Gründe
I
Im Streit steht eine höhere Regelaltersrente des Klägers unter Berücksichtigung der von ihm in Polen zurückgelegten rentenrechtlichen
Zeiten vom 26.4.1966 bis 25.2.1988 nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Volksrepublik Polen
über Rentenund Unfallversicherung vom 9.10.1975 (DPSVA 1975).
Der Kläger lebt mit seiner Familie seit dem 22.7.1987 in Deutschland. Zunächst wurden ihm und seiner Ehefrau von der Ausländerbehörde
Duldungen erteilt, im März 1993 erhielt er eine Aufenthaltsbefugnis und im Mai 2002 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Die Beklagte bewilligte ihm die beantragte Regelaltersrente, ohne die in Polen zurückgelegten Zeiten bei der Berechnung zu
berücksichtigen. In dem vom Kläger deswegen geführten Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren ist er erfolglos geblieben
(Widerspruchsbescheid vom 5.9.2012, Gerichtsbescheid des SG vom 21.12.2016 und Urteil des LSG vom 26.2.2019). Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der Kläger habe weder zum 31.12.1990 noch bis zum 30.6.1991 seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in Deutschland gehabt. Er habe zu diesen Zeitpunkten nicht über eine zukunftsoffene Berechtigung zum Aufenthalt
in Deutschland verfügt. Zwar habe der Kläger zunächst eine Duldung erhalten, verbunden mit einer Aussetzung der Abschiebung
bis zum 31.1.1990. Eine weitere Duldung sei alsdann nicht erteilt worden. Vielmehr sei die Aufforderung erfolgt, Deutschland
bis zum 15.5.1991 zu verlassen unter Androhung der Abschiebung des Klägers und seiner Familie. Erst nach einem Klageverfahren
hiergegen sei es im Verhandlungswege zu weiteren Duldungen gekommen. Das LSG hat die Revision in seinem Urteil nicht zugelassen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Er hat mit der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Der Kläger beruft sich ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Die Beschwerdebegründung vom 6.6.2019 genügt jedoch nicht den Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 - juris RdNr 6 mwN).
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine abstrakt-generelle Rechtsfrage aufwirft, die - über
den Einzelfall hinaus - allgemeine Bedeutung hat und aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung
durch das Revisionsgericht bedarf (Klärungsbedürftigkeit) und fähig (Klärungsfähigkeit) ist. Mit der Beschwerdebegründung
ist daher zunächst aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des §
162 SGG stellt. Sodann ist anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und
des Schrifttums darzulegen, weshalb eine Klärung erforderlich und im angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist. Schließlich
ist aufzuzeigen, dass der angestrebten Entscheidung eine über den Einzelfall hinausgehende Breitenwirkung zukommt (BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN; s auch BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 12 KR 64/19 B - juris RdNr 5). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger hat schon keine Rechtsfrage zu einer bestimmten bundesrechtlichen Norm formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend
bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren
Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN; s auch BSG Beschluss vom 21.1.2020 - B 12 KR 64/19 B - juris RdNr 6). Eine Rechtsfrage ist so konkret zu formulieren, dass sie als Grundlage für die Darlegung der weiteren Merkmale der grundsätzlichen
Bedeutung (Klärungsbedürftigkeit, Klärungsfähigkeit, Breitenwirkung) geeignet ist (Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl 2017, §
160a RdNr 97). Aber selbst wenn aus den Darlegungen des Klägers in der Beschwerdebegründung die Rechtsfrage extrahiert würde, ob zur Ausfüllung
des Begriffs des "gewöhnlichen Aufenthalts" im Rahmen des DPSVA 1975 auf die objektiv gegebenen tatsächlichen Lebensverhältnisse
und nicht allein auf den jeweiligen ausländerrechtlichen Aufenthaltsstatus abzustellen sei, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit
nicht hinreichend dargelegt.
