Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Elterngeldanspruches der Klägerin nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) streitig.
Die Klägerin ist die Mutter des 2009 geborenen Kindes. Sie erzielte vor der Geburt des Kindes Einkommen aus nicht selbständiger
Tätigkeit. Im Zeitraum vom 30.03.2009 bis 06.07.2009 hat sie Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld
bezogen.
Der Beklagte hat auf den Antrag der Klägerin hin mit Bescheid vom 16.06.2009 Elterngeld für den 1. bis 12. Lebensmonat des
Kindes (= Zeitraum vom ...05.2009 bis ...05.2010) bewilligt. Der Elterngeldanspruch betrug im 1. Lebensmonat des Kindes wegen
des bezogenen Mutterschaftsgeldes und des Arbeitgeberzuschusses 0,- EUR und im 2. Lebensmonat 60,- EUR sowie im 3. bis 12.
Lebensmonat 1.800,- EUR.
Die Klägerin hat dem Beklagten mit Schreiben vom 24.01.2010 mitgeteilt, dass sie zum Jahresanfang 2010 eine gewerbliche Tätigkeit
im Bereich Marketing und Consulting aufgenommen habe. Diese Beratungstätigkeit werde mit ca. 18 bis 20 Std. pro Woche unternommen
und es werde bis Mai 2010 eine monatliche Einnahme von durchschnittlich 2.000,- EUR zzgl. Mehrwertsteuer erwartet. Aus diesen
Einnahmen würde sich nach Abzug von Einkommenssteuer (geschätzt 33 %) sowie Kranken- und Pflegeversicherung von 304,69 EUR
ein monatliches Nettoeinkommen von 1.035,31 EUR ergeben. Es werde gebeten, das Elterngeld für die Zeit ab 01.01.2010 unter
Berücksichtigung des zu erwartenden "Netto" von 1.035,- EUR neu zu berechnen und etwaige Minderbeträge mit der nächsten Zahlung
zu verrechnen.
Daraufhin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2010 den Anspruch der Klägerin auf Elterngeld ab 01.01.2010 gemäß §
8 Abs. 3 BEEG a.F. vorläufig neu fest. Ab dem 8. Lebensmonat errechnete der Beklagte nunmehr einen monatlichen Anspruch auf Elterngeld
in Höhe von 1.016,24 EUR und stellte eine Überzahlung in Höhe von 2.351,28 EUR fest, die er gemäß § 50 SGB X zurück forderte.
Der Beklagte hat nach Ablauf des Bezugszeitraum des Elterngeldes mit Bescheid vom 18.06.2010 den Elterngeldanspruch der Klägerin
endgültig festgesetzt. Der Beklagte errechnete nunmehr für den 9. bis 12. Lebensmonat des Kindes einen Elterngeldanspruch
in Höhe von 412,08 EUR und eine Überzahlung in Höhe von 1.632,88 EUR, die gemäß § 50 SGB X zurückgefordert wurde.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.06.2010 Widerspruch ein. Maßgebend für die Berechnung des Elterngeldes
sei stets das Netto-Erwerbseinkommen. Bei Nicht-Arbeitnehmern sei der einkommenssteuerliche Gewinn um Steuern und Sozialversicherungsbeiträge
zu vermindern. In dem angegriffenen Bescheid seien die nach § 2 Abs. 8 BEEG als Minderung zu berücksichtigenden Steuern und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung nicht enthalten. Der monatliche Durchschnittsgewinn
sei um die anteilige Einkommenssteuer-Vorauszahlung in Höhe von 1/6 von 6.526,33 EUR = 1.087,72 EUR zu vermindern. Des Weiteren
habe das evangelisch-lutherische Kirchensteueramt A-Stadt für die Klägerin mit Bescheid vom 28. April 2010 Vorauszahlungen
zur Kirchensteuer 2010 über 446,70 EUR bzw. monatlich 37,22 EUR festgesetzt. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung
bei der BKK G. würden sich auf monatlich 304,69 EUR belaufen. Das tatsächliche Netto-Erwerbseinkommen der Klägerin im 9. bis
