Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines im Ausland lebenden Unterhaltsschuldners
Berücksichtigung der von Eurostat herausgegebenen Tabelle "Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte
einschließlich indirekter Steuern"
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Mindestunterhalt für die beiden gemeinsamen
Kinder.
Die Beteiligten sind die Eltern der gemeinsamen Kinder Da. D. (geb. am xx.xx.2006) und Di. D. (geb. am xx.xx.2007). Die Beteiligten
leben seit Mai 2011 getrennt. Die Kinder leben bei der Antragstellerin in Deutschland, der Antragsgegner lebt in der Schweiz.
Die Antragstellerin erhält für die Kinder jeweils Unterhaltsvorschuss in Höhe von 180 € monatlich (Juli 2012 bis Juni 2015),
von 192 € (Juni bis Dezember 2015) und von 194 € (Januar bis Juli 2016).
Der Antragsgegner lebt im grenznahen Basel und hat dort ein Einkommen aus einer halbschichtigen Tätigkeit in Höhe von 2.000
CHF brutto. Netto ergibt dies eine Auszahlung von 1.778 CHF, für die Krankenversicherung sind monatlich 283,40 CHF aufzuwenden,
außerdem waren im Rahmen des Selbstbehalts im Jahre 2013 insgesamt weitere 459,50 CHF aufzuwenden.
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner sei zu einer vollschichtigen Tätigkeit verpflichtet, dann könne er den
Mindestunterhalt leisten.
Der Antragsgegner macht geltend, er könne keine weitere Tätigkeit ausüben, da er an Depressionen leide. Er befinde sich deshalb
auch in ärztlicher Behandlung. Im Übrigen seien in der Schweiz erhöhte Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Eine Verletzung
der Erwerbsobliegenheit sei ihm nicht vorzuwerfen.
Das Familiengericht hat ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Professor Dr. E., Universitätsklinikum
für Psychiatrie und Psychosomatik in F., kam mit Datum vom 04.06.2013 zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner aktuell wegen
einer depressiven Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung nicht in der Lage sei, mehr als halbschichtig
zu arbeiten. Es handle sich aber nicht um einen dauerhaften Zustand, da bei noch nicht ausgeschöpften Therapiemöglichkeiten
von einer Therapierbarkeit der Störung auszugehen sei.
Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 08.04.2014 den Antragsgegner verpflichtet, für die beiden Kinder
den jeweiligen Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe zu zahlen. Der Antragsgegner habe nicht ausreichend dargelegt,
dass er zur Erbringung des Mindestunterhalts nicht in der Lage sei. Eine Behandlung habe der Antragsgegner lediglich behauptet,
nicht aber belegt. Er sei daher als leistungsfähig zu behandeln. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 15.04.2014 zugestellt.
Der Antragsgegner hat mit Anwaltsschriftsatz vom 15.05.2014, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag, einen Antrag
auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt und diesen begründet. Nachdem das Oberlandesgericht
mit Beschluss vom 29.04.2015 dem Antragsgegner Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt hatte, hat der
Antragsgegner mit Anwaltsschriftsatz vom 11.05.2015, eingegangen beim Oberlandesgericht am 12.05.2015, Wiedereinsetzung in
den vorherigen Stand beantragt und zugleich Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss eingelegt.
Der Antragsgegner macht geltend, die durchgeführte Behandlung habe bisher nicht zu einem Erfolg geführt. Dies sei ihm nicht
vorzuwerfen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss vom 08.04.2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt
Zurückweisung der Beschwerde mit der klarstellenden Maßgabe,
I.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Da. D. (geb. am xx.xx.2006) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts
der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein erstes Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum
von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 €, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015
in Höhe von 192 € und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 € an den Leistungsträger
der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der
Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
II.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, für das Kind Di. D. (geb. am xx.xx.2007) ab 01.07.2012 100 % des jeweiligen Mindestunterhalts
der jeweiligen Altersstufe abzüglich hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu zahlen. Die Zahlung hat für den Zeitraum
von Juli 2012 bis einschließlich Juni 2015 in Höhe von 180 €, für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich Dezember 2015
in Höhe von 192 € und für den Zeitraum von Januar 2016 bis einschließlich Juli 2016 in Höhe von 194 € an den Leistungsträger
der Unterhaltsvorschusskasse des Landes Baden-Württemberg zu erfolgen. Im Übrigen ist die Unterhaltszahlung zu Händen der
Kindesmutter (Antragstellerin) zu leisten.
Die Antragstellerin macht geltend, der Antragsgegner habe gegen seine Obliegenheit verstoßen sich ärztlich behandeln zu lassen.
