Festsetzung der Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege in der gesetzlichen Krankenversicherung im Schiedsverfahren
Kein Anordnungsanspruch des Leistungserbringers auf Unterlassung von Tatsachenvorträgen, Antragsrücknahmen oder Feststellungen
vorläufiger Rechtsverhältnisse durch die gesetzliche Krankenkasse im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen
Verfahren
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung erreichen kann, dass die Antragsgegnerin
- im Schiedsverfahren - bestimmte Äußerungen unterlässt und bestimmte Anträge zurücknimmt.
Die Antragstellerin ist ein in A ... ansässiger Leistungserbringer der häuslichen Krankenpflege, welcher auf die außerklinische
Beatmung und Intensivpflege nach Nr. 24 des Leistungsverzeichnisses der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über
die Verordnung von Häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinie) spezialisiert ist. Am 20. Juli 2010 schloss sie mit der Antragsgegnerin
einen Vertrag nach §§
132,
132a Abs.
2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, häuslicher Pflege und Haushaltshilfe. Gegenstand des Vertrages war/ist
die Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin und deren anspruchsberechtigter Familienangehöriger in Sachsen (§ 1).
Zum Vertrag existieren mehrere taggleich bzw. am 29. Dezember 2010 vereinbarte Anlagen. Anl. 1 betrifft die organisatorischen
Voraussetzungen, Anl. 2 die Leistungsbeschreibung (unter Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der HKP-Richtlinie), Anl.
3 die Vergütung nach Leistungsgruppen (für die Leistungsgruppe VI "Spezielle Krankenbeobachtung" enthält diese keine pauschale
Vergütungsbestimmung, sondern sieht eine Einzelfallentscheidung vor) und Anl. 4 betrifft die Vergütung intensivpflegerischer
Leistungen nach Stundenpauschalen (mit Bestimmungen für alle 16 Bundesländer). Ferner schlossen die Beteiligten am 30. Dezember
einen "Zusatz zur Anlage 4", welcher insbesondere - in Konkretisierung/Abweichung zu § 2 Abs. 2 der Anl. 4 - eine Bestimmung
über das Recht zur vorzeitigen Kündigung des Vertrages enthält.
Nachdem die Antragsgegnerin in der Folgezeit gegenüber Versicherten bzw. deren Vertretern die Behauptung aufgestellt hatte,
die Antragstellerin sei zur Erbringung von Leistungen der häuslichen Intensivpflege für Versicherte der Antragsgegnerin nicht
berechtigt, da es insoweit an einer die Vergütung regelnden Zusatzvereinbarung fehle, untersagte das Sozialgericht Dresden
(SG) auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 1. November 2010 (S 18 KR 490/10 ER) der Antragsgegnerin - bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahren S 18 KR 510/10 - die gerügten Behauptungen und führte zur Begründung u. a. aus:
"Der Antragstellerin steht als Anordnungsanspruch ein öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen die Antragsgegnerin wegen
eines Eingriffs in ihr Recht auf Teilnahme an einem von Verzerrungen freien Wettbewerb zur Seite, das seinerseits seine unmittelbare
Grundlage in ihrem Recht auf freie Berufsausübung nach Art.
12 Abs.
1 GG und ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach Art.
3 Abs.
1 GG findet (vgl. zur Rechtsgrundlage solcher Abwehransprüche: Bundessozialgericht, Urteil vom10.03.2010, Az. B 3 KR 26/08 R; Urteil vom 25.09.2001, Az. B 3 KR 3/01 R; Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.02.2006, Az. I ZR 164/03). Die Antragstellerin als Anbieter von Hauskrankenpflegeleistungen und die Antragsgegnerin als Sachleistungspflichtige und
Kostenträger stehen nicht im Wettbewerb miteinander. Durch ihr Verhalten greift die Antragsgegnerin jedoch rechtswidrig in
den Wettbewerb zwischen der Antragstellerin und den mit jener konkurrierenden Hauskrankenpflegediensten, die gleichartige
Krankenpflegeleistungen erbringen, ein. Die daraus resultierenden Abwehransprüche der Antragstellerin richten sich deshalb
direkt gegen die Antragsgegnerin als Störer.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin gegenüber Versicherten bzw. deren Vertretern die Behauptung
aufgestellt hat, die Antragstellerin sei nicht berechtigt, Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin zu erbringen, weil es hierfür an einer Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132a SGB V fehle, in der die Vergütung solcher Leistungen geregelt sei. Die Äußerungen der Antragsgegnerin gegenüber Dritten, insbesondere
gegenüber Versicherten, deren Vertretern oder behandelnden Ärzten, stellen einen nicht durch Gesetz oder auf gesetzlicher
Grundlage gerechtfertigten Eingriff in die rechtlich geschützte Position der Antragstellerin dar. Die Antragsgegnerin erweckt
damit bei ihren Versicherten den unzutreffenden Eindruck, die Antragstellerin dürfe keine Intensivpflegeleistungen nach §
37 SGB V als Leistung der Antragsgegnerin erbringen. Damit begünstigt sie zu Lasten der Antragstellerin andere Hauskrankenpflegedienste,
bei denen das von der Antragsgegnerin behauptete Leistungshindernis nicht vorliegt, und schließt die Antragstellerin als Anbieter
solcher Leistungen für Versicherte der Antragsgegnerin von diesem Marktsegment aus.
