Freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung; Antragspflichtversicherung; unmittelbare Aufnahme der selbständigen
Tätigkeit
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.
Der 1953 geborene Kläger war nach dem aktenkundigen Versicherungsverlauf (Anlage zum Bescheid der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) vom 02.02.2005) von September 1969 bis August 1977 in der Rentenversicherung der Arbeiter und von September
1977 bis Ende Dezember 1989 in der Rentenversicherung der Angestellten pflichtversichert. Weiter geht aus dem Versicherungsverlauf
hervor, dass der Kläger vom 01.01.1990 bis 31.05.2000 und vom 01.01.2001 bis 31.12.2004 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung
der Angestellten entrichtet hat. Für die Zeit vom 15.06.2000 bis 15.12.2000 ist die Entrichtung von Pflichtbeiträgen für die
Dauer von sieben Monaten verzeichnet.
Am 20.04.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die freiwillige Weiterversicherung nach §
28a Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (
SGB III) und erklärte, die freiwillige Weiterversicherung solle im Februar 2006 beginnen. Hierzu legte er - neben dem bereits genannten
Bescheid der BfA vom 02.02.2005 - seine zum 19.04.2001 bei der Stadt Sch. erfolgte Gewerbeanmeldung (Tankstelle mit Verkaufsshop,
Stehimbiss, Waschhalle, Blumeneinzelhandel) vor. Mit Bescheid vom 30.06.2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf freiwillige
Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ab. Zur Begründung führte sie an, der Kläger habe innerhalb der letzten
24 Monate vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis
nach dem
SGB III gestanden oder eine Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III bezogen und ferner lägen das Versicherungsverhältnis oder der Bezug der Entgeltersatzleistung nicht unmittelbar vor Aufnahme
der Tätigkeit.
Dagegen legte der Kläger am 28.07.2006 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2006 zurückwies.
Der Kläger habe innerhalb der letzten 24 Monate vor der am 19.04.2001 erfolgten Anmeldung seiner selbstständigen Tätigkeit
nicht mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Der Versicherungsverlauf der BfA weise für
den betreffenden Zeitraum nur freiwillige Beitragszahlungen aus.
Am 06.11.2006 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) und machte geltend, die Beklagte habe seinen Antrag auf freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung zu
Unrecht abgelehnt. Er sei seit 1990 ohne Unterbrechung selbstständig tätig. Von 1990 bis 2000 sei er ebenfalls schon als selbstständiger
Tankstellenpächter tätig gewesen. Im Jahre 2001 habe er lediglich die auch heute noch von ihm betriebene Tankstelle übernommen.
Hierzu legte er die zum 21.03.1990 bei der Stadt Sch. erfolgte Gewerbeanmeldung (Tankstelle mit Verkaufsshop und Stehimbiss,
Waschhalle) vor. Im Verhandlungstermin vor dem SG am 04.09.2007 gab der Kläger an, er sei gelernter Kfz-Elektriker und habe auch die Meisterprüfung in diesem Beruf abgelegt.
Nach der Beendigung seiner bis dahin ausgeübten versicherungspflichtigen Beschäftigung Ende des Jahres 1989 habe er nahtlos
eine selbstständige Tätigkeit als Pächter einer neu eröffneten Tankstelle in Sch. aufgenommen. Anfangs habe alles erst einmal
eingerichtet werden müssen, da es sich um eine der ersten Filialen mit einem großen Shop (100 m²) gehandelt habe. Aus diesen
Vorbereitungstätigkeiten bis zur Eröffnung der Tankstelle ergebe sich die Gewerbeanmeldung zum 21.03.1990. Der Pachtvertrag
mit der Mineralölgesellschaft, mit der er sich wegen der Höhe des Pachtzinses nicht auf eine Fortsetzung des Pachtvertrages
habe einigen können, habe am 30.03.2000 geendet. Er habe sich deshalb nach einer anderen Tankstelle umsehen müssen. Mit der
jetzigen Mineralölgesellschaft habe er sich dann geeinigt, dass er eine neu zu errichtende Tankstelle im O.ring in Sch. übernehme.
