Sozialhilferecht: Kraftfahrzeug als einzusetzendes Vermögen in der Sozialhilfe; Darlegungslast bei Zweifeln
Gründe:
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege
der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller laufende Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Abzug eines Betrages
von monatlich 200,-- DM zu gewähren. Auch die Beschwerde legt nicht glaubhaft dar, daß der Antragsteller die Regelsatzhilfe
in voller Höhe beanspruchen kann (§
123 Abs.
1 u. 3
VwGO, §
920 Abs.
2 ZPO).
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist dem Hilfe zum Lebensunterhalt zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigen
Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Nach derzeitigem Erkenntnisstand bestehen
erhebliche Zweifel daran, ob der Antragsteller seinen notwendigen Lebensunterhalt (§ 12 Abs. 1 BSHG) nicht zumindest in Höhe von monatlich 200,-- DM selbst decken kann; eine darüber hinaus gehende Möglichkeit der Selbsthilfe
(§ 2 Abs. 1 BSHG) ist nicht im Streit, da die Antragsgegnerin die laufende Hilfe lediglich um den genannten Betrag gemindert hat.
Die Zweifel an der Hilfsbedürftigkeit des Antragstellers gründen sich auf den Umstand, daß er ein eigenes Kraftfahrzeug erworben
hat und unterhält (Daimler-Benz, Typ 116, ... 3459 Kubikzentimeter Hubraum, 195 PS, Erstzulassung ... Januar 1977). Dieser
Vorgang läßt auf das Vorhandensein verschwiegenen Einkommens und/oder Vermögens schließen, soweit das Kraftfahrzeug selbst
einzusetzendes Vermögen ist, dessen Verwertung die Hilfsbedürftigkeit (zeitweise) zu beseitigen geeignet ist. Die insoweit
bestehenden Zweifel hat der Hilfesuchende durch konkrete und nachprüfbare Angaben auszuräumen (vgl. BVerwG, Beschluß v. 23.10.1987
-- 5 B 66/87; OVG Lüneburg, Beschluß v. 18.5.1984, FEVS Bd. 34, S. 426; OVG Münster, Beschluß v. 18.7.1985, NJW 1986 S. 84 = FEVS Bd. 35 S. 69; Beschluß v. 30.4.1990, info also 1992 S. 87; OVG Hamburg, Beschluß v. 30.5.1985 -- OVG Bs I 19/85 --; VG Oldenburg, Urt. v. 17.4.1986, ZfF 1986 S. 206; VG Hamburg, Beschluß v. 2.5.1988, info also 1988 S. 174; Rehnelt, ZfF 1981 S. 32, 33; Rotter, ebd. S. 193; Gottlieb, ZfSH/SGB 1988 S. 469, 470). Denn mit Regelsatzleistungen einschließlich etwaiger Mehrbedarfe (§§ 22 Abs. 1, 23 BSHG) wird grundsätzlich nur der von der Rechtsgemeinschaft anerkannte sozialhilferechtliche Mindestbedarf gedeckt (BVerfG, Beschluß
v. 25.9.1992, NJW 1992 S. 3153, 3154). Insoweit zählt die Haltung eines Kraftfahrzeuges regelmäßig nicht zum notwendigen Lebensunterhalt nach § 12 BSHG (BVerwG, Beschluß v. 4.6.1981, BVerwGE Bd. 62 S. 261, 264 ff.). Soweit ein Hilfesuchender -- wie hier der Antragsteller -- ausschließlich Leistungen in Höhe des "Existenzminimums"
(BVerfG, Beschluß v. 25.9.1992, a.a.O.) erhält, gleichwohl aber während des Hilfebezuges ein eigenes Kraftfahrzeug anschafft
und dessen Unterhaltungskosten bestreitet, gründen sich hierauf die von ihm auszuräumenden Zweifel an seiner Hilfsbedürftigkeit.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, daß der Antragsteller Zweifel daran nicht hat zerstreuen können, daß er sich
jedenfalls in Höhe von monatlich 200,-- DM selbst helfen kann. Auch die Angaben des Antragstellers im Beschwerdeverfahren
belegen nicht ausreichend, daß dem Antragsteller nicht verschwiegenes Einkommen jedenfalls in Höhe dieses Betrages zufließt
und daß der ihm gehörende Personenkraftwagen kein einzusetzendes Vermögen ist, dessen Verwertung seine Hilfsbedürftigkeit
(zeitweise) beseitigen könnte.