Vor diesem Hintergrund können die Äußerungen der Antragsgegnerin aus Sicht eines objektiven Empfängers nur dahin gehend verstanden
werden, dass der Übernahme eines Intensivpflegeauftrags durch die Antragstellerin das Fehlen einer konkreten Vereinbarung
des Entgelts für die spezielle Krankenbeobachtung entgegen steht. Das trifft indessen nicht zu.
Einen Vertrag, durch den die Antragstellerin gemäß §
132a Abs.
1 Satz 1
SGB V in den Kreis der Leistungserbringer einbezogen wurde, haben die Beteiligten geschlossen. Dieser Vertrag erstreckt sich ausweislich
des Leistungsverzeichnisses in Anlage 2 und des Vergütungsverzeichnisses nach Anlage 3 gegenständlich auch auf die für Intensivkrankenpflege
typischen Leistungen nach der HKP-Richtlinie einschließlich der speziellen Krankenbeobachtung. Die Antragstellerin ist damit
berechtigt, als Leistungserbringerin der Antragsgegnerin für deren Versicherte die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Krankenpflegeleistungen
als Sachleistung zu erbringen. Dem steht nicht entgegen, dass in Anlage 3 des Vertrages gerade für die spezielle Krankenbeobachtung
kein konkreter Vertragspreis geregelt ist, sondern die Antragsgegnerin (ausschließlich) sich eine Einzelfallentscheidung vorbehalten
hat. Aus dem Umstand, dass die Leistung gleichwohl in das Leistungsverzeichnis Anlage 2 und sogar in den Vergütungskatalog
Anlage 3 aufgenommen wurde, folgt, dass die Beteiligten die Einbeziehung der Antragstellerin in den Kreis der vertraglichen
(Sach ) Leistungserbringer der Antragsgegnerin auch hinsichtlich speziellen Krankenbeobachtung gerade nicht von der abschließenden
Regelung der Vergütungshöhe hierfür abhängig gemacht haben.
Ebenso wenig steht das Fehlen einer speziellen Regelung der qualitativen und persönlichen Voraussetzungen für die spezielle
Krankenbeobachtung im geltenden Vertrag nach §
132a Abs.
2 SGB V der Heranziehung der Antragstellerin entgegen.
Die Antragstellerin kann sich auch auf einen Anordnungsgrund stützen. Die besondere Dringlichkeit der beantragten Regelungsanordnung
ergibt sich hier daraus, dass die Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Gefahr birgt, dass vollendete Tatsachen geschaffen
werden. Denn es ist zu erwarten, dass die Antragsgegnerin durch vergleichbare Äußerungen weiterhin auf die Anbieterauswahl
durch ihre Versicherten Einfluss nimmt. Eine solche Beeinflussung des Verhaltens am Markt ist nicht oder nur schwer rückgängig
zu machen, so dass ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache deren Ausgang unter Verletzung des in Art.
