Parallelentscheidung zu LSG Thüringen - L 1 SF 222/17 B - v. 20.12.2018
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung für das beim Sozialgericht
(SG) Altenburg anhängig gewesene Verfahren S 36 AS 2216/12 in dem der Beschwerdeführer die Klägerin vertrat.
Der Beschwerdeführer hatte sich mit der am 27. Juni 2012 (Eingang per Fax um 10:56 Uhr) erhobenen Klage gegen den Aufhebungs-
und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 9. September 2011 (Erstattungsbetrag: 63,38 EUR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. Mai 2012 gewandt und zunächst Akteneinsicht beantragt. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 begründete er die Klage;
die Klägerin begehre für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. August 2010 weitere Leistungen in Höhe von 7,86 EUR monatlich, für
September 2010 weitere Leistungen in Höhe von 8,77 EUR und für den Zeitraum vom 1. November bis 31. Dezember 2010 in Höhe
von 6,56 EUR monatlich jeweils zuzüglich Zinsen. Die Erstattungsforderung für den Monat Oktober 2010 sei aufzuheben. Die Beklagte
verweigere die Zahlung unter Hinweis auf ihre Richtlinie zu den Kosten der Unterkunft (KdU-Richtlinie), wonach nur 283,50
EUR zzgl. Heizkosten angemessen seien. Die KdU-Richtlinie entspreche nicht den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG). Sie ließe kein schlüssiges Konzept erkennen. Die Berechnung beruhe auf der Differenz der Bruttokaltmieten und den angeblichen
Erstattungsbeträgen aus der Berechnung im Widerspruchsbescheid. Mit Schriftsatz vom 14. Mai 2013 übersandte der Beschwerdeführer
weitere Unterlagen. Mit Beschluss vom 16. Mai 2013 bewilligte das SG der Klägerin Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Kostenbeteiligung unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Mit Schriftsatz vom
11. November 2013 erkannte die Beklagte das Klagebegehren in der Hauptsache an. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.
November 2013, der von 9:27 Uhr bis 9:32 Uhr dauerte und in dem zwei weitere anhängige Rechtsstreitigkeiten der Klägerin verhandelt
wurden, nahm der Beschwerdeführer das Anerkenntnis der Beklagten an.
In seiner Kostenrechnung vom 17. Januar 2014 beantragte er die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102, 3103 VV
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RVG 170,00 EUR
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG
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200,00 EUR
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Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG
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31,15 EUR
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Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG
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7,30 EUR
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Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG
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3,33 EUR
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Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV RVG
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20,00 EUR
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Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG
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82,04 EUR
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Abzüglich Vorschusszahlung vom 21. Juni 2013
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-226,10 EUR
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Gesamtsumme
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287,72 EUR
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Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss)
vom 28. April 2014 die dem Beschwerdeführer zu zahlende Vergütung auf 299,62 EUR (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 170,00 EUR, Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 20,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Kopiekosten Nr. 7000 VV RVG 31,15 EUR, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 7,30 EUR, Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 3,33 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 47,84 EUR) fest. Auszuzahlen seien abzüglich des Vorschusses (=226,10 EUR) 73,52 EUR. Hinsichtlich der Terminsgebühr erscheine
nur die Mindestgebühr nach Nr. 3106 VV RVG angemessen. Er sei bereits mit richterlichem Schreiben vom 12. November 2013 aufgefordert worden, das Anerkenntnis anzunehmen.
Die anberaumte mündliche Verhandlung habe in kürzester Zeit zum Abschluss gebracht werden können.
Mit Kostennachricht nach § 59 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vom 28. April 2014 forderte die UdG die Beklagte aufgrund der Kostenübernahme in dem Klageverfahren S 36 AS 2216/12 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 299,62 EUR auf.
Im Erinnerungsverfahren gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der UdG vom 28. April 2014 hat der Beschwerdeführer ausgeführt,
die Terminsgebühr sei mindestens in Höhe der Hälfte der Mittelgebühr festzusetzen. Der Termin habe nur deshalb stattgefunden,
weil sowohl er als auch die Klägerin als auch der Vertreter der Beklagten anlässlich weiterer Termine beim SG anwesend waren und aus diesem Grund das Anerkenntnis zu Protokoll gegeben werden konnte. Der Beschwerdegegner hat am 27.
