Übernahme von Schulden für die Unterbringung in einem Pflegeheim
SGB XII
Eilrechtsverfahren
Eilbedürftigkeit bei drohender Obdachlosigkeit
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme
von Schulden, die ihr aufgrund der Nichtzahlung von Pflegekosten für ihre Unterbringung in einem Pflegeheim entstanden sind.
Die 1936 geborene Antragstellerin ist verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei in den Jahren 1959 bzw. 1968 geborene Kinder hervor.
Die Antragstellerin und ihr 1933 geborener Ehemann beziehen jeweils Altersrenten aus der Gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Altersrente der Antragstellerin beträgt weniger als 100,00 EUR monatlich. Ihr Ehemann erhielt seit Juli 2010 monatliche
Rentenzahlungen i.H.v. 1.610,26 EUR. An Vermögenswerten waren im Februar 2011 geringe Bestände auf einem Giro- und einem Sparkonto
vorhanden. Außerdem verfügen die Antragstellerin und ihr Ehemann jeweils über einen Bestattungsvorsorgevertrag. Die Gesamtsumme
dieser Verträge beläuft sich auf 7.001,76 EUR (2 x 3.500,88 EUR). Der Ehemann der Antragstellerin ist Eigentümer eines PKW
(Opel Astra F).
Aus einem (vorläufigen) Entlassungsbericht des Klinikums für Neurologie des Evangelischen Krankenhauses D vom 03.03.2011 geht
hervor, dass die Antragstellerin unter folgenden Gesundheitsstörungen leidet, die eine medikamentöse Therapie erfordern: Motoneuron-Krankheit,
Z.n. rechtshirnigem Infarkt mit spastischer Hemiparese links, vaskuläre Demenz, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ
2 und Hypercholesterinämie. Die Antragstellerin war in der Vergangenheit pflegebedürftig im Umfang der Pflegestufe I nach
den Vorgaben des
Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (
SGB XI). Ab März 2011 wurde sie der Pflegestufe II zugeordnet.
Seit dem 04.02.2011 ist die Antragstellerin stationär im K-haus Altenheim in D untergebracht, welches in der Trägerschaft
des Vereins katholischer Altenhilfeeinrichtungen im Erzbistum Q e.V. steht. Zuvor wohnte sie mit ihrem Ehemann in einer Mietwohnung,
in der dieser heute noch lebt, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.
Die anfallenden Heimpflegekosten konnten in der Vergangenheit durch die Leistungen der Gesetzlichen Pflegeversicherung (nach
der Pflegestufe I bzw. nach der Pflegestufe II) sowie das von dem Beklagten ab dem Zeitpunkt der Heimaufnahme durchgehend
bewilligte Pflegewohngeld gemäß § 12 Landespflegegesetz NRW nicht vollständig gedeckt werden.
Vor diesem Hintergrund bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin auf ihren Antrag vom 20.01.2011 ebenfalls seit dem
Zeitpunkt der Heimaufnahme laufend ergänzende Leistungen der Hilfe zur Pflege sowie der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
nach dem Vierten bzw. Sechsten Kapitel Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Dabei ging der Antragsgegner davon aus, dass einsatzpflichtiges Vermögen der Antragstellerin und ihres Ehemannes nicht
zur Verfügung stehe. Allerdings forderte er aus dem Einkommen einen Kostenbeitrag zur Deckung der Heimpflegekosten. Dieser
belief sich auf 178,57 EUR (für den Monat Februar 2011) bzw. 200,00 EUR (für die Zeit ab März 2011). Diesen Kostenbeitrag
führten die Antragstellerin bzw. ihr Ehemann in der geforderten Höhe laufend an das Pflegeheim ab.