19 Abs.
4 GG verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes faktisch vorwegnehmen würde. Bei Fortsetzung der bisherigen Praxis der Antragsgegnerin
droht der Antragstellerin ein konkreter Schaden in Folge entgangener Pflegeaufträge. Wegen der Schwierigkeit, die Verursachung
und die Höhe des Schadens im Einzelfall nachzuweisen, kann die Antragstellerin nicht auf den nachträglichen Ausgleich desselben
verwiesen werden. Durch die Wiederholung der beanstandeten Äußerungen sowie die abschlägige Reaktion der Antragsgegnerin auf
das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin ist die Wiederholungsgefahr ausreichend belegt und rechtfertigt die vorläufige
Untersagungsanordnung.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist abzulehnen, soweit die Antragstellerin auch die Behauptung untersagt wissen will,
dass sie ohne zusätzliche Vergütungsvereinbarung nicht zur Abrechnung von Leistungen der häuslichen Intensivpflege berechtigt
sei. Denn ungeachtet der Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Behauptung fehlt ihr im Kontext der beanstandeten Äußerungen
der wettbewerbliche Bezug zum Nachteil der Antragstellerin. Auf Grund des gesetzlichen Sachleistungsprinzips ist für die Auswahl
eines Hauskrankenpflegedienstes durch die Versicherten allein die Frage von Bedeutung, ob die Antragstellerin berechtigt ist,
Intensivpflegeleistungen als Sachleistung der Antragsgegnerin zu erbringen. Die Frage nach der Vergütung der Antragstellerin
für diese Leistungen kann aus Sicht der Versicherten dem Innenverhältnis zwischen den Beteiligten überlassen bleiben. Der
Vergütungsanspruch der Antragstellerin knüpft allein an die berechtigte Leistungserbringung für die Antragsgegnerin an und
ist der wettbewerbsrelevanten Auswahl des Leistungserbringers durch die Versicherten nachgelagert. Die Frage nach der Abrechenbarkeit
der Leistungen kann mithin nur im Rahmen einer diesbezüglichen Leistungs- oder Feststellungsklage zwischen den Beteiligten
geklärt werden. Die im Hauptsacheverfahren erhobene wettbewerbliche Unterlassungsklage ist hierfür der falsche Rechtsbehelf.
Dies gilt wegen der Akzessorietät des Anordnungsanspruchs zum Gegenstand des Hauptsacheverfahrens auch für das vorliegende
Antragsverfahren."
Mit Schreiben vom 25. Januar 2018 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf am 5. April 2017 geführte
Gespräche über die Anpassung der Vergütung für intensivpflegerische Leistungen mit, dass die von der Antragsgegnerin angebotenen
Vergütungssätze inakzeptabel seien und sie daher die Anl. 4 zum Versorgungsvertrag zum nächstmöglichen Zeitpunkt kündige.
Zugleich unterbreitete sie ein eigenes, neues Angebot über - bundesweit - zu vereinbarende Vergütungssätze und setzte der
Antragsgegnerin für die Annahme dieses Angebots eine Frist zum 6. Februar 2018, verbunden mit dem Hinweis, dass sie nach fruchtlosem
Fristablauf ein Schiedsstellenverfahren einleiten werde. Mit weiterem Schreiben vom 9. Februar 2018 informierte sie die Antragsgegnerin,
dass sie die Vergütungsverhandlungen als gescheitert betrachte und schlug zwei Schiedspersonen vor. Mit Schreiben vom 16.
Februar 2018 bestätigte die Antragsgegnerin die Kündigung der Anl. 4 zum Vertrag zum 30. Juni 2018 und vertrat ferner die
Ansicht, neue Vergütungsverhandlungen hätten noch nicht stattgefunden, so dass sich die Einleitung eines Schiedsverfahrens
erübrige. Ergänzend bot sie die Aufnahme von Verhandlungsgesprächen bezogen auf den Freistaat Sachsen an und verwies die Antragstellerin
hinsichtlich der übrigen von ihrem Zuständigkeitsbereich erfassten Regionen auf die entsprechenden regionalen Ansprechpartner.
Auf Antrag der Antragstellerin bestimmte das Bundesversicherungsamt mit Bescheid vom 26. April 2018 gem. §
132a Abs.
4 Satz 8
SGB V (a. F.) die Richterin am Sozialgericht Y ..., Richterin am Sozialgericht X ..., zur Schiedsperson. Im Rahmen des Schiedsverfahrens
vertrat die Antragstellerin die Auffassung, die Auslegung des Versorgungsvertrages ergebe, jedenfalls seit der zusätzlich
vereinbarten Anl. 4, dass sie zur Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin im gesamten Bundesgebiet berechtigt sei,
ohne dass es hierfür des Abschlusses einer gesonderten Zusatzvereinbarung bedürfe. Nicht zuletzt aus dem Beschluss des SG vom 1. November 2010 (S 18 KR 490/10 ER) ergebe sich, dass die Antragsgegnerin Entgegenstehendes nicht behaupten dürfe. Ferner forderte sie die Antragsgegnerin
auf, ihren mit Schriftsatz vom 19. Juli 2018 gestellten Antrag, den "ansonsten in allen Bereichen der Antragsgegnerin [d.
h. in insg. 8 Bundesländern] verwendeten und von sämtlichen Leistungserbringern abgeschlossenen" Mustervertrag für Sachsen
als Vertragsinhalt festzusetzen, bis spätestens 1. August 2018 zurückzunehmen. Bei fruchtlosem Fristablauf werde sie unverzüglich
Klage erheben.
