Sozialhilferecht: Auskunftsanspruch des Sozialhilfeträgers bezüglich des Unterhaltsverpflichteten
Tatbestand:
Der Beklagte gewährt der Schwiegermutter der Klägerin seit Februar 1990 stationäre Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz. Mit Bescheid vom 21.2.1991 leitete er die Unterhaltsansprüche der Hilfeempfängerin gegen den Ehemann der Klägerin ab dem
Beginn der Hilfegewährung auf den örtlichen Sozialhilfeträger über. Die Klage gegen die Überleitungsanzeige befindet sich
derzeit im Berufungsverfahren.
Mit Schreiben vom 31.10.1990 hatte der Beklagte die Klägerin um Mitteilung gebeten, ob sie selbst berufstätig sei und somit
ihren eigenen Unterhalt sicherstelle. Nachdem die Klägerin darauf nicht reagiert hatte, bat der Beklagte das Finanzamt H.
um Angabe von Name und Anschrift des Arbeitgebers der Klägerin. Nach telefonischer Beantwortung wandte sich der Beklagte an
die Arbeitgeberin der Klägerin und bat unter Bezugnahme auf § 116 Absätze 2 und 4 BSHG um Angabe der Lohn- bzw. Gehaltsbezüge für das Jahr 1990. Die Bescheinigung über den Arbeitsverdienst wurde unter dem 23.1.1991
erteilt.
Die auf Unterlassung der Auskunftseinholung gerichtete Klage wurde in zweiter Instanz in vollem Umfang abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin kann nicht verlangen, daß dem Beklagten die Einholung von Auskünften über ihren Arbeitsverdienst untersagt wird.
Rechtsgrundlage für dieses Begehren der Klägerin ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch. Dieser ist in der Verwaltungsrechtsprechung
allgemein anerkannt und wird entweder aus den Freiheitsgrundrechten -- hier dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung
gemäß Art.
2 Abs.
1 GG -- oder in Analogie zu §
1004 BGB hergeleitet. Der Anspruch gibt dem betroffenen Bürger ein Abwehrrecht, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt ihn in Ausübung
schlicht hoheitlicher Tätigkeit in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten oder rechtlich geschützten Interessen widerrechtlich
beeinträchtigt und weitere Störungen zu befürchten sind. An der Rechtswidrigkeit des Eingriffs fehlt es, wenn der Betroffene
zur Duldung verpflichtet ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.4.1988 -- 7 C 33.87 --, NJW 1988, 2396; Urteil vom 19.1.1989 -- 7 C 77.87 --, DVBl 1989, 463, 464; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.1.1988 -- 3 S 3157/86 --, NVwZ-RR 1989, 173, 174; Hess. VGH, Beschluß vom 24.11.1988 -- 6 TG 4463/88 --, NVwZ-RR 1989, 175; Köckerbauer/ Büllesbach, Der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch, Jus 1991, 373, 376.
Die Voraussetzungen des Abwehranspruches sind nicht erfüllt. Die Einholung von Auskünften über den Arbeitsverdienst der Klägerin
durch den Beklagten, an die die Klägerin anknüpft und deren Wiederholung der Klageantrag ausschließen soll, stand im Einklang
mit geltendem Recht. Dementsprechend gibt es keinen Anspruch der Klägerin darauf, daß der Behörde solches Verhalten für die
Zukunft untersagt wird.
Dies gilt im Ergebnis auch für die Auskunftserteilung durch die Arbeitgeberin der Klägerin.
Allerdings war die Arbeitgeberin entgegen der Anfrage des Beklagten vom 14.1.1991 nicht gemäß § 116 Abs. 2 BSHG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10.1.1991, BGBl I 94, zur Auskunft verpflichtet. Die Klägerin war weder selbst Hilfesuchende
oder Hilfeempfängerin, noch war sie im Verhältnis zur Hilfeempfängerin unterhaltspflichtig,
vgl. dazu Knopp/Fichtner, BSHG, 7. Aufl. 1992, § 116 Rdnr. 3,
oder kostenersatzpflichtig (vgl. §§ 92 ff BSHG). Eine über den Wortlaut des § 116 Abs. 2 BSHG hinausgehende Verpflichtung des Arbeitgebers, Auskunft über den Arbeitsverdienst auch der Ehefrau des Unterhaltsverpflichteten
zu geben, verbietet sich, zumal den Unterhaltspflichtigen selbst eine dahingehende Auskunftspflicht aus § 116 Abs. 1 BSHG nach dazu inzwischen vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht trifft.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.1.1993 -- 5 C 22.90 --, Buchholz 436.0 § 116 BSHG Nr. 1.
