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OLG Hamm, Urteil vom 01.12.1999 - 12 UF 38/99
Zum Unterhaltsbedarf eines Minderjährigen und zur Anwendung des § 1614 BGB
1. Die Abänderung eine Vergleichs erfolgt nach den Grundsätzen des Fehlens oder Wegfalls der Geschäftsgrundlage unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes der Beteiligten. Eine Anpassung an veränderte Umstände ist gerechtfertigt, wenn es einem Beteiligten nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden kann, an der bisherigen Regelung festgehalten zu werden. Dabei sind zunächst die Grundlagen, die für den ursprüngliche Titel maßgebend waren, zu ermitteln und sodann zu prüfen, welche Änderungen zwischenzeitlich eingetreten sind und welche Auswirkungen sich daraus für die Unterhaltshöhe ergeben.
2. Nach § 1614 Abs. 1 BGB darf eine Unterhaltsvereinbarung keinen auch nur teilweisen Verzicht auf Unterhalt für die Zukunft beinhalten oder auf einen solchen Verzicht hinauslaufen. Dies gilt auch für eine eventuelle Erschwerung der Möglichkeit, eine Erhöhung nach § 323 ZPO zu verlangen.
3. Ein Vergleich, der gegen § 1614 Abs. 1 BGB verstößt, ist in diesem Umfang unwirksam, und zwar unabhängig davon, ob die Parteien einen Verzicht gewollt haben.
4. Für die Bemessung des Unterhalts besteht nach der Maßgabe des § 1610 BGB ein Angemessenheitsrahmen, der von den Parteien ausgeschöpft werden kann. Dabei kann die Unterschreitung des Rahmens um bis zu 20 % der gebräuchlichen Tabellensätze hingenommen werden, während eine Unterschreitung um 33 % oder mehr im Regelfall als mit § 1614 Abs. 1 BGB unvereinbar anzusehen ist (hier: Verstoß bejaht, da Unterhaltsansprüchen von 815 DM bzw. 625 DM vereinbarte Beträge von 250 DM bzw. 150 DM gegenüberstanden).
5. Nach dem Tod eines Elternteils richtet sich der Unterhaltsbedarf des Kindes in Höhe des vollen Bedarfs, das heißt Bar- und Betreuungsunterhalt gegen den überlebenden Elternteil.
6. Wird das Kind von nachrangigen Unterhaltsverpflichteten betreut (hier: den Großeltern), dann schuldet der Elternteil Barunterhalt in Höhe des doppelten Tabellensatzes, da sich die Unterhaltstabelle nur auf den Barunterhalt bezieht und damit nur den hälftigen Lebensbedarf wiedergibt, da die andere Hälfte in der Regel durch die Betreuung naturaliter gedeckt wird.
7. Auf den so ermittelten Unterhaltsbedarf ist eigenes Einkommen des Kindes (hier: Halbwaisenrente) und das Kindergeld in voller Höhe anzurechnen.
Fundstellen: FamRZ 2001, 1023, NJW-RR 2001, 219
Normenkette:
BGB § 242 § 1606 Abs. 2 § 1610 § 1614 Abs. 1
,
ZPO § 323