Da er erklärt habe, er könne bis zur Fertigstellung der Tankstelle nicht ohne Einkommen bleiben, habe er die Möglichkeit erhalten,
eine Tankstelle eines Großhändlers seiner jetzigen Mineralölfirma als Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis zu führen.
Dieses habe etwa von Juni bis Dezember 2000 gedauert. Zum Jahresende 2000 sei das Arbeitsverhältnis wieder gelöst worden,
um sich auf die im Frühjahr 2001 in Betrieb gehende Tankstelle, die schon im Rohbau fertig gewesen sei, vorbereiten zu können.
Mit Urteil vom 04.09.2007 hob das SG die angegriffenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Antrag des Klägers vom 20.04.2006 auf freiwillige Weiterversicherung
in der Arbeitslosenversicherung zu entsprechen. Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei zur freiwilligen Weiterversicherung
berechtigt, da er die bis heute ausgeübte Tätigkeit als selbstständiger Tankwart am 01.01.1990 unmittelbar im Anschluss an
die bis dahin ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit aufgenommen habe.
Dagegen hat die Beklagte am 04.10.2007 Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin eine fehlende Berechtigung des Klägers zur
freiwilligen Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung geltend macht. Der Kläger habe im Zeitraum von 24 Monaten
vor Aufnahme (19.04.2001) der auch heute noch ausgeübten selbstständigen Tätigkeit nicht mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis gestanden, sondern lediglich sechs Monate. Er habe auch nicht unmittelbar, d.h. nicht mehr
als einen Monat, vor Aufnahme der Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, da dieses bereits zum 15.12.2000
beendet worden sei. Damit seien die maßgebenden Voraussetzungen für eine freiwillige Weiterversicherung nicht erfüllt. Selbst
wenn man davon ausgehen würde, dass der Kläger seit 1990 selbstständig sei, stünde ihm der geltend gemachte Anspruch nicht
zu. Die Maßnahmen und Tätigkeiten, die der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen im Zeitraum vom 01.01.1990 bis zur Eröffnung
der Tankstelle am 01.04.1990 verrichtet hat, stellten typische Vorbereitungshandlungen dar. Erst mit der Gewerbeanmeldung
dürfte ein Auftreten am Markt als selbstständiger Tankstellenpächter und damit erstmals eine Außenwirkung erfolgt sein, sodass
die geforderte "Unmittelbarkeit" nicht vorgelegen habe. In der mündlichen Verhandlung am 18.12.2009 hat die Beklagte vorgetragen,
zwischenzeitlich sei von der örtlichen Agentur in Verkennung der fehlenden Rechtskraft des Urteils des SG versehentlich Arbeitslosengeld für den Kläger bewilligt worden. Die Rücknahme dieses Bescheides sei beabsichtigt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 4. September 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision
zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und macht geltend, er sei seit 01.01.1990 bis heute selbstständig tätig. Zu
Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass die zum 19.04.2001 erfolgte Gewerbeanmeldung hinsichtlich der jetzt von ihm betriebenen
Tankstelle für den Beginn seiner selbstständigen Tätigkeit maßgebend sei. Seine selbstständige Tätigkeit sei nicht mit der
Abgabe der von ihm früher betriebenen Tankstelle zum 31.03.2000 beendet gewesen. Er sei als Tankstellenhalter gemäß § 84 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) Handelsvertreter und damit selbstständiger Gewerbetreibender. Die Abgabe einer Tankstelle führe zu einer Vielzahl weiterer
Aktivitäten des Tankstellenhalters, wozu die Realisierung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs gegenüber der Mineralölgesellschaft
gemäß § 89b HGB gehöre. Ferner sei die Endabrechnung mit der Mineralölgesellschaft zu fertigen. Dass er vom 15.06.2000 bis 15.12.2000 daneben
auch versicherungspflichtig in Vollzeit beschäftigt war, ändere nichts an seiner zumindest "parallelen" Selbstständigkeit.
