Sozialhilferecht: Umfang des Leistungsausschlusses nach § 26 S. 1 BSHG
Tatbestand:
Der geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Der Kläger studierte an der Fachhochschule H, Fachbereich Bibliothekswesen (Studienschwerpunkt öffentliche Bibliotheken),
und schloß das Studium im Juni 1990 erfolgreich mit der Diplomprüfung ab. Ihm wurde der akademische Grad Diplom-Bibliothekar
verliehen. Für dieses Studium hatte er bis August 1989 Ausbildungsförderung nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (
BAföG) erhalten. Ab September 1989 bezog er darlehensweise Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, da die Beklagte das Vorliegen eines besonderen Härtefalles nach § 26 Satz 2 BSHG anerkannt hatte. Schon vor Beendigung dieses Studiums bemühte er sich um einen Studienplatz an der Universität H, um ein
Zweitstudium im Fach Historische Musikwissenschaft aufzunehmen. Dies gelang ihm im Dezember 1990. Seit Juli 1990 bis zur Aufnahme
des Zweitstudiums hatte die Beklagte dem Kläger Hilfe zum Lebensunterhalt geleistet. Mit Bescheid vom 5. Dezember 1990 lehnte
sie eine weitere Hilfegewährung unter Hinweis auf § 26 BSHG ab. Ausbildungsförderung nach dem
BAföG erhielt der Kläger für sein Studium nicht, da er die Voraussetzungen für eine förderungsfähige Zweitausbildung nicht erfüllte
und zudem die Altersgrenze des §
10 Abs.
3 Satz 1
BAföG überschritten hatte (vgl. insoweit den diesbezüglichen Beschluß des OVG Hamburg v. 11.3.1991 - OVG Bs V 4/91).
Mit Schreiben vom 17. Februar 1991 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme seiner Krankenversicherungsbeiträge
seit dem 1. Dezember 1990 und führte dazu aus: Er sei seit dem 1. Oktober 1990 bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse
(DAK) freiwillig versichert. Die Beklagte habe es versäumt, ihn auf die Antragsmöglichkeiten nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BSHG hinzuweisen. Er erfülle die Voraussetzungen dieses Auffangtatbestandes. Es sei nicht notwendig, daß er einen Anspruch auf
laufende Hilfe i.S.v. § 11 Abs. 1 BSHG besitze. Das Ermessen der Beklagten sei vorliegend auf Null geschrumpft. Er könne auch rückwirkend die Leistungen erhalten,
da er von der Beklagten nicht entsprechend informiert worden sei.
Durch Bescheid vom 15. April 1991 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab: Nach § 13 BSHG komme eine Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung laufender
Hilfe zum Lebensunterhalt in Frage. Dies sei hier wegen der Regelung des § 26 BSHG nicht der Fall.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. April 1991 Widerspruch, da seine in der Antragsbegründung enthaltenen
Erwägungen nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 4. Juni 1991 mit,
daß seinem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne, daß aber in nächster Zeit wegen zahlreicher älterer Widerspruchsverfahren
eine förmliche Bescheidung seines Widerspruchs nicht möglich sei.
Am 30. Oktober 1991 hat der Kläger Klage erhoben. Nach Darlegung seines bisherigen Ausbildungsganges und seiner persönlichen
Lebensverhältnisse hat er zur Klage vorgetragen: Die Klage sei als Untätigkeitsklage zulässig. Ein weiteres Zuwarten auf den
Erlaß eines Widerspruchsbescheides sei ihm nicht zuzumuten. Die Voraussetzungen für eine Gewährung der Hilfe nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BSHG seien gegeben; es sei nicht notwendig, daß er auch einen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 11 BSHG besitze. Sein Versicherungsbeitrag sei auch angemessen. Er habe ab Oktober 1990 128,-- DM betragen und sei im Januar 1991
auf 130,-- DM monatlich gestiegen. Wegen seiner angespannten Einkommenssituation würde es eine besondere Härte für ihn bedeuten,
wenn die Beiträge nicht übernommen werden würden. Es sei ihm nicht möglich, in einem entsprechenden Umfang eine zusätzliche
Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Angesichts seines Alters wolle er lieber darum bemüht sein, sein Studium zügig durchzuführen.