Das Beschwerdegericht hat die Beteiligten nochmals angehört und eine schriftliche und mündliche Erläuterung des Gutachtens
durchgeführt.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere ist ihm auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorherigen
Stand nach § 113 Abs. 1 FamFG mit §
233 ZPO zu gewähren. Der Antragsgegner war bis zur Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe unverschuldet gehindert, die Beschwerde
fristgerecht einzureichen. Nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hat er die notwendige Verfahrenshandlung innerhalb der
Frist gem. § 113 Abs. 1 FamFG mit §
234 ZPO nachgeholt.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist in der Sache aber nicht begründet. Zu Recht hat das Familiengericht die Verpflichtung
des Antragsgegners zur Zahlung des Mindestkindesunterhalts ausgesprochen.
A.
Es besteht eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch in der Beschwerdeinstanz noch zu prüfen ist.
Diese ergibt sich nicht aus der Europäischen Unterhaltsverordnung (EuUntVO), sondern aus dem Lugano Übereinkommen 2007 (LugÜ).
Der Vorrang des Lugano Übereinkommens ist sowohl in Art. 64 Abs. 2 lit. a LugÜ geregelt (dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz
in einem Mitgliedsstaat des Lugano Übereinkommen hat, für den nicht die europäische Verordnung gilt, z.B. die Schweiz), wie
auch in Art. 69 Abs. 1 EuUntVO (vgl. dazu Henrich, FamRZ 2015, 1761).
Letztlich kann dies im vorliegenden Fall aber dahinstehen, da in jedem Fall der Gerichtsstand des unterhaltsberechtigten Antragstellers
gilt, der sich aus Art. 3 lit. b EuUntVO bzw. aus Art. 5 Abs. 2 lit. a LugÜ ergibt.
Das anzuwendende Sachrecht ist nach Art. 15 EuUntVO mit Art. 3 Abs. 1 Haager Unterhaltsprotokoll 2007 das deutsche Recht,
da die unterhaltsberechtigten Personen in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
B.
Zu Recht ist das Familiengericht im angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass den beiden minderjährigen Kindern gemäß
§§
1601,
1602 BGB ein Unterhaltsanspruch in Höhe des Mindestkindesunterhalts zusteht.
1. Der Bedarf der in Deutschland lebenden Kinder richtet sich, da sie als minderjährige Kindern noch keine eigene Lebensstellung
erlangt haben, nach der Lebensstellung des barunterhaltspflichtigen Elternteils, hier des Antragsgegners. Die Anpassung an
die unterschiedliche Kaufkraft in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, erfolgt grundsätzlich in der Weise,
dass das im Ausland erzielte Einkommen entsprechend der Kaufkraft umgerechnet wird und sich nach diesem Ergebnis die Einkommensstufe
der Düsseldorfer Tabelle richtet (BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, [...] Rn. 36 f.; Krenzler/Borth/Grisebach, Anwalts-Handbuch Familienrecht, 2. Auflage 2012, Rn. 685; Rahm/Künkel/Breuer,
Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 5. Auflage 2010, 71. Lieferung 10.2015, B Rn. 392). Auf diese Weise kann ermittelt
werden, welche Geldbeträge der Unterhaltsverpflichtete an seinem ausländischen Aufenthaltsort aufwenden muss, um einen dem
Inland entsprechenden Lebensstandard zu erreichen (vgl. OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, [...] Rn. 51; BGH vom 01.04.1987 - IVb 41/86, [...] Rn. 19). Wie auch der vorliegende Fall zeigt (siehe dazu unten), kann
außerdem nur auf diese Weise der in Deutschland erforderliche Mindestkindesunterhalt gewahrt werden (vgl. auch OLG Oldenburg
vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, [...] Rn. 71 f.), anders als wenn die Bedarfsbeträge der Düsseldorfer Tabelle für das im Inland unterhaltsbedürftige Kind
wegen des ausländischen Vaters mit einem Preisabschlag versehen werden (so aber ohne nähere Begründung OLG Brandenburg vom
11.10.2007 - 10 UF 47/07, [...] Rn. 37; Wendl/Dose, 6. Auflage, § 7 Rn. 22 ff.).
Das derzeit tatsächlich erzielte Einkommen des Antragsgegners beträgt weniger als 1.500 CHF monatlich. Selbst bei einer reinen
Umrechnung nach den jeweils geltenden Währungskursen und ohne Berücksichtigung des höheren Preisniveaus in der Schweiz (siehe
zu den Einzelheiten weiter unten) ergibt dies weniger als 1.500 € monatlich. Allerdings hat der Gesetzgeber in §
1612a BGB für die deutschen Lebensverhältnisse einen Mindestunterhalt minderjähriger Kinder vorgegeben (vgl. Palandt/Brudermüller,
BGB, 75. Auflage 2016, Einführung vor §
1601, Rn. 13). Die auf dieser Grundlage errechneten Bedarfsbeträge stellen die Untergrenze des Unterhaltsbedarfs minderjähriger
Kinder dar. Da die beiden Kinder in Deutschland leben, kommt es aus diesem Grund für die Berechnung ihres Unterhaltsbedarfs
nicht auf die erhöhten Lebenshaltungskosten in der Schweiz, wo der unterhaltspflichtige Vater lebt, an. Das Existenzminimum
des in Deutschland lebenden Kindes ist nicht von den Einkommensverhältnissen des im Ausland lebenden unterhaltspflichtigen
Elternteils abhängig, ebenso wie es nicht von den Einkommensverhältnissen eines im Inland lebenden Elternteils abhängig ist.
