Tatbestand:
Umstritten ist die Beitragspflicht der Klägerin zur Sozialversicherung für die Beigeladenen zu 1) bis 3), drei ehrenamtliche
Ortsvorsteher der Klägerin, welche zugleich mit der Stelle eines Leiters der Außenstelle der Verwaltung betraut worden waren,
und darauf basierend eine durch Bescheid festgesetzte Beitragsnacherhebung in Höhe von 5.428,88 Euro.
Im September 2000 führte die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Berufungsbeklagten, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
(BfA), bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p
SGB IV durch. Hierbei wurde u.a. festgestellt, dass mehrere Ortsvorsteher, nämlich die Ortsvorsteher B., C. und A., pauschale Aufwandsentschädigungen
erhalten hatten, welche den nach §
3 Nr. 12 S. 2
EStG steuerfreien Betrag überschritten. Diese drei Ortsvorsteher waren auch nach § 82 Abs. 5 S. 4 Hessische Gemeindeordnung (HGO) mit der Leitung einer Außenstelle der Gemeindeverwaltung im Ortsbezirk betraut gewesen.
Durch Bescheid vom 19. Oktober 2000 und - nach Einlegung des Widerspruchs hiergegen sowie weiteren Prüfungen - weiteren Bescheid
vom 8. Juni 2002, der nach §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden war, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2002 setzte
die Beklagte für die drei Ortsvorsteher Beitragsnachforderungen gegen die Beklagte in Höhe von EUR 5.428,88 fest.
Dies beruhte auf in der Höhe nicht bestrittenen Zahlungen aufgrund der Entschädigungssatzung der Klägerin vom 22. Februar
1990. Nach dieser Satzung wurden zum einen Aufwandsentschädigungen für Teilnahmen an Sitzungen des Ortsbeirates geleistet.
Zum anderen erhielten Ortsvorsteher, denen die Leitung einer Verwaltungsaußenstelle übertragen worden war, eine zusätzliche
Aufwandsentschädigung in Abhängigkeit von der Größe des jeweiligen Stadtteils. Für die mit der Leitung der Außenstelle verbundenen
Aufgaben galt eine Anordnung des Bürgermeisters der Klägerin aus dem Jahre 1998, in welcher u.a. zum einen deren Einordnung
in die administrative Hierarchie der Klägerin klargestellt wurde und welche zum anderen einen Katalog der in die Zuständigkeit
dieser Ortsvorsteher fallenden administrativen Aufgaben enthielt.
Die BfA (und später die Beklage als ihre Rechtsnachfolgerin) zog von den Bruttozahlungen die Beträge ab, welche bei ehrenamtlicher
Tätigkeit auch einkommensteuerrechtlich pauschal als echte Aufwandsentschädigung anerkannt werden. Die überschießenden Beträge
behandelte sie als Arbeitsentgelt, welches je nach den individuellen Verhältnissen als beitragspflichtig angesehen wurde.
Dabei wurden die auf unterschiedlichen satzungsrechtlichen Grundlagen beruhenden und für unterschiedliche Aufgabenwahrnehmungen
gezahlten Beträge zusammengefasst.
Für den Beigeladenen zu 1) ermittelte die BfA von April 1999 bis Dezember 2001 DM 12.494,68 sowie für Januar bis März 2002
EUR 720,12 Arbeitsentgelt. Für ihn als geringfügig beschäftigten Bezieher einer Beamtenpension seien pauschale Arbeitgeberbeiträge
zur Rentenversicherung nachzuentrichten.
Als einkommensteuerpflichtiges und damit grundsätzlich beitragspflichtiges Arbeitsentgelt wurden für den Beigeladenen zu 2)
für die Zeit von März 2000 bis April 2001 DM 13.723,30 zugrunde gelegt. Er sei in der Zeit versicherungspflichtig beschäftigt
gewesen. Die Klägerin müsse für ihn Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nachentrichten.
Für den Beigeladenen zu 3) ermittelte die BfA schließlich entsprechend für die Zeit von April 1999 bis Dezember 2001 DM 12.730,51
sowie für die Zeit von Januar bis März 2002 EUR 383,04 im Grundsatz beitragspflichtiges Arbeitsentgelt. Für ihn als geringfügig
Beschäftigten müsse die Klägerin Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nachentrichten.