12. Lebensmonat betrage daher 655,32 EUR. Auf dieser Grundlage sei das Elterngeld neu zu berechnen und festzusetzen.
Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 den Widerspruch zurückgewiesen. Die Steuervorauszahlungen für das
Jahr 2010 seien nach dem Einkommenssteuerbescheid für 2008 berechnet worden. In diesem Kalenderjahr hätte die Klägerin außer
ihrer nicht selbständigen Tätigkeit kein weiteres Einkommen gehabt. Dabei sei die Steuervorauszahlung ausschließlich im Rahmen
des Steuerabzugs vom Gehalt erfolgt. Die ausgewiesenen Steuervorauszahlungen seien demnach nur auf das Einkommen des Ehemannes
zurückzuführen. Ebenso wenig könnten die Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung in Ansatz gebracht werden, da es
sich hierbei um eine freiwillige Versicherung und nicht um eine Pflichtversicherung handle. Aus diesen Gründen müsste bei
den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit der Gewinn ohne entsprechende Abzüge bei der Berechnung des Elterngeldes im Bezugszeitraum
berücksichtigt werden. Es werde gebeten, den festgestellten Überzahlungsbetrag in Höhe von 1.632,88 EUR alsbald auf das im
angefochtenen Bescheid angegebene Konto zu überweisen.
Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 29.09.2010 zum Sozialgericht München. Die Klägerin trägt weiterhin vor,
dass das Elterngeld auf der Grundlage eines Netto-Erwerbseinkommens in Höhe von 655,32 EUR neu zu berechnen und festzusetzen
sei. Sollte das Gericht der Auffassung zur Berücksichtigungsfähigkeit des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages nicht
folgen können, errechne sich gleichwohl ein Netto-Erwerbseinkommen von nur 960,01 EUR, welches der Neuberechnung des Elterngeldes
zugrunde zu legen wäre. Der Widerspruchsbescheid vom 31.08.2010 gehe irrigerweise davon aus, dass die bislang festgesetzten
Einkommensteuervorauszahlungen 2010 lediglich aus der selbständigen Arbeit des Ehemannes resultieren und daher nicht auch
die im Januar 2010 erstmalig aufgenommene selbständige Arbeit der Klägerin betreffen. Zutreffend sei, dass der Bescheid des
Finanzamtes A-Stadt vom 29.11.2009 die Vorauszahlungen 2010 auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2008 festsetze.
Unzutreffend sei aber, dass diese Vorauszahlungen tatsächlich nur die selbständige Arbeit des Ehemannes betreffen, weil für
sämtliche Steuerzahlungen beide Eheleute als Gesamtschuldner gelten und nach Ablauf des Veranlagungszeitraumes 2010 eine gemeinsame
Einkommensteuer gegen beide Eheleute unter Anrechnung der gemeinschaftlich entrichteten Vorauszahlungen festgesetzt werde.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 27.10.2010 vorgetragen, dass die Steuervorauszahlung sich auf der selbständigen Tätigkeit
des Ehemannes der Klägerin und nicht aus der selbständigen Tätigkeit der Klägerin selbst begründe. Es sei bei Aufnahme der
selbständigen Tätigkeit der Klägerin keine Aktualisierung der Steuervorauszahlungen beim Finanzamt beantragt worden, so dass
nur auf die tatsächlichen Vorauszahlungen abgestellt werden könne, die jedoch nicht auf das Einkommen der Klägerin begründen
würden. Eine nachträgliche Feststellung und Berechnung am Jahresende mit der Steuererklärung wirke sich nicht mehr auf den
Bezugszeitraum des Elterngeldes aus. Die Berechnung des Elterngeldanspruches richte sich nach den steuerrechtlichen Vorschriften.