Am 2. August 2018 hat die Antragstellerin beim SG den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Begehr,
1. die Antragsgegnerin unter Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von mindestens 25.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft
von bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung, zu
verpflichten, es zu unterlassen, Dritten gegenüber zu behaupten, dass die Antragstellerin eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag
nach §§
132,
132 a SGB V benötige, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen, 2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den mit Schriftsatz vom
19. Juli 2018 im Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vor der Schiedsperson ausdrücklich
gestellten Antrag auf Festsetzung als Vertragsinhalt des ansonsten in allen Bereichen der Antragsgegnerin verwendeten und
von sämtlichen Leistungserbringern abgeschlossenen Mustervertrags (zur Regelung der Intensivpflege in Sachsen) sofort schriftlich
zurückzunehmen sowie 3. festzustellen, dass die Antragstellerin Leistungen der häuslichen Intensivpflege für Versicherte der
Antragsgegnerin erbringen dürfe, ohne dass sie eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V benötige.
Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, bei dem Vortrag der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren handele es
sich um erkennbar rechtswidrigen Tatsachen- und Rechtsvortrag.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegengetreten mit der Ansicht, durch das Verhalten der Antragsgegnerin im Schiedsverfahren
werde die Antragstellerin weder in ihren Grundrechten noch allgemein hinsichtlich des freien Wettbewerbs in ihren Rechten
verletzt. Das Vorgehen der Antragstellerin im Verfahren über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes stelle vielmehr den
Versuch einer unzulässigen Einwirkung auf das Schiedsverfahren dar.
Mit Beschluss vom 7. August 2018 hat das SG den Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen und zur Begründung u. a. ausgeführt:
"Die Antragstellerin macht einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Behauptung gegenüber Dritten geltend,
sie benötige eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen. Ein Unterlassungsanspruch kann als öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch
wegen eines Eingriffs in das Recht auf Teilnahme an einem von Verzerrungen freien Wettbewerb geltend gemacht werden, das seine
Grundlage in dem Recht auf freie Berufsausübung gemäß Art.
12 Abs.
1 GG und auf Gleichbehandlung nach Art.
3 Abs.
1 GG findet (BSG, Urteil vom 10.3.2010, B 3 KR 26/08 R; Urteil vom 25.9.2001, B 3 KR 3/01 R, zit. nach Juris). Die Antragsgegnerin hat die Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bestehen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. §
86 b Rn.27). Es besteht bereits kein Anordnungsgrund. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung
gegenüber Dritten, die Antragstellerin die benötige eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen, da die Antragsgegnerin eine solche Behauptung gegenüber Dritten
nicht aufgestellt hat.
Die Antragstellerin bezieht sich auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.7.2018 im Schiedsverfahren an die Schiedsperson.
Diesem Schreiben ist keine Äußerung dahingehend zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin behauptet, die Antragstellerin benötige
eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen. Die Antragsgegnerin hat in dem genannten Schreiben Bezug genommen
auf die Anfrage der Schiedsperson vom 28.5.2018, mit dem diese bei der Antragstellerin angefragt hat, ob der bestehende Rahmenvertrag,
der für Sachsen geschlossen worden sei, ebenfalls neu verhandelt werden solle oder die Beschränkung auf Sachsen den bisherigen
Einsatzbereich der Antragstellerin nicht beeinträchtigt habe, so dass es insoweit keines neuen Vertragsschlusses bedürfe,
und auf die Rückäußerung der Antragstellerin dazu vom 21.6.2018. Sie stellt dabei ausführlich ihre von der Auffassung der
Antragstellerin abweichende Auffassung dar, dass eine Änderung des Vertrages vom 20.7.2010 erforderlich sei. Zu den Einzelheiten
der Versorgung gehörten auch Regelungen, die über die bloße Vergütungsvereinbarung hinausgingen. Sie weist darauf hin, dass
sie mit allen Leistungserbringern eine "Muster"-Zusatzvereinbarung schließe, die den Nachweis qualifizierten Fachpersonals
sowie der gezielten fachspezifischen Fortbildungen zum Inhalt habe. Im Vertrag vom 20.7.2010 fänden sich nur knappe Bestimmungen
zu den Qualitätsanforderungen, so dass sie den Willen bekundet hat, darüber hinaus gehende Standards vertraglich festzusetzen.
