenersatz durch die Erben nach § 102 SGB XII
bei den Klägern nicht vorliegen würden. Die Regelung des § 102 SGB XII sei insoweit einschränkend nach Sinn und Zweck dahingehend
auszulegen, dass eine Kostenerstattungspflicht nur dann eintrete, wenn hierdurch sachlich ungerechtfertigte Vorteile der Erben
vermieden würden. § 102 SGB XII begründe eine selbstständige Erbenhaftung für dem Erblasser rechtmäßig erbrachte Leistungen
der Sozialhilfe. Die Vorschrift solle eine Heranziehung der Erben zum Kostenersatz unabhängig von zum früheren Zeitpunkt zugunsten
des Leistungsberechtigten bestehenden Schutzvorschriften ermöglichen. Vor Schaffung der Vorgängerregelung des § 102 SGB XII, dem § 92c Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei ein Rückgriff nur im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge in Betracht gekommen. Nachdem dabei jedoch die Erben in die Rechtsstellung
des Leistungsberechtigten eingetreten seien, seien sie dadurch in der Lage gewesen, sich auf die dem Erblasser zustehenden
Schutzvorschriften zu berufen. Nachdem nicht gerechtfertigt erschienen sei, dass den Erben der Hilfeempfänger, besonders denjenigen,
die dem Hilfeempfänger nicht nahegestanden hätten, nur deshalb zu Lasten der Allgemeinheit Vermögen zuwachse, weil dem Hilfeempfänger
und seinen nächsten Angehörigen selbst die Verwertung dieser Vermögen nicht zugemutet worden sei, habe sich der Gesetzgeber
zur Einführung des § 92c BSHG entschlossen. Insoweit diene die vorliegende Regelung dazu, dem Erben nicht daraus Vorteile entstehen zu lassen, dass der
Hilfebedürftige Vermögen nicht einzusetzen habe, während ein anderer Hilfebedürftiger, welcher lediglich auf sein Einkommen
angewiesen sei, aufgrund des Einkommenseinsatzes zur teilweisen Deckung des Sozialhilfebedarfes nicht mehr in der Lage sei,
Vermögen anzusparen, welches in die Erbmasse fallen würde.
Zu beachten sei weiter, dass die Vermögensschutzvorschrift des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII das Familienheim der Bedarfs- oder
Einstandsgemeinschaft schütze. Nachdem der Gesetzgeber darauf abstelle, dass ein Vermögenszuwachs für den Fall, dass dem Hilfebedürftigen
und den nächsten Angehörigen die Vermögensverwertung nicht zugemutet werden sollte, die Erbenhaftung greifen solle, sei daran
zu denken, dass der Gesetzgeber in diesem Fall nur für außenstehende Dritte, welche nicht der durch die ursprüngliche Schutzvorschrift
geschützten Mitglieder der Bedarfs-/Einstandsgemeinschaft entsprechen würden, gelten solle. Darüber hinaus solle die Schutzvorschrift
des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII sicherstellen, dass auch bei Unterbringung des Hilfebedürftigen in einer Pflegeeinrichtung,
das bedeute, bei Nichtbewohnen der im Schonvermögen stehenden Wohnung eine Verwertung nicht zugemutet werde. Der hieraus resultierende
Schutz der nicht im Leistungsbezug stehenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bedeute in der Konsequenz, dass der Gesetzgeber
deren Interesse an einem Fortbestand der Wohnung für schützenswert erachte und trotz Vorhandenseins dieses Vermögenswertes
Sozialleistungen erbringe. Dies manifestiere sich für den Fall des Versterbens des Leistungsberechtigten in § 90 Abs. 2 Nr.
