Entscheidungsgründe:
Die klagende Kreisverwaltung (im folgenden: Kläger) hat der inzwischen geschiedenen Ehefrau des Beklagten Sozialhilfeleistung
von monatlich 3.988 DM gewährt und macht nunmehr für den Zeitraum vom 1.12.1995 bis zum 30.9.1996 Unterhaltsansprüche in Höhe
von monatlich 567,22 DM aus übergegangenem Recht geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich
die Berufung des Klägers, der seinen erstinstanzlichen Klageantrag in vollem Umfang weiterverfolgt.
Durch das Versäumnisurteil des Senats vom 20.10.1997 ist der Berufung stattgegeben worden. Mit seinem dagegen eingelegten
Einspruch begehrt der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Der Einspruch ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der (damals) getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten steht für den hier maßgeblichen Zeitraum ein Unterhaltsanspruch gegen
den Beklagten aus §
1361
BGB, der nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf den Kläger übergegangen ist, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu, weil sie wegen einer psychischen Erkrankung
unstreitig nicht in der Lage ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und sie auch ansonsten nicht über ausreichende eigene
Einkünfte verfügt, aus denen sie ihren Lebensbedarf selbst in vollem Umfang bestreiten könnte.
Der Unterhaltsbedarf der getrennt lebenden Ehefrau des Beklagten bestimmt sich nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs-
und Vermögensverhältnissen der Ehegatten. Vorliegend wird er konkret durch die Unterbringung der Ehefrau in einem psychiatrischen
Wohnheim bestimmt und deckt sich mit den dort anfallenden Kosten (vgl. BGH, FamRZ 1986, 48; OLG Hamm, NJW-RR 1996, 67 m.w.N.). Diese betragen monatlich 3.759 DM; zusätzlich wird vom Kläger ein Barbetrag (Taschengeld) in Höhe von 229 DM geleistet.
Die Heimunterbringung der Ehefrau des Beklagten ist aufgrund deren vor der Trennung der Ehegatten eingetretenen schicksalhaften
psychischen Erkrankung auf Dauer erforderlich geworden. Die hierdurch verursachten Kosten haben mithin die ehelichen Lebensverhältnisse
nachhaltig geprägt, da die Ehegatten an der Entwicklung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse jedenfalls bis
zur Trennung (tatsächlich sogar bis zur Scheidung, denn bis dahin besteht die Ehe fort) gemeinschaftlich teilhaben. Der Bedarf
der Ehefrau errechnet sich damit nicht mit einer Quote vom Einkommen des Beklagten, sondern mit den ihr tatsächlich entstehenden,
bereits während bestehender Ehe angefallenen Unterbringungskosten.
Auf den konkreten Bedarf von (mindestens) 3.759,-- DM
sind die eigenen Einkünfte der Ehefrau des Beklagten anzurechnen:
Erwerbsunfähigkeitsrente 1.417,-- DM
mieteinnahmen aus der (fiktiven) Vermietung der
Erdgeschosswohnung des in ihrem Eigentum stehenden
Hauses in B. 1.000,-- DM
bleiben offen 1.342,-- DM
Selbst wenn zusätzlich auch noch die 65 qm große Kellerwohnung vermietet werden könnte - diese wird vom Vater der Ehefrau
unentgeltlich genutzt, dem an sich ein Wohnrecht am Dachgeschoss des Hauses zusteht und hierfür entsprechend der Behauptung
des Beklagten ein weiterer Mietzins von 650,-- DM
erzielt werden könnte, verbliebe immer
noch ein offener Bedarf von 692,-- DM
und damit mehr, als der Kläger als monatlichen Unterhaltsbeitrag geltend macht.
Über weiteres Einkommen (Pflegegeld oder ähnliches) verfügt die Ehefrau nicht.
Der Beklagte, dem neben seiner Erwerbstätigkeit auch die Versorgung und Betreuung des aus der Ehe hervorgegangenen Sohnes
Ch., geboren am 30.11.1993, obliegt, ist allerdings nur eingeschränkt leistungsfähig.