Die drei Ortsvorsteher seien im Sinne von §
7 Abs.
1 S. 1
SGB IV in nichtselbständiger Arbeit beschäftigt gewesen. Dem stehe gemäß der Rechtsprechung des BSG nicht entgegen, dass sie ehrenamtlich
tätig gewesen seien. Sie hätten nicht nur Repräsentationsaufgaben wahrgenommen, sondern auch dem allgemeinen Erwerbsleben
zugängliche Verwaltungsaufgaben. Ihre pauschale, nicht am tatsächlichen Aufwand orientierte Aufwandsentschädigung sei insoweit
Arbeitsentgelt, als sie einkommensteuerpflichtig seien.
Bereits gegen den Bescheid vom 19. Oktober 2000 hatte die Klägerin am 3. November 2000 Widerspruch eingelegt. Während des
Widerspruchsverfahrens ergingen zwei Änderungs- und Ergänzungsbescheide, welche nach §
86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens wurden. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2002 wies die Beklagte den Widerspruch
zurück und setzte die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Beitragsnachforderung auf 6.366,08 Euro fest. Aus der Verwaltungsakte
der Beklagten ergibt sich, dass von diesem Gesamtbetrag die Beitragsnachforderungen, welche sich aus den als Arbeitsentgelt
behandelten Aufwandsentschädigungen der Beigeladenen zu 1) bis 3) ergaben, 5.428,88 Euro betrugen.
Hiergegen hat die Klägerin am 28. November 2002 beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben.
Sie hat die bereits im Widerspruchsverfahren vertretene Ansicht, die drei Ortsvorsteher seien nicht versicherungspflichtig
beschäftigt gewesen, damit begründet, dass zwar gemäß der Rechtsprechung des BSG ehrenamtliche Inhaber kommunaler Ämter Beschäftigte
im Sinne des Sozialversicherungsrechts seien, wenn deren Tätigkeit über die Wahrnehmung von Repräsentationsaufgaben hinausgehe
und sich in einer die Tätigkeit prägenden Weise auf Verwaltungstätigkeiten erstrecke, die dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich
seien. Ortsvorsteher seien als gewählte Amtsträger aber nicht weisungsgebunden und darum nicht abhängig beschäftigt. Der Ortsbeirat
werde mit der Gemeindevertretung gewählt und wähle aus seiner Mitte den Ortsvorsteher als seinen Vorsitzenden, dem auch die
Leitung der Außenstelle der Verwaltung anvertraut werden könne. Bereits wegen der Wahl und der Voraussetzungen der Wählbarkeit
könne nicht davon die Rede sein, dass die Aufgaben eines Ortsvorstehers dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich seien. Der
Ortsvorsteher sei im Wesentlichen mit dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung vergleichbar, der ebenfalls eine höhere Aufwandsentschädigung
erhalte als die anderen Gemeindevertreter. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin erklärt, streitig seien nur noch
die Beitragsnacherhebungen für die drei Ortsvorsteher.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 19. Oktober 2000 und vom 6. August 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.
Oktober 2002 aufzuheben, soweit die Beklagte für an Ortsvorsteher gezahlte Aufwandsentschädigungen Sozialversicherungsbeiträge
in Höhe von 5.428,88 Euro nacherhebt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auch in Hessen seien die Voraussetzungen erfüllt, wegen derer das BSG entschieden habe, dass ehrenamtliche kommunale Amtsträger
dann Beschäftigte seien, wenn sie nicht nur Repräsentationsaufgaben wahrnähmen, sondern dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugängliche
Verwaltungstätigkeiten ausübten. Die Kriterien für die Wählbarkeit und die Auswahl der Beigeladenen zu 1) bis 3) stellten
lediglich Elemente des Bewerberauswahlverfahrens dar. Die Ortsvorsteher der Klägerin nähmen aufgrund der Organisationsregelungen
derselben neben den Repräsentationsaufgaben auch Verwaltungsaufgaben wahr. Hierfür seien sie an die Vorgaben des Gemeindevorstands
gebunden.
Mit Urteil vom 6. Oktober 2004 hat das Sozialgericht Kassel die Klage abgewiesen. Es ist im Wesentlichen den Argumenten der
Beklagten gefolgt. Ergänzend hat es ausgeführt, Ortsvorsteher, die mit der Leitung einer Außenstelle der Verwaltung betraut
seien, nähmen zusätzlich zu den mit dem Wahlamt selbst verbundenen Aufgaben in die Verwaltungsorganisation der Gemeinde eingeordnete
Verwaltungsaufgaben wahr. Dabei seien sie auch weisungsgebunden. Auch die Berechnung der als Arbeitsentgelt geltenden Anteile
der Aufwandsentschädigungen im Wege der Zusammenrechnung der für das Ortsvorsteheramt als solches und der für die Leitung
der Außenstelle gezahlten Anteile sei richtig.