8 Satz 1 SGB XII dahingehend, dass das Hausgrundstück auch für den Fall geschützt sei, dass es nach dem Tode des Leistungsberechtigten
von dessen Angehörigen bewohnt werden solle. Insoweit gehe der Gesetzgeber selbst davon aus, dass das angemessene Hausgrundstück
den nahen Angehörigen des Erblassers weiter zur Verfügung stehe.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze entspreche es nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 102 SGB XII, dass
die nahen Angehörigen des Hilfebedürftigen aus dem Nachlass, welcher letztlich in der nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützten
Eigentumswohnung bestehe, Kostenersatz zu leisten habe. Diese Regelung ziele vielmehr darauf ab, ungerechtfertigte Vorteile
des Erben zu vermeiden. Im vorliegenden Fall sei der Vorteil aber zum einen dadurch bereits gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber
in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bereits davon ausgehe, dass die geschützte Wohnung nach dem Tod des Erblassers von den nahen
Angehörigen weiter genutzt werden könne. Darüber hinaus stelle der Miteigentumsanteil keinen ungerechtfertigten Vermögenszuwachs
bei den Erben des Leistungsberechtigten dar. Für den Fall, dass die Kläger selbst hilfebedürftig werden sollten, wäre der
ererbte Miteigentumsanteil als Schonvermögen zu betrachten. Dies bedeute im Ergebnis, dass der Gesetzgeber sie von einem Vermögenseinsatz
freistellen würde und stattdessen selbst eintreten würde.
Der Beklagte hat gegen den ihm mit Empfangsbekenntnis am 6. November 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 29. November 2008
Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Beklagte geltend, der Rechtsauffassung des SG könne man nicht folgen. Der vorgenommene Bezug auf § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bei der Auslegung des § 102 SGB XII erscheine für die getroffene Entscheidung nicht relevant. Es werde
darauf hingewiesen, dass beide Vorschriften unterschiedliche Regelungsinhalte hätten. § 102 SGB XII definiere eigenständig
die Haftung des Erben, wobei ihm eindeutig nicht mehr die Privilegierung des verstorbenen Leistungsbeziehers zugute kommen
solle. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGBXII - nämlich u.a. die tatsächliche Nutzung der nachfragenden Person oder
einer zur Einsatzgemeinschaft gehörende Person und weiterhin die Nutzung der Immobilie durch Angehörige nach Versterben der
nachfragenden Person - seien vor der Gewährung von Sozialleistungen zu klären. Jede danach geschützte Immobilie habe den Zweck
der Sicherung einer Familienwohnung. Die künftige Verwendung der Immobilie sei aber nur in diesem Zusammenhang von Interesse,
denn auch eine geschützte Immobilie, die also nach dem Tod des Leistungsbeziehers von Angehörigen bewohnt werden solle, falle
nach dem Tod des Leistungsbeziehers in den Nachlass mit der Folge, dass der Erbe unter den Voraussetzungen des § 102 SGB XII
zum Kostenersatz verpflichtet sei. Ob der Erbe dann im Falle einer Kostenersatzpflicht die Immobilie tatsächlich weiter nutze,
hänge letztlich von seinen finanziellen Verhältnissen ab, nämlich, ob er in der Lage sei, die Immobilie zu halten und gleichzeitig
die Ersatzpflicht zu erfüllen. Für eine Außerachtlassung von § 90 SGB XII bei Anwendung des § 102 SGB XII spreche auch, dass
die Immobilie auch dann geschützt sei, wenn sie später von weitläufigeren Angehörigen bewohnt werden solle, die nicht unbedingt
die Erben sein müssten. Eine generelle Verneinung der Kostenersatzpflicht der Erben mit der Begründung, dass sicherzustellen
sei, dass Angehörige die vormals zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges geschützte Immobilie tatsächlich bewohnten, könne aus
§ 90 Abs. 2 Nr.8 SGB XII keinesfalls hergeleitet werden.
Die Überlegung, dass die Immobilie bei eigenem Sozialhilfebezug der Erben ebenfalls als geschützt anzusehen und damit nicht
einzusetzen wäre, sei im vorliegenden Fall hypothetisch, aber im Endeffekt eindeutig zu bejahen. Trotzdem sei diese hypothetische
Überlegung für die vorliegend zu entscheidende Frage des Kostenersatzes irrelevant. Es bleibe festzustellen, dass sich der
durch die Erbschaft entstandene Vermögenszuwachs für die Erben im alltäglichen Leben nicht bemerkbar machen dürfte, faktisch
aber tatsächlich entstanden sei und keinen gerechtfertigten Vorteil darstelle. Daher sei ein Anspruch aus § 102 SGB XII zu
bejahen.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Kläger halten die Entscheidung des SG für zutreffend.
