Tatbestand:
Im Streit ist die Versicherungspflicht der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur: "die Beigeladene") für die Klägerin
als Logopädin.
Die Klägerin betrieb eine logopädische Praxis. Aufgrund des Honorarvertrags vom 19. September 2007 war die Beigeladene für
sie dort ab dem 12. September 2007 tätig. Danach erhielt die Beigeladene ("Dienstverpflichtete") pro geleisteter und nachgewiesener
Therapie 70 % des derzeit gültigen und gesetzlichen Diagnostik- und Therapiesatzes der jeweiligen Krankenkassen, privat und
Beihilfesätze. Abzurechnen seien volle Heilmittelverordnungen, die nach Eingang der Bezahlung durch die Abrechnungszentrale
der O an die Dienstverpflichtete ausgezahlt würden. Der Dienstverpflichteten stehe es frei, Aufträge der Klägerin ("Dienstberechtigten")
abzulehnen. Die Arbeitszeit und Arbeitsdauer werde von der Dienstverpflichteten frei eingeteilt. Die Dienstverpflichtete sei
bezüglich therapeutischer Maßnahmen nicht weisungsgebunden. Die Beigeladene verpflichte sich, die erzielten Einnahmen in ihrer
Jahreseinkommensteuer steuerlich anzugeben und diese zu versteuern. Um der Scheinselbständigkeit vorzubeugen, liege diesem
Vertrag die Statusermittlung von Seiten der Dienstverpflichteten zugrunde. Sozialleistungen würden von Seiten der Dienstberechtigten
nicht gewährt. Sollte die gesetzliche Krankenversicherung auf das Honorar Sozialabgaben erheben, seien diese von der Dienstverpflichteten
zu entrichten. Die Dienstverpflichtete stelle die Dienstberechtigte insoweit schon jetzt von den Forderungen frei, Krankenversicherungsbeiträge
und andere Sozialabgaben für sie zu entrichten. Der Vertrag wurde durch Vereinbarung vom 29. Januar 2009 ergänzt. Danach hatte
die Beigeladene eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und haftete für vorsätzlich oder fahrlässig
herbeigeführte Körper- oder/und Vermögensschäden und stellte die Praxisinhaberin von allen Ansprüchen frei.
Die Beigeladene stellte am 25. November 2008 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen
Status für ihre Tätigkeit. Sie teilte mit Schreiben vom 9. Februar 2009 mit, die Tätigkeit in einem angemieteten Raum, bei
den Patienten zu Hause oder im Pflegeheim aus. Sie arbeite nicht mit Mitarbeitern des Auftraggebers zusammen, erhalte von
diesen keine Weisungen und führe die Behandlung der Patienten eigenverantwortlich durch. Sie vereinbare die Termine. Sie betreibe
keine eigene feste logopädische Praxis, da sie nur in Teilzeit als Logopädin arbeite. Aufgrund der fehlenden eigenen Betriebsstätte
(kassenärztlich zugelassener Logopädiepraxis) sei es ihr nicht möglich, eigene Rechnungsstellungen gegenüber den Krankenkassen
zu erstellen. Jedoch obliege ihr allein die Auswahl und die Anzahl der Patienten. Hierfür führe sie eigene Werbemaßnahmen
durch. Die Arbeitsmittel, die sie einsetze (Therapiematerial, therapeutisches Spielzeug, technische Geräte, wie PC, Videokamera,
Keyboard etc.) sowie tägliche Gebrauchsmittel wie Reinigungsmittel befänden sich in ihrem Eigentum und seien nicht etwa Eigentum
der Klägerin.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 30. Juli 2009 fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen seit dem 12. September 2007
bei der Klägerin im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werde. Zur Begründung führte sie aus, dass die Beigeladene
über keine eigene Betriebsstätte verfüge, nicht selbst Rechnungen gegenüber Patienten erstelle und kein unternehmerisches
Risiko trage. Die von ihr eingesetzte Arbeitszeit werde bezahlt, eigene Arbeitsmittel setze sie nicht ein. Nur die freie Terminierung
spreche für eine selbständige Tätigkeit. Insgesamt überwögen die Indizien für eine abhängige Beschäftigung. Die Versicherungspflicht
beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.