Nach ihrer Auffassung ist nicht nur eine vertragliche Vereinbarung über den Preis, sondern auch eine Vereinbarung über die
fachlichen Anforderungen an den Leistungserbringer zu treffen. Sie beantragt daher ausdrücklich, die Festsetzung als Vertragsinhalt
des ansonsten in allen Bereichen der IKK Sachsen verwendeten und von sämtlichen Leistungserbringern abgeschlossenen Vertrages.
Für das Gericht ist aus allen diesen Äußerungen nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin gegenüber der Schiedsperson behauptet
hat, die Antragstellerin sei nicht berechtigt, Leistungen der Intensivpflege zu erbringen. Es ist auch nicht erkennbar, dass
diese behauptet hat, dass die Antragstellerin derzeit für diese Leistungen einer Zusatzvereinbarung bedürfe. Die Antragsgegnerin
hat vielmehr lediglich erklärt, nicht nur über den Preis der Leistungen, sondern darüber hinaus auch über Qualitätsanforderungen
für diese Leistungen verhandeln zu wollen. Selbst wenn die in dem Schreiben vom 19.7.2018 getätigten Äußerungen dahingehend
zu verstehen sein sollten, dass die Antragsgegnerin davon ausgeht, dass die Antragstellerin aufgrund der Kündigungserklärung
vom 25.1.2018 hinsichtlich der Anlage 4 des Vertrages vom 20.7.2010 nun überhaupt nicht mehr berechtigt sei, Leistungen nach
§
37 SGB V gegenüber den Versicherten der Antragsgegnerin zu erbringen, obwohl der Rahmenvertrag vom 20.7.2010 diesbezüglich fortbesteht
und in Anlage 3 eine Abrechnungsmodalität für diese Leistungen im Einzelfall enthält, so dass nunmehr Qualitätsanforderungen
neu verhandelt werden müssten, würde es aber im Verhältnis zu der Schiedsperson ferner an einem wettbewerblichen Bezug zum
Nachteil der Antragstellerin fehlen.
Die Schiedsperson wird in dem Schiedsverfahren nach §
132 a Abs.
4 SGB V zwar als öffentlich-rechtliche Schlichterin und Vertragshelferin gem. §
69 Abs.
1 Satz 1 und
3 SGB V i.V.m. §
317 BGB tätig (BSG, Urteil vom 25.11.2010, B 3 KR 1/10 R, Juris, Rn. 24). Adressat des Schreibens ist insofern zwar ein "Dritter". Ein wettbewerblichen Bezug zum Nachteil der Antragstellerin
würde jedoch nur dann bestehen, wenn die Äußerungen im Verhältnis zu Versicherten oder zu deren Vertretern oder sonst im Außenverhältnis
so getätigt würden, dass eine wettbewerbliche Verzerrung entstünde. Dies ist hier nicht ersichtlich.
II. Der Antrag zu II. ist unzulässig, er wäre auch unbegründet.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.7.2018 im
Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vor der Schiedsperson, Frau Y ..., ausdrücklich gestellten
Antrag, die Festsetzung als Vertragsinhalt des ansonsten in allen Bereichen der IKK classic verwendeten und von sämtlichen
Leistungserbringern abgeschlossenen Mustervertrages (zur Regelung der Intensivpflege in Sachsen) gemäß der Anlage sofort schriftlich
zurückzunehmen. Für den Antrag, gerichtlich in ein laufendes Schiedsverfahren einzugreifen, besteht weder ein Rechtsschutzbedürfnis
der Antragstellerin noch ist eine Rechtsgrundlage in Form eines Anordnungsanspruchs ersichtlich.
Die Schiedsperson hat entsprechend der Bestimmung im Bescheid vom 26.4.2018 eine bundesweit gültige Vergütungsvereinbarung
zur Vergütung intensivpflegerischer Leistungen zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin festzusetzen. Rechtsgrundlage
hierfür ist §
132 a Abs.