April 2016 die Zurückweisung der Erinnerung beantragt und ebenfalls Erinnerung eingelegt und die Höhe der festgesetzten Verfahrensgebühr
beanstandet. Sie sei lediglich in Höhe von 50 v.H. der Mittelgebühr (=85,00 EUR) angemessen. Umfang und Schwierigkeit der
anwaltlichen Tätigkeit seien als weit unterdurchschnittlich einzuschätzen. Der Beschwerdeführer habe eine einseitige Klageschrift
sowie eine zweieinhalbseitige Klagebegründung verfasst. Hiergegen hat der Beschwerdeführer eingewandt, die Erinnerung des
Beschwerdegegners sei wegen Verwirkung zurückzuweisen. Auch im Erinnerungsverfahren bestehe der Grundsatz der "reformatio
in peius", so dass er damit rechnen durfte, die Gebühren behalten zu dürfen, wenn der Verwirkungszeitraum bezüglich des Rechtsmittels
der Staatskasse eingetreten sei. Des Weiteren sei zu überprüfen, ob überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, weil die
Beklagte erstattungspflichtig sei und nicht erkennbar sei, dass sie sich gegen die Kostenfestsetzung gewandt hätte. Dem ist
der Beschwerdegegner entgegengetreten und hat weiter ausgeführt, da er Vergütungsschuldner sei, komme es nicht darauf an,
ob die Beklagte einen eventuellen Übergang nach § 59 RVG beanstandet habe.
Mit Beschluss vom 31. Januar 2017, zugestellt am 13. Februar 2017, hat das SG die Erinnerung des Beschwerdeführers zurückgewiesen und auf die Erinnerung des Beschwerdegegners die zu erstattende Vergütung
auf 198,47 EUR festgesetzt. Die Erinnerung des Beschwerdegegners sei an keine Frist gebunden und auch nicht verwirkt. Es stelle
sich auch nicht die Frage des Rechtsschutzinteresses. Die Beklagte habe zwar auf die Kostennachricht gezahlt; dies stelle
aber den Anspruch des Beschwerdeführers gegen die Staatskasse und eine sich nach Abschluss des Erinnerungsverfahren ergebende
Erstattung der Beklagten nicht in Frage. Die Anschlusserinnerung sei auch begründet. Hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei
die Mittelgebühr nicht angemessen. Der Beschwerdeführer habe lediglich eine fristwahrende Klageschrift und eine knapp dreiseitige
Klagebegründung verfasst, die in wesentlichen Teilen wortgleich mit den Klagebegründungen der mitverhandelten Verfahren gewesen
sei. Er profitiere daher von Synergieeffekten. Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit seien nicht mehr als durchschnittlich
gewesen. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer in der Sache S 37 AS 2214/12 bereits die Verfahrensgebühr in voller Höhe abgerechnet und auch erhalten, so dass insgesamt eine Kürzung auf die hälftige
Verfahrensgebühr gerechtfertigt sei. Die Dauer des Termins sei nicht das alleinige Kriterium zur Bemessung der Terminsgebühr.
Der Beschwerdeführer habe hier jedoch nicht erkennen lassen, dass überhaupt noch Gesprächsbedarf bestanden habe, so dass keine
Veranlassung bestanden habe, von der Mindestgebühr abzuweichen. Die unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse
der Klägerin würden durch die überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit kompensiert. Entscheidend seien danach der
Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Solche Umstände lägen hier nicht vor; vielmehr sei keine Konstellation
denkbar, die die Mindestgebühr eher rechtfertigen würde.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 14. Februar 2017 Beschwerde eingelegt. Er verweist auf seine Ausführungen im Erinnerungsverfahren.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 15. Februar 2017) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach dem aktuellen Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. dem
Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats.
Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013, denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG ist offensichtlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung am 1. August 2013 (§ 60 Abs. 1 Satz 1 RVG) erteilt. Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro.
Die Beschwerde ist im tenorierten Umfang begründet.
Gegenstand der Überprüfung ist die gesamte Kostenfestsetzung (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 15. April
2015 - L 6 SF 331/15 B und vom 9. Dezember 2015 - L 6 SF 1286/15 B m.w.N., nach juris).
Die Erinnerung des Beschwerdegegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der UdG vom 27. April 2016 war zulässig.
Die Erinnerung, deren Statthaftigkeit auf § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG beruht, ist keiner gesetzlichen Frist unterworfen. Sie ist nach der gesetzgeberischen Wertung des § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, der für die Erinnerung nicht auf die Fristbestimmung des § 33 Abs. 3 RVG verweist, unbefristet. Anhaltspunkte für eine Verwirkung der Erinnerung sind hier nicht ersichtlich.
