Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs eines aidskranken Lebenspartners
Entscheidungsgründe:
Die Parteien, die zuvor schon zwei Jahre zusammengelebt hatten, haben im Mai 2002 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründet.
Etwa drei Monate später haben sie sich getrennt. Der Kläger, der aufgrund einer Aids-Erkrankung nicht in der Lage ist, einer
beruflichen Tätigkeit nachzugehen, verlangt von dem erwerbstätigen Beklagten im Rahmen einer Stufenklage Auskunft und - zunächst
unbezifferten - Unterhalt. Seinen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe hat das Familiengericht mit Beschluß vom 5.11.2002
abgelehnt. Die dagegen gerichtete statthafte und auch in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde, der vom Familiengericht
nicht abgeholfen worden ist, hat Erfolg. Entgegen der Annahme des Familiengerichts bietet die Klage hinreichende Aussicht
auf Erfolg i.S. des §
114 ZPO.
Vom Einkommen des Beklagten, über das der Kläger Auskunft erhalten möchte, hängt ab, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe
dem Kläger Unterhalt nach § 12 LPartG zusteht. Das aus § 12 II S. 2 LPartG i.V.m. §§
1361 IV S. 4, 1605
BGB herzuleitende Auskunftsbegehren des Klägers und seine Stufenklage sind daher erfolgversprechend. Der Senat teilt die Ansicht
des Familiengerichts, ein Unterhaltsanspruch scheide wegen des kurzen Zusammenlebens der Parteien nach Eintragung der Lebenspartnerschaft
von vornherein aus, nicht.
Die Voraussetzungen, die § 12 I LPartG an einen Unterhaltsanspruch des einen Lebenspartners gegen den anderen bei Getrenntleben knüpft, liegen vor. Die Parteien
leben voneinander getrennt. Der Kläger ist aufgrund seiner Erkrankung außerstande, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Er kann
also nicht darauf verwiesen werden, seinen Lebensunterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Ein längeres Zusammenleben
vor der Trennung ist, ebenso wie beim Ehegattenunterhalt nach §
1361 BGB (vgl. BGH, FamRZ 1982, 573, 574; 1994, 558), nicht Anspruchsvoraussetzung.
Daß dem Kläger ein danach möglicher Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen gemäß § 12 II LPartG versagt werden muß, ist nach dem gegenwärtigen Sachstand, wie er sich aus dem bislang unstreitigen Vortrag des Klägers ergibt,
nicht anzunehmen; jedenfalls aber steht nicht fest, daß ein Anspruch im Hinblick auf § 12 II LPartG ausscheidet, was allein dem Auskunftsbegehren die Erfolgsaussicht nähme. Der Senat ist, anders als das Familiengericht, der
Ansicht, daß sich eine Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Beklagten nicht bereits daraus herleiten läßt, daß die Parteien
nach Begründung der eingetragenen Lebenspartnerschaft nur noch etwa drei Monate zusammengelebt haben, ein Umstand, der auch
bei Ehegatten eine Versagung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt aus Billigkeitsgesichtspunkten nicht rechtfertigen würde
(vgl. BGH, FamRZ 1982, 573, 575). Zwar sind die Unterhaltspflichten eingetragener Lebenspartner insgesamt schwächer ausgeprägt als die von Ehegatten.
Auch ist die Schwelle der Härteklausel des § 12 II LPartG ("Unbilligkeit") niedriger als die des §
1579 Nr. 2 bis 7
BGB, die gemäß §
1361 III
BGB beim Trennungsunterhalt von Ehegatten maßgebend ist ("grobe Unbilligkeit") (vgl. Büttner in Schwab, Die eingetragene Lebenspartnerschaft,
S. 228, sowie Schwab, a.a.O., S. 166). Doch führt das nicht dazu, daß ein Lebenspartner bereits deshalb von Unterhaltspflichten
frei wird, weil es bereits drei Monate nach Eintragung der Lebenspartnerschaft zur Trennung kommt. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn es - wie im vorliegenden Falle (immer bei Zugrundelegung des nicht bestrittenen Vorbringens des Klägers) - zu einer wirtschaftlichen
Verflechtung der Partner gekommen ist und der eine bisher vom Einkommen des anderen Partners gelebt hat, zumal wenn dies auch
schon während eines längeren Zusammenlebens vor Eintragung der Lebenspartnerschaft der Fall war. In einem solchen Falle ist
es dem erwerbstätigen Lebenspartner grundsätzlich zuzumuten, nach der Trennung im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit für den
Unterhaltsbedarf des Partners, der nicht erwerbstätig ist und es nicht sein kann, aufzukommen. Auf die Frage, ob der Anspruch
des Klägers gegebenenfalls bis zu der von ihm angestrebten gerichtlichen Aufhebung der Lebenspartnerschaft besteht, oder ob
er zeitlich zu begrenzen ist, wie es das OLG Hamburg (FamRZ 2002, 753) in einem vergleichbaren Fall von Trennungsunterhalt unter Ehegatten - mit allerdings wenig überzeugender Begründung - angenommen
hat, kommt es im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht an.
Auch der Umstand, daß der Kläger eigenes Einkommen nicht als Folge der Rollenverteilung in der Partnerschaft, sondern wegen
einer Krankheit, die schon vor Eingehung der Lebenspartnerschaft bestand, nicht erzielen kann, macht die Inanspruchnahme des
Beklagten nicht unbillig. Der Beklagte wußte, daß der Kläger aidskrank war und nicht würde arbeiten können. Wenn er gleichwohl
die eingetragene Lebenspartnerschaft mit ihm eingegangen ist, offenbar also die damit verbundenen (vom Gesetzgeber teils schon
geschaffenen, teils erst beabsichtigten) Vorteile in Anspruch nehmen wollte, so gibt es keinen Grund, ihn von den vom Gesetzgeber
ebenfalls vorgesehenen Pflichten nur deshalb vollständig zu entbinden, weil die Beziehung der Parteien nach ihrer Eintragung
als Lebenspartnerschaft nicht mehr lange Bestand gehabt hat.