Es ergeben sich daher folgende Bedarfsbeträge für die beiden Kinder:
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Da. geb. xx.xx.2006
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Di. geb. xx.xx.2007
|
Juli 2012 - Juni 2013
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272 €
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225 €
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Juli 2013 - Juli 2015
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272 €
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272 €
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Aug. - Dez. 2015
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284 €
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284 €
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ab Jan. 2016
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289 €
|
289 €
|
2. Für die Leistung dieser Unterhaltsbedarfsbeträge ist der Antragsgegner auch als leistungsfähig anzusehen. Zwar ist gemäß
§
1603 Abs.
1 BGB unterhaltspflichtig nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines
angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dieser Grundsatz erfährt für die Eltern minderjähriger Kinder in §
1603 Abs.
1 BGB insofern eine Einschränkung, als diese verpflichtet sind, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig
zu verwenden. Aus dieser gesteigerten Unterhaltsverpflichtung folgt insbesondere die Pflicht zur gesteigerten Ausnutzung der
Arbeitskraft. Alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten sind auszuschöpfen. Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt
sich daher nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigert
Unterhaltspflichtige muss zu jeder Art von Tätigkeit oder zu wenig attraktiven Arbeitsbedingungen bereit sein (vgl. Palandt/Brudermüller
a.a.O., § 1603, Rn. 40 f. m.w.N.).
a. Im vorliegenden Fall hat die Beweisaufnahme zwar ergeben, dass der Antragsgegner aus gesundheitlichen Gründen nicht in
der Lage ist, derzeit mehr als die von ihm bereits ausgeübte halbschichtige Tätigkeit auszuüben.
Dies hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. E. in seinem schriftlichen Gutachten vom 04.06.2013 ausführlich und überzeugend
dargelegt. Danach leidet der Antragsgegner unter einem depressiven Syndrom, aus dem sich qualitative und quantitative Leistungseinschränkungen
ergeben. Qualitativ können nur einfache körperliche Tätigkeiten, auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne Anforderungen
an die geistige Leistungsfähigkeit, die Flexibilität, das psychomotorische Tempo verrichtet werden. Beim Antragsgegner sei
krankheitsbedingt von einer etwa vierstündigen Leistungsfähigkeit auszugehen. Darüber hinaus gehende Tätigkeiten können nicht
durchgeführt werden aufgrund der Absenkung des Energieniveaus.
b. Allerdings ist die fortbestehende teilweise Erwerbsunfähigkeit im vorliegenden Fall unterhaltsrechtlich vorwerfbar. Bei
einer rechtzeitigen Behandlung hätte der Antragsgegner bereits zu Beginn des streitigen Unterhaltszeitraums voraussichtlich
in vollem Umfang erwerbstätig sein können. Dieses Einkommen ist ihm daher fiktiv zuzurechnen.
Eine Leistungsunfähigkeit, die entweder selbst herbeigeführt ist oder deren Fortdauer auf unterlassenem Verhalten des Unterhaltsschuldners
beruht, ist dann unbeachtlich, wenn im Einzelfall schwerwiegende Gründe vorliegen, die dem Verpflichteten nach Treu und Glauben
die Berufung auf seine eingeschränkte Leistungsfähigkeit verwehren. Ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben kommt im Allgemeinen
nur in Betracht, wenn dem Pflichtigen ein verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten zur Last zu legen ist (vgl.
BGH vom 09.07.2003 - XII ZR 83/00, [...] Rn. 24). Das Verhalten des Unterhaltsschuldners muss unterhaltsbezogen sein; die Vorstellungen und Antriebe, die dem
zu beurteilenden Verhalten zugrunde liegen, müssen sich also (auch) auf die Bedürftigkeit als Folge des Verhaltens erstrecken.