4 Satz 7
SGB V i.V.m. §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V und §
317 BGB. Das Schiedsverfahren ist der gerichtlichen Kontrolle entzogen. Der Regelung in § 132 a Abs. 4 Satz 7 liegt die Konzeption zugrunde, dass die Beteiligten zunächst selbst eine interessen- und sachgerechte Lösung
zur Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen finden und im Konfliktfall eine Schiedsperson den Konsens herstellt. Die Konfliktlösung
soll danach in erster Linie über eine Schiedsperson erfolgen, deren Festsetzung nur auf Unbilligkeit überprüft werden soll
(BSG, Urteil vom 23.6.2016, B 3 KR 26/15 R, Jruis, Rn. 21). Dem würde es zuwiderlaufen, wenn das Gericht im laufenden Schiedsverfahren Anordnungen treffen würde. Die
Antragstellerin ist daher darauf zu verweisen, dass der Schiedsspruch im Wege der der Ersetzungsklage als Sonderform der Leistungsklage
vor dem Sozialgericht überprüft werden kann. Abweichend von §
319 Abs.
1 Satz 2
BGB ist der Schiedsspruch dabei nicht erst bei "offenbarer", sondern bereits bei schlichter Unbilligkeit aufzuheben (Altmiks
in Kasseler Kommentar,
SGB V, §
132 a, Rn. 37 mwN). Die gerichtliche Überprüfung bezieht sich dabei darauf, ob die Ermittlung des Sachverhaltes in einem fairen
Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgt ist, ob zwingendes Gesetzesrecht, insbesondere der Grundsatz der Beitragssatzstabilität,
beachtet und der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten worden ist (Altmiks, a.a.O.). Bei der Inhalts- und Richtigkeitskontrolle
ist zu beachten, dass der Schiedsspruch der Schiedsperson einen Interessenausgleich durch eine unabhängige Person im Sinne
einer schlichtenden Tätigkeit darstellt. Daher weist sie häufig Kompromisscharakter auf und stellt nicht immer die einzig
vermittelnde Lösung dar. Deshalb kommt es bei der Inhaltskontrolle nur darauf an, ob ein vertretbarer, nachvollziehbarer Beurteilungsmaßstab
angewandt worden ist und das Ergebnis "billigem Ermessen" entspricht, also mit den gesetzlichen Vorgaben von Treu und Glauben
vereinbar ist. Auf Zweckmäßigkeitserwägungen kommt es nicht an. Die Schiedsperson muss aber den Verhandlungsrahmen einhalten,
sie muss unstreitige Positionen als vorbestimmten Vertragsinhalt beachten und ist an die Anträge der Vertragspartner gebunden
(BSG, 23.6.2016, a.a.O. Rn. 31).
Dies ist allein im Rahmen der Ersetzungsklage zu überprüfen. Dass die Schiedsperson "an die Anträge der Vertragspartner gebunden"
ist, bedeutet insofern lediglich, dass sie im Vergütungsstreit weder die Forderung der Leistungserbringer über- noch das Angebot
der Krankenkassen bzw. ihrer Verbände unterschreiten darf (BSG, 23.6.2016, a.a.O. Rn. 31 mwN). Es bedeutet jedoch nicht, dass eine Verhandlungsposition, die wie hier in die Form eines
Antrages gefasst ist, zwingend durch die Schiedsperson zu berücksichtigen ist.
III. Der Feststellungsantrag zu III. ist unzulässig.
Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Antragstellerin Leistungen der häuslichen Intensivpflege für Versicherte
der Antragsgegnerin erbringen darf, ohne dass sie eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V benötigt. Auch vorläufige Feststellungen sind in Ausnahmefällen denkbar. Es ist jedoch immer ein berechtigtes Interesse an
der begehrten Feststellung erforderlich. Es ist jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse wirtschaftlicher oder ideeller
Art eingeschlossen. Das Feststellungsinteresse muss gerade gegenüber der Gegenseite bestehen. Ein berechtigtes Interesse kann
etwa bestehen, wenn diese leugnet, dass ein Rechtsverhältnis mit dem Antragsteller besteht (siehe Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
a.a.O. § 55 Rn. 15).
Wie bereits unter 1. festgestellt, hat die Antragsgegnerin keine Behauptung dahingehend aufgestellt, die Antragstellerin benötige
eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen. Dementsprechend besteht auch kein Feststellungsinteresse."