Der Kläger legt Fotokopien der Gewerbean- bzw. -abmeldung vom 12.07.2000 zum 01.04.2000 bzw. vom 04.10.2002 zum 31.03.2001
beim Bürgermeisteramt K. mit der darin genannten Tätigkeit "Abwicklung der Ausgleichszahlungen mit BP" vor.
Zum Zeitpunkt des Beginns seiner selbstständigen Tätigkeit macht der Kläger geltend, entgegen der Auffassung der Beklagten
könne nicht auf die zum 21.03.1990 erfolgte Gewerbeanmeldung abgestellt werden. Er sei schon seit 01.01.1990 selbstständig
gewesen und habe in der Zeit bis zur Eröffnung der Tankstelle am 20.03.1990 die Inbetriebnahme vorbereitet und organisiert.
Im Januar 1990 habe er die Agenturware Öl vom Vorgänger der Tankstelle übernommen und an einer Kassen- und Abrechnungsschulung
bei der Mineralölgesellschaft BP teilgenommen. Die Unterrichtung durch die Industrie- und Handelskammer in M. habe im Februar
1990 stattgefunden. Ferner habe er in dieser Zeit viele Gespräche mit zukünftigen Lieferanten geführt und mit Banken über
Kreditvergaben verhandelt. Zudem habe er die Bauarbeiten, die bis Mitte März 1990 gedauert hätten, "überwacht". Der Kläger
legt die Bestätigung des Baurechtsamts der Stadt Sch. vom 17.09.2008 vor, wonach am 20.10.1989 eine Genehmigung zum Abbruch
einer Gaststätte sowie zum Umbau und zur Erweiterung der Tankstelle erteilt worden sei. Aus den Bauakten gehe hervor, dass
die Arbeiten bis Mitte März 1990 durchgeführt worden seien. Ferner legt er neben der vom Tankstellenverband herausgegebenen
Liste der Erledigungen im Falle der Neueröffnung einer Tankstelle das am 31.01.1990 vom Staatlichen Gesundheitsamt H. ausgestellte
und ihn als selbstständig bezeichnende Gesundheitszeugnis für die im Lebensmittelgewerbe tätigen Personen, die von der Industrie-
und Handelskammer Rhein-Neckar am 12.02.1990 ausgestellte Bescheinigung über die Unterrichtung des Klägers nach dem Gaststättengesetz sowie das Schreiben der I. P., eines Arzneimittelwerks in Pl., vom 17.04.1990 vor, in dem dem Kläger bestätigt wird, dass
ab 01.05.1990 ein Teil der Firmenfahrzeuge durch die von ihm geführte BP-Station betreut werden soll. Als weiteren Beleg für
seine unternehmerischen Aktivitäten zu Beginn des Jahres 1990 hat er das Schreiben der Fa. E. M. (Preisauszeichnungs- und
Kennzeichnungssysteme) vom 08.02.1990 nebst Anlagen übersandt. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 15.05.2009
einen Stellenangebote enthaltenden Teil einer am 10./11.02.1990 erschienenen Tageszeitung mit der von ihm aufgegebenen Annonce
für die Tätigkeit als Verkäufer/innen in der BP-SB-Station in Sch. ab 01.04.1990 überreicht. Weiter legt er das Schreiben
des Steuerberaters M., V., vom 27.05.2009, wonach der Steuerberater B. den Kläger zu einem Termin bei der Bezirkssparkasse
Sch. im Januar 1990 zur Erlangung einer Bankbürgschaft zugunsten BP in Höhe von 100.000 DM begleitet habe, sowie den vom 09.01.1990
stammenden schriftlichen Auftrag des Klägers auf Übernahme einer entsprechenden Bürgschaft vor. Schließlich hat der Kläger
noch den am 27.10.1989 von ihm und am 02.11.1989 von BP unterzeichneten Miet- und Agenturvertrag über die Tankstelle in Sch.
vorgelegt, die der Kläger nach diesem Vertrag ab Fertigstellung des Großumbaus (spätestens 01.03.1990) übernehmen sollte.
