Verwaltungsakt, mit dem Sozialleistungen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gem. § 48 I SGB I abgezweigt werden
Gründe:
I. Der am 20.5.1966 geborene Kläger beantragt Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Feststellung, daß er den Beklagten, seinen
minderjährigen Kindern, ab April 2000 keinen Unterhalt zu zahlen hat.
Gemäß dem Änderungsbescheid des Arbeitsamts A. bezieht er ab 1.4.2000 ein wöchentliches Arbeitslosengeld von 405, 65 DM, von
dem 105,63 DM wöchentlich nach § 48
SGB I an das Jugendamt S. für den Unterhalt der Beklagten überwiesen werden, da der Kläger seine Unterhaltspflicht
nicht erfülle und ihm auch nach einer Abzweigung in der genannten Höhe eine ausreichende Summe zum eigenen Lebensunterhalt
verbleibe.
Gegen den Überweisungsbescheid hat der Kläger Widerspruch eingelegt, der zurückgewiesen worden ist. Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid
bestandskräftig werden lassen.
Er vertritt die Auffassung, er habe den Widerspruchsbescheid bestandskräftig werden lassen müssen, da das Familiengericht
über die Unterhaltsverpflichtungen des Klägers zu entscheiden habe. Ein Forderungsübergang auf die für den Unterhalt der Kinder
eintretende Stadt S. habe nicht stattgefunden, da den Kindern gegen ihn mangels Leistungsfähigkeit kein Unterhaltsanspruch
zustehe.
Das Amtsgericht hat Prozeßkostenhilfe versagt, da die Beklagten nicht passivlegitimiert seien und überdies der Kläger keine
hinreichenden Bemühungen um Arbeit nachgewiesen habe. Der Beschwerde hat das Amtsgericht nicht abgeholfen.
II. Die gem. §
127 II
ZPO zulässige Beschwerde gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe ist in der Sache nicht begründet.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung in Gestalt einer gegen die unterhaltsberechtigten Kinder gerichteten negativen Feststellungsklage
hat keine Aussicht auf Erfolg (§
114
ZPO), so daß Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden kann.
Wenn - wie im Streitfall - kein Unterhalt für minderjährige Kinder geleistet wird und der Sozialhilfeträger aus diesem Grund
Sozialhilfe leisten muß, geht der Unterhaltsanspruch gem. § 91 I BSHG kraft Gesetzes auf diesen über. Der Sozialhilfeträger ist berechtigt, Abzweigungen gem. § 48
SGB I zu beantragen (anzuregen), wie sich unmittelbar aus § 48 I S. 4 SGB I ergibt, wonach an das Sozialamt
zu zahlen ist, wenn es den Unterhalt gewährt. Das Arbeitslosengeld des Klägers ist eine Sozialleistung in diesem Sinne. Es
handelt sich um eine Soforthilfemaßnahme zur Sicherstellung des Unterhalts, für die eine Titulierung des Unterhalts nicht
erforderlich ist und die keine verbindliche Entscheidung über eine bestehende Unterhaltspflicht enthält (BGH FamRZ 1993, 788; Heilemann FamRZ 1995, 1401; Wannagat/Thieme, SGB I (7. Lfg. 1996); § 48 Rn. 19).
Will der Kläger geltend machen, das Arbeitsamt A. als Sozialleistungsträger habe die Geldleistung zu Unrecht an den Sozialhilfeträger
überwiesen, weil ihm kein angemessener Teil des Arbeitslosengeldes für den eigenen Unterhalt verbleibe oder weil sonstige
Voraussetzungen für die Überweisung (z.B. die Anhörung) nicht erfüllt seien, muß er diese Einwände nach dem Widerspruch im
Wege der Anfechtung des Verwaltungsakts vor dem für die Sozialleistung zuständigen Gericht vorbringen (OLG Düsseldorf FamRZ
1999, 819; Heilemann FamRZ 1995, 1401 (1402); Kasseler Kommentar zum SGB/Seewald, Erg.Lief. 14, März 1995, § 48 Rn. 28). Eine Rechtsverfolgung gegen den Leistungsempfänger,
gar unmittelbar gegen die Kinder, deren Anspruch auf den Sozialhilfeträger übergegangen ist, ist insoweit nicht aussichtsreich.
Will er dagegen geltend machen, das Arbeitsamt habe zwar an sich rechtmäßig gehandelt, dem Unterhaltsberechtigten stehe aber
kein Unterhaltsanspruch zu (z.B. wegen Verwirkung oder mangels unterhaltsrechtlicher Leistungsfähigkeit), besteht an sich
ein Rechtsschutzinteresse für eine zivilrechtliche Feststellungsklage. Zwar ist eine Entscheidung des Zivilgerichts für die
Leistungsbehörde (hier: das Arbeitsamt) nicht unmittelbar bindend, da diese am Zivilrechtsstreit nicht beteiligt ist. Die
Nichtbeachtung eines rechtskräftigen zivilrechtlichen Urteils stellt aber einen Ermessensfehler bei der Abzweigungsentscheidung
dar (Wannagat/Thieme, SGB I (7. Lfg. 1996), § 48 Rn. 19).
Die bereits abgezweigte Leistung muß vom Empfänger der Sozialleistung von demjenigen, an den abgezweigt worden ist, im Wege
der zivilrechtlichen Klage zurückverlangt werden (BGH FamRZ 1993, 788).
Sowohl die Feststellungsklage als auch die Rückforderungsklage muß sich aber gegen den Sozialhilfeträger, auf den der Unterhaltsanspruch
der Kinder übergegangen ist und an den gem. § 48 I S. 4 SGB I abgezweigt worden ist, richten. Das gilt auch für zukünftige
Unterhaltsansprüche, weil der Sozialhilfeträger gem. §
91 III S. 2
BGB auch zukünftigen Unterhalt geltend machen kann, wenn voraussichtlich auf längere Zeit Sozialhilfe gewährt werden muß.
Eine Feststellungsklage unmittelbar gegen die Unterhaltsberechtigten ist nicht aussichtsreich, denn diese haben sich keines
Unterhaltsanspruchs berühmt, sondern der Sozialhilfeträger hat von sich aus die Abzweigung angeregt und verlangt auch für
die Zukunft Zahlung an sich. Solange der Sozialhilfeträger die Unterhaltsansprüche nicht auf die Berechtigten rückübertragen
hat, muß er im eigenen Namen klagen und verklagt werden (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts,
7. Aufl. (2000), Rn. 564).
Aus diesen Gründen hat das Amtsgericht mit Recht Prozeßkostenhilfe für eine gegen die Kinder gerichtete Feststellungsklage
versagt.
Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, daß auch die materiellen Voraussetzungen einer fehlenden Unterhaltspflicht mangels
Leistungsfähigkeit offensichtlich nicht gegeben sind. Der erst 34-jährige Kläger hat Arbeitsbemühungen nicht einmal ansatzweise
dargelegt, die bei gesteigerter Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern nach ganz einhelliger Rechtsprechung (zusammenfassend
OLG Köln FamRZ 1997, 1104) in Gestalt von laufenden intensiven Bemühungen um Arbeit jeder Art zu verlangen sind.