Gründe:
I. Nach dem Abschluss des Hauptsache-Verfahrens wehrt sich die Erinnerungsführerin gegen die Kostenfestsetzung durch das Gericht,
nach der sie (auch) Gerichtskosten zu tragen habe. Sie hält einen Tatbestand der Kostenbefreiung nach § 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) für gegeben.
Im Hauptsache-Verfahren (Sozialgericht - SG - Hannover: S 44 KR 1285/04; Landessozialgericht - LSG - Niedersachsen-Bremen: L 1 KR 192/07) begehrte die Erinnerungsführerin, Klägerin, Berufungsklägerin (und Anschlussberufungsbeklagte), die Medizinische Hochschule
Hannover in Niedersachsen, von der dortigen Beklagten, einer Krankenkasse, die Bezahlung von Arzneimittelkosten für eine von
der Erinnerungsführerin durchgeführte Krankenhausbehandlung bei einer bei der Beklagten Versicherten (Bluterin), wobei sich
die Arzneimittelkosten auf mehr als 8 Millionen Euro beliefen.
Das Urteil des SG Hannover (S 44 KR 1285/04) vom 8. Mai 2007 führte zu einem Teil-Obsiegen der Klägerin/Erinnerungsführerin und im Übrigen zur Klagabweisung.
Gegen das Urteil des SG haben sowohl die Klägerin/Erinnerungsführerin als auch die Beklagte Berufung bzw. Anschlussberufung eingelegt.
Der vorläufige Streitwert für das Berufungsverfahren ist mit Beschluss des erkennenden Senats vom 26. September 2007 auf 2.500.000
Euro festgesetzt worden.
Auf Anregung des erkennenden Senats schlossen die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 12. September 2008 (Klägerin/Erinnerungsführerin)
und vom 16. September 2008 (Beklagte) einen Vergleich, der das Verfahren in seiner Gesamtheit erledigt und dessen Erledigungswirkung
vom erkennenden Senat mit Beschluss vom 18. September 2008 gemäß §
202 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) in Verbindung mit §
278 Abs.
6 Satz 2
Zivilprozessordnung (
ZPO) festgestellt wurde. Nach den Schriftsätzen und dem feststellenden Beschluss wurden die Kosten gegeneinander aufgehoben.
Mit weiterem Beschluss vom 26. September 2008 hat der erkennende Senat den endgültigen Streitwert für das Berufungsverfahren
auf (ebenfalls) 2,5 Millionen Euro festgesetzt.
Mit im hier geführten Erinnerungsverfahren streitgegenständlichen Schreiben vom 4. November 2008 setzte die Urkundsbeamtin
des LSG die von der Erinnerungsführerin/Klägerin zu zahlenden Gerichtskosten entsprechend dem Beschluss des LSG vom 18. September
2008 auf ein Halb (bei Beendigung des Verfahrens aus sonstigen Gründen) und damit auf 17.912,-- Euro - 8.956,-- Euro = 8.956,--
Euro fest.
Mit Schreiben vom 25. November 2008 (Eingang beim erkennenden Gericht am 27. November 2008) macht die Erinnerungsführerin
geltend, dass der "Medizinischen Hochschule Hannover als unmittelbare Einrichtung des Landes Niedersachsen eine persönliche
Kostenbefreiung gemäß § 2 GKG zusteht". Eine weitere Begründung werde folgen.
Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Der erkennende Senat hat mit Verfügung vom 19. Januar 2009 den Beteiligten einen umfangreichen rechtlichen Hinweis erteilt
und der Erinnerungsführerin aufgegeben, substantiiert vorzutragen, ob und in welcher Weise sie in den (jährlichen) Haushalt
des Landes Niedersachsen aufgenommen ist, ob sie über einen eigenen Haushalt verfügt und die jeweiligen rechtlichen Grundlagen
dieser haushaltlichen Regelungen zu benennen sowie etwaige Haushaltspläne und Haushaltsaufstellungen vorzulegen.
Dieser Verfügung ist die Erinnerungsführerin weder binnen der in der Verfügung gesetzten Frist (1. März 2009) noch nach Erinnerung
(26. 0ktober 2009) nachgekommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte S 44 KR 1285/04 (SG Hannover) = L 1 KR 192/07 (LSG Niedersachsen-Bremen) Bezug genommen. Sie haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.
II. Das Schreiben der Klägerin vom 25. November 2008 ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz der Kostenbeamtin des LSG auszulegen.
