Übernahme der Kosten von Instandsetzungsarbeiten am Eigenheim von SGB II-Leistungsempfängern
Gründe:
I. Die Antragsteller begehren die vorläufige Übernahme von Kosten für die Trockenlegung des Bauwerks des von ihnen bewohnten
Eigenheims.
Der am 1952 geborene Antragsteller bezieht seit dem Jahr 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites
Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Er bewohnt ein von seiner Mutter geerbtes Hausgrundstück mit einer Gesamtfläche
von 257 qm im W ...weg ... in H ... Das im Jahr 1928 errichtete Wohnhaus verfügt über fünf Räume mit einer Gesamtwohnfläche
von 72,82 qm. Die Mutter des Antragstellers erwarb das Grundstück im Jahr 1994 zu einem Kaufpreis von 26.453 DM. Nach dem
Erwerb des Hauses veranlasste die Mutter des Antragstellers die Erneuerung des Dachs und der Heizungsanlage. Nach dem Tod
der Mutter im Jahr 1999 bezog der Antragsteller das Haus zunächst allein. Die am 1951 geborene Antragstellerin, die schon
zuvor Alg II erhielt, zog am 20. März 2006 zu. Seit dem 6. Juni 2007 sind die Antragsteller verheiratet. Die Antragsteller
ließen die Fenster und die Hauseingangstür des Eigenheims für etwa 8.000 Euro erneuern. Wegen der Übernahme der hierfür aufgenommenen
Fremdmittel als Unterkunftskosten sind Rechtsstreite beim Sozialgericht Halle noch anhängig.
Derzeit gewährt die Antragsgegnerin den Antragstellern nach dem Bescheid vom 28. Juni 2010 Alg II in Höhe von insgesamt 188,54
Euro monatlich bis Dezember 2010. Hierin sind für die Kosten der Unterkunft je 72,67 Euro enthalten. Hierbei berücksichtigt
sie das Einkommen der Antragstellerin in Form einer gesetzlichen Rente in Höhe von 632,80 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 28. April 2010 beantragten die Antragsteller die Übernahme der Kosten für eine Trockenlegung des Mauerwerks,
der Dachrinnen und der Kellerfenster. Die Sanierung sei dringend geboten, weil Feuchtigkeit eindringe und dadurch auch gesundheitliche
Schäden eintreten könnten. Es sei ihnen nicht möglich, noch einen Kredit aufzunehmen. Da schon keine Mietkosten übernommen
würden, sei es schließlich gerechtfertigt, dass diese Kosten übernommen werden. Dem Schreiben waren Angebote für die Baumaßnahmen
der Fa. L B. GbR vom 20. August 2008 über eine Gesamtsumme von 14.632,49 Euro und der Fa. A ... vom 15. März 2009 über eine
Gesamtsumme von 19.727,15 Euro beigefügt. Das Angebot der Fa. L ... B ... GbR umfasste Erdarbeiten zur Freilegung und Verfüllung
des Mauerwerks, den Abbruch der Außentreppen, das Anbringen einer Vertikalsperre und Injektionsverfahren sowie die Neuerrichtung
der Treppen. Das Angebot der Fa. A. beinhaltete den Abbruch der Außentreppen, Erdarbeiten zur Freilegung und Verfüllung des
Mauerwerks, das Anbringen von Sperrputz, die Wandbeschichtung, das Anbringen von Dämmplatten, den Neuputz, die Erneuerung
der Dachentwässerung, die Erneuerung der Kellerfenster sowie die Neuerrichtung der Treppen.
Am 4. Juni 2010 beantragten die Antragsteller die Fortzahlung von Alg II unter Hinweis auf die mit Schreiben vom 28. April
2010 begehrte Kostenübernahme für die Sanierung des Hauses.
Mit gesondertem Bescheid vom 9. Juni 2010 lehnte Antragsgegnerin die Übernahme der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung ab:
Es handele sich um Sanierungsmaßnahmen, die zu einer Wertsteigerung führten.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 13. August 2010 begehrten die Antragsteller sinngemäß erneut die Kostenübernahme
in Höhe des wieder angefügten Angebots der Fa. L ... Zudem legten sie ein Schreiben der Fa. L. vor, nach dem die Bauwerkstrockenlegung
dringend erforderlich sei, weil Schäden in der Baustatik und für die Gesundheit der Antragsteller zu befürchten seien.