Nach der Auskunft des Beklagten vom 14. Dezember 2010 hätte 2005 der Sozialhilfebedarf einschließlich der angemessenen Kosten
der Unterkunft bei den Klägern 1378 € betragen. Die Kläger verfügten über Einnahmen in Höhe von ca. 2000 € (Arbeitseinkommen
der Klägerin Ziff. 1, Witwenrente, Halbwaisenrente der Kinder, Kindergeld, Wohngeld).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten
sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund
nach §
144 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 750,00 € ist überschritten.
II. Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Entgegen der Ansicht des SG hat der Beklagte gegen die Kläger einen Erstattungsanspruch aus dem Erbe des verstorbenen Ehemannes der Klägerin Ziff. 1
bzw. des Vaters der Kläger Ziff. 2 und 3 für diesem erbrachte Leistungen der Hilfe zur Pflege.
1. Maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 102 SGB XII. Gemäß § 102 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist der Erbe der leistungsberechtigten
Person oder ihres Ehegatten oder ihres Lebenspartners, falls diese vor der leistungsberechtigten Person sterben, vorbehaltlich
des Abs. 5 zum Ersatz der Kosten der Sozialhilfe verpflichtet. Die Ersatzpflicht besteht nur für die Kosten der Sozialhilfe,
die innerhalb eines Zeitraumes von zehn Jahren vor dem Erbfall aufgewendet worden sind und die das Dreifache des Grundbetrages
nach § 85 Abs. 1 übersteigen (Satz 2). Die Ersatzpflicht des Erben des Ehegatten oder Lebenspartners besteht nicht für die
Kosten der Sozialhilfe, die während des Getrenntlebens der Ehegatten oder Lebenspartner geleistet worden sind (Satz 3).
Die Ersatzpflicht des Erben gehört gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zu den Nachlassverbindlichkeiten. Der Erbe haftet mit
dem Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles vorhandenen Nachlasses (Satz 2).
Der Anspruch auf Kostenersatz ist gemäß § 102 Abs. 3 SGB XII nicht geltend zu machen,
1. soweit der Wert des Nachlasses unter dem Dreifachen des Grundbetrages nach § 85 Abs. 1 liegt,
2. soweit der Wert des Nachlasses unter dem Betrag von 15.340,00 € liegt, wenn der Erbe der Ehegatte oder Lebenspartner der
leistungsberechtigten Person oder mit dieser verwandt ist und nicht nur vorübergehend bis zum Tod der leistungsberechtigten
Person mit dieser in häuslicher Gemeinschaft gelebt und sie gepflegt hat,
3. soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit des Einzelfalles eine besondere Härte bedeuten würde.
Gemäß § 102 Abs. 5 SGB XII gilt der Ersatz der Kosten durch die Erben nicht für Leistungen nach dem Vierten Kapitel und für
die vor dem 1. Januar 1987 entstandenen Kosten der Tuberkulosehilfe.
Dem verstorbenen Hilfebedürftigen waren Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Fünften Kapitel gewährt worden. Gemäß § 102
Abs. 5 ist damit ein Ersatz dieser Kosten anders als bei den Kosten für Leistungen nach dem Vierten Kapitel (Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung) nicht ausgeschlossen.
2. Entgegen der Auffassung des SG begründet nach Überzeugung des Senates § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII kein "postmortales Verwertungshindernis bzw. Schonvermögen" für den an die Kläger vererbten Miteigentumsanteil des
verstorbenen hilfebedürftigen Ehemannes bzw. Vaters der Kläger an der hier betroffenen Eigentumswohnung.
Zutreffend hat insoweit auch das SG bereits darauf hingewiesen, dass § 102 SGB XII eine selbstständige Erbenhaftung für dem Erblasser rechtmäßig erbrachte Leistungen der Sozialhilfe begründet. Mit
dieser Regelung soll eine Heranziehung der Erben zum Kostenersatz unabhängig von zum früheren Zeitpunkt zugunsten des Leistungsberechtigten
bestehenden Schutzvorschriften ermöglicht werden. Nachdem es nicht gerechtfertigt erschien, dass den Erben der Hilfeempfänger,
besonders denjenigen, die dem Hilfeempfänger nicht nahegestanden haben, nur deshalb zu Lasten der Allgemeinheit Vermögen zuwächst,
weil dem Hilfeempfänger und seinen nächsten Angehörigen selbst die Verwertung dieses Vermögens nicht zugemutet worden ist,
sah sich - wie bereits vom SG ausgeführt - der Gesetzgeber zur Einführung des § 92c BSHG gezwungen (BT-Drucks. V/3495 S. 16).