Hierbei sei das steuerliche Zuflussprinzip des §
11 EStG zu berücksichtigen, wonach allein die Einnahmen/Ausgaben, also der Zu- bzw. der Abfluss im Bezugszeitraum vom 08.05.2009
bis 07.05.2010 maßgeblich seien. Abzuziehen seien die aufgrund der Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung
in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung. Es würden nur
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung im Sinne von §
1 SGB IV, §
4 SGB I einschließlich der Pflichtbeiträge in die berufsständischen Versorgungswerke in Abzug gebracht. Beiträge für eine freiwillige
Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung seien nicht abzuziehen. Eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Antragstellern
bestehe nicht, da die Beiträge zur privaten Krankenversicherung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden könnten.
Hierzu hat sich die Klägerin nochmals mit Schriftsatz vom 07.03.2011 geäußert. Es werde nicht bestritten, dass die Festsetzung
der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2010 rechnerisch auf der einkommenssteuerlichen Situation des Veranlagungszeitraumes
2008 beruhe. Man könne den Beklagten wohl so verstehen, dass Einkommensteuer-Vorauszahlungen nur dann anrechenbar sein sollen,
wenn sie gegen den Elterngeldempfänger selbst oder direkt festgesetzt und von diesem auch bezahlt würden. Diese Auffassung
widerspreche nicht nur der gesetzmäßigen Handhabung im Steuerrecht. Sie negiere auch die Tatsache, dass die Ehe entsprechend
den Gestaltungen im "wahren Leben" in vielen Rechtsbereichen - wie dem Sozialrecht - auch als Wirtschaftsgemeinschaft betrachtet
werde. Die Zusammenveranlagung sei die Art der Veranlagung zur Einkommenssteuer, die das Gesetz für Eheleute, die nicht dauernd
getrennt leben würden, als Standard bestimme. Beide Eheleute seien Gesamtschuldner der Einkommenssteuer und etwaiger Nebenleistungen.
Folgerichtig würden Einkommensteuer-Vorauszahlungen gemeinsam für beide Eheleute festgesetzt. Rechnerisch würden die Vorauszahlungen
im Wesentlichen der unter Berücksichtigung der Einkünfte beider Ehegatten für 2010 zu erwartenden Steuerschuld entsprechen.
Hierzu hat sich der Beklagte nochmals mit Schriftsatz vom 18.03.2011 geäußert. Das Elterngeld sei keine spezielle "Familienleistung",
die sich nach dem Familieneinkommen berechne, sondern eine Entgeltersatzleistung. Als solche könne sie auch nur das Entgelt
der Person ersetzen, deren Einkommen durch die Elternzeit wegfalle. So bestimme sich z.B. auch das Krankengeld nur nach dem
Einkommen der Person, die erkrankt sei und nicht nach dem Familieneinkommen. Hierbei sei es unerheblich, wie die steuerrechtliche
Betrachtung erfolge.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 15.05.2012 den Beklagten verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 18.06.2010
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2010 für das 2009 geborene Kind höheres Elterngeld unter Berücksichtigung
eines anteiligen Kirchensteuerabzugs für den 9. bis 12. Lebensmonat zu zahlen und die festgesetzte Überzahlung entsprechend
zu reduzieren. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Klage sei nur teilweise begründet. Der Bescheid des Beklagten vom
18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2010 sei insoweit rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren
Rechten, als kein Abzug der auf den 9. bis 12. Lebensmonat entfallenden anteiligen Kirchensteuervorauszahlungen in Höhe von
monatlich 37,22 EUR (446,70 EUR jährlich: 12) erfolgt sei. Im Übrigen sei der Bescheid nicht zu beanstanden. Ein Abzug der
freiwilligen Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge sei zu Recht nicht erfolgt. Auch ein anteiliger Ansatz
der mit Einkommenssteuerbescheid vom 23.11.2009 festgesetzten Steuervorauszahlung habe nicht zu erfolgen. Streitgegenstand
sei die endgültige Feststellung des Anspruchs der Klägerin auf Elterngeld. Es bestünden zunächst keine Zweifel, dass die Klägerin
die Grundvoraussetzungen gemäß § 1 BEEG für den Anspruch auf Elterngeld für ihren 2009 geborenen Sohn erfüllt habe. Die Höhe des Elterngeldanspruches ergebe sich
sodann aus § 2 BEEG (a.F.). Die Höhe des vor der Geburt erzielten durchschnittlichen Monatseinkommens als auch die Höhe des durchschnittlich
erzielten monatlichen Gewinns im 9. bis 12. Lebensmonat sei zwischen den Beteiligten unstreitig und nach eigener Überprüfung
durch die Kammer korrekt ermittelt worden. Streitig seien allein die von dem ermittelten monatlichen Durchschnittsgewinn vorzunehmenden
Abzüge. Gemäß § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG sei als Einkommen aus selbständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit
geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte
Gewinn zu berücksichtigen. Gemäß Satz 4 dieser Vorschrift gelte als auf den Gewinn entfallende Steuern im Falle einer Steuervorauszahlung
der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der Einkommenssteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.