Mit Bescheid vom 23. August 2010 lehnte die Antragsgegnerin die Kostenübernahme erneut und mit gleichlautender Begründung
wie im Bescheid vom 9. Juni 2010 ab.
Hiergegen haben die Antragsteller am 3. September 2010 Widerspruch und nunmehr auch Klage bei dem Sozialgericht Halle (SG) erhoben.
Am 7. September 2010 haben die Antragsteller bei dem SG einen Antrag auf vorläufige Anordnung mit dem Begehren gestellt, die Antragsgegnerin vorläufig zur Übernahme der Kosten der
Bauwerkstrockenlegung zu verpflichten.
Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 25. Oktober 2010 abgelehnt: Zu den von der Antragsgegner zu übernehmenden Kosten der Unterkunft
seien auch die Kosten für eine Instandsetzung zu zählen. Diese Maßnahmen dürften aber nicht zu einer Verbesserung des Wohnstandards
führen und müssten notwendig und angemessen sein. Durch die Bauwerkstrockenlegung würde das Hausgrundstück allerdings eine
massive Wertsteigerung erfahren. Nach den von der Antragsgegnerin im Verfahren eingereichten Stellungnahmen des Zentralen
Gebäudemanagements der Stadt H ... (S.) sei davon auszugehen, dass seit Errichtung des Hauses im Jahr 1928 keine baulichen
Maßnahmen zum Schutz des Bauwerks vor Feuchtigkeit ergriffen worden seien. Die Antragsteller seien daher schon im Jahr 1999
in ein im Wert gemindertes Haus eingezogen. Darüber hinaus seien die Kosten der Aufwendungen unangemessen hoch.
Gegen den ihnen am 28. Oktober 2010 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 29. Oktober 2010 Beschwerde erhoben:
Der Antragsteller habe das Haus von seiner Mutter geerbt und habe zuvor nicht die Pflicht zur Erhaltung gehabt. Er sei auch
seit 1999 erkrankt und habe selbst körperlich keine Arbeiten vornehmen können. Das SG habe nicht dargelegt, warum eine erhebliche Wertsteigerung anzunehmen sei. Wenn nichts unternommen werde, drohe das Haus
in sich zusammenzufallen. Es sei zu erwarten, dass sie noch länger Alg II beziehen werden. Es sei auch zu berücksichtigen,
dass die Kosten der Unterkunft und Heizung des Hauses im Verhältnis zu einer Mietwohnung günstiger seien, so dass sich die
Reparatur "rechnen könnte". Das SG habe auch die Frage offen gelassen, ob ein Darlehen zu gewähren sei. Das SG habe die grundrechtliche Eigentumsgarantie und Handlungsfreiheit verletzt und die Krankheit der Antragsteller nicht beachtet.
Des Weiteren sei auch der Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil körperlich leistungsfähige Hilfebezieher die Sanierung selbst
vornehmen könnten und sie dies nicht könnten. Sie könnten mit den Baumaßnahmen auch derzeit beginnen, wenn sie die erforderlichen
Mittel erhalten würden.
Die Antragsteller beantragen, den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 25. Oktober 2010 aufzuheben und die Antragsgegnerin
vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, die für die Bauwerkstrockenlegung des von den Antragstellern
bewohnten Anwesens erforderlichen Kosten zu übernehmen.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt bzw. sich nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin
ergänzend Bezug genommen. Diese Akten sind bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden.
II. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des SG ist statthaft (§
172 SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§
173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist nicht durch §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser am 1. April 2008 in Kraft getretenen Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der
Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Hier wäre die Berufung zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00
Euro (vgl. §
144 Abs.
1 Nr.
1 SGG) deutlich übersteigt.
Nach §
86b Abs.
2 SGG ist das Begehren der Antragsteller als auf eine Regelungsanordnung gerichteter Antrag statthaft, weil in der Hauptsache keine
reine Anfechtungsklage zu erheben war. Das Begehren der Antragsteller ist auf die Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB
II gerichtet, so dass statthafte Klageart eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des §
54 Abs.
1 und 4
SGG ist.
Das Gericht der Hauptsache kann dann gemäß §
86b Abs.
2 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert
werden könnte oder eine Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, weil sie
zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die §§
920,
921,
923,
926,
928 bis
932,
938,
939 und
945 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) gelten entsprechend.
Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit
der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines
in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i. V. mit §
920 Abs.
2 ZPO).
Ein Anordnungsanspruch auf höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft besteht ebenso wenig wie die Voraussetzungen für
einen materiellen Leistungsanspruch auf ein Darlehen für die Durchführung der Instandsetzung glaubhaft gemacht sind.
Die Antragsteller haben einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Antragsteller
erfüllt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 Abs. 1 SGB II, da
er das 15. Lebensjahr vollendet und die Grenze des § 7a SGB II noch nicht überschritten hat (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II),
erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 8 SGB II ist, und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik
Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) hat. Die Antragstellerin gehört gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. a als nicht dauernd
getrennt lebende Ehegattin zur Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers. Es ist glaubhaft, dass die Antragsteller hilfebedürftig
im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 9 SGB II sind.
Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft
lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen
sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen
erhält.
Die Antragsteller verfügen zusammen über Einkommen im Sinne des § 11 SGB II nur in Form der Rente der Antragstellerin in Höhe
von 632,80 Euro monatlich. Maßgebliches Vermögen außer dem Hausgrundstück besteht nach den Angaben der Antragsteller nicht.
Das Grundstück ist auch nicht unangemessen groß, so dass es nicht nach § 11 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als Vermögen zur Bestreitung
des Lebensunterhalts einzusetzen ist. Im Übrigen geht auch die Antragsgegnerin nach dem vorläufigen Bescheid vom 10. Juni
2010 bzw. mit den endgültigen Bescheiden vom 28. Juni 2010 bzw. 7. Juli 2010 von einem Resthilfebedarf bis zum Dezember 2010
für die Sicherung des Lebensunterhalts und der sonstigen Kosten der Unterkunft und Heizung aus.
Ein höherer Anspruch auf Alg II wegen der Kosten für die Bauwerkstrockenlegung besteht nicht.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht,
soweit diese angemessen sind.
Die Antragsgegnerin könnte grundsätzlich vorläufig zu Leistungen für die Kosten einer Bauwerkstrockenlegung verpflichtet werden,
wenn im Umfang der vorgestellten Sanierung Aufwendungen zwar nicht bereits fällig sind, die Kosten aber demnächst anfallen
werden. Im Grundsatz gehen das Bundessozialgericht wie auch der Senat davon aus, dass Wohneigentümern keine pauschalen Leistungen
ohne tatsächlichen Nachweis der Kosten zustehen (vgl. BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 17, insbesondere Rn. 16). Die Antragsteller sind noch keine vertragliche Bindung wegen der Bauwerkstrockenlegung
eingegangen, sondern haben lediglich Kostenvoranschläge eingereicht, die nicht zu Zahlungspflichten führen. Mithin liegen
noch keine im Bewilligungsabschnitt fälligen Aufwendungen vor, die im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu den Kosten der
Unterkunft gezählt werden könnten.
Allerdings kann im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gerade wegen der glaubhaft gemachten Unfähigkeit, die Kosten selbst
zu tragen bzw. fremd finanzieren zu lassen, eine Regelung zur vorläufigen Verpflichtung zur Leistung - ggf. auch zur Leistung
von Vorschüssen - ausgesprochen werden, soweit glaubhaft ist, dass diese Kosten tatsächlich noch im Rahmen einer laufenden
Bewilligung fällig werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragsteller
verbessern werden. Daher ist glaubhaft, dass Kosten mit dem Vertragsschluss bzw. mit den Baumaßnahmen auch noch während einer
Bewilligung anfallen.
Zu den grundsätzlich erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Wohneigentum wie Eigenheimen gehören jene Kosten,
die mit der Nutzung zu Wohnzwecken verbunden sind, d.h. z.B. Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und
Abwassergebühren und ähnliches sowie die zur Finanzierung des Eigenheims geleisteten Schuldzinsen, die im Bewilligungszeitraum
fällig sind. Weiter können zu den Kosten der Unterkunft und Heizung von selbstgenutzten und i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II
besitzgeschützten Immobilien die Kosten für eine Instandsetzung oder Instandhaltung gehören, wenn diese Maßnahmen nicht zu
einer Verbesserung des Standards des selbstgenutzten Eigenheims führen sowie notwendig und angemessen sind (vgl. BSG, Urteil
vom 3. März 2009, B 4 AS 38/08 R, Juris Rn. 17).
Abgesehen von der Frage, ob die beabsichtigte Bauwerkstrockenlegung eine Instandsetzung bedeutet, die zum Erhaltungsaufwand
zählt, ist der durch die Bauwerkstrockenlegung verursachte Aufwand für die Kosten der Unterkunft unangemessen.