Ab Juli 2011 erhöhte der Antragsgegner die Forderung des Kostenbeitrages auf 652,00 EUR (Bescheid vom 11.08.2011, Widerspruchsbescheid
vom 02.12.2011). Dagegen strengte der Ehemann der Antragstellerin ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen - S 2 SO 6/12 an und machte geltend, der Kostenbeitrag müsse ab Juli 2011 niedriger bzw. in der bisherigen
Höhe festgesetzt werden. Am 29.04.2013 wies die Kammervorsitzende in einem Erörterungstermin darauf hin, dass die in dem Bescheid
vom 11.08.2011 festgesetzte Höhe des Kostenbeitrages wohl nicht zu beanstanden sei. Im Hinblick auf den Zeitablauf und die
damit verbundene Änderung der zu berücksichtigenden Beträge, insbesondere auch der Höhe des Regelsatzes, dürfte allerdings
nunmehr eine Neuberechnung erforderlich sein. Vor diesem Hintergrund erklärte sich der Antragsgegner bereit, nach Eingang
der erforderlichen Unterlagen eine Neuberechnung des Kostenbeitrags für die Zeit ab dem 01.05.2013 vorzunehmen. Daraufhin
erklärte der - anwaltlich vertretene - und in dem Termin persönlich anwesende Ehemann der Antragstellerin das Klageverfahren
für erledigt.
Seit Juli 2011 waren zwischenzeitlich allerdings Zahlungsrückstände hinsichtlich der Heimkosten gegenüber dem Pflegeheim aufgelaufen,
weil der Ehemann der Antragstellerin den Kostenbeitrag nicht in der geforderten Höhe von 652,00 EUR, sondern nur in der von
ihm akzeptierten Höhe von 200,00 EUR monatlich an das Pflegeheim abführte. Der rückständige Betrag belief sich am 31.12.2012
auf 8.114,57 EUR, woraufhin das Pflegeheim den Heimvertrag mit Schreiben vom 14.01.2013 fristlos kündigte und den Ehemann
der Antragstellerin, der damals auch ihr vom Amtsgericht D bestellter Betreuer war, aufforderte, die Antragstellerin unter
Beachtung einer sozialen Auslauffrist bis zum 28.02.2013 aus der Einrichtung zu nehmen. Weitere Schritte zur Beendigung des
Heimaufenthalts der Antragstellerin unternahm das Pflegeheim bzw. dessen Träger bislang nicht. Es ließ allerdings auf Nachfrage
des Bevollmächtigten der Antragstellerin mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 21.08.2013 mitteilen, dass an der Kündigung
des Heimvertrages trotz zwischenzeitlicher Deckung der laufenden Heimpflegekosten festgehalten werde.
Die von dem Antragsgegner absprachegemäß durchgeführte Überprüfung der Festsetzung des Kostenbeitrags führte zu keiner Änderung,
so dass er den Kostenbeitrag auch für die Zeit ab dem 01.05.2013 weiter auf monatlich 652,00 EUR festsetzte (Bescheid vom
06.06.2013). Gegen diesen Bescheid legte der Ehemann der Antragstellerin (vertreten durch seinen Sohn) zunächst Widerspruch
ein, zog diesen anschließend jedoch (telefonisch durch seinen Sohn) zurück. Seit Juli 2013 entrichtet er laufend den Kostenbeitrag
in der geforderten Höhe von 652,00 EUR. Ferner leistete er am 01.01.2011 bzw. am 02.01.2011 einmalige Tilgungszahlungen auf
die rückständigen Heimpflegekosten i.H.v. 2.000,00 EUR bzw. 200,00 EUR, so dass Mitte Mai 2013 nur noch ein Rückstand i.H.v.
7.420,57 EUR bestand. Außerdem nahm er monatliche Ratenzahlungen i.H.v. 50,00 EUR zur Tilgung des aufgelaufenen Zahlungsrückstandes
auf.
Am 04.06.2013 forderte der inzwischen anstelle des Ehemannes zum Betreuer der Antragstellerin bestellte Bevollmächtigte der
Antragstellerin den Ehemann zur Begleichung der rückständigen Heimkosten auf und setzte ihm hierfür eine Frist bis zum 17.06.2013.