Dementsprechend seien unzweifelhaft die mit Bescheid vom 28.04.2010 festgesetzten Kirchensteuervorauszahlungen anteilig für
den 9. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 32,77 EUR monatlich vom ermittelten Durchschnittsgewinn in Abzug zu bringen. Hinsichtlich
der von der Klägerin gezahlten freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 304,- EUR monatlich handle
es sich dagegen nicht um Pflichtbeiträge im Sinne des § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG, sondern um von dieser Vorschrift nicht erfasste freiwillige Beiträge, so dass ein Abzug nicht erfolgen könne. Daran habe
sich seit dem in Kraft treten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl. I, 2426) nichts geändert. Die fehlende Gleichstellung von freiwilligen Beiträgen mit Pflichtbeiträgen
in § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG stelle kein Versehen des Gesetzgebers dar, sondern entspreche dessen ausdrücklichem Willen. Denn in der Begründung der Beschlussempfehlung
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zum Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Elterngeldes (BT-Drs.
16/2785, S. 38) sei dazu festgehalten: "Sofern Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung wie etwa bei bestimmten Handwerksberufen
zu leisten seien, müssten diese wie bei einem Einkommen aus nicht selbständiger Arbeit abgezogen werden. Nicht abzusetzen
seien Beiträge für Versicherungen und Altersvorsorge außerhalb des Systems der sozialen Pflichtversicherung. Nur dann sei
bei der aufgrund der großen Zahl möglicher Einzelfallkonstellationen gebotenen typisierenden Betrachtung sichergestellt, dass
nur solche Aufwendungen abgezogen werden, die bei im Bezugszeitraum des Elterngeldes ununterbrochener oder eingeschränkter
Tätigkeit entfallen oder reduziert sind. Ein Beispiel ist hier die Krankenversicherung, die als gesetzliche Pflichtversicherung
aufrecht erhalten wird, während zur privaten Krankenversicherung weiterhin Beiträge zu entrichten sind ...". Aufgrund dieser
gesetzgeberischen Ausführungen könne von einer unbewussten Lücke des Gesetzes im Bezug auf freiwillige Beiträge in der Krankenversicherung
nicht ausgegangen werden. Deshalb sei auch eine entsprechende Anwendung der Regelungen über die Abzugsfähigkeit von Krankenversicherungspflichtbeiträgen
vom Einkommen bei Arbeitnehmern oder versicherungspflichtigen Selbständigen zu Gunsten der freiwillig krankenversicherten
ausgeschlossen. Diese Regelung sei auch nicht verfassungswidrig (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2012, Az.: B 10 EG 6/11 R).