Gegen das der Klägerin am 27. Oktober 2004 zugestellte Urteil hat diese am 23. November 2004 Berufung eingelegt.
Sie vertritt weiterhin ihre bereits im Widerspruchsverfahren und in der ersten Instanz begründete Auffassung. Ergänzend führt
sie aus, Ortsvorsteher hätten in erster Linie ein politisches, also repräsentatives Amt. Sie seien historisch und aktuell
Bindeglied zwischen Verwaltung und ihrem Ortsteil sowie Interessenvertreter ihres Ortsteils und seiner Bürger in den kommunalen
Gremien und gegenüber der Kommunalverwaltung, nähmen aber keine wesentlichen Verwaltungsaufgaben wahr. Auch seien die den
Ortsvorstehern gemäß der Entschädigungssatzung der Klägerin gezahlten Beträge kein Entgelt für geleistete Arbeit, sondern
allein echte, wenn auch pauschalierte Aufwandsentschädigung.
Auch im Lichte des Urteils des BSG vom 25. Januar 2006 (B 12 KR 12/05 R) ergebe sich keine andere Einschätzung der Tätigkeit hessischer Ortsvorsteher. Wie das BSG in dem genannten Urteil bestätigt
habe, komme es auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles an. Dazu gehörten auch die kommunalverfassungsrechtlichen
Besonderheiten im jeweiligen Bundesland. Schon deshalb sei das Urteil zu einem ehrenamtlichen Bürgermeister in S. nicht präjudiziell
für die Qualifikation der Tätigkeit eines Ortsvorstehers in Hessen. Zutreffend sei vielmehr die Auffassung des 8. Senats des
HLSG, der mit Urteil vom 28. Juli 2005 - L 8/14 KR 331/04 - hessische Ortsvorsteher nicht als Beschäftigte angesehen habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 6. Oktober 2004 aufzuheben und nach den erstinstanzlich gestellten Anträgen zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und sieht sich auch durch die Entscheidung des BSG vom 25. Januar 2006
bestätigt.
Der Senat hat die betroffenen Ortsvorsteher A., B. und C. sowie die Barmer Ersatzkasse, die Barmer Ersatzkasse - Pflegekasse,
die Bahn-BKK und die Bahn-BKK - Pflegekasse nach §
75 Abs.
2 Alt. 1
SGG beigeladen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Sie waren
Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist teilweise begründet.
Soweit in den strittigen Beitragsnachforderungen auch solche Aufwandsentschädigungen als Arbeitsentgelt behandelt und der
Beitragsberechnung zugrunde gelegt wurden, die nach der Entschädigungssatzung der Klägerin für die Tätigkeit der Ortsvorsteher
als Vorsitzende ihrer Ortsbeiräte gezahlt wurden, ist die Berufung begründet. Soweit hingegen Aufwandsentschädigungen für
die Tätigkeit der Beigeladenen als Leiter einer Außenstelle der Verwaltung gezahlt wurden, ist die Berufung unbegründet.
Zwischen den Parteien strittig ist allein die Frage, ob und inwieweit die Ortsvorsteher als Beschäftigte gegen Arbeitsentgelt
anzusehen sind. Die gegebenenfalls daraus zu ziehenden Konsequenzen für eine Beitragspflicht der Klägerin sind weder in tatsächlicher
noch in rechtlicher Hinsicht strittig.
Die Voraussetzungen des §
7 Abs.
1 S. 1
SGB IV sind für die Beigeladenen zu 1) bis 3) erfüllt, soweit es um ihre Tätigkeit als Leiter einer Verwaltungsaußenstelle geht.
Sie sind hingegen nicht erfüllt, soweit es um die Aufgaben der Ortsvorsteher nach § 82 Abs. 5 S. 1 bis 3 HGO geht. Nach §
7 Abs.
1 S. 1
SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hatten
im fraglichen Zeitraum mit ihrer Tätigkeit als Ortsvorsteher mit der Funktion von Leitern einer Verwaltungsaußenstelle nichtselbständige
Arbeit im Sinne dieser für alle einschlägigen Sozialversicherungsverhältnisse geltenden Vorschrift geleistet. Es ist seit
langem in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass auch ehrenamtliche kommunale Funktionsträger Beschäftigte sein können.
