Rechtsfolgen einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch Abschluß eines Vergleichs im Ausgangsverfahren
1. Eine Partei, der Prozeßkostenhilfe bewilligt wurde, kann vor Einleitung des Abänderungsverfahrens über ihr zugeflossenes
Vermögen frei verfügen. Sie ist nicht verpflichtet, von sich aus auf die Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen
und braucht sich auch nicht darauf einzustellen, daß sie später evtl. zur Zahlung von Kosten herangezogen werden könnte.
Es besteht auch keine generelle Verpflichtung, erworbenes Vermögen vorrangig zur Deckung der Prozeßkosten und erst nachrangig
zur Tilgung bestehender Schulden einzusetzen.
2. Wird erhaltenes Geld zum Bau bzw. Erwerb eines Familienheimes benutzt, so ist die bedürftige Partei so zu behandeln, als
habe sie statt des Geldes von vornherein das Heim erhalten, das nach den §
115 Abs.
2 ZPO, 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG nicht für die Prozeßkosten einzusetzen ist.
Gründe:
Die dem Kläger bewilligte Prozesskostenhilfe hat die Rechtspflegerin des Landgerichts durch den angefochtenen Beschluss dahin
abgeändert, dass dieser einmalig 11.035,40 DM zu zahlen hat, nachdem sich die Parteien in dem vorliegenden Verfahren vergleichsweise
auf die Zahlung von 50.000 DM an den Kläger geeinigt haben und dieser auch den Betrag erhielt. Dagegen wendet sich der Kläger,
der inzwischen seit 20. September 2000 arbeitslos ist, mit seiner Beschwerde vom 7. August 2000. Die Rechtspflegerin hat dieser
nicht abgeholfen.
Die gemäß §§
567 Abs.
1,
127 Abs.
2 Satz 2
ZPO statthafte und auch im Übrigen, §
569 ZPO, zulässige Beschwerde - nach der Änderung des §
11 RPflG keine Erinnerung (vgl. hierzu Zöller-Philippi,
ZPO, §
120 Rn. 29) - hat in der Sache Erfolg. Denn die Rechtspflegerin hat zu Unrecht gemäß §
120 Abs.
4 ZPO eine nachträglich - einmalige - Zahlung von 17.035,40 DM angeordnet.
Zwar haben sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers vorliegend wesentlich
durch die aufgrund des im vorliegenden Verfahren geschlossenen Vergleiches von der Beklagten an ihn gezahlten 50.000 DM verbessert.
Auch ist der von der Rechtspflegerin gewählte weg, die sofortige volle Zahlung aller bereits fälligen Kosten anzuordnen, grundsätzlich
nicht zu beanstanden, weil die der Partei bewilligte Prozesskostenhilfe nach §
120 Abs.
4 ZPO wegen nachträglichen Vermögenserwerbs nicht aufgehoben werden darf (vgl. hierzu statt aller OLG Koblenz in RPfl 96, 206 =
FamRZ 96, 617; Zöller-Philippi a.a.O. Rdn. 24 mit weiteren umfangreichen Nachweisen).
Gleichwohl kann dies vorliegend - ausnahmsweise - nicht zu einer Abänderung der dem Kläger bewilligten Prozesskostenhilfe
führen. Denn jede Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, kann vor Einleitung des Abänderungsverfahrens über ihr zugeflossenes
Vermögen frei verfügen. Sie ist nicht verpflichtet, von sich aus auf die Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hinzuweisen
und braucht sich auch nicht darauf einzustellen, dass sie später eventuell zur Zahlung von Kosten herangezogen werden könnte
(vgl. hierzu OLG Bamberg in JurBüro 1993, 232, in FamRZ 1995, 347). Auch ist eine Partei nach nunmehr wohl einhellig vertretener Ansicht (vgl. hierzu OLG Zweibrücken in MDR 97, 886; OLG Bamberg
in FamRZ 1995, 374; OLG Koblenz in RPfl 1996, 206) nicht generell verpflichtet, erworbenes Vermögen vorrangig zur Deckung der Prozesskosten
und erst nachrangig zur Tilgung bestehender Schulden einzusetzen.
Das gilt nach der Ansicht des Senates zwar nicht uneingeschränkt. In Fällen, in denen das Abänderungsverfahren zum Zeitpunkt
des Vermögenserwerbs bereits eingeleitet bzw. die Änderungsentscheidung bereits ergangen ist, kann und muss sich die Partei
darauf einstellen, dass die von der Staatskasse getragenen Anwalts- und Gerichtskosten aus ihrem Vermögen zu zahlen sind.
Zur Tilgung anderer Verbindlichkeiten darf sie den erhaltenen Betrag dann nur noch einsetzen, wenn dafür ein unabweisbares
Bedürfnis besteht (vgl. hierzu OLG Zweibrücken a.a.O.).
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn das Abänderungsverfahren war zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs noch nicht
eingeleitet, erst recht war noch keine Änderungsentscheidung ergangen. Auf eine mögliche Abänderung der Prozesskostenhilfebewilligung
hat die Rechtspflegerin den Kläger erst mit Schreiben vom 8.6.2000 hingewiesen und zur Stellungnahme aufgefordert; darauf
geantwortet hat der Kläger mit Schreiben vom 20.6.2000. Damit hatte der Kläger nicht bereits vor Erhalt der 50.000 DM Kenntnis
von der Einleitung des Abänderungsverfahrens und brauchte sich deshalb auch nicht entsprechend einzustellen.
Darüber hinaus kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger glaubhaft vorgetragen hat, er habe die erhaltene Zahlung
zumindest auch zum Bau bzw. Erwerb des mit seiner jetzigen Ehefrau bewohnten Familienheimes benutzt. Insoweit ist er nach
der Überzeugung des Senates so zu behandeln, als habe er statt des Geldes von vornherein das Heim erhalten, das nach den §§
115 Abs.
2 ZPO, 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG nicht für die Prozesskosten einzusetzen ist (vgl. hierzu Zöller-Philippi a.a.O. Rdn. 25 m.w.N.).
Nach alledem war der angefochtene Beschluss aufzuheben, so dass es bei der bewilligten Prozesskostenhilfe verbleibt.