Hierzu hat der Senat mit Beschluss vom 23. Juli 2018 - L 1 SF 497/16 B (nach juris) entschieden:
"Sie ist nach der gesetzgeberischen Wertung des § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG, der für die Erinnerung gerade nicht auf die Fristbestimmung des § 33 Abs. 3 RVG verweist, unbefristet. Eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 2 GKG, wonach die Nachforderung von Kosten bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Beendigung des Verfahrens möglich ist,
wenn innerhalb der Frist des § 20 Abs. 1 GKG ein Rechtsbehelf in der Hauptsache oder wegen der Kosten eingelegt wurde, scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus
(vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. März 2017 - I-10 W 35 - 37/17, nach juris unter Hinweis auf BGH in NJW-RR 2009, S.
770). Nach den Gesetzesmotiven zur Änderung des § 56 RVG im Jahr 2005 soll durch die Gesetzesänderung klargestellt werden, dass die Erinnerung gegen die Festsetzung der Vergütung
gerade nicht befristet ist (vgl. BT-Drucks. 15/4952, Seite 51).
Eine Verwirkung kommt hier ebenfalls nicht in Betracht. Sie setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen
Verhaltens (vgl. Grüneberg in Palandt,
BGB, 75. Auflage 2016, §
242 Rdnr. 87) voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraums unterlassen hat und weitere
besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalls und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes die
verspätete Geltendmachung des Rechts dem Verpflichteten gegenüber nach Treu und Glauben als illoyal erscheinen lassen. Solche,
die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete in Folge eines bestimmten Verhaltens des
Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage)
und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand), und
sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete
Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 1 KR 40/15 R m.w.N., Rn. 10, nach juris). Verwirkt werden können alle subjektiven Rechte und Rechtspositionen, die gegenüber einem anderen
geltend gemacht werden können (vgl. Grüneberg in Palandt,
BGB, 75. Auflage 2016, §
242 Rdnr. 88), auch Rechtsbehelfe. Die Verwirkung gilt in allen Rechtsgebieten, auch im Kostenrecht. Allerdings findet sie nur
in besonderen engen Ausnahmekonstellationen Anwendung.
Der Senat kann offenlassen, ob das Zeitmoment bereits nach Ablauf eines Jahres ab Kostenfestsetzung (gegebenenfalls mit Auszahlung)
vorliegt, denn entgegen der Ansicht des Bayerischen Landessozialgerichts (vgl. Beschluss vom 4. Oktober 2012 - L 15 SF 131/11 B E, nach juris) begründet allein der Zeitablauf nicht die Verwirkung. Zwar kann das Erinnerungsrecht der Staatskasse nicht
"bis in alle Ewigkeit" bestehen bleiben (vgl. Senatsbeschluss vom 5. März 2018 - L 1 SF 1343/16 B). Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzprinzip, wonach Entscheidungen von Behörden und Gerichten
innerhalb angemessener Zeit bestandskräftig bzw. rechtskräftig werden können und diejenigen Entscheidungen, die bestands-
bzw. rechtskräftig geworden sind, grundsätzlich nicht mehr abgeändert werden; dabei hat letztendlich eine Abwägung gegen das
Prinzip der materiellen Richtigkeit zu erfolgen (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - L 15 SF 131/11 B E, nach juris). Dem wird durch das Rechtsinstitut von Treu und Glauben nach §
242 das
Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB) in Gestalt des Rechtsinstituts der Verwirkung Rechnung getragen. Anhaltspunkte für eine absolute Obergrenze bereits nach
einem Jahr sind aber nicht ersichtlich und können auch nicht mit entsprechenden Anfechtungsfristen bei falscher oder unrichtiger
Rechtsbehelfsbelehrung begründet werden. Der Senat kann die zeitliche Festlegung der absoluten Obergrenze hier offenlassen.
Sie kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil noch nicht einmal die im Sozialrecht allgemein geltende Verjährungsfrist
von vier Jahren (vgl. §
45 des
Ersten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB I)) abgelaufen ist.
Der Beschwerdeführer konnte sich nicht aufgrund des Verhaltens des Beschwerdegegners darauf einrichten, dass dieser sein Recht
nicht geltend machen werde. Anhaltspunkte hierfür hat dieser nicht gesetzt. ".
Hier fehlt es ebenfalls - unabhängig davon, ob der Senat das Zeitmoment bejahen würde - daran, dass sich der Beschwerdeführer
aufgrund des Verhaltens des Beschwerdegegners darauf einrichten konnte, dass dieser sein Recht nicht geltend machen werde.