Hiergegen erhoben die Klägerin und die Beigeladene Widerspruch. Es werde nicht gewürdigt, dass es sich um ein Dienstverhältnis
handele, welches von einer persönlichen Leistungserbringung geprägt sei. Nur die Benutzung der Behandlungszimmer müsse abgestimmt
werden. Sonst sei die Beigeladene in ihrer Arbeitszeit frei. Ein unternehmerisches Risiko werde in Form einer Festmiete anteilmäßig
mitgetragen: Die vereinbarte Kostenpauschale in Höhe von 30 % des Abrechnungsumsatzes umfasse die Abrechnung bei den gesetzlichen
Krankenkassen durch die Klägerin (Verwaltungsaufwand, Nutzung des Abrechnungssystems) sowie die zur Verfügung Stellung der
Räumlichkeiten nebst anteiligen Nebenkosten. Die Beigeladene reichte Kopien diverser Rechnungen für die Jahre 2007 - 2009
ein.
Der Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ist zum 30. September 2009 gekündigt worden.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2010 zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend
aus, nach außen hin erscheine die Beigeladene als Mitarbeiterin der Klägerin.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Februar 2010 beim Sozialgericht Berlin (SG) Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie ergänzend unter anderem vorgebracht, die Rechnungstellung sei nur dann über die
Klägerin erfolgt, wenn die Behandlung in deren Praxis erfolgt sei. Die Beigeladene habe jederzeit eigene Patienten akquirieren
können, ihr sei es freigestanden, die Abrechnung ihrer Leistungen unter Verwendung der Kassenzulassung ihrer weiteren Auftraggeber
einzureichen. Sie sei auch so verfahren. Die Beigeladene sei auch nicht gehindert gewesen, bei Selbstzahlern direkt abzurechnen.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 1. März 2011 den Bescheid vom 30. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.
Januar 2010 abgeändert und festgestellt, dass in der von der Beigeladenen seit 12. September 2007 ausgeübten Beschäftigung
als Logopädin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung
sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Die Klägerin hat ihre logopädische Praxis mittlerweile aufgegeben.
Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG u. a. erklärt, sich bewusst für eine Tätigkeit als freie Mitarbeiterin entschieden zu haben, da sie flexibel habe sein wollen.
Die Behandlungen habe sie in eigener Verantwortung ohne Rücksprache mit der Klägerin durchgeführt und nur zur Abrechnung dann
die Verordnung bei dieser eingereicht. Mit der Krankenkasse habe nur die Klägerin abrechnen können. Wenn an den Abrechnungsunterlagen
etwas nicht gestimmt habe und deswegen die Kasse nicht gezahlt habe, habe sie - die Beigeladene - auch keine Vergütung bekommen.
Die Klägerin hat erklärt, sie habe zwei fest angestellte Mitarbeiter und zwei Honorarkräfte gehabt. Die Festangestellten seien
35 - 40 Stunden wöchentlich tätig gewesen und hätten nach ihren Anweisungen arbeiten müssen, gegebenenfalls nach Besprechungen
im Team. Behandelt seien von ihr die Patienten, die sich an ihre Praxis gewandt hätten. Sie habe mit der Kündigung der Beigeladenen
von dieser die Übergabe der Patientenakten verlangt, weil sie diese zehn Jahre aufbewahren müsse. Die Akten der Patienten,
die die Beigeladene behandelt habe, seien während der Behandlung bei dieser geführt und nach der Behandlung bei ihr - der
Klägerin - archiviert worden. Dort habe die Beigeladene einen gesonderten Aktenordner gehabt. An den wöchentlichen Teamsitzungen
hätten nur die angestellten Mitarbeiter teilgenommen.