Wie schon dargestellt, fallen Erhaltungsaufwendungen im Rahmen des SGB II nur dann unter die Kosten der Unterkunft und Heizung,
wenn sie angemessen i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind (vgl. BSG, aaO. und Urteil vom 18. Februar 2010 - B 4 AS 28/09 R - Juris Rn. 20). Bei der Beurteilung der Angemessenheit von Erhaltungsaufwendungen sind die jeweiligen Einzelfallumstände
zu berücksichtigen, etwa das sicher bevorstehende Ende des Leistungsbezugs, der Umfang der Bedürftigkeit, das Ausmaß der Beeinträchtigung
der Wohnqualität, der Gesamtwert und der Zustand des Hauses, die Höhe der aktuellen sowie der künftig zu erwartenden Sanierungskosten
und die ansonsten aufzubringenden Kosten für Unterkunft und Heizung oder ähnliches (vgl. LSG Sachsen-Anhalt v. 06.07.2010
- L 5 AS 136/10 B ER - Juris Rn. 40). Die nach dieser Rechtsprechung notwendige Gesamtbetrachtung wendet auch der Senat an. Im Rahmen des
§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist die tatsächliche Miete einschließlich sonstiger Betriebskosten zunächst mit den abstrakt angemessenen
Kosten der Unterkunft zu vergleichen, so dass sämtliche tatsächlichen Kostenfaktoren zu berücksichtigen sind. Für die Angemessenheit
von Instandhaltungskosten bzw. Erhaltungsaufwand ist also ebenfalls der Maßstab der angemessenen Kosten im Sinne des § 22
Abs. 1 Satz 1 SGB II anzulegen und nicht isoliert nach der Angemessenheit der Reparatur bzw. des Erhaltungsaufwands zu fragen.
Die Aufwendungen für die Unterkunft in dem hier wenigstens begehrten Umfang von 14.632,49 Euro sind danach unangemessen. Die
bisher von der Antragsgegnerin übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung betragen zusammen monatlich 145,34 Euro (im
Einzelnen: für die Heizung 2 x 27,18 Euro, Betriebskosten 2 x 40,46 Euro, sonstige Kosten 2 x 5,03 Euro). Die bisher übernommenen
Unterkunftskosten ohne Heizkosten von 90,98 Euro monatlich einschließlich der durch die Bauwerkstrockenlegung zu erwartenden
weiteren Kosten von wenigstens 14.632,49 Euro überwiegen die monatlich höchstens angemessenen Kosten erheblich. Derzeit erachtet
die Antragsgegnerin für einen Zweipersonenhaushalt für die Kaltmiete einschließlich Nebenkosten ohne Heizung einen Betrag
von 333,00 Euro als angemessen. Hier ist nicht zu klären, ob diese Festlegung den Anforderungen an ein "schlüssiges Konzept"
genügt. Wäre dies nicht der Fall, könnte den Festlegungen der Antragsgegnerin nicht gefolgt werden. Gleichwohl können die
Kosten der Unterkunft nach der gesetzlichen Konzeption des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dann nicht unbeschränkt, sondern nur
in einem angemessenen Umfang übernommen werden. Bestehen hierzu keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten, könnten die Unterkunftskosten
höchstens bis zu der nach der von dem Wohngeldgesetz mit der Tabelle zu § 12 WoGG definierten Grenze einschließlich eines maßvollen Zuschlags gewährt werden (vgl. BSG v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - Juris). Der Tabellenwert beträgt bei der für das Stadtgebiet von H (S ...) gültigen Mietenstufe III 402 Euro monatlich.
Selbst bei einem hinzuzurechnenden Sicherheitszuschlag sind die Gesamtkosten der Unterkunft einschließlich der Kosten für
die Bauwerkstrockenlegung bei Zugrundelegung des üblichen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten unangemessen. Für die Heranziehung
eines sechsmonatigen "Verteil-" bzw. Vergleichszeitraums spricht die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach unangemessene
Kosten für längstens sechs Monate zu übernehmen sind. Am Ergebnis würde sich auch nichts ändern, wenn der Senat nach dem Entwurf
zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (vgl. BT-Drs.