Im Gegensatz dazu trifft aber § 90 SGB XII im Zusammenhang mit dem Bezug von Hilfeleistungen eine Regelung lediglich dahingehend,
inwieweit bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für Hilfeleistungen Bedürftigkeit vorliegt bzw. vorhandenes zu verwertendes
Vermögen. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII trifft in dem Zusammenhang eine Regelung konkret dahingehend, dass ein angemessenes Hausgrundstück
(bzw. eine angemessene Eigentumswohnung) nicht zu verwerten ist, sofern dieses Hausgrundstück bzw. die Eigentumswohnung -
wie hier - selbst vom Hilfeempfänger und seinen Angehörigen genutzt wird und nach dem Tode des Leistungs- bzw. Hilfeempfängers
weiter von den Angehörigen bewohnt werden soll.
Hieraus ergibt sich aber keineswegs, dass die Eigentumswohnung deswegen grundsätzlich nach dem Tode des Hilfeempfängers nicht
verwertet werden könnte. Insoweit handelt es sich nur um ein Abgrenzungskriterium. Denn nur dann, wenn diese Eigentumswohnung
grundsätzlich auf Dauer, und damit auch gegebenenfalls über den Tod des Leistungsempfängers hinaus, von den Angehörigen weiter
bewohnt werden soll, ist sie auch bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen schützenswert. Das heißt mit anderen Worten, stünde
vielmehr bei Antragstellung schon fest, dass die Eigentumswohnung verkauft werden soll oder später (während des Leistungsbezuges)
verkauft wird oder etwa nur (noch) gehalten wird, um die sozialhilferechtliche Verwertung zu verhindern, wäre sie auch schon
zu Lebzeiten des Hilfebedürftigen nicht mehr schützenswert (siehe etwa Brühl/Geiger in LPK-SGB XII 8. Aufl. § 90 Rdnrn. 43,
44), sondern dann vielmehr der auf den Leistungsempfänger entfallende Vermögensanteil insoweit grundsätzlich zu verwerten
(soweit nicht unter Umständen andere Schutztatbestände eingreifen). Diese Bedingung, wonach die eigengenutzte Wohnung von
den Angehörigen auch über den Tod des Hilfebedürftigen hinaus genutzt werden soll, stellt also nur ein Abgrenzungskriterium
für die zum Zeitpunkt der Antragstellung zu treffende Prognoseentscheidung und die Frage eines Verwertungshindernisses während
des Leistungsbezuges dar.
Da der Beklagte nach den Umständen davon ausgehen konnte, dass die hier betroffene eigengenutzte Eigentumswohnung mangels
gegenteiliger Anhaltspunkte auf unbestimmte Zeit und auch gegebenenfalls - wie bislang auch geschehen - über den Tod des Leistungsempfängers
hinaus von den Angehörigen genutzt werden sollte, war sie gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII von der Verwertung während des Leistungsbezuges
ausgeschlossen. § 90 Abs. 2 SGB XII trifft aber nur - wie schon ausgeführt - eine Regelung darüber, inwieweit während des
Leistungsbezuges Vermögen (mit-)zuverwerten bzw. nicht zu verwerten ist. Denn diese Regelung findet sich im Elften Kapitel
des SGB XII "Einsatz des Einkommens und Vermögens" 3. Abschnitt "Vermögen". Eine Regelung aber darüber, was mit möglichem
Schonvermögen nach dem Tode des Leistungsempfängers geschehen solle, trifft § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII gerade nicht. Für diesen
Fall trifft vielmehr § 102 SGB XII im 13. Kapitel "Kosten" 1. Abschnitt "Kostenersatz" eine (abschließende) Regelung einschließlich
entsprechender "Freibeträge" für die Erben. Wie auch der bereits vom SG zitierten Gesetzesbegründung zu entnehmen ist, sollte mit § 92c BSHG bzw. jetzt § 102 SGB XII gerade verhindert werden, dass die Erben weiterhin die zugunsten des Hilfebedürftigen bestandenen Schutztatbestände
auch für sich in Anspruch nehmen können.
