Gewährung von Prozeßkostenhilfe auch im Falle eines Antragstellers, dem der Sozialhilfeträger auf ihn gemäß § 91 BSHG übergangene Unterhaltsansprüche zum Zwecke der Prozeßführung zurücküberträgt
Gründe:
Die Klägerin hat beantragt, ihr Prozeßkostenhilfe für eine Klage auf Trennungsunterhalt von monatlich 1.071,42 DM ab 10. September
1993 gegen den von ihr getrenntlebenden Ehemann zu bewilligen. Sie bezieht ab September 1993 Sozialhilfe, derzeit in Höhe
von monatlich 876,-- DM. Gemäß Schreiben des Sozialamtes G. vom 30. Mai 1994 hat dieses die gemäß § 91
BSHG auf den Sozialhilfeträger übergegangenen und die zukünftig noch übergehenden Unterhaltsansprüche auf die Klägerin rückübertragen
- zwecks Führung des Unterhaltsrechtsstreites -.
Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG Saarbrücken (FamRZ 1994, 636) der Klägerin Prozeßkostenhilfe verweigert, da diese nicht aktivlegitimiert sei. Die Rückabtretung sei unwirksam.
Mit der Beschwerde verfolgt die Klägerin ihren Prozeßkostenhilfeantrag weiter. Sie weist darauf hin, daß sie einen Unterhaltsanspruch
geltend mache, der über der gewährten Sozialhilfe liege. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts nötige zur Führung zweier Prozesse
und belaste darüber hinaus sie - die Klägerin - mit einem besonderen Kostenrisiko, weil sie den unsicheren Spitzenbetrag gerichtlich
verfolgen müsse, während der Sozialhilfeträger den Sockelbetrag ohne besonderes Risiko einklagen könne. Jedenfalls bei dieser
Konstellation sei die Geltendmachung des gesamten Unterhaltsanspruches durch sie nicht mutwillig.
Die Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat, hat nach Maßgabe des Beschlußtenors vorläufigen Erfolg.
Der Senat hält weder die Rückabtretung der Unterhaltsansprüche vom Träger der Sozialhilfe auf die Klägerin für unwirksam noch
das Begehren von Prozeßkostenhilfe aus sonstigen Gründen für mutwillig.
Es handelt sich vorliegend um Unterhaltsansprüche, die sämtlich der Neuregelung des § 91
BSHG unterfallen, die am 27. Juni 1993 in Kraft getreten ist; d.h. die ab September 1993 geltend gemachten Ansprüche sind in der
Höhe, in der der Sozialhilfeträger der Klägerin Leistungen gewährt hat, kraft Gesetzes auf diesen übergegangen, ohne daß es
einer Überleitungsanzeige bedurfte. Eine Rückabtretung dieser Ansprüche auf die Klägerin zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung
ist nicht unwirksam. Der Senat vermag in diesem Vorgang keinen Rechtsmißbrauch bzw. ein Umgehungsverfahren zu sehen. Zwar
ist grundsätzlich die Abtretung von Ansprüchen an eine bedürftige Partei nur zu dem Zweck, auf diesem Wege Prozeßkostenhilfe
zu erlangen, prozessual mißbräuchlich und daher unwirksam. Von diesem Fall ist jedoch der der Rückübertragung von Unterhaltsansprüchen
an den ursprünglichen Rechtsinhaber, nachdem diese Ansprüche zunächst gemäß § 91
BSHG auf den Sozialhilfeträger übergegangen waren, zu unterscheiden:
Es handelt sich nicht um die Übertragung von Ansprüchen an einen beliebigen Bedürftigen speziell zu dem Zweck, auf diesem
Wege Prozeßkostenhilfe zu erlangen, sondern um die Übertragung an den ursprünglichen Rechtsinhaber. Der Bedürftige macht in
Fällen der vorliegenden Art Rechte geltend, die in seiner Person entstanden sind. Als ursprünglicher Rechtsinhaber hat er
die größere Sachnähe zum Verfahrensgegenstand. Er kann in das Verfahren seine eigenen Kenntnisse einbringen, während sich
der Sozialhilfeträger erst durch Befragung die entsprechende Sachkunde verschaffen muß, die in der Regel erforderlich ist,
um den Prozeß sachgerecht führen zu können.
Darüber hinaus sprechen jedenfalls im vorliegenden Fall - worauf die Klägerin in der Beschwerde zutreffend hinweist - prozeßökonomische
Gründe für die Wirksamkeit der Rückübertragung. Denn da die Klägerin mit einem Betrag von monatlich 1.071,42 DM einen höheren
Unterhaltsanspruch verfolgt, als ihr bisher an Leistungen des Sozialhilfeträgers gewährt worden ist, wäre die Führung zweier
Prozesse nötig, was schon aus Kostengründen zu vermeiden ist.
Die Gefahr doppelter Prozeßführung besteht darüber hinaus auch grundsätzlich, nämlich im Hinblick auf zukünftige Unterhaltsansprüche,
um deren Klärung es in der Regel - und auch im vorliegenden Fall - neben der Geltendmachung von Ansprüchen für die Vergangenheit
geht. Denn künftige Unterhaltsansprüche kann der Unterhaltsgläubiger - ohne daß es einer Rückabtretung bedarf - in jedem Fall
im eigenen Namen geltend machen.
Ist die Rückübertragung von Unterhaltsansprüchen seitens des Sozialhilfeträgers danach nicht als rechtsmißbräuchliches Vorschieben
einer armen Partei zu beurteilen, so stellt sich dies weder als ein Umgehungsverfahren dar, das dem Begehren von Prozeßkostenhilfe
das Rechtsschutzbedürfnis nähme, noch als mutwilliges Prozessieren im Sinne von §
114
ZPO (im Ergebnis ebenso, zum Teil noch für die Rechtssituation vor der Neufassung von § 91
BSHG: KG FamRZ 1988, 300; OLG Stuttgart FamRZ 1994, 384; Kalthoener-Büttner, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe, Rz 38).
Soweit das OLG Saarbrücken (aaO.) und das OLG Köln (10. Senat - Senat für Familiensachen - FamRZ 1994, 970) eine andere Auffassung jedenfalls für den Fall vertreten, daß Unterhaltsanspruch und gewährte Sozialhilfe sich betragsmäßig
decken, folgt der Senat dem nicht, ohne daß es allerdings für die vorliegende Entscheidung darauf ankommt.
Der Senat verweist die Sache an das Amtsgericht zurück zwecks weiterer Prüfung der Voraussetzung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
im übrigen.