Bei einer Erkrankung kommt es darauf an, ob der Unterhaltsschuldner eine zumutbare und erfolgversprechende Therapie unterlassen
hat zu einer Zeit, als seine Einsicht und die Fähigkeit danach zu handeln, bestanden hat und er sich der Möglichkeit bewusst
war, er werde in Folge der unterlassenen Behandlung weiterhin nicht in der Lage sein, Unterhalt zu leisten (vgl. BGH vom 13.01.1988
- IVb ZR 15/87, [...] Rn. 21). Ein solches verantwortungsloses Verhalten liegt im Hinblick auf die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber
minderjährigen Kindern gemäß §
1603 Abs.
2 BGB dann vor, wenn der Unterhaltsschuldner seine bestehende Erkrankung nicht mit zumutbaren und erfolgversprechenden Therapien
behandelt und bei ihm eine volle Einsichtsfähigkeit in die Erkrankung besteht und zugleich die Fähigkeit, sein Verhalten zu
steuern (vgl. KG Berlin vom 16.02.2001 - 18 UF 4043/00, [...] Rn. 8 f.).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat überzeugend und nachvollziehbar dargelegt, dass
die vorliegende Erkrankung gut behandelbar ist. Bei 80 % der Patienten wird ein recht schneller Erfolg erzielt. Bei den verbleibenden
20 % gibt es dann noch einmal Behandlungsmöglichkeiten, die auch hier häufig zu einem Erfolg führen. Nur ein ganz geringer
Teil stellt sich dann letztlich als therapieresistent heraus. Eine erfolgversprechende Therapie wäre dem Antragsgegner vorliegend
spätestens mit Trennung von der Mutter der Antragsteller unterhaltsrechtlich geboten gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt
musste dem Antragsgegner deutlich sein, dass er nunmehr für den Barunterhalt seiner Kinder zahlungsverpflichtet ist. Dieser
Trennungszeitpunkt im Jahre 2011 lag so lange vor dem hier streitgegenständlichen Unterhaltszeitraum ab Juli 2012, dass eine
Therapie bereits zum Erfolg hätte führen können.
Eine solche Therapie hat der Antragsgegner auch zu keinem Zeitpunkt erfolgreich und nachhaltig unternommen. Die für die vergangenen
Jahre vorgetragenen gelegentlichen Arztbesuche reichen dafür nicht aus. Der Sachverständige hat auch überzeugend erläutert,
dass die aktuellen Rezepte vom Juni und Dezember 2015 dafür nicht ausreichen. Es ist noch nicht einmal ersichtlich, ob die
verschriebenen Medikamente vom Antragsgegner überhaupt eingenommen wurden. Jedenfalls hat der Sachverständige überzeugend
dargelegt, dass entweder eine Medikamenteneinnahme zu einem Erfolg geführt oder aber relativ schnell durch ein anderes Medikament
hätte ersetzt werden müssen. Zu diesen Verhältnissen fehlt jeglicher Vortrag des Antragsgegners.
Beim Antragsgegner können auch die Krankheitseinsicht und die Fähigkeit, nach dieser Einsicht zu handeln, nicht verneint werden.
Diese Überzeugung beruht auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen bei seiner mündlichen Anhörung am 14.04.2016
im Beschwerdeverfahren. Daraus ergibt sich, dass es sich vorliegend nicht um eine psychische Erkrankung handelt, die das Urteilsvermögen
erheblich einschränkt. Außerdem hat der Sachverständige nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die gelegentlichen Arztbesuche
des Antragsgegners zeigen, dass dieser durchaus Krankheitseinsicht besitzt. Dass der Antragsgegner dennoch nicht nachhaltig
nach dieser Einsicht handelt, hat der Sachverständige überzeugend mit dem fehlenden Leidensdruck erklärt. Der Sachverständige
hat darauf hingewiesen, dass es sich dabei um ein allgemeines Phänomen handelt. Der Antragsgegner hat sich offenbar mit seiner
Krankheit und seiner fehlenden Fähigkeit, Unterhalt für die Kinder zu zahlen, eingerichtet. Der Sachverständige hat auch darauf
hingewiesen, dass die Erkrankung beim Antragsgegner, der ja halbschichtig auch erwerbstätig ist, offenbar nicht so schwer
ist, dass der Antrieb ganz fehlen würde.
Die hier ärztlich angezeigten Therapien sind auch zumutbar. Der Sachverständige hat auf entsprechende Nachfrage überzeugend
darauf hingewiesen, dass es Risiken und Nebenwirkungen bei jeder ärztlichen Behandlung geben kann, dies also keine Besonderheit
von Psychopharmaka ist. Auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass im Vergleich mit
den Risiken und Nebenwirkungen einer Operation die vorliegenden möglichen Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die im Übrigen
durch das Ausweichen auf andere gleich gut geeignete Medikamente mit weniger Nebenwirkungen beherrschbar sind, durchaus zumutbar
sind.