Das SG hat mit Urteil vom 21. August 2013 den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 27. Januar 2010 und des Bescheids vom 1. März 2011 aufgehoben. Es hat festgestellt, dass die Beigeladene in ihrer Tätigkeit
für die Klägerin ab dem 12. September 2007 bis zum 30. September 2009 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung in der
gesetzlichen Renten-, Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig
war. Zur Begründung hat es ausgeführt, entscheidend sei das Fehlen einer Weisungsabhängigkeit und einer mehr als nur geringgradige
Eingliederung in eine fremd bestimmte betriebliche Ordnung. Dass die Beigeladene überhaupt für die Klägerin tätig geworden
sei, sei nämlich im Wesentlichen nur wegen der fehlenden eigenen Abrechnungsbefugnis der Fall gewesen. Die Sichtweise einer
fehlenden Weisungsunterworfenheit ergebe sich auch aus den getroffenen vertraglichen Regelungen.
Aus denselben Gründen habe auch der Feststellungsantrag der Klägerin und der Beigeladenen Erfolg.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 23. September 2013. Zur Begründung führt sie aus, entgegen
dem SG sei von Weisungsabhängigkeit auszugehen. Die Klägerin habe eine logopädische Praxis betrieben und sei Mitglied im Deutschen
Bundesverband für Logopädie e. V. gewesen. Sie sei damit Leistungserbringerin auf der Grundlage der zwischen dem Spitzenverband
der Krankenkassen und dem Deutschen Bundesverband für Logopädie abgeschlossenen Rahmenempfehlung - Logopädie und den dazugehörigen
Leistungsbeschreibungen gewesen. Innerhalb dieser Struktur, die einem intensiven Qualitätsmanagement unterliege, erbringe
die Beigeladene ihre Leistungen für die Klägerin. Sie sei für die Ausübung ihrer erlangten Tätigkeit auf die Eingliederung
in eine fremde Betriebsorganisation, wie sie die Klägerin vorhalte, angewiesen. Ein Tätigwerden außerhalb der in der Rahmenempfehlung
- Logopädie festgelegten Struktur in Bezug auf Datenschutz (§ 8), organisatorische Voraussetzungen (§ 12), personelle Voraussetzungen
(§ 13) seien unzulässig und könnten zum Verlust der Zulassung führen. Es sei insoweit folgerichtig, dass die Klägerin auf
die Rückgabe der Akten ihrer Patienten nach Beendigung der Zusammenarbeit bestanden habe. Daraus ergebe sich aber, dass sich
die Klägerin insgesamt ihrer Verantwortung bewusst gewesen sei und nicht lediglich als Abrechnungsstelle für die Beigeladene
habe dienen können. Dem Umstand, dass der Beigeladenen hinsichtlich der therapeutischen Maßnahmen keine Weisungen der Klägerin
erhalten habe, trete bei der Gesamtabwägung in den Hintergrund, da Leistungen auf ärztliche Anordnung erbracht würden und
bereits aus diesem Grund festgelegt seien. Darüber hinaus stehe einem Behandler im Bereich der medizinischen Berufe gewisse
Spielräume zu (Bezugnahme auf Beschluss des hiesigen Senats vom 24. Oktober 2010 - L 1 KR 341/09).
Die Beklagte beruft sich ferner auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 18. Juli 2012 (L 2 R 115/12).
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die angegriffene Entscheidung.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte im Beschlusswege gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entscheiden. Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 29. September 2014 hingewiesen
worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten.
Das SG hat der Klage deshalb richtigerweise stattgegeben. Der Senat verweist zunächst zur Vermeidung bloßer Wiederholungen auf die
sorgfältig begründeten Ausführungen im angegriffenen Urteil (§
153 Abs.
2 SGG).
Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung wegen Aufnahme
einer abhängigen Arbeit bestimmt sich nach §
25 Abs.
1 Satz 1
SGB III, §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V, §
1 Nr.
1 SGB VI und §
20 Abs.
1 Nr.
1 SGB XI. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung
danach erforderliche Beschäftigung wird in §
7 Abs.
1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist danach die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung sind nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Abzugrenzen ist eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der
Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit,
Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere
bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige
Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über
die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige
Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes
der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R - jurisRdnr. 16). Manche Dienstleistungen, insbesondere solche, deren Gegenstand eine persönlich geprägte Betreuung ist,
können sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden (BSG, aaO.; BSG Urt. v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - jurisRdnr. 17).
