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OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2009 - 6 N 36.08
Anspruch eines behinderten Menschen auf Befreiung von der Eigenbeteiligung für die Nutzung des besonderen Fahrdienstes (Telebus); Auswirkungen des Erhalts von Blindepflegegeld für den Anspruch auf Befreiung von der Eigenbeteiligung für die Nutzung eines besonderen Fahrdienstes (Telebus)
1. Ernstliche Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung der angegriffenen Entscheidung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und nicht nur die Begründung, sondern auch die Richtigkeit des Ergebnisses der Entscheidung Zweifeln unterliegt.
2. Das in Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 GG bzw. Artikel 11 Satz 1 VvB festgelegte Verbot, Behinderte zu benachteiligen soll den Schutz des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Artikel 3 Abs. 1 GG bzw. Artikel 10 Abs. 1 VvB für bestimmte Personengruppen dahingehend verstärken, dass der staatlichen Gewalt insoweit engere Grenzen vorgegeben werden, als die Behinderung nicht als Anknüpfungspunkt für eine - benachteiligende - Ungleichbehandlung dienen darf.
3. Der allgemeine Gleichheitssatz des Artikels 3 Abs. 1 GG bzw. des Artikels 10 Abs. 1 VvB verbietet es, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.
4. Der Bezug des Blindenpflegegeldes stellt einen hinreichend gewichtigen sachlichen Anknüpfungspunkt für die Ungleichbehandlung gegenüber solchen Heimbewohnern dar, die den Barbetrag nach § 35 Abs. 2 SGB XII erhalten.
5. Das Blindenpflegegeld dient jedenfalls auch der Förderung der Mobilität der Betroffenen, da Kontakt zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben typischerweise durch Besuche von Veranstaltungen oder bei Personen erfolgen.
Zwar verfolgt das Blindenpflegegeld neben der Mobilitätsförderung auch andere Zwecke, es obliegt jedoch der freien Entscheidung des Blindenpflegegeldempfängers, in welchem Umfang und zu welchen der verschiedenen Zwecke er das als Pauschale gewährte Geld verwendet. Der Leistungsempfänger hat es damit selbst in der Hand, die Zwecke, zu denen er das Geld verwenden will, zu bestimmen.
6. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für das erstrebte Rechtsmittelverfahren erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit oder Fortbildung des Rechts obergerichtlicher Klärung bedarf. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eine solche bestimmte ungeklärte und entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren. Weiter ist die Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Frage im Berufungsverfahren aufzuzeigen sowie anzugeben, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Es ist darzulegen, in welchem Sinne und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist.
Normenkette:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
,
GG Art. 3 Abs. 1
,
SGB XII § 35 Abs. 2
,
SGB XII § 72
Vorinstanzen: VG Berlin 20.02.2008 VG 37 A 93.07
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Februar 2008 wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.

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