Seine Einkommensverhältnisse stellen sich im einzelnen wie folgt dar:
1. bis 31.12.1995
Das Gesamtjahreseinkommen des Beklagten betrug ausweislich
der vorgelegten Gehaltsabrechnung für Dezember 1995
(einschließlich des vom Arbeitgeber steuerfrei gewährten
Fahrgeldzuschusses) 61.951,41 DM
Nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsabgaben
verbleiben netto - im folgenden sind alle Beträge gerundet -
44.880,-- DM
auf den Monat umgelegt 3.740,-- DM
zuzüglich Steuererstattung (geschätzt anhand des
Steuerbescheids vom 12.12.1996, da ein im Jahre 1995
ergangener Bescheid nicht zu den Akten gereicht worden
ist), insgesamt 463,67 DM, monatlich 39,-- DM
3.779,-- DM
abzüglich Arbeitgeberzuschuss zu den vermögenswirksamen
Leistungen (brutto 52 DM), netto geschätzt 38,-- DM
abzüglich Kinderunfallversicherung für Ch. als
besondere Belastung 15,-- DM
3.726,-- DM
abzüglich Fahrtkosten:
Der Beklagte ist seit 8 Jahren bei der Firma Sch.-Werke GmbH in N. (bei Siegen) beschäftigt. Bis Oktober 1995 befand sich
die eheliche Wohnung in B.; die Entfernung zur Arbeitsstelle betrug 56 km. Da dem Beklagten nach der Erkrankung seiner Ehefrau
auch die Betreuung des damals gerade 2 Jahre alten gemeinsamen Sohnes Ch. oblag, verlegte er seinen Wohnsitz nach O., wo Ch.
während der arbeitsbedingten Abwesenheit des Beklagten von dessen Schwester betreut werden kann. Gleichzeitig hat der Beklagte,
um nicht jeden Tag die Entfernung O. - N. (100 km) zurücklegen zu müssen, einen zweiten Wohnsitz in L. begründet; die Entfernung
von hier nach N. beträgt - wie zuvor während intakter Ehe - 56 km. Demzufolge sind als notwendige berufsbedingte Fahrtkosten
anzuerkennen: 56 km x 2 x 0,40 DM x 220 Tage : 12 Monate = 821 DM.
Dem Beklagten müssen aber naturgemäß auch Heimfahrten nach O. zugestanden werden. Als alleinerziehender Vater ist er auf die
Mithilfe seiner Schwester bei der Betreuung und Versorgung von Ch. angewiesen. Allerdings hat er nicht im einzelnen dargelegt,
wie oft er nach O. fährt. Von daher schätzt der Senat mangels ausreichender Anhaltspunkte die beim Beklagten anfallenden berücksichtigungsfähigen
Fahrtkosten - da der Arbeitgeberzuschuss zu den Fahrtkosten als Einkommen des Beklagten berücksichtigt worden ist, kann er
hier nicht in Abzug gebracht werden - auch monatlich insgesamt 1.000,00 DM
verbleiben 2.726,-- DM
Weiterhin sind die dem Beklagten entstehenden Barunterhalts- und Betreuungskosten für Ch. abzuziehen, da ihm sowohl die Betreuung
und Versorgung seines Sohnes obliegt und er auch - mangels Leistungsfähigkeit der Mutter - den Barunterhalt für Ch. aufbringen
muss. Diese notwendigen, nicht vermeidbaren Kosten betragen monatlich:
Barunterhalt
- insoweit ist der tatsächlich geleistete Barunterhaltsbetrag zu berücksichtigen, auch wenn dieser über dem nach der Düsseldorfer
Tabelle geschuldeten Betrag liegt, da Unterhaltstabellen lediglich ein Hilfsmittel darstellen, das einer konkreten Berechnung
im Einzelfall nicht entgegensteht
400,-- DM
zuzüglich Betreuungsentgelt für die Schwester des Beklagten 200,-- DM
insgesamt 600,-- DM
so dass dem Beklagten bleiben 2.126,-- DM
zuzüglich des ihm insgesamt zufließenden, und im Rahmen seiner
Leistungsfähigkeit zu berücksichtigenden Kindergeldes für
Ch. 70,-- DM
2.196,-- DM.