Wie das SG bereits zutreffend festgestellt hat, spricht zwar für das Vorliegen einer Beschäftigung das Fehlen eines erheblichen unternehmerischen
Risikos, da die Beigeladene keine eigene Praxis unterhalten musste. Dass die Beigeladene von der Kassenvergütung für die von
ihr auf Rechnung der Klägerin behandelten Patienten nur einen Anteil von 70 % erhält, führt nicht zu einer relevanten Risikoübernahme
durch eine Beteiligung der Praxiskosten. Denn die Beigeladene musste sich gerade nicht unabhängig von eigenen Patienten an
Fixkosten beteiligen. Ebenfalls für das Vorliegen einer Beschäftigung spricht auch, dass die Beigeladene auf Rechnung der
Klägerin tätig wurde und insoweit -also im Verhältnis gegenüber den Krankenkassen- deren Patienten behandelt hat.
Bei der Abwägung müssen jedoch alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau
gewichtet und gegeneinander abgewogen werden.
Der Senat geht davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen als Logopädin um eine Dienstleistung aus dem Bereich
der persönlich geprägten Gesundheitsleistungen handelt, die demnach grundsätzlich sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung
als auch einer selbständigen Tätigkeit erbracht werden kann. Entscheidend ist deswegen, wie die Tätigkeit organisiert und
ausgestaltet ist.
Auszugehen ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Der zwischen der Klägerin und
der Beigeladenen geschlossene "Honorarvertrag" spricht dafür, dass die Beteiligten eine selbständige Tätigkeit vereinbaren
wollten. Geregelt wird die Abrechnung geleisteter Therapien. Der Vertrag enthält keine Abreden, die für eine abhängige Beschäftigung
des Beigeladenen zu 1) sprechen würden. Der Beigeladenen konnte Arbeitszeit und Arbeitsdauer frei einteilen. Ein Weisungsrecht
der Klägerin war hinsichtlich der Tätigkeit der therapeutischen Maßnahmen ausdrücklich ausgeschlossen.
Allerdings kommt es nicht entscheidend auf die in den von den Vertragspartnern im Vertrag verwendeten Bezeichnungen an, denn
das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und kann folglich nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen
sein. Erheblich für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse,
welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - jurisRdnr. 17; Urteil des BSG vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - jurisRdnr. 17).
Der Senat kann in diesem Zusammenhang zunächst nicht feststellen, dass die Klägerin andere Kräfte als die Beigeladene auch
formal als Arbeitnehmer führte, obwohl sich deren Tätigkeit von der der Beigeladenen nicht wesentlich unterschieden hat. Es
gab vielmehr entscheidende Unterschiede: Ihre Festangestellten mussten die ihnen zugewiesenen Patienten betreuen und auf Anweisung
der Klägerin tätig werden. Die Beigeladene betreute weisungsfrei ihre eigenen Patienten. Sie musste an den Besprechungen nicht
teilnehmen.
Der Senat hat sich weiter auch nicht davon überzeugen können, dass die Beigeladene unabhängig von der im Vertrag formulierten
freien Tätigkeit in Wahrheit einem Weisungsrecht der Klägerin unterlegen hat, das geeignet wäre, eine abhängige Beschäftigung
zu begründen.
Nach §
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV entscheidet über das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung insbesondere das Ausüben einer Tätigkeit nach Weisungen und
eine Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Im Gegensatz zu dem vom Senat mit Beschluss vom 24. August 2010 (L 1 KR 341/09) entschiedenen Fall konnte die Klägerin der Beigeladenen keine Patienten zuteilen. Im dortigen Fall war der Senat zu der
Überzeugung gelangt, dass der dortige Mitarbeiter nicht über seine Arbeitskraft (völlig) frei habe verfügen können. Ihm seien
im Betrieb der Auftraggeberin von deren Mitarbeitern Patienten zugewiesen worden.
