Anspruch auf Krankengeld
Nahtlose Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit
Nachträglich ausgestellte Bescheinigungen
Gründe:
I
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Krankengeld über den 3.4.2011 hinaus bis zum Ablauf der Höchstbezugsdauer im Mai
2012.
Der Kläger bezog seit 3.12.2010 Krankengeld. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sein Hausarzt am 18.3.2011 mit, es sei nicht
absehbar, wann der Kläger wieder arbeitsfähig sei. Dies hänge ua von einem HNO-ärztlichen Konsil am 24.3.2011 ab. In einer
Stellungnahme vom 23.3.2011 ging der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) von einem positiven Leistungsbild ab
4.4.2011 aus. Daher teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Krankengeldanspruch ende am 3.4.2011. Das noch ausstehende Krankengeld
werde überwiesen. Deshalb solle der vorliegende Krankengeldauszahlschein ausgefüllt eingereicht werden (Bescheid vom 24.3.2011).
In dem daraufhin übersandten Auszahlschein für Krankengeld gab der Hausarzt am 1.4.2011 an, die Arbeitsunfähigkeit liege bis
einschließlich 4.4.2011 vor. Die in dem Formular enthaltene Angabe "darüber hinaus arbeitsunfähig" kreuzte er mit "nein" an.
Zur voraussichtlichen Dauer gab er an: "auf weiteres".
Einen Überprüfungsantrag des Klägers vom 17.7.2012 lehnte die Beklagte ab (Widerspruchsbescheid vom 18.7.2013), da keine Möglichkeit
bestehe, ihm über den 3.4.2011 hinaus Krankengeld zu gewähren. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften über den 3.4.2011 hinaus verurteilt
(Urteil vom 12.3.2014). Der Hausarzt habe die Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht ab dem 4.4.2011 als beendet angesehen,
sondern ausdrücklich deren voraussichtliche Dauer "bis auf weiteres" attestiert. Der MDK habe demgegenüber keine tragfähige
medizinische Begründung für die Einstellung des Krankengeldes abgegeben. Schließlich sei die fortdauernde Arbeitsunfähigkeit
des Klägers durch eine Bescheinigung des HNO-Arztes vom 12.12.2012 bestätigt worden. Auf die Berufung der Beklagten hat das
LSG das Urteil des SG aufgehoben und - nachdem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Krankengeld für den 4.4.2011 anerkannt hatte - die über
dieses Teilanerkenntnis hinausgehende Klage abgewiesen (Urteil vom 2.10.2014). Das Berufungsgericht hat ausgeführt, für die
Zeit ab 5.4.2011 fehle es an einer ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Dem am 1.4.2011 ausgestellten
Auszahlschein des Hausarztes lasse sich eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 4.4.2011 hinaus
nicht entnehmen. Deshalb hätte der Kläger seine Arbeitsunfähigkeit spätestens am 4.4.2011 erneut ärztlich feststellen lassen
müssen. Die nachträgliche HNO-ärztliche Bescheinigung vom 12.12.2012 könne den Anspruch auf Krankengeld über den 4.4.2011
hinaus nicht begründen.
Mit der Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG und beruft sich auf das
Vorliegen von grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet, soweit sie nicht bereits unzulässig ist, weil der Rechtssache die geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt.
1. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) erfordert eine Rechtsfrage, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt, und die klärungsbedürftig sowie
im zu entscheidenden Fall klärungsfähig, dh entscheidungserheblich ist (vgl hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl 2014, §
160 RdNr 7 ff mwN).
Der Kläger hat schon keine Rechtsfrage formuliert. Er hat ausgeführt:
"Streitentscheidend ist, ob für den Anspruch auf Krankengeld über den 4.4.2011 hinaus eine ausreichende ärztliche Bescheinigung
der Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorliegt und/oder diese überhaupt erforderlich ist."
Soweit er damit meint, die Frage, ob eine ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit Voraussetzung für einen Anspruch
auf Krankengeld sei, ist eine grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage nicht dargelegt. Nach der ständigen Rechtsprechung
des 1. Senats des BSG (vgl zuletzt ausführlich BSG, Urteile vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R; B 1 KR 25/14 R - jeweils mwN) setzt die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs stets nahtlose ärztliche Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit
voraus, die spätestens am letzten Tag eines Bewilligungszeitraums ausgestellt wurden. Nachträglich ausgestellte Bescheinigungen
genügen dafür nicht.
Das Berufungsgericht hat ausführlich begründet, dass die Bescheinigung des Hausarztes vom 1.4.2011 die Arbeitsunfähigkeit
des Klägers lediglich bis zum 4.4.2011 attestiert. Der Kläger hat danach zunächst keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
vorgelegt und sich gegen die mit Bescheid vom 24.3.2011 verfügte Einstellung der Krankengeldzahlung erstmals im Wege eines
Überprüfungsantrags mit Schreiben vom 17.7.2012 gewandt. Dies ist vom Kläger auch nicht revisionsrechtlich gerügt worden.
Mit der vom 12.12.2012 datierenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann der Anspruch auf Krankengeld über den 3.4.2011 bis
zum Ablauf der Höchstbezugsdauer im Mai 2012 nicht begründet werden.
Unabhängig davon, ob der Rechtsprechung des 1. Senats in Bezug auf alle Einzelheiten zur Voraussetzung nahtloser ärztlicher
Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit zu folgen ist, kommt jedenfalls der vom Kläger aufgeworfenen Frage keine entscheidungserhebliche
grundsätzliche Bedeutung zu. Denn dass eine zeitnahe ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit Voraussetzung des Krankengeldanspruchs
ist, ergibt sich nicht nur aus den Regelungen der §§
46 Satz 1 Ziffer 2 und 49 Abs
1 Nr
5 SGB V, sondern auch aus Beweissicherungsgründen, um eine schwierige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für lange zurückliegende
Zeiträume zu verhindern.
Der Kläger hat nicht dargelegt, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt dem Aspekt, dass er erkrankungsbedingt nicht in der
Lage gewesen sei, sich gegen die Vorgehensweise der Beklagten zur Wehr zu setzen, entscheidungserhebliche grundsätzliche Bedeutung
zukommen könnte.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.