Nach Abzug des ihm mindestens zu belassenden
Selbstbehalts von 1.300,-- DM
stehen zur Deckung des Unterhaltsbedarfs der Ehefrau im
Dezember 1995 zur Verfügung 896,-- DM
Das ist mehr, als der Kläger für diesen Monat fordert.
Eine Korrektur dieser Berechnung hat nicht deshalb zu erfolgen, weil der Beklagte trotz der Betreuung des erst 2 Jahre alten
Kindes Ch. vollschichtig erwerbstätig ist. Zwar übersteigt diese Erwerbstätigkeit des Beklagten im Hinblick auf die ihm gleichzeitig
obliegende Kindesbetreuung grundsätzlich das zumutbare Maß (vgl. Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts,
6. Aufl., Rdn. 914). Allerdings trifft den Beklagten vorliegend eine gesteigerte Unterhaltspflicht sowohl gegenüber Ch., da
insoweit kein weiterer unterhaltspflichtiger Verwandter zur Verfügung steht, als auch gegenüber seiner Ehefrau, da diese aus
Krankheitsgründen erwerbsunfähig ist und mit ihren eigenen Einkünften aus Rente und Vermietung ihren Lebensbedarf nicht vollständig
decken kann. Da diese dem gemeinsamen Kind unterhaltsrechtlich nicht nachsteht (§
1609 Abs.
2
BGB), darf sich der Beklagte nicht ohne weiteres auf die Sorge für Ch. beschränken. Deshalb kann der Beklagte sich vorliegend
nicht - wie das sonst bei der Betreuung eines erst 2 Jahre alten Kindes grundsätzlich möglich wäre - auf den Standpunkt zurückziehen,
dass er seine Erwerbstätigkeit aufgeben und sich ganz der Kinderbetreuung widmen wolle. Ihn trifft vielmehr die Pflicht, auch
zum Unterhalt der Ehefrau nach Kräften beizutragen. Denn bei der Prüfung der Zumutbarkeit von Erwerbstätigkeit neben Kindesbetreuung
darf die ranggleiche Konkurrenz anderer Unterhaltsansprüche nicht außer Betracht gelassen werden (vgl. Kalthoener/Büttner,
aaO., Rdn. 916). Deshalb ist vorliegend der Berechnung der Leistungsfähigkeit des Beklagten das diesem tatsächlich zur Verfügung
stehende ungeschmälerte Einkommen zu berücksichtigen, wobei allerdings die durch die Kindesbetreuung verursachten besonderen
Aufwendungen (hohe Fahrtkosten, Betreuungskosten) vom Einkommen abzuziehen sind.
Für eine Zulassung der Revision nach §§ 621 d Abs. 1,
546 Abs.
1
ZPO wegen der überobligationsmäßigen Leistungen des Beklagten sieht der Senat keinen Anlass. Die Sache ist weder von grundsätzlicher
Bedeutung noch weicht die vorliegende Entscheidung von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs oder des gemeinsamen Senats
der Obersten Gerichtshöfe des Bundes ab. Sie befindet sich vielmehr insbesondere mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs
(FamRZ 1986, 1039, 1041) auf einer Linie.
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 BSHG findet der Anspruchsübergang nach § 91 Abs. 1 Satz 1 BSHG allerdings nur insoweit statt, als der Verpflichtete Einkommen und Vermögen nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts des BSHG,(mit Ausnahme des § 84 Abs. 2 oder des § 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2) einzusetzen hätte, wenn er selbst Hilfeempfänger wäre. Der den Unterhaltsanspruch geltend machende Sozialhilfeträger
hat dies im einzelnen darzulegen, regelmäßig durch Vorlage einer öffentlichrechtlichen Vergleichsberechnung. Dies hat der
Kläger vorliegend getan. Auch wenn die Berechnung in einzelnen Punkten zu korrigieren ist, wird sie vom Beklagten grundsätzlich
nicht angegriffen. Im einzelnen ergibt sich danach für 1995 folgendes Bild:
Nettoeinkommen des Beklagten (einschließlich Fahrtkostenzuschuss, Arbeitgeberzuschuss zu den vermögenswirksamen Leistungen
und geschätzte anteilige Steuererstattung) 3.779,-- DM
zuzüglich Kindergeld 70,-- DM
abzüglich Freibetrag Sonderzuwendung 41,24 DM
3.807,76 DM
abzüglich
Versicherungen (wie vom Kläger angesetzt) 95,48 DM
Fahrtkosten zur Arbeit (Höchstbetrag) 400,-- DM
Arbeitsmittel 10,-- DM
Kindesunterhalt (Verwandtenpflege) insgesamt 600,-- DM
anrechenbares Einkommen 2.702,28 DM
Grundbetrag nach § 81
BSHG 1.506,-- DM
Unterkunftskosten 1.040,-- DM
2.546,-- DM
anrechenbares Einkommen 2.702,28 DM
Einkommensgrenze 2.546,-- DM
Überschreiten der Einkommensgrenze 156,28 DM
Kostenbeitrag nach § 84 Abs. 1
BSHG i.V.m.