Nach fruchtlosem Ablauf der Frist verklagte die Klägerin ihren Ehemann vor dem Landgericht E - 3 O 274/13 bzw. später vor dem Amtsgericht D - Familiengericht - 8 F 578/13 auf Freistellung von der Forderung des Pflegeheimes, da er den Rückstand zu verantworten habe. Die Klage vor dem Landegericht
E - 3 O 274/13 nahm die Antragstellerin nach einem Hinweis des Gerichts auf dessen sachliche Unzuständigkeit zurück. Den Antrag auf Bewilligung
von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten lehnte das Amtsgericht D - 8 F 578/13 mit der Begründung ab, die Verpflichtung des Ehemannes der Antragstellerin zum Einsatz seines Einkommens und Vermögens richte
sich allein nach Sozialhilferecht. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Hamm blieb erfolglos,
weil es der Senat für zweifelhaft hielt, dass die zivilrechtlichen Voraussetzungen für eine rückwirkende Inanspruchnahme des
Ehemannes der Antragstellerin vorlägen (Beschluss vom 28.10.2013 - II-9 WF 218/13).
Ebenfalls am 04.06.2013 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Übernahme der offenen Heimkosten auf Darlehensbasis
unter Hinweis darauf, dass der Heimplatz zwischenzeitlich gekündigt worden sei. Mit Bescheid vom 06.06.2013 lehnte der Antragsgegner
den Antrag ab. Eine Gewährung von darlehensweisen Leistungen sei nach Maßgabe der §§ 90 f. SGB XII zwar grundsätzlich möglich. Da die Antragstellerin und ihr Ehemann jedoch nicht über verwertbares Vermögen verfügten, könne
der Anspruch auf Darlehensrückzahlung nicht gesichert werden. Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein, wobei sie
zur Begründung auf die Klageschrift des gegen ihren Ehemann angestrengten Verfahrens vor dem Landgericht E - 3 O 274/13 verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.09.2013 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Dem Ehemann der Antragstellerin
sei es zuzumuten gewesen, im Laufe des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen - S 2 SO 6/12 angemessene Rückstellungen
zu bilden. Die Übernahme von Schulden sei nicht Aufgabe der Sozialhilfe. Zudem könne den Akten entnommen werden, dass der
Ehemann der Antragstellerin die Zahlungsrückstände in monatlichen Raten begleiche.
Dagegen hat die Antragstellerin am 30.09.2013 Klage vor dem SG Gelsenkirchen erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung gestellt. Ferner hat sie beantragt, ihr für das Eilverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
ihres Bevollmächtigten zu bewilligen. Der Heimplatz sei gefährdet. Die Einrichtung könne jederzeit Räumungsklage erheben.
Außerdem habe das Heim für den Fall eines Krankenhausaufenthaltes der Antragstellerin bereits angekündigt, sie nach einer
Entlassung aus dem Krankenhaus nicht wieder aufzunehmen, wenn nicht der Zahlungsrückstand bis dahin beglichen sei. Die Kündigung
des Heimplatzes sei trotz der Aufnahme von Ratenzahlungen durch den Ehemann der Antragstellerin zwischenzeitlich nicht hinfällig
geworden. Das Pflegeheim habe durch ihren Bevollmächtigten mitteilen lassen, dass es eine Darlehensvereinbarung mit dem Ehemann
der Antragstellerin hinsichtlich der rückständigen Heimentgelte nicht gebe und die Kündigung auch nicht zurückgenommen worden
sei. Mit Erhebung der Klage gegen ihren Ehemann auf Freistellung von der Forderung des Heimes habe sie inzwischen sämtliche
zivilrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um den Anspruch gegenüber ihrem Ehemann geltend zu machen. Der Argumentation
des Antragsgegners, ein Darlehen könne nicht gewährt werden, weil verwertbares Vermögen der Eheleute nicht vorhanden sei,
sei nicht zu folgen. Es könne eine Rückzahlungsverpflichtung mit dem Ehemann der Antragstellerin vereinbart werden. Das Risiko,
dass das Darlehen nicht vollständig zurückgezahlt werde, wenn dieser vor vollständiger Rückführung des Darlehens versterbe,
sei aus sozialhilferechtlicher Sicht hinzunehmen, um den Bestand des Heimplatzes der Antragstellerin zu gewährleisten. Nach
der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 28.07.2008 - L 20 B 51/08 SO ER) sei eine Verpflichtung zur Darlehensgewährung bereits dann gegeben, wenn der Heimträger eine fristlose Kündigung androhe.