Müßte er sein Studium abbrechen, könnte er eine berufliche Tätigkeit als Bibliothekar dennoch nicht aufnehmen, da derzeit
keine entsprechenden Stellen vorhanden seien.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. die bis zum 15. Oktober 1991 fälligen und entrichteten Krankenversicherungsbeiträge seit dem 1. Dezember 1990 in Höhe von
1.298,-- DM zu erstatten sowie die jeweilige Geldleistung in Höhe des monatlichen Krankenversicherungsbeitrages mit 4 v.H.
frühestens seit dem 15. Februar 1991 zu verzinsen,
2. die zukünftig fällig werdenden Krankenversicherungsbeiträge bis zum Abschluß des Studiums zu übernehmen.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf ihre bisherige Rechtsauffassung beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 5. August 1992 abgewiesen: Die
Klage sei zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung des Klägers setze der geltend gemachte Anspruch voraus, daß
ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt gegeben sei. Die Regelung des § 13 BSGH gehöre zum Abschnitt 2 des Gesetzes und
setze damit die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 11 Abs. 1 BSHG voraus. Der Kläger habe indes keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt, da insoweit § 26 Satz 1 BSHG eingreife.
Eine besondere Härte i.S.d. § 26 Satz 2 BSHG sei ebenfalls nicht gegeben. Der Kläger habe eine abgeschlossene Berufsausbildung. Er behaupte lediglich, auf dem Arbeitsmarkt
keine entsprechende Stelle finden zu können. Dies habe er nicht versucht, sondern sich sogleich um eine Zusatzqualifikation
durch ein Zweitstudium bemüht.
Gegen den am 22. August 1992 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 24. August 1992 Berufung eingelegt: Er teile
nicht die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts. Die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Satz 1 enthalte einen Auffangtatbestand,
bei dem nicht vorausgesetzt sei, daß ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt bestehe. Andernfalls hätte diese Vorschrift
keinen Anwendungsbereich. Der Abs. 2 von § 13 BSHG enthalte anders als der Abs. 1 derselben Vorschrift auch keinen Hinweis auf § 11 BSHG. Daß die beiden Absätze von § 13 BSHG in einer Vorschrift zusammengefaßt worden seien, habe nur redaktionelle Gründe. Der Verweis auf § 26 BSHG gehe ins Leere. Der Sozialhilfeträger müsse auch präventiv tätig werden, um zukünftige Notlagen abzuwenden. Es sei auch nicht
zutreffend, im Rahmen des § 26 BSHG auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung abzustellen. Es müsse vielmehr jeder Notfall individuell geprüft werden.
Dies verlange der Grundsatz der Menschenwürde nach Art.
1 Abs.
1 GG. Gegebenenfalls sei das Verfahren nach Art.
100 GG auszusetzen. Es komme ihm nicht darauf an, weitere staatliche Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Ihm sei es nur darum
gegangen, eine berufliche Qualifikation zu erwerben, um Chancen am Arbeitsmarkt zu besitzen. Eine Erwerbstätigkeit hätte er
im Jahre 1990 nicht aufnehmen können, da dies in seinem Beruf als Diplom-Bibliothekar nicht möglich gewesen sei und er auch
seine betagte Mutter, deren einziges Kind er sei, habe betreuen müssen.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Hamburg sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 1991 aufzuheben und
die Beklagte zu verpflichten, die bis zum 15. August 1992 fällig gewordenen und entrichteten Krankenversicherungsbeiträge
seit dem 1. Dezember 1990 in Höhe von 2.640,-- DM zu erstatten sowie die jeweilige Geldleistung in Höhe des monatlichen Krankenversicherungsbeitrages
mit 4 v.H. frühestens seit dem 15. Februar 1991 zu verzinsen.
2. die fällig werdenden Krankenversicherungsbeiträge der Monate August und September 1992 in Höhe von jeweils 136,-- DM zu
übernehmen,
3. hilfsweise, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Die Beklagte hat einen formellen Gegenantrag nicht gestellt.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung nach §
101 Abs.
2 VwGO erklärt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht kann in dieser Sache ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt
haben (§
101 Abs.
2 VwGO).
II.
Die Berufung ist zulässig; führt in der Sache aber nicht zum Erfolg.
Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die begehrten Sozialhilfeleistungen. Als Anspruchsgrundlage käme zwar die Bestimmung
des § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BSHG in Betracht; ihre Anwendbarkeit ist im Falle des Klägers indes von vornherein ausgeschlossen. Dies beruht auf § 26 Satz 1 BSHG.