Der Antragsgegner ist daher so zu behandeln, als ob die von ihm vorwerfbar unterlassene Behandlung seiner Erkrankung Erfolg
gezeigt hätte. Ihm ist daher ein fiktives Einkommen aus einer vollschichtigen Tätigkeit zuzurechnen.
c. Der aktuelle Arbeitsunfall vom 23.09.2015 spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser
für sich eine ins Gewicht fallende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit bedeuten würde. Aus dem vom Antragsgegner vorgelegten
Bericht des Kantonsspitals Baselland vom 02.03.2016 ergibt sich, dass die beim Sturz erlittene Meniskusläsion wenig symptomatisch
bzw. aktuell nicht im Vordergrund stehend sei. Im Vordergrund stünden vielmehr die Depression und die bereits seit 2010 bestehende
chronische Schmerzsymptomatik.
d. Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner ein Einkommen erzielen könnte, mit dem sein Selbstbehalt
über den gesamten Zeitraum gewahrt wäre.
Da keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, warum der Antragsgegner seine jetzige halbschichtige Tätigkeit nicht entweder beim
selben Arbeitgeber oder bei einer vergleichbaren Beschäftigung auf eine vollschichtige Tätigkeit aufstocken könnte, ist von
den folgenden Zahlen auszugehen. Aus dem dann verdoppelten Bruttoeinkommen von 4.000 CHF ergibt sich ein Nettoeinkommen von
mindestens 3.000 CHF nach Abzug folgender Beträge:
AHV-/IHV-Beitrag
|
205 CHF
|
ALV-Beitrag
|
44 CHF
|
MBU-Beitrag
|
57,60 CHF
|
KTG-Beitrag
|
18 CHF
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Pensionskasse
|
216 CHF
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Quellensteuer
|
335,60 CHF.
|
Von diesem Nettobetrag von mindestens 3.000 CHF kann die zuletzt geltend gemachte Rate für die Krankenversicherung von 283,40
CHF und eine durchschnittliche monatliche Selbstbeteiligung von 38,29 CHF abgezogen werden. Dies ergibt ein bereinigtes Einkommen
von 2.678,31 CHF. Fahrtkosten sind hier nicht zu berücksichtigen, insbesondere nicht die Raten von 500 CHF für die Anschaffung
eines Pkw. Angesichts des Umstands, dass es hier ohnehin nur um den Mindestbedarf minderjähriger Kinder geht, hat der Antragsgegner
nicht ausreichend vorgetragen, dass ihm nicht öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung stehen. Um vom Wohnort des Antragsgegners
in Basel zum Arbeitgeber S. AG in B. zu kommen, bestehen ausreichend öffentliche Verkehrsmittel, auch zu dem geltend gemachten
Arbeitsbeginn um 07:00 Uhr.
e. Mit diesem fiktiven Einkommen bleibt auch der Selbstbehalt des Antragsgegners trotz der höheren Lebenshaltungskosten in
der Schweiz gewahrt.
Dabei ist zunächst das im Vergleich zum Inland unterschiedliche ausländische Preisniveau bei der Prüfung des Selbstbehalts
des Pflichtigen zu berücksichtigen. Denn diese Sätze sollen einen Mindestlebensstandard für den Unterhaltspflichtigen sichern,
der je nach Bedeutung des relevanten Unterhaltsanspruchs abgestuft ist. Mit den hier geltenden 1.080 € (Ziff. 21.2 SüdL, bzw.
bis Dezember 2014 von 1.000 €) etwa lässt sich in der Schweiz angesichts der deutlich höheren Lebenshaltungskosten aber nur
ein erheblich geringerer Lebensstandard erreichen als in Deutschland.
(1) Heranzuziehen ist dabei die vom Statistischen Amt der Europäischen Union (Eurostat) herausgegebene Tabelle "Vergleichende
Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" als am besten geeigneter Anpassungsmaßstab
(vgl. zu den Einzelheiten BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, [...] Rn. 35; OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, [...] Rn. 54 ff.). Für Deutschland ist für 2014 ein Wert von 101,5 angegeben, für die Schweiz 148,9. Ein deutscher Geldbetrag
ist also mit einem Aufschlag von 1,47 zu versehen, die Schweiz war 2014 also etwa 50 % teurer als Deutschland.
Um das in der Schweiz in Schweizer Franken fiktiv anzusetzende Einkommen des Antragsgegners an dem in Euro ausgedrückten deutschen
notwendigen Selbstbehalt messen zu können, ist dieses außerdem nach dem jeweils relevanten Devisenkurs in Euro umzurechnen
(so auch zutreffend OLG Dresden vom 04.12.2015 - 20 UF 875/15, [...] Rn. 49 und OLG Karlsruhe vom 27.08.2015 - 2 UF 69/15, [...] Rn. 62 und dortiger Tenor; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, §
9 Rn. 86 ff.; Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 375 ff., vgl. insb. Rn. 384, 392, 395). Denn die genannte Tabelle stellt lediglich
einen Index für die Kaufkraftunterschiede dar und enthält nicht zugleich die Umrechnung nach dem Währungswechselkurs (so aber
OLG Oldenburg vom 19.10.2012 - 11 UF 55/12, [...] Rn. 64 f.; der Bundesgerichtshof hat dies in seiner nachfolgenden Rechtsbeschwerdeentscheidung mangels Rüge hingenommen,
freilich ohne diesen Punkt zu erörtern, BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, [...] Rn. 22; dabei ist die Kaufkraftbereinigung ohnehin Sache der tatrichterlichen Beurteilung, BGH, a.a.O., Rn. 34).
