Sozialhilferecht: Übernahme von Bestattungskosten im Ausland
Tatbestand:
Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, war ein entfernter Verwandter des türkischen Staatsangehörigen B. Dieser hatte
von April bis Ende November 1983 vom beklagten Oberstadtdirektor der Stadt K. Hilfe zum Lebensunterhalt bezogen. Am 22.4.1984
erlitt Herr B. einen tödlichen Autounfall.
Der Kläger erfuhr nach seinen Angaben durch die Polizei vom Tode seines Verwandten. Daraufhin beauftragte er ein Bestattungs-Institut
in der Nähe des Unfallortes mit der Überführung des Leichnams nach A. in der Türkei, wo die Beisetzung des Verstorbenen stattfand.
Mit Rechnung vom 11. 5.1984 nahm das Bestattungs-Institut den Kläger auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 4.033,-- DM in
Anspruch. Mit Schreiben vom 3. 4.1985 suchte der Kläger beim Beklagten um Übernahme der Bestattungskosten nach. Durch Bescheid
vom 25.6.1985 lehnte der Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 BSHG sei der Träger der Sozialhilfe zuständig, in dessen Bereich der Bestattungsort liege. Da die Stadt K. nicht Bestattungsort
sei, scheide seine, des Beklagten, Zuständigkeit aus.
Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger Klage mit dem Ziel erhoben, den Beklagten zur Erstattung der Beerdigungskosten
zu verpflichten.
Das VG hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der Kosten der Bestattung seines Verwandten.
Gemäß § 15 BSHG sind die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, soweit dem hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann,
die Kosten zu tragen. Nach Maßgabe des § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG -- ein Fall des § 97 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz BSHG iVm § 100 Abs. 2 BSHG ist hier ersichtlich nicht gegeben -- ist in den Fällen des § 15 örtlich zuständig der Träger, in dessen Bereich der Bestattungsort liegt. Hiernach scheitert ein Anspruch des Klägers gegen
den Beklagten daran, daß letzterer zur Gewährung der begehrten Hilfe nicht nach § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG örtlich zuständig war. § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG setzt nämlich voraus, daß der Bestattungsort im Zuständigkeitsbereich eines inländischen Sozialhilfeträgers liegt; die Bestimmung
greift daher bei der Überführung eines im Inland Verstorbenen ins Ausland nicht ein.
Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 28.4.1989 -- Bf IV 56/89 --, FEVS 39, 144, 145.
Dieses Ergebnis entspricht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, der, indem er an die örtliche Zuständigkeit eines Sozialhilfeträgers
anknüpft, ersichtlich nur die im Geltungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes liegenden Träger der Sozialhilfe in Bezug nimmt
und in Bezug nehmen kann. Denn unabhängig davon, daß der Bundesgesetzgeber einseitig keinerlei Verpflichtungen ausländischer
Behörden zu begründen vermag, besteht im Falle der Bestattung eines Verstorbenen im Ausland kein sozialhilferechtlicher Bedarf,
den im Inland zu decken Veranlassung bestünde.
Besteht keine örtliche Zuständigkeit des Beklagten nach § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG, so verbietet sich die Annahme, der Beklagte könne nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG örtlich zuständig sein. Denn § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG ist gegenüber Satz 1 der Vorschrift lex specialis. Auch dies folgt schon aus dem Wortlaut der Norm. Mit den Worten "In den
Fällen des § 15" bringt das Gesetz zum Ausdruck, daß eine die allgemeine Bestimmung des § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG verdrängende gesetzliche Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Bestattungsfällen schlechthin getroffen wird. Dieses Ergebnis
wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. § 97 Abs. 1 Satz 2 wurde in das Bundessozialhilfegesetz eingefügt durch das Zweite Gesetz zur Änderung des BSHG vom 14.8.1969, BGBl I 1153. Die Ergänzung beruhte, wie sich aus der Begründung zum Entwurf dieses Gesetzes ergibt,
vgl. BT-Drucks. V/3495, zu Nr. 32 (§ 97), Seite 17,
auf Vorschlägen aus der Praxis. Mit ihr sollte eine lange währende Unsicherheit über den örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe
in Bestattungsfällen beseitigt werden.
Vgl. Gottschick/Giese, BSHG, 9. Aufl., 97 Rdnr. 6; Oestreicher/Schelter/Kunz, BSHG, Kommentar, Stand: 20.3.1990, § 97 Rdnr. 5; Schellhorn/Jirasek/ Seipp, BSHG, Kommentar, 13. Aufl., § 97 Rdnr. 26.
Ist danach § 97 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BSHG als eine vom Gesetzgeber bewußt in das Gesetz aufgenommene Sonderregelung mit Klarstellungsfunktion zu verstehen, so bleibt
in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem (auch) Streit über die örtliche Zuständigkeit eines Trägers der Sozialhilfe zur
Übernahme von Bestattungskosten besteht, für die allgemeine Regelung des § 97 Abs. 1 Satz 1 BSHG kein Raum.