1. Der Kläger betreibt eine Ausbildung, die im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig
ist. Denn ein Studium an der Universität H ist nach §
2 Abs.
1 Nr.
5 BAföG im Katalog der Ausbildungsstätten aufgeführt, deren Besuch gefördert wird. Dabei ist es für den vorliegenden Zusammenhang
ausreichend, daß eine Förderung prinzipiell möglich ist (sogenannte abstrakte Förderungsfähigkeit); ob der einzelne Auszubildende
letztlich eine Förderung tatsächlich erhält, ist unerheblich (st.Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 12.2.1981, BVerwGE Bd. 61 S.
352, 354; Urt. v. 17.1.1985, BVerwGE Bd. 71 S. 12; Urt. v. 3.12.1992, FamRZ 1993 S. 540 = FEVS Bd. 43 S. 221). Diese Regelung des § 26 Satz 1 BSHG ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.2.1981, a.a.O., S. 352, 355, 359). Der Gesetzgeber durfte
die Ausbildungsförderung in speziellen Gesetzen abschließend regeln und das subsidiäre Eingreifen von Sozialhilfeleistungen,
die ebenfalls einer Ausbildung dienen würden, ausschließen. Über die Härteregelung des § 26 Satz 2 BSHG kann Ausnahmefällen Rechnung getragen werden.
2. Der vom Kläger geltend gemachte Bedarf betrifft auch einen sogenannten ausbildungsbedingten Bedarf (vgl. dazu BVerwG, Urteile
v. 12.2.1981, 17.1.1985 und 3.12.1992, a.a.O.). Darunter ist ein Bedarf zu verstehen, der regelmäßig während einer Ausbildung
anfällt. Das ist neben dem eigentlichen Ausbildungsbedarf vor allem der notwendige Lebensunterhalt des Auszubildenden. Zu
diesem Bedarf gehört auch die Aufrechterhaltung einer Krankenversicherung, denn sie stellt eine typische Vorsorgemaßnahme
dar, die jedermann regelmäßig trifft. Im übrigen ergibt sich der Bezug dieses Bedarfs zum ausbildungsbedingten Bedarf auch
daraus, daß in §
13 Abs.
2 a BAföG ein Zuschuß zur Krankenversicherung vorgesehen ist. Mithin soll dieser Bedarf nur über das spezielle Ausbildungsförderungsrecht
berücksichtigt werden dürfen; eine Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz scheidet daher grundsätzlich aus.
3. Der Anspruchsausschluß des § 26 Abs. 1 BSHG bezieht auch auf die Hilfe nach § 13 BSHG. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen zur Hilfeart "Hilfe zum Lebensunterhalt"
gehört (vgl. Jehle, Sozialhilferecht, 4. Aufl., § 13 Anm. 5; Luber, BSHG, § 13; Mergler/Zink, BSHG, § 13 Rdn. 15; OVG Hamburg, Urt. v. 20.7.1984 - OVG Bf I 12/84 -; Urt. v. 28.2.1986, FEVS Bd. 36 S. 403; Beschluß v. 30.7.1992 - OVG Bs IV 299/92 -). Dies ergibt sich aus der Stellung der Vorschrift im Abschnitt 2 des Bundessozialhilfegesetzes; alle dort erwähnten Hilfen
sind - entsprechend der gesetzlichen Überschrift dieses Abschnitts - solche der Hilfe zum Lebensunterhalt. Dabei ist es nicht
notwendig, daß die jeweilige Hilfe noch einmal im Text der Norm als "Hilfe zum Lebensunterhalt" bezeichnet wird (wie etwa
in §§ 14, 15 a BSHG). Auch aus der Entstehungsgeschichte des jetzigen § 13 Abs. 2 Satz 1 BSHG (vgl. den Abdruck der Materialien zum Zweiten Änderungsgesetz zum BSHG bei Luber, a.a.O., § 13 S. 46 f.) ergibt sich, daß der Gesetzgeber die Übernahme von Beiträgen für eine freiwillige Krankenversicherung im Rahmen
der Hilfe zum Lebensunterhalt hat regeln wollen, da andernfalls - nämlich bei einer Regelung im Abschnitt 3 - der anspruchsberechtigte
Personenkreis zu groß geworden wäre und dies aus Kostengründen nicht erwünscht war (vgl. auch die Materialien zum Dritten
Änderungsgesetz betreffend § 13 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz BSHG bei Luber, a.a.O., S. 48).