Die somit häufig erforderliche zweistufige Umrechnung (Kaufkraftausgleich und Währungskurs) folgt aus den richtig verstandenen
Grundlagen und der Systematik dieser Tabelle (vgl. zum Ganzen ausführlich und zutreffend Többens, FamRZ 2016, 597, 599 f.). Kaufkraftparitäten werden in der Weise ermittelt, dass für einen definierten Warenkorb zunächst der Inlandspreis
in der jeweiligen Landeswährung festgestellt wird. So meldet also etwa die Schweiz den Preis für einen bestimmten Warenkorb,
ausgedrückt in Schweizer Franken (CHF), an Eurostat. Die so ermittelten Werte werden dann nicht in der eingangs erwähnten
Tabelle "Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" eingestellt,
sondern in der Tabelle mit dem Titel "Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010".
Die nationalen Werte werden dort im Verhältnis zum EU-Durchschnitt ausgedrückt, der auf 1,0 gesetzt wird. Die Kaufkraft eines
Euros in einem durchschnittlichen EU-Land entspricht daher dem mitgeteilten Wert im jeweiligen Land in der jeweiligen Währungseinheit.
Der Wert für die Schweiz ist für 2014 bei 1,77043, der Wert für Deutschland bei 1,04290. Damit haben 1,77 CHF in der Schweiz
die gleiche Kaufkraft wie 1,04 € in Deutschland.
In der praktischen Anwendung hat diese Tabelle zwei gewichtige Nachteile. Zum einen kann aus dieser Tabelle nicht unmittelbar
abgelesen werden, ob ein Land teuer oder billig ist. Vielmehr ist der Wert von den Zufälligkeiten des jeweiligen Währungskurses
abhängig. So liegt etwa für 2014 der Wert für Montenegro bei 0,496415, während der Wert für Ungarn bei 174,900 liegt. Damit
soll nicht etwa ausgedrückt werden, dass das Preisniveau von Ungarn etwa 350fach über dem von Montenegro liegt. Die Kaufkraft
in dem einen Land kann mit der Kaufkraft in einem anderen Land vielmehr erst dann verglichen werden, wenn die unterschiedlichen
Währungen in eine gemeinsame Währung umgerechnet werden. Zum anderen ist in der Praxis die gleichzeitige (einstufige) Umrechnung
nach dem Währungskurs und dem Kaufkraftunterschied nicht immer gewünscht, beispielsweise wenn ein in der Schweiz wohnender
Unterhaltspflichtiger nicht nur Einkommen in Schweizer Franken hat, sondern auch noch Einkommen in Euro (z.B. durch Vermietung
in Deutschland).
Eurostat bietet deshalb neben der Tabelle "Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat
des ESVG2010" außerdem die eingangs erwähnte Tabelle "Vergleichende Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte
einschließlich indirekter Steuern" an. Darin sind - wie das OLG Oldenburg zu Recht zitiert (Rn. 64) - die in der jeweiligen
Landeswährung mitgeteilten Kaufkraftparitäten in Relation zu den Wechselkursen gesetzt. Aus dieser Umrechnung in eine gemeinsame
Währung ergibt sich ein unmittelbar aufschlussreicher Vergleich der Kaufkraft, worauf in der Erläuterung der Tabelle hingewiesen
wird: Ein Land mit einem Index über dem EU-Durchschnitt von 100 ist relativ teuer (z.B. Norwegen mit 146,5), während ein Land
mit einem geringeren Index relativ billig ist (z.B. Ungarn mit 57,5). Damit enthält diese Tabelle - anders als die andere
Tabelle "Kaufkraftparitäten (KKP) und vergleichende Preisniveauindizes für die Aggregat des ESVG2010" - ausschließlich die
Darstellung der reinen Kaufkraftunterschiede. Eine Umrechnung nach dem Währungswechselkurs wäre ggfs. zusätzlich vorzunehmen.