Dabei setzt die Überwindung von Zweifeln an der Hilfsbedürftigkeit wegen verschwiegenen Einkommens in dem vorliegenden Zusammenhang
zweierlei voraus: Der Hilfeempfänger hat -- erstens -- durch konkrete und nachprüfbare Angaben glaubhaft darzulegen, welchen
durchschnittlichen monatlichen Aufwand die Haltung des Kraftfahrzeuges verursacht. Erst auf der Grundlage der Feststellung
der monatlichen Betriebskosten kann ein Hilfesuchender -- zweitens -- gleichfalls durch konkrete und nachprüfbare Angaben
darlegen und gegebenenfalls glaubhaft machen, auf welche Weise er diese Kosten aus den ihm zufließenden Leistungen bestreiten
kann. An die Glaubhaftmachung derartiger Angaben, die sich nicht in allgemein gehaltenen Darstellungen erschöpfen dürfen,
sind insbesondere dann strenge Anforderungen zu stellen, wenn -- wie hier -- die Kosten der Fahrzeughaltung aus den Regelsatzleistungen
(Regelsatz f. Haushaltsvorstand u. Kosten der Unterkunft) für eine Einzelperson getragen werden sollen. Der Antragsteller
hat nach diesen Grundsätzen die Finanzierung seines Kraftfahrzeuges aus der ihm zufließenden monatlichen Hilfe nicht glaubhaft
machen können.
Es fehlt bereits an der Darlegung und Glaubhaftmachung des monatlich regelmäßig anfallenden Aufwandes für seinen Personenkraftwagen.
Lediglich die Höhe der jährlichen Kraftfahrzeugsteuer (658,-- DM) und Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (813,60 DM abzgl.
Beitragsrückvergütung 1991 126,70 DM) hat der Antragsteller belegt. Dagegen hat er die mit dem Betrieb seines Kraftfahrzeuges
notwendig verbundenen und von gegebenenfalls anfallenden Reparaturen unabhängigen weiteren festen Kosten durch den Verbrauch
von Betriebsstoffen wie Benzin, Öl, Filter, Reifen etc. nicht dargelegt. Insbesondere fehlt jede konkrete Angabe zu den regelmäßigen
Kilometer-Fahrleistungen, aus denen auf die genannten Verbrauchskosten geschlossen werden könnte. Soweit sich der Antragsteller
hierzu überhaupt äußert, sind seine Angaben nicht frei von Widersprüchen. Einerseits gibt er an, den Personenkraftwagen zur
Minderung der Betriebskosten nur selten zu benutzen; andererseits trägt er im Zusammenhang mit der Darlegung der Notwendigkeit
der Kraftfahrzeug-Haltung vor, mit seinen Hunden so häufig wie möglich außerhalb Hamburgs in die "Feldmark" zu fahren, was
mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich und zudem teurer sei. Soweit trotz dieses Vorbringens des Antragstellers eine
monatliche Fahrleistung von auch nur 500 Kilometern angenommen wird, führt dies bereits zu weiteren monatlich anfallenden
Kraftstoffkosten von 105,-- DM (Kraftstoffverbrauch pro 100 km nach telefonischer Auskunft der Daimler-Benz AG H mindestens
15 Liter, Preis pro 1 Liter Super-Kraftstoff 1,40 DM). Schließlich fehlen auch Angaben über die Kosten notwendiger Instandsetzungsarbeiten.
Diese führt der Antragsteller nach seinen Angaben zwar selbst aus; auch wenn er hierfür erforderliche Teile in gebrauchtem
Zustand erwerben kann, sind dazu nicht unerhebliche Aufwendungen erforderlich. Der Antragsteller hat sie weder nach Häufigkeit
noch der Höhe nach angegeben und belegt. Bei dieser Sachlage muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller durch
die Kraftfahrzeughaltung mit einem monatlichen Aufwand belastet ist, der noch über dem von der laufenden Hilfe einbehaltenen
Betrag von 200,-- DM liegt.