Folglich verbietet sich nach Auffassung des Senates die vom SG unter Heranziehung der Regelung in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII vorgenommene eingeschränkte Auslegung für Familienangehörige. Insbesondere ergibt sich nicht etwa - wie im Ergebnis
letztlich vom SG vertreten - aus § 90 Abs.2 Nr.8 SGB XII ein über den Tod des bedürftigen Leistungsempfängers hinaus bestehender Schutztatbestand. Hätte der Gesetzgeber
einen solchen Schutztatbestand begründen wollen, hätte er diesen konsequenterweise in die Regelungen über die Haftung der
Erben nach § 102 SGB XII dort ausdrücklich in die "Freibetrags"- bzw. Härteregelungen aufnehmen können und müssen.
3. Damit ausgehend von § 102 SGB XII hat der Beklagte bei der Berechnung der Erstattungsforderung auch zutreffend den dreifachen
Grundbetrag nach § 85 Abs. 1 SGB XII gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 1 SGB XII berücksichtigt und von der geltend gemachten Erstattungsforderung
abgezogen.
Die Voraussetzungen für den erhöhten "Freibetrag" in Höhe von 15.340,00 € gemäß § 102 Abs. 3 Nr. 2 liegen hingegen nicht vor,
da der Verstorbene von den Klägern bzw. insbesondere der Klägerin Ziff. 1 nicht gepflegt wurde. Er befand sich vielmehr in
einer stationären Pflegeeinrichtung.
Im Weiteren ist sodann im Hinblick auf den Einwand der Kläger, dass bei Geltendmachung des Erstattungsanspruchs die Eigentumswohnung
der Klägerin Ziff. 1 und der Kläger Ziff. 2 und 3 gegebenenfalls verkauft werden müsste, die Härtefallregelung nach § 102
Abs. 3 Nr. 3 SGB XII zu prüfen.
Danach ist der Anspruch auf Kostenersatz nicht geltend zu machen, soweit die Inanspruchnahme des Erben nach der Besonderheit
des Einzelfalls eine besondere Härte bedeuten würde. Eine solche Härte ist bei einer auffallenden Atypik des zu beurteilenden
Sachverhalts anzunehmen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als unbillig erscheinen lässt, den Erben
für den Ersatz der Kosten der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen (siehe noch zur wortgleichen Regelung in § 92 c BSHG BSG im Urteil vom 23. März 2010, B 8 SO 2/09R, Rdnr. 27 ff in juris). Die Härte muss besonders gewichtig sein, also objektiv
besonders schwer wiegen (Adolph in Linhart/Adolph, Sozialgesetzbuch II/Sozialgesetzbuch XII/Asylbewerberleistungsgesetz, §
102 SGB XII RdNr 111, Stand März 2008). Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein der Nr. 2 des § 92c Abs. 3 BSHG (bzw. jetzt § 102 Abs.3 SGB XII) vergleichbarer Fall vorliegt, weil der Hilfebedürftige von dem mit ihm verwandten Erben bis zum Tode des Hilfeempfängers
gepflegt wurde, ohne dass eine häusliche Gemeinschaft bestand, aber der Hilfebedürftige und der Verwandte in naher Nachbarschaft
lebten und die Pflege auf Grund dieser Nähe gesichert war (W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 92c BSHG RdNr 2; Schellhorn SGB XII 18.Aufl. 2010 § 102 Rdnr.27; s.a. Begründung zum Gesetzentwurf in BT-Drucks. V/3495 S.16 zu § 92c). Allerdings setzt die Pflege eines Schwerstbehinderten
dann einen erheblichen zeitlichen Umfang voraus, weil die in häuslicher Gemeinschaft erbrachte Pflege eines Verwandten ebenfalls
"rund um die Uhr erfolgt". Eine solche Situation ist hier nicht gegeben. Der Erblasser befand sich während der hier streitigen
Zeit durchgehend in einer stationären Pflegeeinrichtung.