Das Auskunftsersuchen des Beklagten findet jedoch in den Bestimmungen der §§ 20 ff. SGB X eine Rechtsgrundlage, die die Ermittlungstätigkeit derjenigen Behörden regeln, die für einen Sozialleistungsträger handeln.
Diese Bestimmungen enthalten jedenfalls für den Vorgang der Datenerhebung eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung
tragende bereichsspezifische bundesrechtliche Grundlage, die der Einschränkung durch Vorschriften des Landesdatenschutzrechts
nicht zugänglich ist (Art.
31 GG). Sie genügt den im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu stellenden Anforderungen, indem sie die
Art und Weise der Datenerhebung regelt, ihren Verwendungszweck bestimmt und schließlich ihre Ergänzung findet in den Vorschriften
zur Sicherstellung des Schutzes vor unbefugter Weitergabe (§§ 67 ff. SGB X).
Für die vom SGB X erfaßten Behörden gilt der Untersuchungsgrundsatz. Er besagt, daß die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt, Art
und Umfang der Ermittlungen bestimmt und an das Vorbringen sowie an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden ist (§
20 Abs. 1 SGB X). Die Behörde bedient sich dabei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für
erforderlich hält (§ 21 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Sie kann insbesondere Auskünfte jeder Art einholen (§ 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Diesen Bestimmungen kann kein Grundsatz des Inhalts entnommen werden, daß der Sozialhilfeträger, der zu den Leistungsträgern
im Sinne des SGB zählt (vgl. §
28 Abs.
2 SGB I), erst dann Auskünfte einholen oder sich anderer in § 21 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannter Beweismittel bedienen darf, wenn der Beteiligte (§ 12 SGB X) Angaben verweigert und insofern seine nach Maßgabe von § 21 Abs. 2 SGB X bestehende Mitwirkungspflicht verletzt. Es kommt daher im vorliegenden Fall nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte
im Zeitpunkt seines Auskunftsersuchens an die Arbeitgeberin vom 14.1.1991 noch damit rechnen konnte, von der Klägerin selbst
alsbald Angaben über die Höhe ihres Einkommens zu erhalten. Wegen der im vorliegenden Sachzusammenhang gebotenen Genauigkeit
und Verläßlichkeit der Angaben bedurfte es -- was im folgenden noch ausgeführt wird -- ohnehin einer Bescheinigung der Arbeitgeberin,
die entweder dieser selbst oder die Klägerin vorlegen konnte. Jedenfalls durfte der Beklagte zum damaligen Zeitpunkt, in welchem
der sozialhilferechtliche Leistungsfall bereits seit fast einem Jahr andauerte und die Klägerin auf die Bitte des Beklagten
um Mitteilung über ihre berufliche Tätigkeit im Schreiben vom 31.10.1990 nicht reagiert hatte, von der Eilbedürftigkeit der
Angelegenheit ausgehen und sich von der Arbeitgeberin der Klägerin eine schnelle und exakte Auskunftserteilung versprechen.
Die Möglichkeit raschen Vorgehens des Sozialhilfeträgers im vorliegenden Zusammenhang erkennt der Gesetzgeber ausdrücklich
an, wenn er in § 90 Abs. 3 BSHG den Suspensiveffekt entfallen läßt, um dem Sozialhilfeträger ungeachtet eines eingelegten Rechtsbehelfs gegen die Überleitungsanzeige
die klageweise Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zu erlauben.