Voraussetzung ist, wie das BSG in seinem Urteil vom 25. Januar 2006 (aaO.) erneut bestätigt hat, dass solche Personen - gegebenenfalls
neben der Wahrnehmung weisungsfreier Repräsentativaufgaben - weisungsgebunden "dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten" (Tz. 15 des
amtlich Umdrucks). Entscheidend ist in einer Gemengelage solcher unterschiedlicher Aufgaben eine "Gesamtwürdigung aller Umstände
des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamtes in der Kommunalverfassung des jeweiligen Bundeslandes"
(BSG aaO.).
Für diese Gesamtwürdigung bedarf es im Interesse der Praktikabilität nicht einer quantitativen und qualitativen Bewertung
der konkret vom betreffenden Amtsträger wahrgenommenen Aufgaben. Insofern genügt eine typisierende, an den gesetzlichen oder
auf anderen Rechtsgrundlagen beruhenden Aufgaben orientierte Betrachtung. Insbesondere ist eine quantitative oder qualitative
Bewertung der zu erfüllenden Verwaltungsaufgaben ebenso wenig erforderlich wie eine Ermittlung des tatsächlich wahrgenommenen
Umfangs übertragener Verwaltungsaufgaben (BSG, aaO.). In diesem Verzicht auf gar nicht oder nur mit großem Verwaltungsaufwand
zu leistende Detailuntersuchungen hat das BSG zu erkennen gegeben, dass die Abgrenzung aufgrund der Gesamtwürdigung aller
Umstände sowohl für die betroffenen Sozialversicherungsträger als auch für die betroffenen Arbeitgeber praktikabel sein muss.
Dem folgt der Senat. Für Ortsvorsteher in Hessen ergibt sich hieraus Folgendes:
Wenn Ortsvorsteher zu Leitern einer Außenstelle der Verwaltung bestellt werden, sind sie Beschäftigte und folglich bei Erfüllung
der gegebenenfalls noch zu prüfenden weiteren Voraussetzungen versicherungspflichtig. Ihre Tätigkeiten sind im Sinne der Rechtsprechung
"dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben". Dem steht nicht entgegen, dass nach § 82 Abs. 5 S. 1 HGO der Ortsvorsteher durch den Ortsbeirat aus seiner Mitte zu wählen ist. Das Kriterium, dass die Tätigkeit dem allgemeinen
Erwerbsleben zugänglich sein muss, darf nämlich nicht etwa personenbezogen dahingehend missverstanden werden, die Aufgabe
müsse im Prinzip jedem fachlich und qualitativ geeigneten Bewerber zugänglich sein. Insbesondere stehen die persönlichen Anforderungen,
die sich aus dem Erfordernis und den Umsetzungselementen demokratischer Legitimation ergeben, einer entsprechenden Einordnung
der Verwaltungstätigkeit nicht entgegen. Insofern kommt es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die spezifischen
kommunalrechtlichen Wählbarkeitsvoraussetzungen und das Erfordernis einer Wahl durch den seinerseits gewählten Ortsbeirat
an. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des BSG. So wurden Tätigkeiten von Personen mit entsprechenden Anforderungen demokratischer
Legitimation als Beschäftigung qualifiziert, nämlich diejenige eines ehrenamtlichen Bürgermeisters im DS. (BSG, Breithaupt
1969, 823); ebenso die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Ortsbürgermeisters einer amtsangehörigen Gemeinde in HS. (BSG, SozR
2200 § 165 Nr. 44, S. 61 f.; entsprechend auch BSG, SozR 2200 § 1248 Nr. 41, S. 103 f. für Rheinland-Pfalz) und schließlich
auch die Tätigkeit eines ehrenamtlichen Bürgermeisters einer verbandsangehörigen Gemeinde in S. (BSG v. 25. Januar 2006).
Insofern folgt der Senat nicht dem Urteil des 8. Senats des HLSG vom 28. Juli 2005 (L 8/14 KR 331/04), welches das genannte Kriterium aus der Rechtsprechung des BSG personenbezogen verstanden hat und der Tatsache,
dass Ortsvorsteher aus dem Kreis der Mitglieder des Ortsbeirates zu wählen seien und damit auch alle einschlägigen Voraussetzungen
des passiven Wahlrechts zu erfüllen hätten, für die Frage entscheidende Bedeutung beigemessen hat, ob die Tätigkeit die Erfüllung
einer dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglichen Verwaltungsaufgabe ist.