Ebensowenig lässt sich die Annahme einer besonderen Härte bereits darauf stützen, dass das ererbte Vermögen dem Schonvermögen
des Erblassers zuzurechnen war. Der Ersatzanspruch gegen den Erben zielt - wie oben bereits ausgeführt - gerade darauf ab,
zu verhindern, dass sich der Schutz des Schonvermögens des Leistungsberechtigten auch zugunsten des Erben auswirkt, ohne dass
in dessen Person eine diesbezügliche Schutzbedürftigkeit gegeben ist. Allerdings kann eine die Ersatzpflicht ausschließende
Härte dann vorliegen, wenn der Vermögensgegenstand vor dem Erbfall im Miteigentum des Leistungsberechtigten und des Erben
stand und daher auch für beide gleichermaßen als Schonvermögen geschützt war (z.B. bei einem selbst bewohnten Hausgrundstück;
zu einem beiden Eheleuten gemeinsam gehörenden landwirtschaftlichen Betrieb vgl. VGH München, FEVS 44, 461; Bieback in Grube/Warendorf
SGB XII Sozialhilfe 3. Aufl. § 102 Rdnr. 26).
Keine besondere Härte begründet für sich der Umstand, dass z.B. der Erbe der Ehegatte des verstorbenen Hilfeempfängers ist
(BVerwG, FEVS 32, 17). Auch z.B. Pflegeleistungen des Ehegatten, eines Verwandten oder einer dritten Person, die angesichts
ihrer Intensität oder ihres Umfangs unterhalb des in § 61 Abs. 1 vorausgesetzten Maßstabs liegen, begründen keine besondere
Härte. Eine besondere Härte kann sich auch nicht aus den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Erben (z.B. Arbeitslosigkeit)
ergeben (vgl. LSG Schleswig-Holstein, ErbR 2006, 59). Denn die Haftung des Erben ist auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalles
vorhandenen Nachlasses begrenzt. Ist der Erbe gezwungen, das ererbte Haus, das zu Lebzeiten der leistungsberechtigten Person
Schonvermögen im Sinne von § 90 Abs. 2 bildete, zu veräußern, so führt dies ebenfalls zu keiner besonderen Härte (VGH Mannheim,
FEVS 44, 104).
In dem Zusammenhang ist weiter noch zu berücksichtigen, dass der Freibetrag nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 - wie auch geschehen -
stets zu gewähren ist, wohingegen die Freibeträge nach § 102 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 auf besondere persönliche Umstände abstellen
und daher nur dem Erben zugute kommen, der in seiner Person die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt (BVerwG, FEVS 27, 100).
Zwar könnte ein Härtefall unter Umständen dann vorliegen, wenn das Vermögen ebenfalls für die Kläger Schonvermögen wäre. Dies
ist aber nicht der Fall. Die Kläger sind nicht sozialhilfebedürftig bzw. im Hinblick auf die Erwerbsfähigkeit der Klägerin
Ziff. 1 hilfebedürftig nach dem SGB II (Alg II). Sie verfügten insgesamt über (Netto-)Einnahmen (aus Erwerbstätigkeit -665
€-, Witwenrente - 598 € -, Halbwaisenrente - 2 x 172 € -, Wohngeld - 44 € - und Kindergeld - 308 € - Stand 2007/2010) in Höhe
von ca. 1960 € bis 2000 €. Der Bedarf der Kläger einschließlich der Kosten der Unterkunft für eine angemessene Wohnung wäre
hingegen lediglich bei 1378 € anzusetzen.
Schließlich ist die in § 102 Abs. 3 enthaltene Aufzählung von Freibetrags- bzw. Härteregelungen abschließend. Dem Träger der
Sozialhilfe ist es deshalb verwehrt, in "einfachen" Härtefällen auch nach pflichtgemäßem Ermessen von der Geltendmachung des
Kostenersatzanspruchs abzusehen. Auch verwaltungsökonomische Gründe eröffnen keine Ermessensentscheidung, Kostenersatz nicht
geltend zu machen.
