Prozeßkostenhilfe für die Klage eines Sozialhilfeempfängers auf zukünftigen Unterhalt
Gründe:
I.
Die Parteien, beide türkische Staatsangehörige, leben seit dem 9.10.1993 voneinander getrennt. Aus der Ehe ist das am 6.5.1991
geborene Kind K. hervorgegangen. Es lebt im Haushalt des Vaters. Die Parteien streiten in einem anderen Verfahren über das
Sorgerecht. Während des Zusammenlebens hat die Klägerin das Kind betreut. Die Klägerin verfügt über keine Berufsausbildung
und spricht kaum deutsch. Sie ist derzeit bei Bekannten untergebracht und bezieht Sozialhilfe.
Der Beklagte war - wie aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren - 13 F 79/94 AG Erkelenz - ersichtlich ist - bis zum 30.11.1993 als Dachdecker eingestellt, wurde wegen Beendigung seines Arbeitsverhältnisses,
das ein Probeverhältnis war, arbeitslos und betreibt jetzt ein Reisebüro; er hat verschiedene Verbindlichkeiten zu tilgen.
Unter Hinweis auf ein vorgerichtliches Aufforderungsschreiben vom 22.11.1993 nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung
eines monatlichen Trennungsunterhalts von 1.300 DM in Anspruch und beantragt, ihr hierfür Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Das Amtsgericht hat ihr durch Beschluss vom 13.4.1994 die Prozesskostenhilfe verweigert. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Mit der rechtswahrenden Mitteilung des Sozialamtes sei ein etwaiger Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten gemäß § 90 BGHG
auf das Sozialamt übergegangen. Die Klägerin sei deshalb zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs nicht aktiv legitimiert.
Mit der Beschwerde legt die Klägerin den Vertrag über eine treuhänderische Inkassozession mit dem Sozialamt der Stadt ...
vor, auf dessen Wortlaut (Bl. 29
und 30 d.A.) Bezug genommen wird.
II.
Die zulässige Beschwerde führt teilweise zum Erfolg.
1.
Der künftige laufende Unterhalt der Klägerin ist von dem Rechtsübergang nach § 91
BSHG n.F. nicht betroffen. Die eigene Klagebefugnis bleibt unberührt von der Möglichkeit des Sozialhilfeträgers, gemäß § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG bis zur Höhe der bisherigen Leistungen selbst zu klagen, wenn die Hilfe voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werden muss
(so BGH in NJW 1992, 1624, m.w.Nachw.; Seetzen in NJW 1978, 1360 und Künkel in FamRZ 1994, 540, 543, 548, 549).
Die Auffassungen des OLG Saarbrücken (in FamRZ 1994, 636, 637) und des OLG Köln (in FamRZ 1994, 970, 971), die wegen § 91 Abs. 3 Satz 2 BSHG die Rechtsverfolgung durch den Hilfeempfänger für mutwillig i.S. des §
114
ZPO halten, können nicht überzeugen, weil über den Begriff der Mutwilligkeit nicht der Gesetzeswortlaut einer ausdrücklichen
"Kann-Bestimmung" korrigiert werden kann.
2. Demgegenüber kommt zwar für den Unterhaltsrückstand ein vollständiger oder teilweiser Rechtsübergang nach § 91
BSHG auf den Sozialhilfeträger in Betracht, wobei, wie § 91
BSHG besagt, die Sozialhilfegewähr in Höhe des Unterhaltsanspruchs allerdings nicht die einzige Voraussetzung wäre (vgl. hierzu
z.B. Scholz in FamRZ 1994, 1, 3 ff.; Künkel, aaO., S. 540, 544 ff.). Da der Sozialhilfeträger die Klägerin aber insoweit durch den Vertrag vom 15.6.1994
in die Lage versetzt hat, übergegangenen Rückstand miteinzuklagen, ist die Klägerin jedenfalls soweit die Gewährung von Prozesskostenhilfe
in Rede steht - auch bezüglich des Rückstandes als klageberechtigt anzusehen.