Die Statthaftigkeit der Erinnerung gegen den Kostenansatz des Urkundsbeamten ergibt sich aus § 66 GKG, ein Sonderfall des §
178 SGG, der - auch für die Sozialgerichtsbarkeit - nach § 66 GKG beurteilt wird (siehe nur: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum
SGG, 9. Aufl. 2008, §
197 a Rdn. 7).
Über die Erinnerung, die - wie vorliegend - vom Kostenschuldner eingelegt werden kann, entscheidet das Gericht, von dem die
Kosten angesetzt worden sind, vorliegend also das LSG, durch Beschluss.
Die statthafte und im Übrigen zulässige Erinnerung der Erinnerungsführerin ist jedoch unbegründet.
Die Urkundsbeamtin des LSG durfte den Kostenansatz wie geschehen nach Ergehen der endgültigen Streitwertfestsetzung vornehmen.
Dabei ist die Höhe des Kostenansatzes unzweifelhaft zutreffend und von den Beteiligten auch nicht in Abrede genommen worden.
Nach der Regelung zum Kostengrund im Beschluss des LSG vom 18. September 2008, nach dem die Kosten gegeneinander aufgehoben
wurden, durfte und musste die Urkundsbeamtin auch die Erinnerungsführerin mit ein Halb der entstandenen Gerichtskosten belasten.
Entgegen der Rechtsauffassung der Erinnerungsführerin besteht für die Klägerin jedoch keine Gerichtskostenfreiheit nach §
2 GKG.
Nach §
197 a Abs.
1 SGG sind die Regelungen des GKG zur Tragung der Gerichtskosten anwendbar, wenn - wie vorliegend - weder die Klägerseite noch die Beklagtenseite zu den in
§ 183 genannten privilegierten Personen gehört.
Nach GKG ist die Kostenfreiheit der Beteiligten in gerichtlichen Verfahren dabei in § 2 geregelt. Jedoch greift keiner der dort normierten Ausnahmetatbestände zugunsten der Erinnerungsführerin ein:
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG sind in Verfahren u.a. der Sozialgerichtsbarkeit von der Zahlung der Kosten befreit - neben Bund und Ländern, die hier ersichtlich
nicht in Rede stehen - "die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen".
Vorliegend kann dahinstehen, ob die Erinnerungsführerin (Medizinische Hochschule Hannover - MHH) eine öffentliche Anstalt
oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist und - sofern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gegeben ist - §
2 Abs. 1 Satz 1 GKG auf diesen Typus öffentlicher Einrichtungen anwendbar ist.
Denn jedenfalls ist die Erinnerungsführerin nicht "nach Haushaltsplänen eines Landes verwaltet".
Nach der für das GKG vor allem maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und der einschlägigen Fachkommentatur soll eine öffentliche
Einrichtung nur dann von den Gerichtskosten befreit sein, wenn sie als Träger der Justizhoheit den Aufwand für die Errichtung
und Unterhaltung der Gerichtsorganisation (ohnehin) zu tragen hat. Eine Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG kommt daher nur dann in Betracht, wenn die öffentliche Einrichtung nach außen als eigene Rechtsperson auftritt, unmittelbar
der Erfüllung öffentlicher Aufgaben des Bundes oder eines Landes dienen soll und wenn die Einnahmen und Ausgaben der Einrichtung
- unmittelbar und vollständig - im Haushaltsplan des Landes nach kameralistischen Grundsätzen ausgewiesen, wenn also die gesamten
Einnahmen und Ausgaben in dem Haushaltsplan des Landes aufgenommen sind. Dem hingegen findet eine Kostenbefreiung nicht statt
und reicht es hierfür nicht aus, wenn die öffentliche Einrichtung zwar einen eigenen Haushalt hat, jedoch in Gestalt eines
Wirtschaftsplanes, der lediglich als Anlage zum Landes-Haushaltsplan geführt wird und lediglich die wirtschaftlichen Ergebnisse
der Einrichtung im Landes-Haushaltsplan erscheinen (siehe nur die Nachweise bei: Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 38. Aufl.
2008, § 2 Rdn. 6; Meyer, Gerichtskostengesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 2 GKG, Rdn. 12; Pätzold in: Binz u.a., Gerichtskostengesetz, Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz, Kommentar, Stand: 2007, § 2 GKG, Rdn. 12).