Das Kriterium, dass die Tätigkeit im Prinzip auch im allgemeinen Erwerbsleben in Betracht kommen kann, ist - nur dieses Verständnis
ist auch mit den zitierten Entscheidungen des BSG zu kommunalen Amtsträgern kompatibel - vielmehr sachbezogen zu verstehen.
Es geht um den Inhalt der Verwaltungstätigkeit gerade in der Abgrenzung gegenüber den Repräsentationsfunktionen, wie sie insbesondere
die Tätigkeit eines Gemeindevertreters kennzeichnen. Im Erwerbsleben prinzipiell in Betracht kommende Tätigkeiten sind insbesondere
solche, die - abgesehen vom Umfang, der bei Ehrenämtern typischerweise geringer ist - auch hauptamtlich vorstellbar wären.
Für die Abgrenzung gegenüber den selbständigen, nämlich nach den Kommunalverfassungen explizit weisungsfreien Repräsentativaufgaben
ist auch die typische Entgegensetzung von Gemeindevertretung und "Verwaltung" als Inbegriff der Administrativorganisation
einschließlich ihrer Spitze relevant. Dieser Unterscheidung hat auch das BSG im zitierten Urteil vom 25. Januar 2006 Rechnung
getragen, indem es die Qualifikation der Vorinstanz billigte, welche im Falle des s. Bürgermeisters, der auch Vorsitzender
der Gemeindevertretung ist, die administrative Vorbereitung von Beschlüssen der Gemeindevertretung außerhalb von deren Sitzungen
als Tätigkeiten eingeordnet hatte, die für eine Gesamtwürdigung als Beschäftigung sprachen.
Ortsvorsteher, die mit der Leitung einer Außenstelle der Verwaltung beauftragt und insofern Teil der Administration und auch
eingeordnet in die Verwaltungsorganisation sind, üben insoweit eine Tätigkeit aus, die auch hauptamtlich wahrgenommen werden
könnte. Dies zeigt schon der Vergleich mit der Leitung einer Außenstelle der Verwaltung für den Fall, dass eine solche Funktion
nicht durch einen Ortsvorsteher wahrgenommen würde. In diesem Falle, der kommunalrechtlich durchaus zulässig ist, da, wie
sich § 81 Abs. 3 HGO entnehmen lässt, die Möglichkeit der Bildung von Außenstellen nicht von der Einrichtung von Ortsbezirken abhängt, würde die
Leitung einem hauptamtlichen Bediensteten der Gemeindeverwaltung übertragen. An den Aufgaben ändert sich insoweit nichts,
wenn die Aufgabe einem Ortsvorsteher übertragen wird.
Die Tätigkeit des Leiters einer Außenstelle der Verwaltung ist auch eine nichtselbständige Tätigkeit. In ihr ist der Ortsvorsteher
nicht etwa unabhängig, sondern als Teil der Verwaltung nach § 66 Abs. 1 HGO der Leitung der Gemeindeverwaltung durch den Gemeindevorstand unterworfen. Wie im Einzelnen die Hierarchie ausgestaltet ist,
entscheidet seinerseits der Gemeindevorstand. Gerade im Falle der Klägerin enthält hierzu die Anordnung des Bürgermeisters
vom 11. März 1998 die Regelung, die Ortsvorsteher unterlägen in ihrer Funktion als Leiter von Außenstellen der Verwaltung
der "Dienstaufsicht des Bürgermeisters". Aber auch ohne eine solche konkrete Regelung gilt nach §§ 66 Abs. 1 S. 1 und 70 Abs. 1 S. 2 HGO dasselbe.
An der Einschätzung, dass der Ortsvorsteher mit Leitungsfunktion über die Außenstelle der Verwaltung abhängig Beschäftigter
ist, ändert der Umstand nichts, dass er zugleich auch Vorsitzender des Ortsbeirates ist (§ 82 Abs. 5 S. 1 und 2 HGO). Allerdings ist diese Funktion allein keine abhängige Arbeit und insofern auch keine Beschäftigung. Der Vorsitzende des
Ortsbeirats übt nämlich - ebenso wie der Vorsitzende der Gemeindevertretung - gerade eine Repräsentationsfunktion aus und
ist in ihr auch Weisungen nicht unterworfen.