Anhaltspunkte hierfür hat dieser nicht gesetzt. Darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die verzögerte Geltendmachung
des Rechts ursächlich für Dispositionen des Beschwerdeführers war und die verspätete Geltendmachung des Rechts treuwidrig
erscheinen und zu einem unzumutbaren Nachteil führen könnte. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist dem Beschwerdegegner hier schon
deshalb nicht abzusprechen, weil der Beschwerdeführer eine höhere Vergütung als die durch die UdG festgesetzte begehrt.
Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse
zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das SG hat der Klägerin mit Beschluss vom 16. Mai 2013 PKH gewährt und sie war kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. §
183 Satz 1
SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§
197a Abs.
1 Satz 1
SGG).
Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG (vgl. § 2 Abs. 2 RVG). Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem
Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten
zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm
nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss
14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers und der Vorinstanz steht ihm die Verfahrensgebühr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Nr. 3103 VV RVG in Höhe 3/4; der Mittelgebühr (=113,33 EUR) zu. Die von ihm geltend gemachte Vergütung in Höhe von 170,00 EUR übersteigt
den Toleranzrahmen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozialgerichtlichen Verfahren (vgl.
Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 19. August 2011 - L 6 SF 872/11 B m.w.N., nach juris) unterdurchschnittlich. Der durchschnittliche Umfang orientiert sich am Leitbild der zugehörigen Verfahrensordnung
am Ablauf eines Verfahrens (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2015 - L 6 SF 515/15 B, Hartmann in Kostengesetze, 46. Auflage 2016, § 14 RVG Rn. 3), jeweils bezogen auf das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld. Zu berücksichtigen ist dabei
der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieb und objektiv verwenden musste (vgl. Bundessozialgericht
(BSG), Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris). Hier fertigte der Beschwerdeführer im Klageverfahren insgesamt drei Schriftsätze, von denen zwei allerdings
sehr kurz waren. Die mit Schriftsatz vom 29. April 2013 erfolgte Begründung der Klage umfasst knapp drei Seiten. Diese ist
weitgehend identisch mit den Klageschriften in den weiteren zwei anhängigen Verfahren der Klägerin (S 36 AS 2214/12 und S 36 AS 2215/12) und dem Senat auch aus anderen Verfahren bekannt (vgl. Senatsbeschluss vom 12. November 2018 - L 1 SF 1403/16 B). Der daraus resultierende Synergieeffekt mindert den Aufwand im konkreten Verfahren erheblich (vgl. Thüringer Landessozialgericht,
Beschluss vom 23. Mai 2017 - L 6 SF 50/16 B m.w.N., nach juris). Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bewertet der Senat als durchschnittlich, die Bedeutung
der Angelegenheit für die Klägerin als überdurchschnittlich. Hierdurch werden ihre unterdurchschnittlichen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse kompensiert. Ein besonderes Haftungsrisiko des Beschwerdeführers ist nicht ersichtlich.
Die Terminsgebühr Nr. 3205 VV RVG ist in Höhe von ½ der Mittelgebühr (=100,00 EUR) angemessen. Die von dem Beschwerdeführer geltend gemachte Gebühr in Höhe
von 200,00 EUR überschreitet die Toleranzgrenze. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegt bei der Dauer des Termins von
ca. 1,66 Minuten für das Verfahren S 36 AS 2216/12 weit unter dem durchschnittlichen zeitlichen Ansatz von über 30 Minuten (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 22. November 2013
- L 6 SF 1313/13 B m.w.N., nach juris). Bezüglich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin,
der Einkommens- und Vermögensverhältnisse und des Haftungsrisikos wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Die Höhe der Pauschale Nr. 7000 VV RVG, der Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG, des Tage- und Abwesenheitsgeldes Nr. 7005 VV RVG, der sonstigen Auslagen Nr. 7006 VV RVG und der Post-/Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG haben die Beteiligten nicht beanstandet. Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung sind nicht ersichtlich. Damit errechnet
sich die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wie folgt:
Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG
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113,33 EUR
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Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG
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100,00 EUR
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Dokumentenpauschale Nr. 7000 VV RVG
|
31,15 EUR
|
Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG
|
20,00 EUR
|
Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG
|
7,30 EUR
|
Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG
|
3,33 EUR
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Zwischensumme
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275,11 EUR
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Umsatzsteuer
|
52,27 EUR
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Gesamtsumme
|
327,38 EUR
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Von der festgesetzten Vergütung (327,38 EUR) abzusetzen ist die Vorschusszahlung vom 19. Juni 2013 in Höhe von 226,10 EUR,
sodass der Zahlbetrag 101,28 EUR beträgt.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).