Die MHH (Erinnerungsführerin) steht zwar nach § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Nds. Hochschulgesetzes (NHG) in der Trägerschaft
des Landes Niedersachsen und in staatlicher Verantwortung. Nach § 49 des NHG wird die MHH jedoch als Landesbetrieb gemäß §
26 Abs. 1 der Landes-Haushaltsordnung Niedersachsen (LHO) geführt. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 LHO erstellt die MHH damit jedoch einen Wirtschaftsplan, der "dem Haushaltsplan als Anlage beizufügen oder in die Erläuterungen
aufzunehmen (ist). Im Haushaltsplan sind nur die Zuführungen oder die Ablieferungen zu veranschlagen." Damit ist die Erinnerungsführerin
gerade nicht - wie für eine Kostenbefreiung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG erforderlich - mit ihren Einnahmen und Ausgaben unmittelbar und vollständig im Haushaltsplan des Landes aufgeführt, sondern
wird ihr Wirtschaftsplan lediglich als Anlage zum Haushaltsplan des Landes geführt.
Die MHH unterfällt daher nicht der Kostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG (ebenso und ebenfalls die MHH betreffend: SG Hannover, Beschluss vom 1. Juni 2007, S 34 SF 8/07).
Eine Kostenfreiheit der Erinnerungsführerin ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 3 Satz 1 GKG. Danach bleiben bezüglich der Kostenfreiheit "sonstige bundesrechtliche Vorschriften unberührt, durch die für Verfahren.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist". Denn eine solche
bundesrechtliche Vorschrift ist nicht ersichtlich.
Schließlich kann sich die Erinnerungsführerin auch nicht auf landesrechtliche Vorschriften zur Kostenbefreiung berufen. Nach
§ 2 Abs. 3 Satz 2 GKG "bleiben landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung
von Kosten gewähren, unberührt".
Für Niedersachsen ergibt sich die landesrechtliche Vorschrift aus dem "Gesetz über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass
von Kosten in der Gerichtsbarkeit vom 10.04.1973, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 24.03.2006 (Nds. GVBl S.
181). In § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes heißt es:
"Von der Zahlung der Gebühren, welche die ordentlichen Gerichte in Zivilsachen, die Justizverwaltungsbehörden und die Behörden
der Arbeitsgerichtsverwaltung erheben, sind befreit
1) Kirchen ...
2) Gemeinden ...
3) Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen."
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm findet eine Gebührenbefreiung von Gerichtskosten daher in Niedersachsen nur für die
ordentliche Gerichtsbarkeit in Zivilsachen, für die Justizverwaltungsbehörden sowie für die Behörden der Arbeitsgerichtsverwaltung,
nicht aber für die Gebühren der Sozialgerichtsbarkeit statt.
Doch auch eine Ausdehnung dieses Gesetzestatbestandes auf die Gebühren von Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist nicht zulässig.
Zum Einen verbietet sich eine solche "Analogie" bereits nach dem eindeutigen und damit zugleich maximalen Wortsinn der Regelung,
der die (absolute) Auslegungsgrenze eines Gesetzestatbestands darstellt. Zum Zweiten ist aber auch nicht erkennbar, dass der
Nds. Gesetzgeber eine Ausdehnung der Befreiungstatbestände für Gerichtsgebühren auf die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit
beabsichtigt hätte. Denn wie dem Bundesgesetzgeber so dürfte auch dem Landesgesetzgeber in Niedersachsen nicht die Entwicklung
zur Regelung der Gerichtskosten in dem vom Bundesgesetzgeber erlassenen
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entgangen sein, nach dem in den zurückliegenden Jahren von dem ursprünglich geltenden Grundsatz der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen
Verfahrens immer weiter Abstand genommen und immer mehr Beteiligte von dem Kreis der Kostenprivilegierten in den Kreis der
Kostenbelasteten überführt wurden, so etwa insbesondere durch das 6.
SGG-Änderungsgesetz, das im Jahre 2001 verabschiedet wurde und der gesetzlichen Neuregelung des in Rede stehenden Nds. Gesetzes
über Gebührenbefreiung, Stundung und Erlass von Kosten in der Gerichtsbarkeit aus dem Jahre 2006 zeitlich (deutlich) vorangegangen
ist. Wenn der Nds. Gesetzgeber in seiner Neufassung aus dem Jahre 2006 gleichwohl nicht auf die Erweiterung des Kreises der
Gebührenpflichtigen nach dem
SGG reagiert hat, kann hieraus nach den Regeln richterlicher Gesetzesauslegung allein geschlossen werden, dass es bei der bisherigen,
dem Wortlaut zu entnehmenden Nds. Landesregelung sein Bewenden haben sollte.
De lege lata verbleibt es daher bei der Gebührenpflicht der Erinnerungsführerin in sozialgerichtlichen Verfahren nach §
197 a SGG iVm dem GKG.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei: das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet,
§ 66 Abs. 8 GKG.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.