Die Rechtsfrage, ob in Fällen der vorliegenden Art eine treuhänderische Rückabtretung unzulässig ist, ihr insbesondere die
Entscheidung des BGH (in FamRZ 1994, 829) entgegensteht (so OLG Hamburg in DAV 1994, 631) oder sie für zulässig erachtet werden muss (so OLG Düsseldorf in FamRZ 1994,
384; OLG Düsseldorf - 6 WF 93/93 -, in OLG-Report 1994, 182 und OLG Düsseldorf, Entscheidung dieses Senats, in FamRZ 1994, 970), ist höchtsrichterlich noch nicht "ausgetragen". Das pauschale Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren kann deshalb nicht als
geeignet angesehen werden, die noch offene Rechtsfrage abschließend zu entscheiden.
Die Rückabtretung wäre eindeutig zulässig, wenn sie mit einer Darlehensbegründung im Sinne von §§ 15 a, 16ï5 b, 89 BSHG verbunden wäre (so BGH in FamRZ 1994, 829; BVerwGE 58, 146, 152; OLG Hamburg in DAV 1994, 631, 632; Künkel in FamRZ 1991, 14, 20). Der vorgelegte Vertrag besagt aber nicht, dass die Klägerin auch solche geleisteten Zahlungen oder beigetriebene Gelder
ohne Abzüge an das Sozialamt auskehren muss, die nicht auf der abgetretenen Forderung beruhen und die das Sozialamt, würde
es die Beträge selbst einklagen, nicht erhalten würde, auch wenn es höhere Hilfen gewährt hat, die aber nach § 91 Abs. 2
BSHG nicht übergegangen sind. Ist, wie es in dem hier in Rede stehenden Vertrag vielmehr heißt, nur das "auf die abgetretene Forderung"
Erlangte herauszugeben, liegt ein Auftragsverhältnis vor, gegen das die oben genannten Bedenken nicht greifen.
Die Vereinbarungen unter Nr. 2 des Vertrages vom 15.6.1994 betreffen nur das Grundgeschäft und sprechen deshalb nicht gegen
eine Vollrechtsübertragung im sinne einer Abtretung. Selbst die Umdeutung in eine Ermächtigung ergibt keinen Grund, schon
in Prozesskostenhilfeverfahren die Erfolgsaussicht zu verneinen.
Die Zulässigkeit einer Ermächtigung (wird Abtretung verneint) ist ebenfalls in der Rechtsprechung streitig (verneinend: OLG
Hamburg in FamRZ 1988, 801, 943 und in FamRZ 1990, 417; bejahend: z.B.: KG in FamRZ 1988, 301, 302 und OLG Düsseldorf - 8 WF 79/94 - in OLG-Report 1994, 136). Auch zur Klärung dieser Frage eignet sich das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren nicht. Denn
es ist nicht sachgerecht, schon im Prozesskostenhilfeverfahren die hierfür maßgebende Frage zu entscheiden, ob für eine gemeinsame
Geltendmachung ein Rechtsschutzbedürfnis besteht (so ausdrücklich z.B. OLG Köln in FamRZ 1994, 971 m.w.N.), insbesondere welche rechtliche Verknüpfung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis voraussetzt und welche Verbindung
bei einem Unterhaltsanspruch besteht, der verschiedene Zeiträume umfasst.
3.
Prozesskostenhilfe kann der Klägerin jedoch nur für den Notunterhalt bewilligt werden. Die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen,
die - vor dem Hintergrund des einstweiligen Verfügungsverfahrens - 13 F 79/74 AG Erkelenz - eine darüber hinausgehende Leistungsfähigkeit des Beklagten ergebne.
Der Prüfung im Hauptverfahren ist ebenfalls vorzubehalten, ob die Klägerin nicht, wenn der Beklagte das Sorgerecht für das
gemeinsame Kind erhält, gehalten ist, auch - etwa durch Putzarbeiten - eigene Einkünfte zu erzielen.
Ebenso ist es Sache des Beklagten im Hauptverfahren, eine etwa eingeschränkte Leistungsfähigkeit für den Notunterhalt der
Klägerin darzulegen und nachzuweisen.