17/3404 S. 15 - vom Bundesrat in der Sitzung vom 17. Dezember 2010 nicht zugestimmt, vgl. BR-Drs. 789/10) gemäß der vorgeschlagenen
Neufassung des § 22 Abs. 2 SGB II den Vergleichszeitraum von insgesamt zwölf Monaten heranzieht. Eine Übernahme der Kosten
für die Bauwerkstrockenlegung nur in einem angemessenen Teil kommt nicht in Betracht. Bei der hier vorgestellten Bauwerkstrockenlegung
handelt sich bei Zugrundelegung der Kostenvorschläge und unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Zentralen Gebäudemanagements
der Stadt H ... (S) um eine nicht in noch einzelne sinnvolle Baumaßnahmen zu untergliedernde Gesamtmaßnahme. So wäre das Bauwerk
beispielsweise nur mit einem Erdaushub noch nicht trockengelegt. Weil die Gesamtkosten auch bei der Annahme von grundsätzlich
zu übernehmenden Kosten unangemessen sind, kann im Ergebnis offenbleiben, ob es sich bei den Kosten für die Bauwerkstrockenlegung
um tatsächlich zu den Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu zählenden Erhaltungsaufwand oder um
nicht einzubeziehenden Modernisierungsaufwand handelt.
Den Antragstellern ist von der Antragsgegnerin auch vorläufig kein Darlehen für die vorgesehene Bauwerkstrockenlegung zu gewähren.
Eine Darlehensgewährung gemäß § 23 Abs. 1 SGB scheidet aus, weil die für die Bauwerkstrockenlegung aufzuwendenden Kosten von
der Regelleistung im Sinne von § 20 Abs. 1 SGB II nicht umfasst sind. In den Regelleistungen ist zwar ein Anteil für die Instandhaltung
der Wohnung enthalten. Nach der insoweit maßgeblichen Abteilung 04 der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) handelt
es sich jedoch um Kosten für Instandhaltung und Schönheitsreparaturen. Nach der Rechtsprechung des BSG gehören zur "Reparatur
und Instandhaltung der Wohnung" nur kleinere Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise auch außerhalb von Schönheitsreparaturen
anfallen (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 11b AS 31/06 R - Juris Rn. 18). Hierunter fallen Bauwerkstrockenlegungen nicht.
Die Antragsgegnerin ist nicht vorläufig gemäß § 22 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 SGB II zur Gewährung eines Darlehens zu verpflichten.
Nach dieser Vorschrift können bei Erbringung von Leistungen für die Unterkunft und Heizung auch Schulden übernommen werden,
soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Die Schulden sollen
übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Die Antragsteller
haben noch keine Schulden, die eine drohende Wohnungslosigkeit begründen könnten.
Eine weitere Anspruchsgrundlage für die darlehensweise Gewährung von laufenden Unterkunftskosten existiert derzeit nicht.
Der Senat sieht auch bei einer entsprechenden Anwendung des § 22 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 SGB II keine Notwendigkeit für eine
Darlehensgewährung. Im direkten Anwendungsbereich der Norm bei der Übernahme von Schulden zur Abwendung von Wohnungslosigkeit
ist anerkannt, dass bei der Abwägungsentscheidung gegen eine Darlehensgewährung spricht, dass die Kosten der konkreten Wohnung
unangemessen sind (vgl. Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 22 Rn. 109) und auch nicht zu erwarten ist, dass
die Hilfebedürftigkeit in nächster Zeit überwunden wird (Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II Rn. 103). Eine entsprechende
Anwendung ist hier nur deshalb in Betracht zu ziehen, weil gegebenenfalls - es ist offen, ob es sich um Erhaltungsaufwand
handelt - die Kosten der Unterkunft unangemessen sind, aber der mögliche Verlust der Wohnung geltend gemacht wird. Insoweit
sprechen nicht schon die möglicherweise unangemessenen Kosten der Unterkunft gegen eine Darlehensgewährung. Das Interesse
der Leistungsberechtigten an der Beibehaltung ihres Lebensmittelpunkts ist aber nach wie vor mit den Interessen der Allgemeinheit,
d.h. hier des Steuerzahlers, abzuwägen, insgesamt keine unangemessenen Leistungen zu vergeben, d.h. auch keine unangemessen
hohen Darlehen zu gewähren. Gegen eine Darlehensgewährung in Höhe der veranschlagten Kosten für die Bauwerkstrockenlegung
spricht entscheidend die Höhe der Gesamtkosten durch die Baumaßnahmen. Es widerspricht grundsätzlich dem Sinn der Grundsicherung
für Arbeitsuchende, über das Maß der Befriedigung des aktuellen Existenzminimums hinausgehende unangemessen hohe Aufwendungen
für die Unterkunft zu übernehmen. Dies lässt sich sowohl anhand von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wie auch anhand von § 22 Abs.