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens - mit der
am 21. August 2018 eingelegten Beschwerde. Sie rüge eine Verletzung ihres Grundrechts auf freie Berufsausübung sowie der Rechtsweggarantie
(Art.
12 Abs.
1 und Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz -
GG). Es bestehe auch mit Blick auf die Schiedsperson eine wettbewerbsrechtliche Betroffenheit, da zu befürchten sei, dass diese,
sofern die Antragsgegnerin mit ihrem rechtwidrigen Tatsachen- und Rechtsvortrag durchdringe, dem Antrag der Antragsgegnerin
zum Nachteil der Antragstellerin stattgeben könnte.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 7. August 2018 aufzuheben sowie:
1. Es unter Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von mindestens 25.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten,
zu vollziehen an dem Vorstandsvorsitzenden der Antragsgegnerin, für jeden Fall der Zuwiderhandlung, es zu unterlassen, Dritten
gegenüber zu behaupten, dass die Antragstellerin eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V benötige, um Leistungen der häuslichen Intensivpflege nach §
37 SGB V für Versicherte der Antragsgegnerin erbringen zu dürfen.
2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.7.2018 im Schiedsverfahren zwischen
der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vor der Schiedsperson, Frau Y ..., ausdrücklich gestellten Antrag die Festsetzung
als Vertragsinhalt des ansonsten in allen Bereichen der IKK classic verwendeten und von sämtlichen Leistungserbringern abgeschlossenen
Mustervertrages (zur Regelung der Intensivpflege in Sachsen) gemäß der Anlage sofort schriftlich zurückzunehmen.
3. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin Leistungen der häuslichen Intensivpflege für Versicherte der Antragsgegnerin
erbringen darf, ohne dass sie eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag nach §§
132,
132 a SGB V benötigt.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden
Rechtszügen und die Akte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß §
172 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§
173 SGG).
Sie ist jedoch nicht begründet.
Nach §
86 b Abs.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache - sofern es sich, wie hier, bei dieser nicht um eine reine Anfechtungssache im Sinne des
§
86 b Abs.
1 SGG handelt - auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass
durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands
in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint (sog. Regelungsanordnung). In beiden Fällen ist Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen
eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes. Dabei bezieht sich der Anordnungsanspruch auf den im Hauptsacheverfahren
streitigen Anspruch und damit auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Der Anordnungsgrund betrifft die Frage der Dringlichkeit
oder Eilbedürftigkeit und stellt damit den Grund für den einstweiligen Rechtsschutz dar. Als Anordnungsgrund verlangt das
Gesetz für die Sicherungsanordnung eine Gefahr für die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers (§
86 b Abs.
2 Satz 1
SGG) und für die Regelungsanordnung die Abwendung wesentlicher Nachteile (§
86 b Abs.
2 Satz 2
SGG). Es muss ein gewichtiges Interesse des Antragstellers vorliegen, aufgrund dessen es ihm nicht zumutbar ist, die Entscheidung
in der Hauptsache abzuwarten. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen
und glaubhaft zu machen (§
86 b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Bei der Auslegung und Anwendung der Regelungen über den vorläufigen Rechtsschutz sind die Gerichte gehalten, der besonderen
Bedeutung der betroffenen Grundrechte, insbesondere desjenigen aus Art.
19 Abs.
4 Grundgesetz (
GG), Rechnung zu tragen. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art.
19 Abs.
4 GG verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche
hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden
kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1995 - 1 BvR 1087/91 - BVerfGE 93, 1, 14; Beschluss vom 25. Oktober 1988 - 2 BvR 745/88 - BVerfGE 79, 69, 74). Dies gilt sowohl für Anfechtungs- als auch für Vornahmesachen. Hierbei dürfen die Entscheidungen der Gerichte grundsätzlich
sowohl auf eine Folgenabwägung als auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden
(BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith. 2005, 803, 806; Kammerbeschluss vom 27. Mai 1998 - 2 BvR 378/98 - NVwZ-RR 1999, 217, 218). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die einstweilige Anordnung die endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich
nicht vorwegnehmen darf (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, Kommentar, 12. Auflage, §
86 b Rn. 31).
Des Weiteren stellt Art.