Dies unterscheidet den vorliegenden Fall auch von dem, welcher dem Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 18. Juli 2012
(L 2 R 115/12) zugrunde lag. Ein (schriftlicher) Vertrag wurde zwischen den dortigen Vertragspartnern nicht geschlossen. Auch dem Masseur
und Medizinischen Bademeister, um dessen Status in diesem Verfahren gestritten wurde, war bereits aufgrund der Anzahl der
ihm von seiner Auftraggeberin zugewiesenen Kunden/Patienten nicht frei, die Behandlungsdauer nach eigenem Gutdünken wesentlich
zu verkürzen oder zu verlängern. Er ist -ausweislich der Entscheidung- sowohl nach den vertraglichen Vereinbarungen als auch
nach der tatsächlichen Handhabung wie ein Angestellter der Klägerin aufgetreten. Im Gegensatz hierzu ist die Beigeladene nur
gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen als Mitarbeiterin der Klägerin geführt worden, nicht aber gegenüber den Patienten
als solche aufgetreten.
Soweit sich die Beklagte zur Begründung der Berufung auf die "Rahmenempfehlung über die einheitliche Versorgung mit Heilmitteln
gemäß § 125 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch" zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Spitzenorganisationen der
Heilmittelerbringer auf der Bundesebene im Bereich Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie in der Fassung vom 1. Juli 2013 berufen
hat, vermag dies eine andere Einschätzung nicht zu rechtfertigen. Ungeachtet der dort als Grundlage der Heilmittelerbringung
für die gesetzlichen Krankenversicherungen festgelegten Maßnahmen zur Qualitätssicherung, zur Strukturqualität und zur Qualität
der Behandlung gibt die Rahmenempfehlung nicht vor, dass der Heilmittelerbringer nur angestellte Mitarbeiter für sich tätig
werden lassen darf. § 13 Abs. 2 der Rahmenvereinbarung geht nämlich ausdrücklich von der Möglichkeit auch freier Mitarbeiter
aus. Die Anforderungen an die Gewährleistung des Datenschutzes (§ 8) und an die Qualifikation der therapeutischen Mitarbeiter
beziehen sich sowohl auf feste, wie auf freie Mitarbeiter.
Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des BSG etwa für die rechtliche Beurteilung von Lehrtätigkeiten anerkannt, dass eine abhängige Beschäftigung nicht bereits deswegen
anzunehmen ist, weil dem Dozenten der äußere Ablauf seiner Lehrtätigkeit vorgegeben wird (vgl. BSG Urt. v. 12. Februar 2004 - B 12 KR 26/02 R - jurisRdnr. 29). Auch der Zwang, sich inhaltlich an gewissen Vorgaben auszurichten, führt nicht zur Annahme von Weisungsgebundenheit.
Tätigkeiten sind nämlich auch dann weisungsfrei, wenn zwar ihre Ziele vorgegeben werden, die Art und Weise der Ausführung
aber dem Dienstleister überlassen bleibt. Entsprechend hat der Senat etwa für die Selbständigkeit vom Bundesrat beauftragter
Führer des Besucherdienstes entscheidend darauf abgestellt, dass diese als Honorarkräfte im Kernbereich ihrer Tätigkeit frei
waren (Urt. v. 15. Juli 2011 - L 1 KR 206/09 - jurisRdnr. 171). Auch für Einzelfallhelfer hat er dieses Kriterium bereits als maßgeblich herangezogen (Urt. v. 17. Januar
2014 - L 1 KR 175/12 - jurisRdnr. 64).
Hier hat die Beigeladene gegenüber der Klägerin noch nicht einmal Dienste erbracht, soweit sie ihre eigenen Patienten behandelt
hat. Sie ist insoweit nicht entlohnt worden, sondern hat ihrerseits die Klägerin bezahlt, indem diese unter anderem für das
Abrechnen 30% der Gelder einbehalten durfte.
In diesem Zusammenhang ist abschließend darauf hinzuweisen, dass die Beigeladene auch ein gewisses Unternehmensrisiko getragen
hat, weil sie eigene Arbeitsmittel vorhalten musste, vor allem aber auch alleine das Vergütungsausfallrisiko getragen hat:
Sie hatte gegenüber der Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung sondern nur auf Auskehrung von 70% der tatsächlich vereinnahmten
Zahlungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2, Abs. 3, 162 Abs. 3 VWGO.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 Nr.
1 und Nr.
2 SGG liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung, die unanfechtbar ist, folgt aus §
197a SGG in Verbindung mit § 63 Abs. 2, 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).