Gründe:
Das Hessische LSG hat mit Urteil vom 23.5.2014 einen Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung über den 30.11.2008
hinaus verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie macht eine Divergenz (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) und Verfahrensmängel (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) geltend.
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Beschwerdebegründung vom 8.9.2014 genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht,
weil sie die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan hat (vgl §
160a Abs
2 S 3
SGG).
1. Divergenz nach §
160 Abs
2 Nr
2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen.
Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten
Rechtssatz des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich
nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die eines der vorgenannten Gerichte aufgestellt
hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die
Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung
der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass die angefochtene Entscheidung
auf der Abweichung beruht (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG). Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte: Die Beschwerdebegründung muss erkennen lassen, welcher
abstrakte Rechtssatz in der herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher in der Entscheidung
des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht. Ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das BSG die oberstgerichtliche Rechtsprechung im Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (stRspr; vgl
zum Ganzen: BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 17; Nr 10 RdNr 4; SozR 1500 § 160a Nr 67 S 89 f; Nr 14 S 22).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt vor, das LSG weiche von den Entscheidungen
des BSG vom 24.4.2014 - B 13 R 325/13 B und B 13 R 352/12 B - ab. Danach hätte das LSG ihr Versicherungskonto prüfen und aufklären müssen, weil es nach dem "Anerkenntnis der Beklagten"
vom 5.3.2013 für die Entscheidung "maßgeblich darauf ankam, ob die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum 21.11.2012
vorlagen und nach dem Vortrag der Klägerin Verlängerungs-, Anrechnungs- und Berücksichtigungszeiten auf der Hand lagen". Indem
das Berufungsgericht dies nicht getan habe, sei es "zu einer falschen Entscheidung" gekommen.
Mit diesem und ihrem weiteren Vorbringen hat die Klägerin eine Abweichung iS des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG nicht dargelegt. Es fehlt bereits an der Bezeichnung eines divergierenden abstrakten Rechtssatzes aus dem Urteil des LSG.
Ebenso wenig gibt sie einen abstrakten Rechtssatz aus den von ihr genannten BSG-Entscheidungen wieder. Vielmehr rügt die Klägerin, dass das Berufungsgericht zu einem unzutreffenden Ergebnis in Bezug auf
den Zeitpunkt des Vorliegens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die von ihr begehrte Rente gelangt sei. Damit
wendet sie sich aber gegen die - vermeintliche - Unrichtigkeit der Rechtsanwendung in ihrem konkreten Einzelfall. Ihr Beschwerdevortrag
geht daher über eine unbeachtliche Subsumtionsrüge nicht hinaus.
2. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Im Kern ihres ausführlichen Beschwerdevorbringens greift die Klägerin die - von ihr als "falsch" bezeichnete (S 36 der Beschwerdebegründung)
- Beweiswürdigung des LSG an. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 2
SGG kann aber ein Verfahrensmangel im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht auf §
128 Abs
1 S 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden. Die Würdigung von Gutachtenergebnissen oder ärztlichen
Auffassungen zur Leistungsfähigkeit des Versicherten gehört wie die Beurteilung anderer sich widersprechender Beweisergebnisse
zur Beweiswürdigung selbst.
Eine eventuelle Verpflichtung zur weiteren Beweiserhebung kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nur
dann erheblich sein, wenn das LSG im Berufungsverfahren einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist
(§
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG). Die Anforderungen an eine solche Sachaufklärungsrüge (vgl hierzu allgemein BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN) erfüllt der Vortrag der Klägerin schon im Ansatz nicht. Insbesondere hat sie nicht aufgezeigt, dass sie
einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG gestellt und bis zuletzt vor dem Berufungsgericht aufrechterhalten habe. Ein im Berufungsverfahren anwaltlich vertretener
Beteiligter - wie die Klägerin - kann aber nur dann mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags gehört werden, wenn er
diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll aufrechterhalten hat oder das
Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr, vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Dass dies geschehen sei, behauptet die Klägerin nicht. Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 3
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz aber nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung
durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).
Auch mit der Rüge, das LSG habe ihr zu den erst in der mündlichen Verhandlung überreichten Stellungnahmen der Beklagten zu
den gutachterlichen Äußerungen keinen Schriftnachlass gewährt, hat sie keinen Verfahrensmangel in Gestalt eines Verstoßes
gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG, §
62 SGG) bezeichnet. Denn aus ihrem Vorbringen ergibt sich nicht, dass ihre Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung
vom LSG gehindert worden oder nicht in der Lage gewesen wäre, sich zu den Stellungnahmen der Beklagten zu äußern und diesbezügliche
Einwände vorzutragen. Überdies hätte sich ihre Prozessbevollmächtigte durch das Stellen eines Vertagungsantrags (§
202 S 1
SGG iVm §
227 Abs
1 ZPO) die nach ihrem Dafürhalten notwendige Frist für eine entsprechende Stellungnahme verschaffen können (vgl BSG SozR 3-1500 § 128 Nr 14 S 28; Senatsbeschluss vom 5.5.2009 - B 13 R 535/08 B - Juris RdNr 9). Die Klägerin hat aber weder vorgetragen, einen solchen Antrag gestellt zu haben, noch dass das LSG sie
bzw ihre Prozessbevollmächtigte an der Wahrnehmung ihrer prozessualen Rechte gehindert hätte. Entsprechendes gilt für das
Stellen bzw das Aufrechterhalten eines Antrags nach §
109 SGG. Überdies kann ein Verfahrensmangel gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Teils 2
SGG ohnehin nicht auf eine Verletzung des §
109 SGG gestützt werden.
Auch eine Verletzung der richterlichen Hinweispflichten, die sich für das sozialgerichtliche Verfahren aus §
106 Abs
1 bzw §
112 Abs
2 S 2
SGG ergeben, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Insbesondere gibt es keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das
Gericht verpflichtet, vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche
Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (stRspr, BSG Beschluss vom 9.2.2011 - B 11 AL 71/10 B - Juris RdNr 6 mwN; Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 590). Die Pflicht zur Gehörsgewährung bedeutet
nur, dass den Beteiligten die vom Gericht eingeholten Tatsachen und Beweisergebnisse bekannt sein müssen; nicht aber muss
das Gericht ihnen auch mitteilen, welche Schlussfolgerungen es aus den Tatsachen oder Beweisergebnissen zieht bzw ziehen wird
(BSG Beschluss vom 17.7.2007 - B 6 KA 14/07 B - BeckRS 2007, 46399 RdNr 7 mwN). Im Übrigen kann das Erfordernis, für die Rüge unzureichender Sachaufklärung einen bis zuletzt
im Berufungsverfahren aufrechterhaltenen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag zu benennen und entsprechend vorzutragen, nicht
dadurch umgangen werden, dass behauptet wird, das LSG habe entsprechende Hinweispflichten verletzt (BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - Juris RdNr 10).
Sofern die Klägerin schließlich einen Verfahrensmangel darin sieht, dass das Berufungsgericht "das Anerkenntnis" der Beklagten
im Schriftsatz vom 3.5.2013 "nicht berücksichtigt" habe, wonach eine volle Erwerbsminderung auf Dauer ab 21.11.2012 vorliege,
hat sie nicht aufgezeigt, warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf diesem behaupteten
Mangel beruhen kann. Vielmehr trägt sie selbst vor, dass nach Ansicht des LSG die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
für die begehrte Rente nur bei Eintritt eines Versicherungsfalls bis zum 31.1.2012 erfüllt seien. Dass die Klägerin dies für
"falsch" hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich. Denn die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit
der angegriffenen Berufungsentscheidung kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.