Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache
aufgrund einer Verfassungsverletzung
Gründe:
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, 1955 geborene Klägerin, die ua an einem gravierenden chronischen Schmerzsyndrom
leidet, ist mit ihrem Begehren auf Versorgung mit dem Cannabinoid "Dronabinol" - ein Rezepturarzneimittel - in den Vorinstanzen
ohne Erfolg geblieben. Das Landessozialgericht (LSG) hat zur Begründung auf das klageabweisende erstinstanzliche Urteil verwiesen
und ergänzend ausgeführt, die Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch der Klägerin seien auch unter Berücksichtigung des
Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.12.2005 (BVerfGE 115, 25 = SozR 4-2500 § 27 Nr 5) und der nachfolgenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erfüllt. Die Krankheit
der Klägerin sei nicht lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufend. Auch eine notstandsähnliche Situation, bei der
ein nicht kompensierbarer Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion in absehbarer Zeit
zu erwarten sei, liege bei dem Schmerzsyndrom nicht vor. Weitere Ermittlungen seien nicht veranlasst, weil nach den vorliegenden
Unterlagen ein notstandsähnlicher akuter Behandlungsbedarf nicht zu erkennen sei. Die bei Verabreichung herkömmlicher Schmerzmittel
beobachtete Erhöhung der Leberwerte sei reversibel, ein dauerhafter Leberschaden bisher nicht eingetreten (Urteil vom 18.12.2008).
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 Satz 3
SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 Satz 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung der geltend gemachten Revisionszulassungsgründe nach §
160 Abs
2 Nr
1 und Nr
3 SGG.
1. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und ausführen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR
3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung
nicht. Sie formuliert schon keine Rechtsfrage, stützt sich im Kern nur darauf, dass die Grundsätze des Beschlusses des BVerfG
vom 6.12.2005 (aaO) auch im Fall ihrer Krankheit zur Anwendung kommen müssten und rügt im Vergleich zu den vom Beschluss des
BVerfG unstreitig erfassten Krankheiten eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Wer sich auf die Verfassungswidrigkeit beruft,
darf sich allerdings nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Rechtsgrundsätze beschränken, sondern muss unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG darlegen, woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (BSGE
40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; ferner zB BSG, Beschlüsse vom 4.4.2006 - B 12 RA 16/05 B und vom 27.10.2006 - B 1 KR 92/06 B, RdNr 5). Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe
ihrer jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verfassungsverletzung dargelegt werden. An alledem fehlt es. Das Beschwerdevorbringen
rügt der Sache nach nur, das LSG-Urteil beruhe auf einer zu Unrecht unterlassenen Übertragung der Grundsätze aus der Rechtsprechung
des BVerfG auf ihren Fall. In Bezug auf die besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin und ihre Behandlungsmöglichkeiten
enthält die Beschwerde dazu teilweise in tatsächlicher Hinsicht Prämissen, die sich nicht mit den Feststellungen des LSG decken.
Das BSG ist in einem Revisionsverfahren aber an die LSG-Feststellungen gebunden, welche nicht mit durchgreifenden Revisionsgründen
angegriffen sind (§
163 SGG). Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde dient indessen nicht dazu, die von einem Beschwerdeführer angezweifelte sachliche
Richtigkeit des LSG-Urteils - auch im Hinblick auf die Beachtung von Maßstäben aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung
- nochmals allgemein überprüfen zu lassen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 7). Abgesehen davon fehlt die Klärungsbedürftigkeit
der Frage, wenn sie durch die dazu vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung bereits geklärt ist (vgl zB BSG SozR 3-2500
§ 75 Nr 8 S 34; BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6 und § 160a Nr 21 S 38). So verhält es sich hier, weil das BVerfG in seinem
Beschluss vom 6.12.2005 spezielle Maßstäbe für eine - nur ausnahmsweise in Betracht kommende - verfassungskonforme erweiternde
Auslegung der Regelungen des Leistungsrechts aufgestellt hat, die das BSG dann näher konkretisiert hat; auch mit dieser Rechtsprechung
setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander.
2. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der Verfahrensmangel kann nach Nr 3 Halbsatz 2 der Regelung auf eine Verletzung des - hier von der Klägerin wegen Nichtvornahme
weiterer Ermittlungen im Kern als verletzt gerügten - §
103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG muss der zur Revisionszulassung führende Verfahrensfehler bezeichnet werden. Einen solchen Verfahrensfehler legt die Beschwerdebegründung
jedoch nicht dar. Sie müsste hierzu im Hinblick auf §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG ua aufzeigen, dass konkrete Beweisanträge gestellt und protokolliert wurden (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 20; BSG SozR
1500 § 160 Nr 64), die auch in der mündlichen Verhandlung noch aufrechterhalten geblieben sind (vgl zB BSG SozR 4-1500 § 160
Nr 1 RdNr 5 mwN). Ausweislich der Sitzungsniederschrift des LSG vom 18.12.2008 hat der anwaltliche Klägervertreter dort aber
keinen Beweisantrag, sondern nur einen Sachantrag gestellt.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat analog §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG ab. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.