Desweiteren führt die Annahme einer besonderen Härte im Übrigen nicht dazu, dass der Erbe überhaupt nicht zum Kostenersatz
herangezogen werden dürfte. Vielmehr zeigt die Verwendung des Wortes "soweit", dass das Gesetz in der Regel von einer nur
teilweisen Nichtgeltendmachung des Ersatzanspruches ausgeht. Es ist deshalb weiter sodann in jedem Einzelfall zu prüfen, in
welcher Höhe der Träger der Sozialhilfe den Kostenersatzanspruch nicht geltend machen darf.
4. Der Beklagte hat auch unter Beachtung dieser Grundsätze zutreffend im Rahmen seiner Entscheidung die Frage eines Härtefalles
nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII geprüft und verneint. Der Beklagte ist hierbei - letztlich in Übereinstimmung mit der oben
bereits dargestellten Rechtsprechung - davon ausgegangen, dass der Begriff der "besonderen Härte" sich vornehmlich mit Blick
auf den vom Gesetzgeber in § 102 Abs. 3 Nr. 2 SGBXII ausdrücklich geregelten Härtefall erschließt. Danach mussten nach Überzeugung
des Beklagten im Einzelnen Umstände persönlicher oder wirtschaftlicher Art vorliegen, die dem in Nr. 2 geregelten Lebenssachverhalt
hinsichtlich ihrer Bedeutung und Schwere vergleichbar sind. Der Beklagte hat in dem Zusammenhang weiter darauf verwiesen,
dass nicht verkannt werde, dass die Situation der Kläger nach dem Tod des Ehemannes bzw. Vaters gerade in finanzieller Hinsicht
sehr schwierig sei. Außergewöhnliche persönliche oder wirtschaftliche Umstände, die zur Anerkennung einer besonderen Härte
nach § 102 Abs. 3 Nr. 3 SGB XII führen könnten, sind jedoch nach Überzeugung des Beklagten nicht erkennbar gewesen. Diese
Beurteilung teilt der Senat. Auch der Senat verkennt einerseits nicht, dass die Kläger unter Umständen nicht (mehr) in der
Lage sind, die hier im Raum stehende Erstattungsforderung z.B. durch ein weiteres Hypothekendarlehen auf die Eigentumswohnung
zu finanzieren, wie wohl den Klägern insgesamt unter Berücksichtigung des Einkommens der Klägerin Ziff. 1 und ihrer Witwenrente
sowie der Halbwaisenrente der Kläger Ziff. 2 und 3 und des Kindergeldes nach Abzug von Steuern, Sozialversicherung, Arbeitslosenversicherung
ca. 2.000,00 € monatlich zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite aber würde eine Veräußerung der Wohnung in diesem Falle
keineswegs zur Hilfebedürftigkeit der Kläger führen. Denn ausgehend von einem Verkehrswert in einer Größenordnung von ca.
175.000,00 € und abzüglich der zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden Schulden aus Hypothekendarlehen in Höhe von ca. 45.000,00
€ verblieben 130.000,00 €, abzüglich der hier im Streit stehenden Erstattungsforderung des Beklagten verbliebe den Klägern
noch ein Betrag in Höhe von mindestens 80.000,00 €. Anders als in dem von der Klägerseite angesprochenen Fall, über den der
Bayerische VGH zu entscheiden hatte (12 B 90.3525, Urteil vom 26. Juli 1993) steht hier durch einen möglichen Verkauf der Immobilie nicht
gleichzeitig die wirtschaftliche Existenzgrundlage auf dem Spiel. Im vom Bayerischen VGH entschiedenen Fall wäre der Ehegatte der verstorbenen Hilfebedürftigen nämlich gezwungen gewesen, den (im Gemeinschaftseigentum
stehenden) landwirtschaftlichen Betrieb zu veräußern, der gleichzeitig die (berufliche) Existenzgrundlage darstellte.
Insgesamt liegen damit für den Senat die Voraussetzungen für die Annahme eines Härtefalles unter Beachtung der oben aufgezeigten
Grundsätze im Falle der Kläger nicht vor.
Aus diesen Gründen ist auf die Berufung des Beklagten der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 23. Oktober 2008
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.