Fehlt es nach den obigen Darlegungen bereits an hinreichend konkreten Angaben des Antragstellers über die festen monatlichen
Betriebskosten, ist an sich bereits eine glaubhafte Darlegung dahin ausgeschlossen, wie der Antragsteller einen seiner Höhe
nach nicht bekannten, jedenfalls über monatlich 200,-- DM liegenden Betrag von der ihm zufließenden laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt
abzweigen und damit das Kraftfahrzeug unterhalten will. Aber auch dann, wenn zugunsten des Antragstellers Betriebskosten nur
in Höhe des monatlichen Minderungsbetrages unterstellt werden, hat er -- wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt
hat -- nicht glaubhaft dargelegt, auf welche Weise er von den Regelsatzleistungen -- für ihn als Haushaltsvorstand und Alleinstehenden
beträgt der Regelsatz zur Zeit monatlich 509,-- DM -- einen Betrag von 200,-- DM abzweigen kann. Seine Behauptung, er führe
als Einzelgänger ein spartanisches Leben und esse insbesondere nur einmal am Tag, reicht hierfür nicht aus und ist im übrigen
nicht glaubhaft. Diese behauptete asketische Lebensweise läßt sich nur schwer damit in Einklang bringen, daß der Antragsteller
andererseits einen Personenkraftwagen der gehobenen Klasse fährt und nach seinen eigenen Angaben von seinen Freunden und Bekannten
nicht als Sozialhilfeempfänger erkannt werden will, nur weil er ein einfaches Leben führt und kein Kraftfahrzeug besitzt;
auch will der Antragsteller während seiner früheren selbständigen Erwerbstätigkeit "zu den Spitzenverdienern in der Bundesrepublik
gehört" und sich in großer Zahl Dinge des täglichen Gebrauchs in "Spitzenqualität" angeschafft haben.
Daneben steht einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur uneingeschränkten Hilfegewährung entgegen, daß der Antragsteller
Eigentümer des von ihm gehaltenen Kraftfahrzeuges ist und auch dieser Umstand Zweifel an seiner Hilfsbedürftigkeit rechtfertigt,
die der Antragsteller bisher nicht ausgeräumt hat. Denn der Personenkraftwagen des Antragstellers stellt einzusetzendes Vermögen
dar, und dessen Verwertung könnte geeignet sein, die Hilfsbedürftigkeit (zeitweise) zu beseitigen (BVerwG, Beschluß v. 23.10.1987,
a.a.O.). Hierzu ist im einzelnen auszuführen:
Vor Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt kann grundsätzlich die Verwertung eines im Eigentum des Hilfesuchenden stehenden
Kraftfahrzeuges verlangt werden, da der Besitz eines Autos -- wie dargelegt -- nicht zum notwendigen Lebensunterhalt im Sinne
des § 12 BSHG zählt und ein Personenkraftwagen in aller Regel kein von der Verwertung nach § 88 Abs. 1 Nr. 4 BSHG ausgeschlossener Gegenstand ist. Dabei kann offenbleiben, ob die Hilfegewährung dann nicht von der Verwertung eines Kraftfahrzeuges
abhängig gemacht werden darf, wenn zu erwarten ist, daß der Verkaufserlös aus dem an sich einzusetzenden Vermögensgegenstand
die Schutzgrenze von 2.500,-- DM nach § 88 Abs. 1 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung dieser Vorschrift nicht erreicht (vgl. insoweit LPK-BSHG, 3. Aufl. 1991, § 88 Rdnr. 35, m.w.N.). Der Antragsteller hat nämlich nicht glaubhaft gemacht, daß er sein Fahrzeug nur für 2.500,-- DM oder einen
geringeren Betrag verkaufen könne. Der Antragsteller, dem die Bedeutung der Schutzgrenze des § 88 Abs. I Nr. 8 BSHG auch in Bezug auf die Verwertung eines Verkaufserlöses nach eigenen Angaben bewußt ist, versucht offenkundig deshalb den
Wert seines Kraftfahrzeuges unter Hinweis auf dessen Alter und die in sechs Monaten anstehende Hauptuntersuchung beim Technischen
Überwachungsverein als gering erscheinen zu lassen. Andererseits betont der Antragsteller jedoch auch dessen technisch einwandfreien
Zustand, um damit die geringen Aufwendungen zu begründen, die im Rahmen der Unterhaltung und auch in Bezug auf die anstehende
TÜV-Vorführung anfallen würden. Dagegen hat der Antragsteller bisher nicht -- etwa durch Vorlage von Angeboten von Gebrauchtwagenfirmen
oder Zuschriften auf ein Zeitungsinserat -- dargelegt, daß er im Fall eines Verkaufes nicht mehr als 2.500,-- DM erlösen könne.
Dies drängt sich hier auch nicht aus anderen Gründen auf. Nach Auskunft der Gebrauchtwagenabteilung der Daimler-Benz AG H
ist es nicht unwahrscheinlich, daß das Fahrzeug des Klägers nach der von ihm gegebenen Ausstattungsbeschreibung für 3.000,--
DM und mehr verkauft werden kann, da es mittlerweile sogar Liebhaber für den vom Antragsteller gefahrenen Fahrzeugtyp gibt.