Freilich mußten die Ermittlungen des Beklagten der Aufklärung eines sozialhilferechtlich relevanten Sachverhalts dienen. Die
Beschränkung auf die für den jeweiligen Fall bedeutsamen Umstände wird in § 20 Abs. 2 SGB X vorausgesetzt. Dem entsprach auch das behördliche Verhalten im vorliegenden Fall. Für den Beklagten stand seinerzeit in Frage,
ob und ggf. in welchem Umfang er einen etwaigen Unterhaltsanspruch der Hilfeempfängerin gegen ihren Sohn, den Ehemann der
Klägerin, zum Zwecke der Durchsetzung vor einem Zivilgericht auf sich überleitete. Dieser Frage nachzugehen, war der Beklagte
aufgrund des im Sozialhilferecht herrschenden Nachranggrundsatzes (§ 2 BSHG) verpflichtet. Insofern benötigte er Angaben zum Einkommen der Klägerin erstens mit Blick auf die Berücksichtigung der Überleitungsgrenze
nach §§ 79 Abs. 1, 81 Abs. 1 Nr. 5, 84 Abs. 1 Satz 2, 91 Abs. 1 Satz 2 BSHG, zweitens bei der ebenfalls die Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige betreffenden Frage danach, ob ein bürgerlich-rechtlicher
Unterhaltsanspruch evident ausgeschlossen war, und schließlich drittens zur Prüfung der sich nach bürgerlich-rechtlichem Unterhaltsrecht
beantwortenden Frage, ob und ggf. in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch vor dem zuständigen Zivilgericht klageweise geltend
zu machen war. Dabei geht es entgegen der Befürchtung der Klägerin nicht darum, mit den zu erstattenden Sozialhilfekosten
mittelbar den nicht unterhaltsverpflichteten Ehegatten des Unterhaltsschuldners zu belasten, sondern das Maß der Unterhaltspflicht
des Sohnes der Hilfeempfängerin zu bestimmen. Dieses wiederum hängt davon ab, inwieweit er selbst vorrangig seiner Ehefrau
zum Unterhalt verpflichtet ist; daß insofern deren Einkommen von Bedeutung ist, liegt auf der Hand.
Der sozialhilferechtlichen Relevanz dahingehender Ermittlungen des Beklagten kann nicht entgegengehalten werden, die Inanspruchnahme
des Ehemannes der Klägerin habe wegen § 91 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG zu unterbleiben. Denn die hier allein in Rede stehende Beurteilung behördlicher Verfahrenshandlungen richtet sich nach der
Maßnahme, der sie zu dienen bestimmt waren. Sie können daher außer an den spezifisch verfahrensrechtlichen Vorschriften nur
daran zu messen sein, ob sie für jene Maßnahme nach dem Rechtsstandpunkt der Behörde erforderlich waren. Da der Beklagte zu
dem Ergebnis gelangt war, daß von der Überleitung nicht gemäß § 91 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BSHG abzusehen sei, mußten sich seine Ermittlungen auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Ehemannes der Klägerin
und somit -- wegen der dargelegten sachlogischen Verknüpfung -- auch auf deren Einkommen erstrecken. Die Rechtmäßigkeit der
damaligen Verfahrenshandlungen bleibt daher unberührt davon, ob der behördliche Rechtsstandpunkt und hierauf fußend die Überleitungsanzeige
vom 21.2.1991 selbst im Rechtsmittelverfahren der rechtlichen Überprüfung standhalten und ob -- bejahendenfalls -- von den
zuständigen Zivilgerichten eine Unterhaltspflicht des Ehemannes dem Grunde nach angenommen wird oder ob all diese Fragen im
Sinne des Rechtsstandpunktes der Klägerin zu beantworten sind. Denn die materielle Rechtswidrigkeit einer gerichtlichen oder
behördlichen Entscheidung teilt sich gerade nicht ohne weiteres nachträglich jenen vorbereitenden Verfahrenshandlungen mit,
die zu einem Zeitpunkt getroffen werden, in welchen das Ergebnis der Sachentscheidung nicht einmal feststeht und dementsprechend
ebensowenig über die Rechtmäßigkeit der erst erwarteten Sachentscheidung gesagt werden kann. Etwas anderes gilt freilich dort,
wo schon die Verfahrenshandlung in Rechte eingreift, zugleich aber von vornherein feststeht, daß die Sachentscheidung rechtswidrig
sein wird. Dies ist hier indes nicht der Fall, was sinnfällig durch den bisherigen Prozeßverlauf in der Überleitungsangelegenheit
belegt wird.
Der Beklagte durfte und darf somit wegen des Arbeitsverdienstes der Klägerin nach § 21 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X Auskünfte einholen. Die Bestimmung ermächtigt nicht nur zur Einholung amtlicher Auskünfte, sondern auch solcher von privaten
Stellen, zu denen die Arbeitgeberin der Klägerin zählt.
Vgl. Hauck/Haines, SGB X/1, 2, Stand: Januar 1993, § 21 Rdnr. 6.