In der mündlichen Verhandlung am 15.05.2009 hat der Kläger ergänzend angegeben, mit dem Vorpächter der 1990 übernommenen BP-Tankstelle
bestehe nur eine Namensgleichheit, sie seien nicht miteinander verwandt gewesen. Der Abriss der Tankstelle habe bereits im
Dezember 1989 begonnen, der Vorpächter habe den Tankstellenbetrieb aber noch bis in die 1. Januarwoche fortgesetzt, bevor
dann der Betrieb ganz eingestellt worden sei. Bei der erwähnten Agenturware "Öl" habe es sich nicht um Benzin oder Dieselkraftstoff
in den Erdtanks gehandelt, sondern um diverse Motoröle in Dosen und sonstigen Gebinden. Zusammen mit einem Vertreter von BP
und dem Vorpächter W. habe er Mitte Januar 1990 die im Keller gelagerten Öle übernommen, d. h. den Bestand erfasst. Er habe
das Öl erst bezahlen müssen, wenn es verkauft worden ist. Ein Verkauf des Öls im Januar habe nicht stattfinden können, da
der Geschäftsbetrieb zu diesem Zeitpunkt vollkommen eingestellt gewesen sei. Ein Probelauf der neu errichteten Tankstelle
mit dem erweiterten Warenangebot habe etwa Anfang/Mitte März, jedenfalls vor der Gewerbeanmeldungen stattgefunden. Im Pachtvertrag
sei geregelt gewesen, dass seine Verpflichtungen als Tankstellenpächter erst nach Fertigstellung der Tankstelle bzw. mit Aufnahme
des Geschäftsbetriebs beginnen. Er habe sich aber bereits vorher um die Bauabwicklung und sonstigen Dinge, wie Gesundheitszeugnis
usw., gekümmert. Im Januar habe er ein Gespräch mit dem Vorpächter W. zur Übernahme von dessen Großkunden geführt, mit den
Großkunden selbst sei er erst später in Kontakt getreten. Auch sei im Januar eine Kautionshinterlegung in Höhe von 120.000
DM durch Bankbürgschaft abgewickelt worden. Er habe mit seinem Steuerberater B. gesprochen, der ihn im Januar auch zu dem
Gespräch mit der Bank begleitet hat. Es habe keiner langen Verhandlungen bedurft. Nach einem etwa einstündigen Gespräch habe
er die Bankbürgschaft erhalten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und
zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (§
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und insgesamt zulässig. Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis für
die Berufung nicht entfallen, denn eine Erledigung des Rechtsstreits wegen der nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten
zwischenzeitlich erfolgten Arbeitslosengeld-Bewilligung ist nicht eingetreten. Eine (konkludente) Feststellung der hier streitigen
Pflichtversicherungszeiträume ist dem Leistungsbescheid nicht zu entnehmen; auch ist dem Verwaltungsakt nicht die Erklärung
zuzumessen, dass das klägerische Begehren seitens der Beklagten zugestanden wird, unabhängig von der Frage, ob der beabsichtigte,
auf §§ 45,48 SGB X gestützte Rücknahmebescheid Erfolg haben wird.
Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des SG war aufzuheben. Der Bescheid vom 30.06.2006 (Widerspruchsbescheid vom 06.10.2006), mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers
vom 20.04.2006 auf freiwillige Weiterversicherung nach dem
SGB III abgelehnt hat, ist rechtmäßig. Der Kläger kann die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung nicht beanspruchen.
Die formellen Voraussetzungen für die freiwillige Weiterversicherung des Klägers in der Arbeitslosenversicherung sind erfüllt.
Der Kläger hat den entsprechenden Antrag bei der Beklagten am 20.04.2006 und damit innerhalb der gesetzlichen Antragsfrist
gestellt. Zwar muss der Antrag auf Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses nach Abs. 2 Satz 2 des durch Art. 1
des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I 2848) mit Wirkung vom 01.02.2006 eingefügten §
28a SGB III spätestens innerhalb von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung
berechtigt, gestellt werden. Mit Wirkung vom 01.01.2004 wurde jedoch durch das genannte Gesetz § 434j in das
SGB III eingefügt. Nach dessen Abs.