Die Unterschiede zwischen den beiden Tabellen sind im konkreten Fall der Schweiz nicht sehr groß (Aufschlagsfaktor für 2014
von 1,6976 gegenüber 1,47). Dies liegt daran, dass der Währungsumrechnungskurs zwischen Euro und Schweizer Franken nahezu
1 : 1 beträgt. Anders liegt dies bei deutlich abweichenden Wechselkursen. Beispielsweise entspricht das ungarische Durchschnittseinkommen
(2012) von monatlich netto 155.000 Forint, umgerechnet nach dem Währungskurs etwa 500 €, nach den Werten der Tabelle "Vergleichende
Preisniveaus des Endverbrauchs der privaten Haushalte einschließlich indirekter Steuern" angesichts der geringeren Lebenshaltungskosten
bei einem Faktor von 1,765 (101,5 ./. 57,5, für 2014) etwa einem deutschen Lebensstandard von 886 €. Nach der einstufigen
Berechnung mit den Werten dieser Tabelle (wie in der oben zitierten Entscheidung des OLG Oldenburg) ergäbe sich ein groteskes
Monatseinkommen eines in Ungarn lebenden unterhaltspflichtigen Vaters von 273.575 € (155.000 Forint x Faktor 1,765), während
sein Selbstbehalt lediglich 612 Forint (1.080 € x Faktor 0,567) betragen würde, umgerechnet 2 €.
Für die also im vorliegenden Fall vorzunehmende zweistufige Berechnung sind im vorliegenden Fall folgende Umrechnungsfaktoren
und Währungskurse heranzuziehen, wobei letztere die Jahresdurchschnitte der Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank
nach den Mitteilungen der Deutschen Bundesbank darstellen.
|
Aufschlagsfaktor
|
Umrechnungskurs
|
2012
|
1,521
|
1,2053
|
2013
|
1,443
|
1,2311
|
2014
|
1,467
|
1,2146
|
2015
|
1,633
|
1,0679
|
2016 (aktuell)
|
dto.
|
1,087
|
Dabei können die letzten verfügbaren Faktoren zur Kaufkraftanpassung aus dem Jahr 2015 fortgeschrieben werden, da Anhaltspunkte
für durchgreifende Veränderungen seitdem nicht ersichtlich sind.
(2) Die Leistungsfähigkeit des im Ausland lebenden Unterhaltspflichtigen ist zu ermitteln, indem die auf deutsche Verhältnisse
zugeschnittenen Mindestbedarfswerte auf die im Ausland geltende Kaufkraft umgerechnet werden (vgl. BGH vom 03.07.2013 - XII ZB 220/12, [...] Rn. 29). Also ist mit den aufgeführten Faktoren der deutsche Selbstbehalt um die Kaufkraftunterschiede zu bereinigen.
Die Prüfung des Selbstbehalts kann nicht dadurch erfolgen, dass das ausländische Einkommen an die Kaufkraft im Inland angepasst
und am inländischen Selbstbehalt gemessen wird (in diese Richtung aber etwa BGH vom 09.07.2014 - XII ZB 661/12, [...] Rn. 44; nach beiden Methoden prüft OLG Brandenburg vom 11.10.2007 - 10 UF 47/07, [...] Rn. 56 ff.; vgl. dazu auch Rahm/Künkel/Breuer, a.a.O., B Rn. 393), insbesondere ist dies nicht ergebnisneutral. Zwar
sind zwei der Rechengrößen in gleicher Weise (Kaufkraftanpassung) variabel, nämlich das Einkommen und der Selbstbehalt. Dies
gilt aber nicht für die dritte Rechengröße, nämlich den Unterhaltszahlbetrag. Dieser verändert durch den Überweisungsvorgang
in eine andere Kaufkraftzone nicht etwa seine Höhe. Entscheidend ist, dass dem Unterhaltsschuldner der Mindestbedarf, angepasst
an seine Lebensverhältnisse im Ausland, verbleiben muss. Die Gegenmeinung kann zu untragbaren Ergebnissen führen. Wenn z.B.
(wie etwa in Serbien gegenüber Deutschland) die Kaufkraft im Ausland doppelt so hoch ist, so könnte dort mit einem Betrag
von umgerechnet 540 € etwa der gleiche Lebensstandard gewahrt werden wie in Deutschland mit dem hier geltenden Selbstbehalt
von 1.080 €. Dieser Betrag müsste daher dem Unterhaltsschuldner verbleiben. Demgegenüber kann die Hochrechnung des ausländischen
Einkommens hier zu unsinnigen Ergebnissen führen. Wenn etwa ein Vater mit einem serbischen Nettoverdienst von (währungstechnisch)
umgerechnet 1.200 € netto gegenüber drei Kindern der 3. Altersstufe in Deutschland unterhaltspflichtig wäre, würde sich ein
Unterhaltsbedarf von 3x 400 €, d.h. insgesamt 1.200 € ergeben (1.200 € Einkommen hochgerechnet auf 2.400 € führen nach Herabstufung
zur 3. Einkommensstufe). Eine Leistungsfähigkeit besteht aber nur in Höhe von 660 € (1.200 € Einkommen abzüglich des heruntergerechneten
Selbstbehalts von 540 €). Wenn das serbische Einkommen von 1.200 € hier auf 2.400 € hochgerechnet und davon der deutsche Selbstbehalt
von 1.080 € abgezogen würde, ergäbe sich eine Leistungsfähigkeit von 1.320 €, obwohl der Vater nur 1.200 € verdient.