4. Die Regelung des § 26 Satz 1 BSHG betrifft schließlich nicht nur solche Hilfe zum Lebensunterhalt, auf die ein Anspruch besteht, sondern auch sogenannte Ermessens-Hilfen
wie die hier streitige. Das beruht auf folgenden Erwägungen:
Der Wortlaut des § 26 Satz 1 BSHG könnte zwar die Annahme nahelegen, Ermessensleistungen im Bereich der Hilfe zum Lebensunterhalt seien durch § 26 Satz 1 BSHG nicht von vornherein ausgeschlossen. Diese Annahme wäre indes unzutreffend, da sie den von der Vorschrift verfolgten Zweck
außer acht ließe. Durch das Zweite Haushaltsstrukturgesetz vom 22. Dezember 1981 (BGBl. I S. 1523) ist der gesamte ehemalige Unterabschnitt 3 des Abschnitts 2 - Ausbildungshilfe - aufgehoben worden. Leistungen für die Ausbildung
sollten fortan nur noch nach Maßgabe der speziellen Ausbildungsförderungsgesetze in Betracht kommen. Ausbildungsförderung
war danach nicht mehr Aufgabe der Sozialhilfe (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 4.3.1993 - BVerwG 5 C 13.89 -). Damit nicht bei Ausfall der vorgesehenen speziellen Ausbildungsförderungsleistungen dennoch wieder die subsidiäre Sozialhilfe
eingreifen muß, ist die Kollisionsregelung des § 26 Satz 1 BSHG in das Gesetz aufgenommen worden; mit ihr sollte sichergestellt werden, daß die Sozialhilfe auch als subsidiäre Ausbildungsförderungsebene
ausscheidet. Dafür war es neben der Aufhebung der in den §§ 31 ff. BSHG enthaltenen eigentlichen Ausbildungshilfen auch notwendig, die mit der Ausbildungshilfe verbundenen Leistungen für den Lebensunterhalt
(§ 33 Abs. 1 BSHG a.F.), zu denen auch Leistungen nach § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BSHG gehören konnten, nicht wieder aufleben zu lassen. Dies ist der Zweck des § 26 Satz 1 BSHG. Dieser Zweck würde verfehlt werden, wenn es eine Art Ersatz- Ausbildungsförderung auf der Sozialhilfeebene gäbe. Dies gilt
auch für Ermessens-Hilfen, die erst recht nicht in Betracht kommen, wenn schon ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt
ausgeschlossen ist.
Im übrigen trifft es entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu, daß § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BSHG dem Sozialhilfeträger ein prinzipiell offenes - und vor allem von § 26 BSHG - nicht begrenztes Ermessen einräumt. Das in dieser Vorschrift gemeinte Ermessen bezieht sich nur auf sonstige, über die
Regelung nach § 13 Abs. 1 BSHG hinausgehende Fälle des Bestehens einer freiwilligen Krankenversicherung. Die Regelung will mithin "in Anknüpfung" (vgl.
die Begründung des Regierungsentwurfs zum Zweiten Änderungsgesetz, abgedruckt bei Luber, a.a.O., S. 46) an die Regelung in
Abs. 1 nur den Kreis der möglichen Versicherungsverhältnisse erweitern, aber nicht eine Hilfemöglichkeit außerhalb der sonstigen
Bestimmungen über die Hilfe zum Lebensunterhalt - insbesondere über die Grundvoraussetzung des § 11 BSHG - ermöglichen. Das Ermessen bezieht sich mit anderen Worten nur auf die Möglichkeit, weitere gegenständliche Bedarfe anzuerkennen,
nicht aber darauf, auch eine Hilfe an nichthilfebedürftige Personen leisten zu dürfen. Die finanzielle Hilfsbedürftigkeit
nach § 11 Abs. 1 BSHG steht folglich nicht zur Disposition des Sozialhilfeträgers; sie wird - wie auch bei anderen Ermessen-Leistungen nach dem
Bundessozialhilfegesetz - als Grundvoraussetzung jeglicher Sozialhilfeleistung stets vorausgesetzt. Ausnahmen sind ausdrücklich geregelt (vgl. §§
72 Abs. 3, 75 Abs. 4 BSHG). Daher versteht es sich von selbst, daß etwa bei den Ermessens-Leistungen nach §§ 15 a, 27 Abs. 2, 30 Abs. 1, 36 Abs. 1
Satz 2, 39 Abs. 1 Satz 2, 120 Abs. 1 Satz 2 BSHG (die zuletzt genannte Vorschrift i.d.F. des Art. 2 Gesetz zur Neuregelung der Leistungen an Asylbewerber v. 1.7.1993, BGBl. I S. 1074) nur der Kreis der zu berücksichtigenden gegenständlichen Bedarfe erweitert werden kann, aber ein Absehen von der finanziellen
Bedürftigkeit nicht erlaubt ist. Sie richtet sich auch bei Ermessens-Leistungen nach den §§ 11, 28 BSHG. "Erweiterungen" in bezug auf die finanzielle Hilfsbedürftigkeit sind hingegen in den §§ 11 Abs. 2, 29, 43 Abs. 1 BSHG abschließend geregelt.