2 Satz 1 gilt §
28a Abs.
2 SGB III mit der Maßgabe, dass ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung ungeachtet der Voraussetzungen des Satzes 2 bis zum 31.
Dezember 2006 gestellt werden kann. Dies hat der Kläger mit seinem am 20.04.2006 bei der Beklagten gestellten Antrag getan.
Die Einschränkung des § 434j Abs. 2 Satz 2 SGB IIII greift hier nicht, da der Kläger den Antrag nicht nach, sondern vor dem
31. Mai 2006 gestellt hat.
Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs sind jedoch nicht erfüllt. Ein Versicherungspflichtverhältnis
auf Antrag können Personen gemäß dem hier allein in Betracht kommenden §
28a Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGB III begründen, die eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen und ausüben.
Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist nach §
28a Abs.
1 Satz 2
SGB III, dass 1. der Antragsteller innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung mindestens zwölf
Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des 1. Abschnitts gestanden oder eine Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III bezogen hat, 2. der Antragsteller unmittelbar vor Aufnahme der Tätigkeit oder Beschäftigung, die zur freiwilligen Weiterversicherung
berechtigt, in einem Versicherungspflichtverhältnis nach den Vorschriften des 1. Abschnitts gestanden oder eine Entgeltersatzleistung
nach dem
SGB III bezogen hat, und 3. Versicherungspflicht (§§
26,
27) anderweitig nicht besteht.
Die genannten Voraussetzungen sind nur teilweise erfüllt. Der Kläger, der nach den Feststellungen des Senats eine selbstständige
Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausübt (§
28a Abs.1 Satz 1 Nr. 2
SGB III), ist nach den weiteren Feststellungen des Senats - was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist - nicht anderweitig
versicherungspflichtig im Sinne des §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
3 SGB III. Er stand auch innerhalb der letzten 24 Monate vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit mindestens zwölf Monate in einem
Versicherungspflichtverhältnis, sodass die Voraussetzung des §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 SGB III ebenfalls gegeben ist.
Dagegen liegt kein unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit bestehendes Versicherungspflichtverhältnis im Sinne
von §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGB III vor.
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger seine selbstständige Tätigkeit nicht erst mit der zum 19.04.2001 erfolgten
und sich auf die Tankstelle im Odenwaldring in Sch. beziehende Gewerbeanmeldung aufgenommen, der tatsächlich innerhalb der
letzten 24 Monate keine versicherungspflichtige Tätigkeit von mindestens zwölf Monaten vorausging. Seine Tätigkeit als angestellter
Geschäftsführer in der Zeit vom 15.06. bis 15.12.2000 umfasste nur sieben Monate. Tatsächlich übte der Kläger mit Betreiben
der BP-Tankstelle seine selbstständige Tätigkeit bereits seit dem Jahr 1990 aus.