Ungeachtet dessen, daß die Arbeitgeberin -- wie dargelegt -- eine Auskunftspflicht nach § 116 Abs. 2 BSHG nicht traf, war sie doch berechtigt, die vom Beklagten erbetene Auskunft über den Arbeitsverdienst der Klägerin zu erteilen.
Hieran war sie insbesondere nicht ihrerseits durch datenschutzrechtliche Bestimmungen gehindert.
Da es sich bei der Arbeitgeberin der Klägerin um eine juristische Person des Privatrechts handelt, war auf die Auskunftserteilung
vom 23.1.1991 noch das
Bundesdatenschutzgesetz (
BDSG) vom 27.1.1977, BGBl I 201, anzuwenden, welches noch bis zum 30.6.1991 galt (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zur Fortentwicklung
der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20.12.1990, BGBl I 2954). Einschlägig war hier der dritte Abschnitt des Gesetzes,
dessen Vorschriften nach §
22 Abs.
1 Satz 1
BDSG für juristische Personen des Privatrechts galten, soweit sie geschützte personenbezogene Daten als Hilfsmittel für die Erfüllung
ihrer (eigenen) Geschäftszwecke oder Ziele verarbeiteten und der insoweit auch Auskunftsersuchen von Behörden an jene Privatrechtssubjekte
Grenzen setzt. Denn ein rechtswidriges Verhalten darf dem um Auskunft ersuchten Privaten nicht angesonnen werden. Typischer
Anwendungsbereich der vorgenannten Vorschrift waren die Arbeitnehmerdateien von Industriebetrieben, Banken und anderen privat-rechtlich
organisierten Unternehmen.
Es kann davon ausgegangen werden, daß die Arbeitgeberin die Angaben gemäß Bescheinigung vom 23.1.1991 ihrer Arbeitnehmerdatei
entnommen hat, wobei der Senat unterstellt, daß jene Arbeitnehmerdatei dem Schutzbereich des §
1 Abs.
2 BDSG unterfiel. Die Arbeitgeberin war gemäß §
24 Abs.
1 Satz 1
BDSG zur Auskunft berechtigt. Nach dieser Vorschrift war die Übermittlung personenbezogener Daten zulässig, soweit es zur Wahrung
berechtigter Interessen der Allgemeinheit erforderlich war und dadurch schutzwürdige Belange des Betroffenen nicht beeinträchtigt
wurden. Bei den in der Bescheinigung vom 23.1.1991 enthaltenen Angaben zur Lohnhöhe der Klägerin handelte es sich um personenbezogene
Daten im Sinne von §
2 Abs.
1 BDSG. Die Weitergabe dieser Daten war zur Wahrung berechtigter Interessen der Allgemeinheit erforderlich, da die Kenntnis der
der Klägerin zufließenden Einkünfte zur Durchsetzung des sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes im Hilfefall ihrer Schwiegermutter
unvermeidlich war. Angesichts dessen war ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin, die Höhe ihres Einkommens dem seinerseits
zum qualifizierten Datenschutz verpflichteten Sozialhilfeträger gegenüber geheimzuhalten, nicht anzuerkennen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich zusammenfassend, daß der Beklagte zur Einholung und die Arbeitgeberin der Klägerin zur Erteilung
der Auskunft über den Arbeitsverdienst berechtigt war, der durch die Auskunft geschaffene Zustand somit im Einklang mit dem
geltenden Recht stand und mithin nicht Anknüpfungspunkt für einen Unterlassungsanspruch der Klägerin sein kann. Dagegen kann
nicht eingewandt werden, der nach der inzwischen erfolgten höchstrichterlichen Klärung als unzutreffend anzusehende Hinweis
des Beklagten im Auskunftsersuchen auf § 116 Abs. 2 BSHG habe eine Verpflichtung der Arbeitgeberin vorgespiegelt, die nach den zitierten Bestimmungen des SGB X und des
BDSG nicht bestand. Denn dadurch sind lediglich Rechte der Arbeitgeberin verletzt worden, nicht aber solche der Klägerin, die
-- wie dargelegt -- zur Duldung der Auskunftserteilung verpflichtet war.