Ein Abzug von Einkommenssteuervorauszahlungen sei ebenfalls nicht vorzunehmen. Denn nach § 2 Abs. 8 Satz 1 BEEG sei als Einkommen u.a. aus selbständiger Arbeit der um die auf dieses Einkommen entfallenden Steuern verminderte Gewinn zu
berücksichtigen. Für den Fall von Steuervorauszahlungen fingiere ("gilt") § 2 Abs. 8 Satz 4 BEEG als auf den Gewinn entfallende Steuern den auf die Einnahmen entfallenden monatlichen Anteil der Einkommenssteuer einschließlich
Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Ausweislich Seite 5 des Einkommensteuerbescheids vom 23.11.2009 habe sich jedoch die
zu leistende Einkommenssteuervorauszahlung für das Jahr 2010 aus dem zu versteuernden Einkommen beider Ehepartner in Höhe
von 262.799,- EUR aus dem Jahr 2008 errechnet und damit auch aus den von der Klägerin erzielten Einkünften aus nicht selbständiger
Tätigkeit. Die festgesetzte Einkommenssteuervorauszahlung sei jedoch nicht auf die Einkünfte der Klägerin aus selbständiger
Arbeit zu leisten. Dies sei auch nicht verwunderlich, da die Klägerin die selbständige Tätigkeit erst zu Anfang des Jahres
2010 aufgenommen habe, während sie bis vor der Geburt ihres Sohnes nicht selbständig erwerbstätig gewesen sei. Nach dem Wortlaut
von § 2 Abs. 8 BEEG könne die Einkommenssteuervorauszahlung nicht berücksichtigt werden. Soweit die Klägerin geltend mache, dass sie für die
Einkommenssteuervorauszahlung mit ihrem Ehemann als Gesamtschuldnerin hafte und die Einkommenssteuervorauszahlung auch tatsächlich
leiste, sei dies selbstverständlich korrekt. Für die Elterngeldberechnung komme es jedoch darauf an, dass die Einkommensteuervorauszahlung
auf die Einkunftsart entfalle, die der Einkommensbemessung des Elterngeldanspruchs zugrunde liege. Würde die Klägerin beispielsweise
Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
5 EStG erzielen, würde sie steuerrechtlich für die Einkommenssteuervorauszahlung bei gemeinsamer Veranlagung neben ihrem Ehemann
ebenfalls gesamtschuldnerisch haften und dennoch wäre die anteilige Einkommenssteuervorauszahlung bei der Elterngeldberechnung
ohne jeden Zweifel weder nach § 2 Abs. 7 Satz 3 BEEG noch nach § 2 Abs. 8 Satz 4 BEEG in Abzug zu bringen, weil diese Einkunftsart nicht als Einkommen gemäß § 2 Abs. 1 BEEG zu berücksichtigen sei. Für eine am Wortlaut der Vorschrift orientierte Auslegung spreche nach Auffassung der Kammer auch
der Sinn und Zweck der Vorschrift. Sowohl § 2 Abs. 7 Satz 3 BEEG als auch § 2 Abs. 8 Satz 4 BEEG würden fingieren, inwiefern bei der Einkommensberechnung ein Steuerabzug zu berücksichtigen sei. Auf eine exakte Abbildung
der steuerrechtlichen Gegebenheiten werde also bewusst verzichtet. Dies sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Beklagte
nicht zu einem "Nebenfinanzamt" werde, sondern die nach der Geburt von den Elterngeldberechtigten benötigte Leistung rasch
aushändigen können solle. Es handle sich bei den Fiktionen zum Steuerabzug um typisierende Regelungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung.