Der Kläger dürfte zwar nach der für die begehrte Hilfe maßgeblichen Vorschrift des § 11 Abs. 1 BSHG als finanziell hilfsbedürftig anzusehen sein; diese Hilfsbedürftigkeit ist indes nach dem zuvor dargelegten Zweck des § 26 Satz 1 BSHG nicht berücksichtigungsfähig. Daher kommt eine Anwendung des § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BSHG von vornherein nicht in Betracht. Die Beklagte brauchte daher auch keine Ermessenserwägungen anzustellen.
5. Die Anwendbarkeit des § 13 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz BSHG wäre nur dann nicht ausgeschlossen, wenn ein besonderer Härtefall i.S.v. § 26 Satz 2 BSHG vorläge. Dies läßt sich indes nicht annehmen. Besonders hart wirkt das Verbot subsidiären Eintretens der Sozialhilfe nur
dann, wenn die Lücken im Ausbildungsförderungssystem im Einzelfall als regelwidrig und atypisch erscheinen, etwa weil der
Fall Besonderheiten aufweist, die im
Bundesausbildungsförderungsgesetz nicht bedacht worden sind und die es für den Auszubildenden auch unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen objektiv
nicht zumutbar erscheinen lassen, daß dieser seine Ausbildung abbricht oder unterbricht (ständ.Rspr. des Senats, vgl. Beschlüsse
v. 24.5.1989, FamRZ 1989 S. 1356, 1357; v. 12.4.1990, ZfSH/SGB 1990 S. 426; v. 19.11.1991, FEVS Bd. 42 S. 451, 452 f.; v. 23.3.1993 - OVG Bs IV 48/93 -). Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Der Antragsteller erhält - wie der Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts
vom 11. März 1991 (OVG Bs V 4/91) zeigt - keine Ausbildungsförderung, weil er bei Beginn des Studiums an der Universität Hamburg bereits die Altersgrenze
nach §
10 Abs.
3 Satz 1
BAföG überschritten hatte und Gründe für ein Absehen von der Altersbegrenzung nicht vorlagen (Satz 2). Zudem ist in dem erwähnten
Beschluß ausgeführt, daß auch die Voraussetzungen für eine weitere Ausbildung nach §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG nicht gegeben sein dürften. Sowohl die Bestimmung des §
10 Abs.
3 Satz 2
BAföG als auch die des §
7 Abs.
2 Satz 2
BAföG sind Ausnahme- bzw. Härteregelungen, nach denen dem Kläger indes nicht geholfen werden konnte. Er konnte Ausbildungsförderung
mithin deshalb nicht erhalten, weil das spezielle Förderungsgesetz Fallgestaltungen dieser Art nicht (mehr) für förderungsfähig
hält. Diese gesetzgeberische Entscheidung kann nicht mit Hilfe des Eingreifens der Sozialhilfe gleichsam korrigiert werden;
sie ist zu akzeptieren. Es ist zudem nicht ersichtlich, daß eine besondere persönliche Zwangslage ursächlich dafür war, daß
der Kläger ein weiteres Studium im Alter von 33 Jahren beginnen mußte. Der erwähnte Beschluß vom 11. März 1991 hat hierzu
das Notwendige ausgeführt. Der Kläger macht insoweit im wesentlichen geltend, ohne die Zusatzqualifikation habe er keine Chancen
auf dem Arbeitsmarkt. Ob diese Prognose zutreffend ist, kann offenbleiben. Denn die Gefahr, arbeitslos zu werden, ist ohnehin
kein geeigneter Härtegesichtspunkt, der dazu führen könnte, das Betreiben einer Ausbildung mit Sozialhilfeleistungen zu unterstützen
(vgl. BVerwG, Beschluß v. 24.6.1986, ZfSH/SGB 1986 S. 508; Beschluß v. 8.8.1989, Buchholz 436.0 § 26 Nr. 6).