Für die Qualifikation von Aufwandsentschädigungen als Arbeitsentgelt kommt es im jeweiligen Fall darauf an, ob die geleisteten
Zahlungen den unterschiedlichen Funktionen zuzuordnen sind oder nicht. Wenn, wie im Falle der Entschädigungssatzung der Klägerin,
klar abgrenzbare Aufwandsentschädigungen für die administrative Funktion als Leiter einer Außenstelle der Verwaltung und für
die repräsentative Funktion als Vorsitzender des Ortsbeirats vorgesehen sind, gibt es keinen Grund, diese Zahlungen nicht
auch getrennt zu qualifizieren. Die Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als Vorsitzender des Ortsbeirats ist demgemäß,
soweit sie über den pauschal anzuerkennenden echten Ausgleich für Aufwand hinausgeht, eine Entlohnung für selbständige Tätigkeit,
was keine Versicherungspflicht begründet. Umgekehrt ist die "Aufwandsentschädigung" für die Tätigkeit als Leiter einer Außenstelle
der Verwaltung Arbeitsentgelt. Soweit es um die Zuordnung der einkommensteuerrechtlich anerkannten pauschalen Absetzungsbeträge
geht, ist es angemessen, diese zunächst von der Aufwandsentschädigung für die "politische" und selbständige Tätigkeit abzusetzen
und erst eventuelle Restbeträge von der Aufwandsentschädigung für die unselbständige Tätigkeit.
Sofern eine Gemeinde keine getrennten Aufwandsentschädigungen vorsieht, sondern nur einheitliche Zahlungen sowohl für die
repräsentative wie auch für die administrative Funktion, ist eine Gesamtwürdigung dieser Verbindung von Repräsentativelementen
und Administrativelementen in der Funktion eines Ortsvorstehers mit Leitung einer Verwaltungsaußenstelle unvermeidlich. In
diesem Fall muss insgesamt von einer im Prinzip auch hauptamtlich möglichen und abhängigen Tätigkeit ausgegangen werden. Dies
ergibt sich schon aus dem offenkundigen typischen zeitlichen Aufwand für die jeweiligen Funktionen, wobei auch zu berücksichtigen
ist, dass die außerhalb der Sitzungen stattfindende eventuelle Vorbereitung und Umsetzung von Beschlüssen des Ortsbeirats
ebenso zur Administrativfunktion gehört, wie dies das BSG im zitierten Urteil vom 21. Januar 2006 (Tz. 18) für den ehrenamtlichen
Bürgermeister und seine Rolle als Vorsitzender der Gemeindevertretung in S. angenommen hat. Gemäß der Rechtsprechung des BSG,
welcher der Senat folgt, bedürfte es in einem solchen Fall auch nicht etwa einer konkreten Untersuchung der - möglicherweise
von Monat zu Monat unterschiedlichen - zeitlichen Anteile der jeweiligen Aufgaben. Geboten ist dann vielmehr eine typisierende
Gesamteinschätzung. Insgesamt ist darum im Falle der Notwendigkeit einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass für den
Ortsvorsteher, der auch Leiter einer Außenstelle der Verwaltung ist, diese Funktion nicht unerheblich, sondern prägend für
sein Amt ist.
Im vorliegenden Fall bedarf es keiner die Ortsvorstehertätigkeit insgesamt betrachtenden Qualifikation. Vielmehr ist die Klägerin
verpflichtet, die unterschiedlichen Aufwandsentschädigungen der selbständigen und der nichtselbständigen Funktion ihrer Ortsvorsteher
zuzuordnen und entsprechend ihren Meldungen nach §
28a SGB IV zugrundezulegen. Ebenso konnte hier die Beklagte für die Berechnung der Beitragsnachforderungen nicht die gesamten Aufwandsentschädigungen
zusammenrechnen. Insofern ist der Nachforderungsbescheid, letztlich in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober
2002, teilweise rechtswidrig und war insoweit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a SGG in Verbindung mit §
155 Abs.
1 S. 1
VwGO. Die Aufteilung der Kosten entspricht nach Auffassung des Senats dem jeweiligen Erfolg der Parteien.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor. Soweit es um die Auslegung von Bundesrecht geht, sind alle hier relevanten Rechtsfragen, insbesondere die
sozialrechtlichen Grundsätze für die Abgrenzung der Beschäftigteneigenschaft bei Inhabern kommunaler Ehrenämter, höchstrichterlich
geklärt. Von diesen Grundsätzen ist der Senat nicht abgewichen. Soweit es um die kommunalrechtlichen Vorschriften und um deren
Auslegung geht, ist die Revision nicht zuzulassen, da diese nach §
162 SGG als Landesrecht nicht revisibel sind.