(3) Auf die Frage, ob wegen des grenznahen Wohnorts des Antragsgegners Teile seines fiktiven Einkommens von der Kaufkraftanpassung
auszunehmen sind (vgl. dazu Többens, FamRZ 2016, 597, 601 f.), kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da dem Antragsgegner auch der in vollem Umfang hochgerechnete Selbstbehalt
verbleibt.
(4) Dies ergibt folgende Übersicht:
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07-12/12
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01-06/13
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07-12/13
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01-12/14
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01-07/15
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08-12/15
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ab 01/16
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Einkommen Antragsgegner
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Arbeitseinkommen netto
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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Fr. 3.000,00
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abzgl. Krankenversicherung
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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-Fr. 283,40
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Fahrtkosten
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abzgl. Selbstbeteiligung
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-Fr. 38,29
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-Fr. 38,29
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-Fr. 38,29
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-Fr. 38,29
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-Fr. 38,29
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-Fr. 38,29
|
-Fr. 38,29
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bereinigtes Einkommen
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Fr. 2.678,31
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Fr. 2.678,31
|
Fr. 2.678,31
|
Fr. 2.678,31
|
Fr. 2.678,31
|
Fr. 2.678,31
|
Fr. 2.678,31
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./. Umrechnungskurs
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1,2053
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1,2311
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1,2311
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1,2146
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1,0679
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1,0679
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1,0870
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in Euro
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2.222,11 €
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2.175,54 €
|
2.175,54 €
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2.205,10 €
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2.508,02 €
|
2.508,02 €
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2.463,95 €
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Selbstbehalt
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1.000,00 €
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1.000,00 €
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1.000,00 €
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1.000,00 €
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1.080,00 €
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1.080,00 €
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1.080,00 €
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./. Index Kaufkraftausgleich
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1,521
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1,443
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1,443
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1,467
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1,633
|
1,633
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1,633
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erhöhter Selbstbehalt
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1.521,00 €
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1.443,00 €
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1.443,00 €
|
1.467,00 €
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1.763,64 €
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1.763,64 €
|
1.763,64 €
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Verteilmasse
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701,11 €
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732,54 €
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732,54 €
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738,10 €
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744,38 €
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744,38 €
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700,31 €
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Bedarf David
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272,00 €
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272,00 €
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272,00 €
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272,00 €
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272,00 €
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284,00 €
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289,00 €
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Bedarf Diana
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225,00 €
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225,00 €
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272,00 €
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272,00 €
|
272,00 €
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284,00 €
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289,00 €
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Gesamtbedarf
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497,00 €
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497,00 €
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544,00 €
|
544,00 €
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544,00 €
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568,00 €
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578,00 €
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Es ergibt sich, dass der an die höhere Kaufkraft in der Schweiz angepasste Selbstbehalt des Antragsgegners zu keinem Zeitraum
berührt ist.
3. Die während des laufenden Verfahrens gem. § 7 Abs. 1 S. 1 UVG übergegangenen Ansprüche hat die Antragstellerin zulässigerweise gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG mit §
265 Abs.
2 S. 1
ZPO zur Zahlung an den Leistungsträger umgestellt (vgl. dazu BGH vom 27.09.2000 - XII ZR 174/98, [...] Rn. 20). Der Umstand, dass es sich hier um Unterhalt aufgrund fiktiver Einkünfte handelt, hindert den Anspruchsübergang
nicht (vgl. BGH vom 14.03.2001 -XII ZR 57/99, [...] Rn. 8 ff. m.w.N.).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG und orientiert sich am Unterliegen des Antragsgegners gem. § 243 S. 2 Nr. 1 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswerts folgt aus §§ 40, 51 FamGKG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor (vgl. zur Zulassung durch den Einzelrichter, BGH vom 16.07.2003 - VIII ZR 286/02, [...] Rn. 5). Die rechtlichen Fragen zur Erwerbsobliegenheit sind höchstrichterlich geklärt, es geht vorliegend um die Anwendung
im Einzelfall. Hinsichtlich der Berechnungsmethode für die Kaufkraftanpassung liegt zwar eine abweichende Rechtsprechung vor,
diese Frage ist im Ergebnis aber nicht entscheidungserheblich. Auch bei einer einstufigen Umrechnung des deutschen Selbstbehalts
(wie sie der abweichenden Rechtsprechung des OLG Oldenburg entspricht, inhaltlich aber nicht zutreffend ist, wie oben dargelegt
wurde) wäre zu allen relevanten Zeiträumen der erhöhte Selbstbehalt des Antragsgegners in der Schweiz gewahrt.