Selbst wenn man aber davon ausgeht, daß das auf § 116 Abs. 2 BSHG gestützte Auskunftsbegehren wegen Heranziehung der falschen Rechtsgrundlage auch der Klägerin gegenüber rechtswidrig war,
so stünde ihr kein dahingehender Unterlassungsanspruch zu, auch nicht in der eingeschränkten Weise, daß dem Beklagten zu untersagen
wäre, künftig die Klägerin betreffende Auskunftsersuchen auf § 116 Abs. 2 BSHG zu stützen. Wie eingangs dargelegt wurde, ist zur Bejahung eines öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs auch erforderlich,
daß weitere rechtswidrige Beeinträchtigungen durch hoheitliches Handeln zu besorgen sind. Davon kann aber im hier fraglichen
Zusammenhang nach Lage der Dinge nicht ausgegangen werden. Immerhin konnte sich der Beklagte hinsichtlich seines Auskunftsersuchens
vom 14.1.1991 auf eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Rechtsauffassung stützen. Nachdem nunmehr das zur
gegenteiligen Ansicht gelangende Urteil des BVerwG vom 21.1.1993 aaO bekannt geworden ist, kann mangels entgegenstehender
Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, daß der Beklagte als an Gesetz und Recht (Art.
20 Abs.
3 GG) gebundene Behörde dieser Auffassung folgen und bei künftigen Arbeitgeberanfragen nicht mehr die -- eine Auskunftspflicht
statuierende und im übrigen sanktionsbewehrte -- Vorschrift des § 116 Abs. 2 BSHG als Rechtsgrundlage benennen wird.
Ebensowenig steht der Klägerin ein Unterlassungsanspruch mit Blick auf das Auskunftsersuchen des Beklagten an das Finanzamt
H. vom 11.12.1990 zu. Diese Anfrage wie auch ihre fernmündliche Beantwortung fand ihre Rechtsgrundlage in § 21 Abs. 4 SGB X. Nach dieser Vorschrift haben die Finanzbehörden, soweit es in Sozialverwaltungsverfahren erforderlich ist, Auskunft über
die ihnen bekannten Einkommens- oder Vermögensverhältnisse des Antragstellers, Leistungsempfängers, Erstattungsverpflichteten,
Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsberechtigten oder der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder zu erteilen. Der Wortlaut
der Bestimmung legt es nahe, daß Bezugspunkt "der zum Haushalt rechnenden Familienmitglieder" alle zuvor genannten Personengruppen
sind, die Auskunftspflicht sich demnach auch auf die Angehörigen desjenigen bezieht, der dem Leistungsempfänger gegenüber
unterhaltsverpflichtet ist. Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen für eine dahingehende weite Auslegung. Da Sozialleistungen
überwiegend einkommensabhängig gewährt werden, sind verläßliche Angaben über die Einkommensverhältnisse des Leistungsempfängers
unentbehrlich. Dem dient die Auskunftspflicht der Finanzbehörden, deren Unterlagen -- so jedenfalls die typisierende Annahme
des Gesetzgebers -- regelmäßig einen korrekten Einblick in die maßgeblichen Einkommensverhältnisse erlauben. Für einige wichtige
Sozialleistungsbereiche -- insbesondere denen des Sozialhilferechts -- gilt darüber hinaus ein Nachrang gegenüber Unterhaltsansprüchen
nach bürgerlichem Recht. Deren Maß läßt sich aber, wie bereits oben dargelegt wurde, häufig nur nach Kenntnis der Einkommensverhältnisse
naher Angehöriger des Unterhaltsverpflichteten beurteilen, die ebenfalls -- vorrangig -- als Unterhaltsberechtigte in Betracht
kommen. Insofern vermag § 21 Abs. 4 SGB X (teilweise) eine Lücke zu schließen, die sich unter Berücksichtigung der übrigen die Ermittlungstätigkeit der Sozialleistungsträger
betreffenden Bestimmungen ergäbe. § 116 Abs. 2 BSHG erlegt -- wie oben dargelegt -- dem Arbeitgeber des Ehegatten des Unterhaltsverpflichteten keine Auskunftspflicht auf, und
eine Pflicht zur Zeugenaussage im Verwaltungsverfahren nach § 21 Abs. 3 Satz 2 SGB X besteht nicht, wenn es -- wie hier -- um die Erstattung von Sozialleistungen geht.
Vgl. Hauck/Haines aaO Rdnr. 12.
Die Klärung der Einkommensverhältnisse der Klägerin war -- wie es § 21 Abs. 4 SGB X verlangt -- zur Durchführung des fraglichen Sozialhilfefalles erforderlich. Insofern kann auf die oben zu §§ 20, 21 SGB X gemachten Ausführungen verwiesen werden.