Ziffer 84.18.b Nr. 5.2 SHR-RP = 50 % von 156,28 DM 78,14 DM
Kostenbeitrag für häusliche Ersparnis nach
§ 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 BSHG = 80 % des Regelsatzes
von 421 DM 336,80 DM
Unterhaltsbeitrag 414,94 DM
Nur in dieser Höhe ist der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch auf den Kläger übergegangen.
1.1. bis 30.9.1996
Das Jahreseinkommen des Beklagten, der jetzt in die Steuerklasse II/1 eingestuft ist, beträgt ausweislich der Gehaltsabrechnung
für Dezember 1996
brutto 62.525,-- DM
netto 40.185,-- DM
auf den Monat umgelegt 3.349,-- DM
zuzüglich der in 1996 erfolgten Steuererstattung
für 1995 (463,67 DM) 39,-- DM
3.388,-- DM
abzüglich
Arbeitgeberzuschuss zu den vermögenswirksamen Leistungen,
netto geschätzt 34,-- DM
Unfallversicherung Ch. 15,-- DM
Fahrtkosten (wie zuvor) 1.000,-- DM
Kindesunterhalt und Betreuungskosten (konkretangefallener
Aufwand) 600,-- DM
verbleiben 1.739,-- DM
zuzüglich Kindergeld 200,-- DM
1.939,-- DM
nach Abzug des dem Beklagten mindestens zu belassenden
Selbstbehaltes von jetzt 1.500,-- DM
stehen für den Ehegattenunterhalt zur Verfügung noch 439,-- DM
Ein Anspruchsübergang nach § 91
BSHG hat aber auch jetzt wieder nicht in voller Höhe stattgefunden, wie die folgende Vergleichsberechnung zeigt:
Nettoeinkommen 3.388,-- DM
zuzüglich Kindergeld 200,-- DM
3.588,-- DM
abzüglich Freibetrag Sonderzuwendung
(1.268,26 DM) 192,-- DM
zuzüglich 25 % des übersteigenden Betrages
(1.076,26 DM) 269,07 DM
461,07 DM : 12 38,42 DM
abzüglich Versicherungen 95,48 DM
Fahrtkosten zur Arbeit 400,-- DM
Arbeitsmittel 10,-- DM
Kindesunterhalt 600,-- DM
anrechenbares Einkommen 2.444,10 DM
Grundbetrag nach § 81
BSHG und Unterkunftskosten 2.546,-- DM
Überschreiten der Einkommensgrenze - 101,90 DM
Damit kommt ein Einsatz des Einkommens nach § 84 Abs. 1
BSHG nicht mehr in Betracht. Lediglich ist nach § 85 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 BSHG ein Kostenbeitrag für häusliche Ersparnis in Höhe von (wie zuvor) 336,80 DM
geschuldet, allerdings nur, soweit hierdurch die
Unterschreitung der Einkommensgrenze ausgeglichen
werden kann 234,90 DM
Der Beklagte schuldet dem Kläger demnach für die Zeit vom 1.12.1995 bis zum 30.9.1996 insgesamt:
1995 414,94 DM
1996: 9 x 234,90 DM 2.114,10 DM
2.529,04 DM
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
92 Abs.
1,
344
ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht aus §§
708 Nr. 10,
713
ZPO.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.672,20 DM festgesetzt.