5 SGB II nachvollziehen. Die mögliche Übernahme von Erhaltungsaufwendungen im Rahmen der Kosten der Unterkunft gemäß § 22
Abs. 1 Satz 1 SGB II soll nur gewährleisten, dass die Benutzung des Wohneigentums nicht an den fehlenden Mitteln für die üblichen
Reparaturen scheitert, so dass nur angemessene Kosten für die Wiederherstellung eines ursprünglichen Wohnstandards zu übernehmen
sind. Die Möglichkeit, ein Darlehen nach § 22 Abs. 5 SGB II zu gewähren, folgt als Annex nur einem grundsicherungsrechtlich
auch hinsichtlich der weiteren Kosten anerkennenswerten Wunsch an der Nutzung und Beibehaltung der Unterkunft. Damit spricht
hier gegen eine Darlehensgewährung, dass sich das Wohneigentum insgesamt in einem baulich schlechten Zustand befindet, dass
durch die konkreten Baumaßnahmen das Bauwerk zumindest wegen der dann verlängerten Nutzungsdauer im Grunde neu hergestellt
werden soll. Darüber hinaus überschreitet das begehrte Darlehen bei weitem die Jahresmiete, die höchstens nach dem Wohngeldgesetz noch als angemessen angesehen werden kann. Es ist auch nicht zu erwarten, dass die seit langem im Hilfebezug stehenden Antragsteller
unter Berücksichtigung ihres Alters innerhalb eines kürzeren Zeitraums nicht mehr hilfebedürftig sein werden und das Darlehen
alsbald zurückführen könnten.
Selbst die Bewertung der Darlehensmöglichkeit entsprechend der vorgeschlagenen Neuregelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II nach
dem Entwurf zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
(vgl. BT-Drs. 17/3404 S. 15) würde für die Antragsgegnerin nicht verpflichtend zu einem Darlehen führen. Nach dem insoweit
vorgeschlagenen Inhalt kann der kommunale Träger ein Darlehen zur Deckung des Teils der Aufwendungen für Instandhaltung und
Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum erbringen, die zwar unabweisbar, aber nicht im Sinne des Satzes 1 der Vorschrift
insgesamt angemessen sind. Derzeit ist nicht absehbar, ob eine derartige gesetzliche Regelung zustande kommt. Abgesehen davon
wäre der Antragsgegnerin ein Ermessen eingeräumt, so dass der Senat die Antragsgegnerin daher nur bei einer einzig bei einer
Leistungsgewährung rechtmäßigen Ermessensausübung vorläufig verpflichten könnte. Gegen eine derartige Verengung des Ermessenspielraums
auf die Gewährung eines Darlehens in Höhe der veranschlagten Kosten spricht aber erneut die Art und Höhe der Aufwendungen.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Sinn der vorgeschlagenen Neuregelung darin liegen soll, die Antragsteller zukünftig in
die Lage zu versetzen, umfassende und der Neuherstellung von Wohneigentum gleichkommenden Sanierungsarbeiten vornehmen zu
können.
Schließlich fehlt es derzeit angesichts der Jahreszeit und der aktuellen Witterung auch noch an einem Anordnungsgrund. Es
ist bei lebensnaher Betrachtung nicht wahrscheinlich, dass Baumaßnahmen, die mit Bodenaushub, Putzarbeiten und Maurerleistungen
verbunden sind, ohne weitere umfangreiche Vorkehrungen während der Winterzeit durchgeführt werden können.
Die Kostenentscheidung folgt entsprechend §§
183,
193 Abs.
1 und 4
SGG.
Den Antragstellern war für das Beschwerdeverfahren keine Prozesskostenhilfe zu gewähren. Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die
Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn der
Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht,
Beschluss vom 13. März 1990, 1 BvR 94/98, NJW 1991, S. 413 ff.). Prozesskostenhilfe kommt jedoch nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen,
die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 17. Februar 1989, B 13 RJ 83/97 R, SozR 1500, § 72 Nr. 19). Solche hinreichenden Erfolgsaussichten bestanden aus den genannten Gründen nicht.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar, §
177 SGG.