Ob er seit Aufgabe seiner versicherungspflichtigen Beschäftigung zum 31.12.1989 durchgehend bis zur Antragstellung selbstständig
tätig gewesen ist, was allein den gesetzlich erforderlichen Zusammenhang zur versicherungspflichtigen Beschäftigung bis 31.12.1989
erfüllen würde, lässt der Senat dahinstehen. Mit dem Ende des Pachtvertrages über die BP-Station zum 31.03.2000 war nicht
gleichzeitig auch seine selbstständige Tätigkeit beendet. Dies folgt schon daraus, dass dadurch nur der Handelsvertretervertrag
mit der Mineralölgesellschaft BP, nicht aber seine selbstständige Tätigkeit insgesamt sein Ende gefunden hat. Abgesehen davon,
dass der Kläger von vornherein beabsichtigt hat, weiter als Tankstellenpächter selbstständig tätig zu sein und dies auch -
mit einer lediglich durch den Bau der neuen Tankstelle bedingten zeitlichen Verzögerung - in die Tat umgesetzt hat, war er
bereits deshalb weiter selbstständig tätig, weil er vom 01.04.2000 bis 31.03.2001 mit der Abwicklung der Ausgleichszahlungen
mit BP ein angemeldetes Gewerbe ausgeübt hat. Dies folgt aus den vom Kläger im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen über
die entsprechende Gewerbean- bzw. -abmeldung. Dass es sich hierbei nicht um das gleiche Gewerbe gehandelt hat wie bis zum
31.03.2000 und ab 19.04.2001 (jeweils Tankstellenbetrieb), könnte unschädlich sein, da jedenfalls eine enge Verbindung zwischen
beiden selbstständigen Tätigkeiten besteht. Ob hingegen die Abwicklung der Handelsvertretung für die Mineralölgesellschaft
BP den Kläger in dem erforderlichen Umfang von fünfzehn Wochenstunden in Anspruch genommen hat, ist seinem Vorbringen nicht
zu entnehmen gewesen. Dies könnte fraglich sein, weil nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat
seine versicherungspflichtige Tätigkeit vom 15.06. bis 15.12.2000 für die Mineralölgesellschaft Minerva als Leiter einer Tankstelle
eine Vollzeittätigkeit gewesen ist. Vorliegend ist dies aber nicht entscheidungserheblich, weshalb dem Klägerbevollmächtigten
das hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beantragte Schriftsatzrecht nicht einzuräumen war und keine Vertagung
der mündlichen Verhandlung erfolgen musste.
Denn die weitere, sich aus §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGB III ergebende Voraussetzung für die begehrte Versicherungspflicht liegt nicht vor. Der Kläger hatte nicht unmittelbar vor Aufnahme
seiner selbstständigen Tätigkeit in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Unmittelbarkeit in diesem Sinne liegt
nach der Gesetzesbegründung (Drucks. 15/1515) dann vor, wenn die Unterbrechung nicht mehr als einen Monat beträgt.
§
28a SGB III ermöglicht die Begründung einer Antragspflichtversicherung, die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu einem Versicherungspflichtverhältnis
mit den gesetzlich festgelegten Rechten und Pflichten eines gesetzlichen Pflichtversicherten führt (vgl. Scheidt in Mutschler/Bartz/Schmidt-de
Caluwe, Nomos-Kommentar,
SGB III, 3. Aufl., §
28a Rn. 5). Aus den in §
28a SGB III genannten erforderlichen Vorversicherungszeiten wird deutlich, dass der Gesetzgeber in erster Linie die Existenzgründer,
also bisherige Arbeitnehmer, die sich eine eigenständige selbstständige Existenz aufbauen wollen, privilegieren möchte (Scheidt
aaO. Rdnr. 29). In der Gesetzesbegründung (Drucks. 15/1515) ist auch ausdrücklich angeführt, dass die Vorversicherungszeiten
und Anknüpfungstatbestände gewährleisten, dass von dem Privileg der Versicherungsberechtigung nur die Personen profitieren,
die der Versichertengemeinschaft bereits in der Vergangenheit angehört haben. Die Ausweitung des privilegierten Personenkreises
über § 434j Abs. 2
SGB III, mit der möglichen Anknüpfung auch an Existenzgründungen vor dem 31.12.2003 unter Aufgabe der Antragsfrist, wie im vorliegendem
Fall, enthält somit den vom Gesetzgeber betonten Zusammenhang zwischen der die Berechtigung zur Antragstellung auslösenden
selbstständigen Tätigkeit und der versicherungspflichtigen Tätigkeit nur in Form der an die versicherungspflichtige Tätigkeit
unmittelbar anschließende Aufnahme des selbstständigen Unternehmens. Wenn daher nicht allein der Zeitablauf eine Ablösung
von der versicherungspflichtigen Tätigkeit und damit eine Abkehr aus der Versichertengemeinschaft indiziert, kommt dem Anknüpfungsmerkmal
der unmittelbaren Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit besondere Bedeutung zu.