Eine Rechtsfrage ist dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese
bereits beantwortet ist. Eine erneute Klärungsbedürftigkeit kann zwar entstehen, wenn es anderweitige geäußerte Auffassungen
durch Veröffentlichungen in der Fachliteratur gibt; für die Darlegung einer erneuten Klärungsbedürftigkeit von höchstrichterlich
bereits grundsätzlich entschiedenen Rechtsfragen müssen aber in Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung des BSG völlig neue, noch nicht erwogene Gesichtspunkte vorgetragen werden, mit denen im Schrifttum oder in der Rechtsprechung den
ergangenen BSG-Entscheidungen substanziell widersprochen worden ist (BSG Beschluss vom 23.6.2010 - B 12 KR 14/10 B - juris RdNr 11; BSG Beschluss vom 2.8.2018 - B 10 ÜG 7/18 B - juris RdNr 8). Unzureichend ist es insoweit, etwa nur selbst eine andere Auffassung zu vertreten (vgl BSG Beschluss vom 19.7.2011 - B 8 SO 19/11 B - juris RdNr 7; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160a RdNr 14g).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung schon deshalb nicht gerecht, weil sie sich nicht mit Entscheidungen des
BSG auseinandersetzt, die sich mit der Frage der Auslegung des Begriffs des "gewöhnlichen Aufenthalts" befassen. Hierzu hätte
jedoch Anlass bestanden, denn im Berufungsurteil wird ua eine Entscheidung des BSG vom 16.6.2015 (B 13 R 36/13 R) zitiert, in deren Mittelpunkt die Verwendung dieses Begriffs im Zusammenhang mit der Anwendung des DPSVA 1975 steht.
Dort heißt es unter RdNr 25 und 26, ob jemand sich gewöhnlich an einem Ort oder in einem Gebiet aufhalte oder nur vorübergehend
dort verweile, lasse sich nur im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise (Prognose) entscheiden (s hierzu BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 1/12 R - BSGE 112 - SozR 4-1200 § 30 Nr 6, RdNr 25 ff, und Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 28 ff - jeweils mwN). Die Prognose habe alle mit dem Aufenthalt verbundenen Umstände zu berücksichtigen; dies könnten subjektive wie objektive,
tatsächliche wie rechtliche sein. Es komme demnach nicht allein auf den Willen des Betroffenen an einen gewöhnlichen Aufenthalt
zu begründen (sog Domizilwille: BSG Urteil vom 9.5.1995 - 8 RKn 2/94 - juris RdNr 17); dies gelte insbesondere dann, wenn er nicht mit den tatsächlichen objektiven Umständen übereinstimme (vgl BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93, 97 - SozR 2200 § 205 Nr 65 S 183). Bei Ausländern sei im Rahmen der Gesamtwürdigung als ein rechtlicher Gesichtspunkt deren Aufenthaltsposition heranzuziehen
(exemplarisch BSG Urteil vom 9.8.1995 - 13 RJ 59/93 - SozR 3-1200 § 30 Nr 15 S 30 - stRspr), ohne dass diese aber allein Grundlage einer Prognose über die Dauer des Aufenthalts sein könne ( vgl auch BVerfG Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvR 2515/95 - BVerfGE 111, 176, 185; BVerfG Beschluss vom 10.7.2012 - 1 BvL 2/10 ua - BVerfGE 132, 72 RdNr 28). Dabei werde die Aufenthaltsposition wesentlich durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt,
wie er sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle (BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 32 mwN). Zu den Tatsachen, die bei der Prognose im Rahmen des §
30 Abs
3 Satz 2
SGB I zu berücksichtigen seien, gehörten aber auch eventuelle Hindernisse, die der Abschiebung eines Ausländers entgegenstünden
(BSG Urteil vom 17.5.1989 - 10 RKg 19/88 - BSGE 65, 84, 87 = SozR 1200 § 30 Nr 17 S 18; BSG Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris RdNr 31). Der Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts eines Ausländers stünden danach grundsätzlich keine Hindernisse entgegen,
soweit keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen getroffen worden oder zu erwarten seien. Davon sei ua auszugehen, wenn der Betreffende
aufgrund besonderer ausländer- bzw aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis auch bei endgültiger Ablehnung
eines Antrags auf ein dauerhaftes Bleiberecht (zB Asyl) nicht mit einer Abschiebung zu rechnen brauche (vgl BSG Urteil vom 23.2.1988 - 10 RKg 17/87 - BSGE 63, 47, 50 = SozR 5870 § 1 Nr 14 S 34; BSG Urteil vom 4.11.1998 - B 13 RJ 9/98 R - juris RdNr 39).
Der Kläger bringt nicht einmal vor, dass sich aus diesen Ausführungen keine Antwort auf die von ihm wohl aufgeworfenen Frage
ergebe, sondern legt ausschließlich seine eigene Rechtsauffassung dar und verwirft die des LSG im angefochtenen Berufungsurteil
als unzutreffend. Damit wendet er sich ausdrücklich gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall.
Hierauf kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision jedoch nicht zulässig gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.