Diese Vorgehensweise des Gesetzgebers sei für das BEEG auch nicht ungewöhnlich. So zeige beispielsweise auch die Regelung zum Werbungskostenabzug bei nicht selbständig Erwerbstätigen,
dass der Gesetzgeber Pauschalierungen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung dem exakten Abbilden der steuerlichen Rechtslage
vorziehe. Gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 BEEG würden bei der Einkommensbemessung generell nur 1/12 des Pauschbetrages nach §
9a Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 EStG als Werbungskosten berücksichtigt, obwohl diese deutlich geringer oder deutlich höher sein können. Diese pauschale Regelung
könne sich für den Elterngeldberechtigten positiv auswirken, denn wenn tatsächlich höhere Werbungskosten als der Pauschbetrag
anfallen, wäre das im Bemessungszeitraum zu berücksichtigende Einkommen und damit der Elterngeldanspruch niedriger. Im Bezugszeitraum
wäre es dagegen günstiger, wenn die tatsächlich höheren Werbungskosten berücksichtigt würden, da dann bei Erwerbstätigkeit
das anzurechnende Einkommen geringer und der Elterngeldanspruch damit höher wäre. Dasselbe gelte für den fiktiven Steuerabzug
nach den Steuervorauszahlungen. So könne sich der Nichtabzug von Steuervorauszahlungen im Bemessungszeitraum positiv auswirken,
weil das für den Elterngeldanspruch heranzuziehende Einkommen und dadurch der Elterngeldanspruch höher sei, während es sich
- wie im Fall der Klägerin - im Bezugszeitraum negativ auswirke, weil dadurch das anzurechnende Einkommen höher sei. Aus Sicht
der Kammer sei diese an Art.
3 Abs.
1 GG zu messende sich im Einzelfall ergebende Benachteiligung/Bevorzugung der Anspruchsberechtigten entsprechend der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts durch die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung gerechtfertigt (vgl. BVerfGE 103, 310, 319; 111, 176, 188).
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 26.06.2012 zum Bayer. Landessozialgericht.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat schriftsätzlich den Antrag gestellt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 15.05.2012, insoweit die Klage abgewiesen wurde, wie unter Abänderung
des Bescheides des Beklagten vom 18.06.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2010, soweit diese durch das
erstinstanzliche Urteil vom 15.05.2012 nicht aufgehoben worden sind, den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für den 9.
bis 12. Lebensmonat ihres am 08.05.2009 geborenen Kindes noch einen Betrag an Elterngeld in Höhe von 2.198,56 EUR, abzüglich
monatlich 37,22 EUR wegen anteiliger Kirchensteuervorauszahlungen, mithin in Höhe von 2.049,68 EUR, hilfsweise in Höhe von
1.381,96 EUR, abzüglich anteiliger Kirchensteuervorauszahlungen von monatlich 37,22 EUR, mithin in Höhe von 1.233,08 EUR zu
zahlen und die festgesetzte Überzahlung entsprechend zu reduzieren sowie dem Beklagten die notwendigen außergerichtlichen
Kosten in beiden Rechtszügen in vollem Umfang aufzuerlegen.
Der Beklagte stellt den Antrag,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14.11.2012 zur Begründung des Berufungsabweisungsantrages auf die zutreffenden Ausführungen
im erstinstanzlichen Urteil verwiesen.
Dem Senat liegen die Verwaltungsakte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts München S 33 EG 119/10 und die Akte des Bayer. Landessozialgerichts L 12 EG 29/12 zur Entscheidung vor, auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid des Beklagten vom 18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 31.08.2010 und das Urteil des Sozialgerichts München vom 15. Mai 2012 nur insoweit, als ein Abzug der freiwilligen Krankenversicherungs-
und Pflegeversicherungsbeiträge und ein anteiliger Ansatz der mit Einkommensbescheid vom 23.11.2009 festgesetzten Steuervorauszahlungen
von dem ermittelten monatlichen Durchschnittsgewinn nicht erfolgt ist und dies durch das angefochtene Urteil vom 15. Mai 2012
bestätigt wurde.
Das Urteil des Sozialgericht München vom 15.05.2012 ist (auch) insoweit nicht zu beanstanden, als es in Ziffer II. die diesbezügliche
Klage der Klägerin abgewiesen hat. Der Bescheid des Beklagten vom 18.06.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2010
ist nicht zu beanstanden, da von dem ermittelten monatlichen Durchschnittsgewinn weder die von der Klägerin gezahlten freiwilligen
Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 304,- EUR monatlich noch die mit Einkommensteuerbescheid vom 23.11.2009
festgesetzten Steuervorauszahlungen anteilig in Abzug zu bringen sind.
Die Begründung des Sozialgericht München in dem Urteil vom 15.05.2012 erweist sich in vollem Umfang und uneingeschränkt als
zutreffend.