Die in der Rechtsprechung zum Überbrückungsgeld bzw. Existenzgründungszuschuss, jetzt Gründungszuschuss nach §
57 SGB III, entwickelten Rechtsgrundsätze sind bei diesem gegebenen Sachzusammenhang heranzuziehen. Danach liegt die Aufnahme der selbstständigen
Tätigkeit vor, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung
mit Außenwirkung vorgenommen wird. In den ausschließlich der Vorbereitung dienenden Tätigkeiten kann keine Aufnahme der selbstständigen
Tätigkeit gesehen werden (vgl. Stark in Mutschler u.a., aaO. §
57 Rn. 55; Niesel,
SGB III, 4. Aufl., §
57 Rn. 6). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen wird, muss sich naturgemäß nach der Art
und der Eigenart der betreffenden selbstständigen Tätigkeit richten. Daraus können jeweils unterschiedliche Zeitpunkte des
Beginns der selbstständigen Tätigkeit resultieren. Das BSG lässt in seinem Urteil vom 01.06.2006 (B 7a AL 34/05) auch einen
nach außen erkennbaren formalen Akt (Anwaltszulassung) genügen. Außenwirkung ist somit so zu verstehen, dass die betreffende
Handlung geeignet sein muss, von einer unbestimmten Zahl von Personen öffentlich wahrgenommen werden zu können. Soweit diese
Differenzierung zu Gunsten der Antragsteller bei der Prüfung der Antragsfrist und des Leistungszeitraums eines Gründungszuschusses
(Stark aaO.) angenommen wird, rechtfertigt diese Differenzierung aber auch die zulasten der Antragsteller gehende Bewertung
des Zeitpunkts der maßgebenden Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit für das nach §
28a SGB III begründete Antragspflichtversicherungsverhältnis.
Zur Überzeugung des Senats ist maßgebliches Unterscheidungskriterium für die Abgrenzung einer Vorbereitungshandlung von der
eigentlichen selbstständigen Haupttätigkeit, inwieweit die Art der infrage kommenden Betätigung ihrer Natur nach der späteren
laufenden Geschäftstätigkeit des selbstständigen Unternehmens entspricht, d.h. ob sie den Charakter des nach außen erkennbaren
laufenden Geschäftsbetriebs hat. Danach sind beispielsweise das Anmieten von Geschäftsräumen und deren Einrichtung noch den
Vorbereitungshandlungen zuzurechnen (vgl. Stark aaO.). Auch der Erwerb der zum Verkauf gedachten Ware gehört noch zur Vorbereitungshandlung
(vgl. Stark aaO. unter Bezugnahme auf LSG Rheinland-Pfalz-Pfalz vom 29.10.2001 - L 1 AL 122/00 -, juris).
Nach diesen Maßstäben wurde vom Kläger die selbstständige Tätigkeit nicht unmittelbar im Sinne des §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGB III aufgenommen. Vorliegend hat der Kläger seine bis dahin ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung zum 31.12.1989 aufgegeben.