19 Abs.
4 GG besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere
und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr
zu beseitigen wären. In solchen Fällen sind die Gerichte, wenn sie ihre Entscheidung nicht an einer Abwägung der widerstreitenden
Interessen, sondern an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientieren, gehalten, die Sach- und Rechtslage eingehend zu
prüfen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Februar 2009 - 1 BvR 120/09 - NZS 2009, 674, 675; Kammerbeschluss vom 19. März 2004 - 1 BvR 131/04 - NZS 2004, 527, 528). Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen
muss, wenn dazu Anlass besteht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juli 1996 - 1 BvR 638/96 - NVwZ 1997, 479, 480). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, ist anhand einer
Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung
einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders,
wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundrechtlichen Gewährleistung, auch wenn sie
nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Februar
2009 - 1 BvR 120/09 - NZS 2009, 674, 675; Kammerbeschluss vom 29. November 2007 - 1 BvR 2496/07 - NZS 2008, 365, 366; Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - Breith 2005, 803, 806 f.). Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit steht unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Art.
2 Abs.
2 Satz 1
GG).
Gemessen hieran hat der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht zu erfolgen. Der Senat geht mit dem SG davon aus, dass es für die von der Antragstellerin formulierten Anträge jeweils bereits an einem Anordnungsanspruch mangelt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss Bezug genommen (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
Ergänzend ist lediglich Folgendes auszuführen:
Soweit die Antragstellerin im Rahmen sozialgerichtlichen Eilrechtsschutzes begehrt, die Antragsgegnerin möge - im Schiedsverfahren
- einen bestimmten Tatsachenvortrag unterlassen (Antrag zu 1.), einen bestimmten Antrag zurücknehmen (Antrag zu 2.) oder es
möge ein bestimmtes Rechtsverhältnis vorläufig festgestellt werden (Antrag zu 3.), steht dies in Widerspruch zu tragenden
Grundsätzen rechtsstaatlicher Streitschlichtungs- und -entscheidungsverfahren, und zwar ungeachtet der Frage, ob behauptete
Tatsachen wahr, gestellte Anträge - etwa unter Berücksichtigung anderweitiger bestands- bzw. rechtskräftiger Entscheidungen
oder allgemeiner Präklusionsvorschriften - unzulässig und/oder unbegründet sind bzw. ob das streitige Rechtsverhältnis besteht
(ebenso: Sächsisches LSG, Beschluss vom 4. Juli 2012 - L 1 KR 107/12 B ER - amtl. Umdruck S. 9). Derartige Fragen sind - mangels abweichender gesetzlicher oder aktenkundiger untergesetzlicher
Regelungen - nicht Gegenstand einer nach §
86b Abs.
2 SGG zu erlassenden einstweiligen Anordnung, sondern vielmehr im Schiedsverfahrens durch die Schiedsstelle/-person im Rahmen freier
(Beweis-)Würdigung zu klären. So, wie einerseits (auch potentielle) Leistungserbringer im Wege der Zwangsschlichtung den Krankenkassen
einen Vertrag aufdrängen können (hierzu: Schneider in: jurisPK
SGB V, §
132a Rn. 26), kann die Schiedsperson andererseits den Abschluss eines Vertrages (oder - bezogen auf den vorliegenden Fall - den
Abschluss einer Vergütungsvereinbarung) ablehnen. Die Beteiligten sind in diesem Verfahren in ihrem Tatsachen- und Rechtsvortrag
frei.
Ungeachtet des Vorstehenden besteht für das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin kein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen
Dringlichkeit. Ein Anordnungsgrund würde dann bestehen, wenn die erstrebten Handlungen der Antragsgegnerin bzw. die begehrte
Feststellung zu einem beschleunigten Fortgang des Schiedsverfahrens führten. Dies ist indes nicht der Fall. Der Fortgang des
Schiedsverfahren könnte nur durch die endgültige Klärung der hier zur Entscheidung gestellten Fragen bewirkt werden, nicht
jedoch durch eine nur vorläufige. Insoweit wäre die Antragstellerin auf die gerichtliche Überprüfung des ergehenden/ergangenen
Schlichterspruchs (unter Berücksichtigung der entsprechend §
319 BGB gesetzten Grenzen) zu verweisen (ebenso Sächsisches LSG a. a. O. S. 11).
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
154 Abs.
1 und
2 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §§
63 Abs.
2, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 2 und 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Gericht hat dabei - wie bereits das SG - berücksichtigt, dass die Antragstellerin in der Sache eine Vorwegnahme der Hauptsache verlangt.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).