Durch den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung werde die Hauptsache auch nicht vorweggenommen, da die auszusprechende
Verpflichtung von dem Antragsgegner erst dann zu erfüllen sei, wenn das Heim eine (Räumungs-)Klage einreiche bzw. ein Krankenhausaufenthalt
der Antragstellerin notwendig werde.
Im Laufe des Eilverfahrens teilte das Pflegeheim mit, dass sich der Zahlungsrückstand inzwischen auf 7.522,57 EUR belaufe
(Schreiben vom 08.10.2013).
Die Antragstellerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antragsgegner vorab im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr im Falle der drohenden Räumung bzw. Verweigerung
der Rückkehr nach Unterbrechung des Heimaufenthaltes ein Darlehen in Höhe der Rückstände der Heimkosten zu gewähren.
Der Antragsgegner hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Unter Berücksichtigung
verschiedener Entscheidungen des Landessozialgerichts (LSG) NRW und des SG Gelsenkirchen reiche selbst eine Kündigung des
Heimplatzes sowie eine Räumungsklage nicht aus, um einen Anordnungsgrund zu begründen. Im Übrigen drohe der Verlust des Heimplatzes
hier noch nicht so konkret, dass die Antragstellerin schwere und unzumutbare Nachteile, wie z.B. Obdachlosigkeit, zu befürchten
habe. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass eine Räumung durch das Pflegeheim aufgrund der strafrechtlichen Konsequenzen (§
221 Strafgesetzbuch) nicht ohne weiteres möglich sei. Das Heim trage als juristische Person des Zivilrechts das Insolvenzrisiko der Antragstellerin.
Zudem sei die Kündigung bereits im Januar 2013 ausgesprochen worden; dennoch habe das Heim bislang nicht versucht, diese Kündigung
gerichtlich durchzusetzen. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, ob die Kündigung zivilrechtlich überhaupt wirksam sei.
Abgesehen davon müsse hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Erhebung einer Räumungsklage durch das Altenheim beachtet werden,
dass die Höhe der Schulden zwar nicht unbeträchtlich sei, die Antragstellerin jedoch monatlich etwa 4.000,00 EUR an das Heim
zu zahlen habe und somit jährliche Zahlungen i.H.v. etwa 48.000 EUR an das Altenheim erfolgten. Desweiteren kämen der Antragsgegner
und der Ehemann der Antragstellerin ihren Zahlungsverpflichtungen inzwischen gewissenhaft nach. Durch einstweilige Anordnung
könnten nur diejenigen Mittel zur Verfügung gestellt werden, die zur Behebung aktueller, d.h. gegenwärtig noch bestehender
Notlagen erforderlich seien (LSG NRW, Beschluss vom 23.10.2006 - L 9 B 106/06 AS ER). Es sei nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen;
dies müsse ggf. dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben (Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig-Holstein, Beschluss vom
13.01.1993 - 5 M 112/92). Schließlich sei auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es gehe der Antragstellerin um die Übernahme von Schulden
ihres Ehemannes für die Vergangenheit. Die Übernahme von Schulden gehöre jedoch nicht zu den Aufgaben der Sozialhilfe, es
sei denn es liege ein Ausnahmefall des § 34 Abs. 1 SGB XII (gemeint ersichtlich: § 36 Abs. 1 SGB XII in der seit dem 01.01.2011 geltenden Fassung) vor (SG Karlsruhe, Urteil vom 19.01.2010 - S 1 SO 5729/08 Rn. 19 m.w.N.; LSG
Baden-Württemberg, Urteil vom 14.06.2007 - L 7 SO 3186/06). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien hier nicht erfüllt;
es drohe kein Eintritt von Wohnungslosigkeit, denn die laufenden Heimkosten würden zuverlässig gezahlt, und das Pflegeheim
sei aus der ausgesprochenen Kündigung bislang über nahezu zehn Monate nicht weiter vorgegangen.
Mit Beschluss vom 14.10.2013 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
des Bevollmächtigten abgelehnt. Die Antragstellerin habe jedenfalls einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Die Kündigung
des Heimplatzes reiche dafür nicht aus. Denn allein dadurch drohten noch nicht in hinreichend konkreter Weise schwere oder
unzumutbare Nachteile wie z.B. Obdachlosigkeit. Die Kündigung des Heimvertrages sei nicht mit einer sofortigen Räumungsverpflichtung
verbunden. Eine Zwangsräumung sei aufgrund der strafrechtlichen Relevanz nicht zu erwarten. Die Androhung einer Verweigerung
der Wiederaufnahme nach einem gegebenenfalls in Zukunft notwendig werdenden Krankenhausaufenthalt führe zu keinem anderen
Ergebnis. Auch insoweit drohe ein Verlust des Heimplatzes nicht hinreichend konkret; die Antragstellerin halte sich weder
aktuell im Krankenhaus auf, noch sei ein Krankenhausaufenthalt geplant.
Dagegen hat die Antragstellerin am 28.10.2013 Beschwerde eingelegt. Gleichzeitig beantragt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten. Das SG habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass nur ein Darlehen und nicht eine endgültige Übernahme der Heimkosten
begehrt werde. Insbesondere zu der Möglichkeit, das Darlehen zu gewähren und in Raten vom Ehemann zurückzufordern, habe sich
das SG nicht geäußert. Das Pflegeheim könne sich jederzeit dazu entschließen, eine Räumungsklage zu erheben. Schon allein die Tatsache,
dass ein solches Verfahren ständig drohe, stelle für sie eine unzumutbare und belastende Situation dar. Ein Krankenhausaufenthalt
stehe nach dem aktuellen Erkenntnisstand zwar tatsächlich nicht unmittelbar bevor. Angesichts ihres aus dem vorläufigen Entlassungsbericht
vom 03.03.2011 ersichtlichen gesundheitlichen Zustandes könne sich die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung jedoch von
heute auf morgen ergeben.
Der Antragsgegner hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend und wiederholt im Übrigen sein erstinstanzliches Vorbringen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den
Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
II.
1. Die gemäß §§
172,
173 i.V.m. §
144 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) mit Blick auf die von der Antragstellerin geforderte Darlehenssumme statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
86b Abs.
2 S. 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung).
Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt die Glaubhaftmachung (§
86b Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO)) des Bestehens eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) sowie einer den Eilrechtsschutz
rechtfertigenden Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund allerdings
nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr zwischen beiden eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an
den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Ausgehend von diesen Kriterien liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
a) Es ist schon fraglich, ob ein Anordnungsanspruch als glaubhaft gemacht anzusehen ist.
aa) Dabei ist zunächst festzuhalten, dass es hier - auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin - nicht um die Frage geht,
ob der Antragsgegner verpflichtet ist, die in der Vergangenheit (ggf. bis Juni 2013) offen gebliebenen Heimpflegekosten im
Rahmen seiner gegenüber der Antragstellerin bestehenden Leistungspflicht nach dem Vierten und/oder Sechsten Kapitel SGB XII zu tragen. Denn unabhängig von der Frage, ob der Ehemann der Antragstellerin überhaupt berechtigt war, gegen die Festsetzung
des Kostenbeitrages für die Heimunterbringung der Antragstellerin vorzugehen (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation ausführlich
Beschluss des Senats vom 10.05.2013 - L 20 SO 43/13 B Rn. 17 ff. - [...]), ist über den Umfang der Leistungspflicht des Antragsgegners
bzw. die Höhe des Kostenbeitrags mittlerweile bestandskräftig befunden; das Klageverfahren vor dem SG Gelsenkirchen - S 2
SO 6/12 wurde durch Klagerücknahme beendet, und der Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.06.2013 wurde zurückgenommen. Dass
die Antragstellerin selbst gegen die Leistungs- bzw. "Heranziehungsbescheide" des Antragsgegners, die den Zeitraum seit Juli
2010 betreffen, vorgegangen wäre, lässt sich den Akten nicht entnehmen.
bb) Insoweit gehen die Beteiligten übereinstimmend zu Recht davon aus, dass eine Leistungspflicht des Antragsgegners für die
in Rede stehenden Zahlungsrückstände gegenüber dem Pflegeheim nur noch im Rahmen der sonstigen Leistungen zur Sicherung der
Unterkunft im Wege der Übernahme von Schulden nach § 36 Abs. 1 SGB XII in Betracht kommt.
Ob die Voraussetzungen für eine Übernahme der Schulden auf der Grundlage von § 36 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 SGB XII vorliegen, erscheint allerdings zweifelhaft.
(1) Die Übernahme der Schulden müsste zunächst gerechtfertigt sein, um die Unterkunft zu sichern oder eine vergleichbare Notlage
zu beheben (§ 36 Abs. 1 S. 1 SGB XII). Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Sicherung einer Unterkunft bereits dann in Betracht kommt, wenn die angehäuften
Mietschulden den Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen, jedenfalls aber dann, wenn die Kündigung
bereits ausgesprochen ist und dadurch die Gefahr des Verlustes der Wohnung besteht (vgl. Link in jurisPK-SGB XII, § 36 Rn. 22; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.01.2013 - L 23 SO 319/12 B ER Rn. 11 - [...]).
Andererseits wird - auch in "Heimfällen" - gefordert, dass über die bloße Kündigung hinaus konkrete Anhaltspunkte für eine
tatsächliche Gefährdung des weiteren Verbleibs in der Unterkunft bzw. der Einrichtung bestehen (vgl. LSG Berlin-Brandenburg
a.a.O.). Solche Hinweise vermag der Senat hier jedoch nicht zu erkennen.
Zwar hat das Pflegeheim auf Anfrage mitgeteilt, dass es an der Kündigung des Heimvertrages weiterhin festhalten wolle. Konkrete
Schritte zu deren Durchsetzung hat es jedoch seit der Kündigung, also seit etwa elf Monaten, nicht unternommen; insbesondere
hat es auch keine Räumungsklage angekündigt oder gar erhoben. Dabei kann - in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Antragsgegners
- aus Sicht des Senats nicht außer Betracht bleiben, dass die laufenden Heimkosten gedeckt sind, und dass sich der Ehemann
der Antragstellerin offenbar bemüht, die Rückstände schrittweise durch Ratenzahlungen zu verringern. Dies dürfte für den Heimträger
eine gewisse - wenn auch möglicherweise nur faktische - Hürde bedeuten, wegen des zwar der Höhe nach nicht marginalen, jedoch
wirtschaftlich letztlich überschaubaren Zahlungsrückstandes die Kündigung durch Räumung ggf. gerichtlich durchzusetzen.
Soweit das Heim erklärt hat, es wolle die Antragstellerin nicht wieder aufnehmen, falls diese nach einem evtl. zukünftig erforderlichen
Krankenhausaufenthalt in das Heim zurückverlegt werden wolle, ist bislang nicht erkennbar, dass bzw. wann eine solche Situation
auftreten wird. Der dazu vorgelegte vorläufige Entlassungsbericht des Evangelischen Krankenhauses D vom 03.03.2011 ist schon
nach seinem Alter, aber auch nach seinem Inhalt nicht geeignet, das unmittelbare Bevorstehen einer solchen Situation glaubhaft
zu machen. Die Notwendigkeit einer weiteren stationären Krankenhausbehandlung der Antragstellerin ergibt sich daraus jedenfalls
nicht und wird von ihr auch nicht behauptet.
Dass eine hinreichend konkrete Gefährdungslage aktuell nicht gegeben ist, lässt sich überdies bereits der Fassung des Antrags
in der Antragsschrift vom 27.09.2013 entnehmen. Wird dort von einer vorläufigen Verpflichtung des Antragsgegners "im Falle
der drohenden Räumung bzw. Verweigerung der Rückkehr" gesprochen, zeigt dies, dass aktuell gerade weder eine Räumung noch
eine Rückkehrverweigerung drohen.
Abgesehen von diesen Zweifeln am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei §
36 Abs. 1 S. 1 SGB XII um eine "reine" Ermessensvorschrift handelt und insofern eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme der
Schulden nur in Betracht käme, wenn das Ermessen in dieser Hinsicht auf Null reduziert wäre. Neben der Schuldenübernahme sind
aber durchaus weitere Handlungsalternativen zumindest denkbar. So wäre es möglich, dass der Antragsgegner der Antragstellerin
für den Fall eines tatsächlich bevorstehenden Verlustes des Heimplatzes eine alternative Unterbringung in einem anderen Pflegeheim
ermöglicht, und dass eine solche anderweitige Unterbringung auch zumutbar erschiene. Dies ist gerade im vorliegenden Einzelfall
nicht ausgeschlossen, weil die Finanzierung der laufenden Heimkosten gesichert und damit nicht erkennbar ist, warum ein anderes
Pflegeheim nicht bereit sein sollte, die Antragstellerin aufzunehmen.
(2) Mit Blick auf die Regelung des § 36 Abs. 1 S. 2 SGB XII, wonach Schulden in der Regel zu übernehmen sind, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit
einzutreten droht, gilt im Ergebnis nichts anderes. Denn auch im Rahmen dieser Vorschrift muss eine hinreichend konkrete Gefährdungslage
vorliegen (bzw. im Eilverfahren glaubhaft gemacht sein); dies ist jedoch nach den vorstehenden Ausführungen im Falle der Antragstellerin
gerade fraglich.
(3) Bestehen im Ergebnis jedenfalls Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 SGB XII, so führt auch der Einwand der Antragstellerin, das SG habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass nur ein - ggf. vom Ehemann der Antragstellerin zurückforderbares
- Darlehen und nicht eine endgültige Übernahme der Heimkosten begehrt werde, nicht zu einer anderen Entscheidung.
b) Unabhängig von den unter a) dargelegten Zweifeln an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches ist jedenfalls ein
Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Ein Anordnungsgrund besteht erst dann, wenn es nach einer an den Umständen des Falles orientierten Interessenabwägung für
den Betroffenen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
86b Rn. 28).
Die Antragstellerin beruft sich insoweit fälschlicherweise darauf, nach der Rechtsauffassung des Senats sei ein Sozialhilfeträger
schon dann zur Gewährung eines Darlehens verpflichtet, wenn die Kündigung des Heimplatzes überhaupt nur angedroht worden sei.
Zutreffend ist vielmehr, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung (ausgehend von dem Beschluss vom 28.07.2008 - L 20 B 51/08 SO ER Rn. 43 ff.; zuletzt Beschluss vom 27.08.2012 - L 20 SO 323/12 B ER; zustimmend zwischenzeitlich OVG NRW, Beschluss
vom 29.09.2011 - 12 B 983/11) jedenfalls in laufenden "Heimpflegefällen" für die Zeit ab Stellung des Eilantrages bei dem SG einen Anordnungsgrund bereits dann als glaubhaft gemacht ansieht, wenn aufgrund einer schon ausgesprochenen Kündigung des
Heimplatzes wegen Zahlungsrückständen dessen Verlust ernstlich droht.
Diese Rechtsprechung hat der Senat mit Blick auf Forderungen bzw. Bedarfe bei Unterbringung in einem Pflegeheim, welche bereits
vor Einleitung eines Eilverfahrens entstanden sind, zwischenzeitlich dahingehend konkretisiert, dass insoweit höhere Anforderungen
an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zu stellen sein können (Beschluss des Senats vom 11.12.2013 - L 20 SO 491/13
B ER), weil eine Verpflichtung zur Erbringung vorläufiger Leistungen für die Zeit vor Einleitung des Verfahrens auf Erlass
einer einstweiligen Anordnung nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist (vgl. dazu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
86b Rn. 35a m.w.N.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13.01.1993 - 5 M 112/92 Rn. 3 - [...]). Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Grundsatz, dass die Entscheidung im Eilverfahren das Ergebnis des
Verfahrens in der Hauptsache nicht vorwegnehmen soll (vgl. dazu Keller a.a.O. Rn. 31).
Besondere Umstände, die derzeit ein gerichtliches Einschreiten erforderlich machen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich
(siehe schon oben a.bb.(1)).
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen war auch die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren
vor dem SG zurückzuweisen. Denn es fehlen der Rechtsverfolgung damit jedenfalls hinreichende Erfolgsaussichten (§
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO).
3. Wegen fehlender Erfolgsaussichten in der Hauptsache war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren
abzulehnen.
4. Die Kostenentscheidung beruht zur Entscheidung in der Hauptsache auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs.
1 S. 1
SGG und zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe auf §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
127 Abs.
4 ZPO.
5. Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).