Die Gewerbeanmeldung für die Tankstelle in der M. Straße in Sch. ist erst zum 21.03.1990 erfolgt, so dass - würde man mit
dem BSG auf diesen Zeitpunkt abstellen (verneinend Stark aaO.) - keine Unmittelbarkeit gegeben wäre. Auch die vom Kläger in
der Zeit ab 01.01.1990 bis zur Eröffnung der Tankstelle getroffenen Maßnahmen ergeben nur das Bild von Vorbereitungsmaßnahmen,
denn sowohl die von ihm absolvierten Schulungen einschließlich der Unterrichtung nach dem Gaststättengesetz, die Erledigungen der To-Do-Liste des Tankstellenverbandes, die Organisationsmaßnahmen (Erwerb von Preisauszeichnungsgeräten)
als auch die von ihm erwähnte "Überwachung" des Baus der Tankstelle sind keine Tätigkeiten des laufenden Geschäftsbetriebs
seines Unternehmens als Tankstellenbetreiber noch kommt ihnen Außenwirkung zu. Gleiches gilt für den in der mündlichen Verhandlung
vorgelegten Antrag beim Finanzamt vom 10.01.1990 zur Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung. Auch die am 18./19.02.2000
aufgegebene Zeitungsannonce, mit der der Kläger für die Zeit ab 01.04.2000 Verkäufer/innen für den Tankstellenbetrieb gesucht
hat, kommt mangels unmittelbarer Gewinnerzielung nur vorbereitender Charakter zu. Ebenfalls nicht als Beginn der selbstständigen
Tätigkeit kann der Zeitpunkt des Abschlusses des Miet- und Agenturvertrages des Klägers mit BP, der bereits am 02.11.1989
mit der Unterzeichnung des Vertrages durch BP wirksam wurde, gewertet werden, da damit noch keine nach außen erkennbare geschäftliche
Handlung verbunden war. Überdies wurde darin eine Übernahme der Tankstelle erst ab Fertigstellung des Großumbaus (spätestens
01.03.1990) vereinbart. Schließlich ist auch der vom Kläger der Bezirkssparkasse Sch. am 09.01.1990 erteilte Auftrag zur Übernahme
einer - von BP als Sicherheitsleistung verlangten - Bürgschaft in Höhe von 100.000 DM trotz der von ihm damit eingegangenen
finanziellen Verpflichtungen nicht als Beginn der selbstständigen Tätigkeit anzusehen. Nach seinen Angaben hat der Kläger
im Januar 1990 die Agenturware Öl (nicht Kraftstoff, sondern diverse Öle in Dosen und Kanistern) vom vorigen Tankstellenpächter
übernommen. Auch hierbei handelte es sich nicht um einen Vorgang, der im Lichte der von ihm ausgeübten selbstständigen Tätigkeit
als Tankstellenhalter und damit als Handelsvertreter im Sinne des § 84 HGB als Beginn der entsprechenden selbstständigen Tätigkeit zu betrachten ist und den Anfang seiner selbstständigen Tätigkeit
als Handelsvertreter dokumentiert. Die Übernahme der Agenturware in der Dreiecksbeziehung zwischen Vorpächter, dem Handelspartner
und Eigentümer der Ware und dem Kläger stellt sich nicht anders dar als der Kauf von Ware, die später veräußert werden soll,
im Zweierverhältnis wie beispielsweise zwischen Händler und Großhändler. Zwar könnte diese Handlung dem späteren Geschäftsbetrieb,
in dem auch Ware nachbestellt werden muss, zugerechnet werden, aber es fehlt hierbei an der geforderten Außenwirkung.
Selbst wenn man die Gespräche, die der Kläger schon vor der Eröffnung der Tankstelle mit potenziellen (Groß-)Kunden geführt
hat, als nach außen gerichtete geschäftliche, dem laufenden Geschäftsbetrieb zurechenbare Handlung werten wollte - aus den
vom Kläger vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass er vor der Eröffnung der Tankstelle auch solche Kunden requiriert hat
(Bestätigung der Firma I. P. vom 17.04.1990 und Vereinbarung mit der Firma B. GmbH in Sch. vom 27.03.1990) - lässt sich allerdings
nicht mehr feststellen, ob der Kläger die entsprechenden Gespräche mit diesen Kunden, wie erforderlich, bereits spätestens
Ende Januar 1990 geführt hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Zwar handelt es sich bei Anträgen nach §
28a SGB III der § 434j Abs.
2 SGB III unterfallenden Antragsteller um Anwendung auslaufenden Rechts, was mangels Eignung zur Rechtsfortbildung eine grundsätzliche
Bedeutung nicht zu begründen vermag. Doch ist die hier streitige und entscheidungserhebliche Frage der Abgrenzung von Vorbereitungshandlung
und Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit nach §
28a Abs.
1 Satz 2 Nr.
2 SGB III, die auch für Rechtsstreite außerhalb des Anwendungsbereichs von § 434j Abs. 2
SGB III von Bedeutung sein kann, nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.06.2006
(aaO.) betraf den Anspruch auf Überbrückungsgeld nach §
57 SGB III in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung.