Gründe:
I. Streitig ist, ob dem Kläger für das Verfahren vor dem Sozialgericht Landshut Prozesskostenhilfe zu gewähren ist.
Der 1987 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.), der durch seine Mutter vertreten wird, begehrt im Klageverfahren
vor dem Sozialgericht Landshut die Gewährung von Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (
SGB XI). Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 21. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2010 abgelehnt.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) war in Gutachten vom 20. April und 25. Mai 2010 zu dem Ergebnis
gelangt, dass im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von lediglich 17 Minuten gegeben sei, so dass die Voraussetzungen
für das Vorliegen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien.
Einen Antrag vom 11. August 2010 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat das Sozialgericht
mit Beschluss vom 2. September 2010 abgelehnt. Da das Verfahren vor den Sozialgerichten gerichtskostenfrei sei, komme eine
Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur für die Kosten der Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht. Eine Vertretung erscheine
vorliegend nicht erforderlich, da die Streitsache weder tatsächlich noch rechtlich schwierig gelagert sei, der Bf. selbst
nicht hilflos erscheine und das Gericht etwa notwendige Ermittlungen von Amts wegen anzustellen habe.
Zur Begründung der Beschwerde hat der Bf. vorgebracht, dass zur Vermeidung einer prozessualen Schlechterstellung die Beiordnung
eines Rechtsanwalts erforderlich sei. Es bestehe auch eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage. Er hat hierzu verschiedene
ärztliche Unterlagen zu einem bestehenden Autismus, asthmatischen Beschwerden und einer Neurodermitis vorgelegt sowie den
Bescheid des Zentrums Bayern Familie und Soziales vom 24. April 2006 übermittelt.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Rechtsstreit keine hinreichende Erfolgsaussicht habe. Sie hat insbesondere
auf die gutachterlichen Äußerungen des MDK verwiesen.
II. Die am Montag, den 11. Oktober 2010 form- und fristgerecht (§§
172,
173,
64 Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) eingegangene Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach §
73 a SGG i.V.m. §§
114 ff
Zivilprozessordnung (
ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe. Voraussetzungen sind die Glaubhaftmachung der
Bedürftigkeit, des Ausschlusses der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten
Rechtsverfolgung. Ist, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben,
wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch
einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§
121 Abs.
2 ZPO).
Zur Beurteilung der Erfolgsaussicht darf und muss sich das Gericht mit einer vorläufigen Prüfung der Erfolgsaussicht begnügen.
Der Erfolg braucht zwar nicht gewiss zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für
sich haben. Ist der geltend gemachte Anspruch noch ungewiss und bedarf er einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, ist dies
ausreichend, um eine gewisse Erfolgsaussicht wahrscheinlich erscheinen zu lassen.
Dies ist vorliegend zu bejahen. Zwar verweist die Beklagte zu Recht auf die Feststellungen des MDK, wonach der zeitliche Hilfebedarf
in der Grundpflege lediglich 17 Minuten beträgt. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I mit mehr als 45 Minuten gemäß §
15 Abs.
3 S. 1 Nr.
1 SGB XI sind damit nicht erfüllt. Allerdings wendet sich der Bf. gerade gegen diese Einschätzung durch den MDK und legt hierzu auch
verschiedene ärztliche Berichte vor. Dem Senat erscheint daher eine weitere medizinische Sachverhaltsaufklärung erforderlich,
so dass vom Vorliegen einer gewissen Erfolgswahrscheinlichkeit der Klage auszugehen ist.
Dabei kann die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch nicht daran scheitern, dass eine Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht
erforderlich ist, wie das Sozialgericht dies angenommen hat. Zwar scheidet die zweite Variante des §
121 Abs.
2 ZPO aus, da die Beklagte nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, jedoch ist eine Vertretung des Bf.
erforderlich. Dies beurteilt sich im Einzelfall nach Umfang und Schwierigkeit der Sache und nach den persönlichen Verhältnissen
der Partei, insbesondere nach ihrer Fähigkeit, sich mündlich und schriftlich auszudrücken. Davon ist regelmäßig auszugehen,
wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (BVerfG NJW 1997,
2103 f; NJW-RR 2007, 1713 f). Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob ein Bemittelter in einem solchen Fall vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragen
würde; auch kann die Bedeutung des Rechtsstreits für den Antragsteller mit zu berücksichtigen sein (zum Ganzen: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl. §
73 a Rdnr. 9 b).
Die Beklagte wird in dem Verfahren durch rechtskundige und prozesserfahrene Mitarbeiter vertreten. Um eine "Waffengleichheit"
im Verfahren herzustellen, wird ein vernünftiger Rechtssuchender regelmäßig einen Rechtsanwalt oder einen erfahrenen Prozessvertreter
einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, um das Verfahren in
jedem Stadium durch sachdienlichen Vortrag und Anträge effektiv fördern zu können (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2009, Az.
1 BvR 439/08, in einem Verfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch). Soweit sich das Sozialgericht auf das im sozialgerichtlichen
Verfahren geltende Amtsermittlungsprinzip nach §
103 SGG bezieht, hat das Bundesverfassungsgericht mehrmals darauf hingewiesen, dass ein pauschales Abstellen auf den Amtsermittlungsgrundsatz
im sozialgerichtlichen Verfahren gegen das Prinzip der Rechtsschutzgleichheit verstößt. Dies gelte auch dann, wenn ausschließlich
oder schwerpunktmäßig tatsächliche Fragen im Streit sind, die möglicherweise durch eine Beweiserhebung im Wege der Einholung
eines medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt werden müssen (z.B. BVerfG NZS 2002, 420; NJW-RR 2007, 1713 f). Gerade bei Klageverfahren, die auf Leistungen aus der Pflegeversicherung gerichtet sind, in dem die betroffenen Versicherten
unter meist erheblichen Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit und Fähigkeiten leiden und in dem der Rechtsstreit oft von erheblicher
Bedeutung für die Finanzierbarkeit von Pflegeleistungen ist, ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen des Anspruchs
auf Prozesskostenhilfe regelmäßig als erforderlich anzusehen.
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts D. B. war daher zu bewilligen. Im Hinblick auf die persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisses des Bf., der u.a. Grundsicherungsleistungen bezieht, war eine Ratenzahlung nicht anzuordnen.
Eine Entscheidung zur Tragung der außergerichtlichen Kosten unterbleibt wegen §
73 a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschlusses ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).