Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Verordnung von Heilmitteln; Zulässigkeit der Hemmung des Laufs der Ausschlussfrist in der
Zeit bis zur Übermittlung der erforderlichen Verordnungsdaten
Gründe:
I
Der Kläger wendet sich gegen einen Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln für die Quartale I/2003 bis IV/2003 in Höhe
von 17 085,66 Euro.
Der Kläger nahm bis zum 30.9.2006 als Arzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung
(KÄV) an der vertragsärztlichen Versorgung teil. In den streitgegenständlichen Quartalen überschritt die Verordnung von Heilmitteln
den (nach dem Anteil der Rentner gewichteten) Durchschnitt der Fachgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin um 161 % (Quartal
I/2003), 124 % (Quartal II/2003), 109 % (Quartal III/2003) und 150 % (Quartal IV/2003). Mit Schreiben vom 3.2.2005 teilte
der Prüfungsausschuss (PA) dem Kläger mit, dass eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Heilmittelverordnungsweise nach Durchschnittswerten
eingeleitet worden sei, da die Heilmittelkosten die Werte der Fachgruppe erheblich überstiegen. Gemäß §
106 Abs
2 SGB V sei jedoch vorrangig und jahresbezogen eine Richtgrößenprüfung durchzuführen. Eine solche könne erst eingeleitet werden,
wenn alle richtgrößenrelevanten Verordnungsdaten für das gesamte Jahr 2003 vorlägen. Bis dies feststehe, werde die eingeleitete
Prüfung nach Durchschnittswerten ausgesetzt, da die parallele Durchführung von Richtgrößenprüfung und Durchschnittswertprüfung
nicht zulässig sei. Mit Prüfbescheid vom 2.4.2007, dem Kläger zugestellt am 3.4.2007, setzte der PA gegenüber dem Kläger einen
Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln in Höhe von insgesamt 17 085,66 Euro für die streitgegenständlichen vier Quartale
fest.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger nicht begründete, wies der beklagte Beschwerdeausschuss mit Bescheid vom
18.11.2008 zurück und führte zur Begründung aus, dass die durchgeführte Überprüfung auf einem statistischen Vergleich nach
dem arithmetischen Mittel basiere. Als Allgemeinarzt müsse sich der Kläger mit der Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen
Ärzte im Bezirk der damaligen KÄV Pfalz vergleichen lassen. Die Zahl der Behandlungsfälle des Klägers sei geringfügig niedriger
als die der Fachgruppe, der Rentneranteil sei erhöht. Die Kosten der durch den Kläger verordneten Arzneimittel lägen in den
streitgegenständlichen Quartalen jeweils deutlich über dem Fachgruppendurchschnitt. Da der Kläger bereits seit April 1983
am gleichen Ort niedergelassen sei, könne davon ausgegangen werden, dass er eine weitgehend bekannte Klientel behandelt habe.
Die Grenze zum Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses, die bei einer Überschreitung des gewichteten Fachgruppendurchschnitts
um 50 % angesetzt werde, werde vom Kläger überschritten. Eine für die Fachgruppe atypische Praxisausrichtung sei nicht erkennbar.
Die überdurchschnittlich häufige Verordnung von Heilmitteln sei auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen. Es fänden sich
zahlreiche Erstverordnungen mit Kombinationen von Massagen und Fango bzw Krankengymnastik und Fango. Durch den Verzicht auf
Kombinationen und kürzere Behandlungsserien wären Einsparungen möglich gewesen. Außerdem sei zu beanstanden, dass die Behandlungsserien
bei Patienten mit Zustand nach Apoplex, Demenz, Morbus Alzheimer, Hirnschädigungen, hirnorganischem Abbau und Hemiparese quartalsübergreifend
kontinuierlich und häufig in Form von Kombinationstherapien weiterliefen. Hier hätten gelegentlich durchgeführte Therapiewiederholungen,
zB zur Kontrakturprophylaxe ausreichen können. Weiterhin falle auf, dass bei den längeren Krankengymnastikserien vielfach
nicht erkennbar sei, dass die Krankengymnastik als Anleitung zur Selbstübung diene. Kompensatorische Einsparungen seien nicht
erkennbar. Dem Kläger werde eine Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts bei der Verordnung von Heilmitteln von plus 80
% zugestanden. Bezogen auf den darüber hinausgehenden Mehraufwand werde der Kläger in Regress genommen.
Das SG hat den Bescheid des Beklagten bezogen auf den für das Quartal I/2003 festgesetzten Regress in Höhe von 5302,73 Euro aufgehoben
und die Klage im Übrigen - bezogen auf die Quartale II/2003 bis IV/2003 - abgewiesen. Der Beklagte sei zutreffend davon ausgegangen,
dass die Verordnungsweise des Klägers im Bereich der Heilmittel für die Quartale I/2003 bis IV/2003 unwirtschaftlich gewesen
sei. Gleichwohl sei der für das Quartal I/2003 festgesetzte Regress rechtswidrig, weil die vierjährige Ausschlussfrist versäumt
worden sei.
Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das LSG zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide
seien rechtmäßig. Die Überschreitungen des Klägers bei der Verordnung von Heilmitteln bewegten sich im Bereich des offensichtlichen
Missverhältnisses. Sie ließen sich nicht durch Praxisbesonderheiten rechtfertigen und auch kompensatorische Einsparungen seien
nicht festzustellen. Die von dem Beklagten durchgeführte intellektuelle Prüfung habe bestätigt, dass die festgestellten Überschreitungen
auf Unwirtschaftlichkeiten zurückzuführen seien. Bezogen auf das Quartal I/2003 sei die vierjährige Ausschlussfrist, die am
1.4.2003 begonnen habe, bei Erlass des Bescheides vom 2.4.2007 zwar bereits abgelaufen. Dies sei jedoch unbeachtlich, weil
die Ausschlussfrist gehemmt worden sei. Der Beklagte sei aus Rechtsgründen an der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert
gewesen, da für die Richtgrößenprüfung gemäß §
106 Abs
2 Satz 6
SGB V aF ein gesetzlicher Vorrang gegenüber der Prüfung nach Durchschnittswerten bestanden habe. Eine Entscheidung über die Durchführung
der Richtgrößenprüfung habe wiederum wegen des Fehlens richtgrößenrelevanter Verordnungsdaten noch nicht getroffen werden
können. Dieser Hemmungsgrund sei dem Kläger mit Schreiben vom 3.2.2005 auch mitgeteilt worden. Deshalb habe der Kläger kein
Vertrauen dahin bilden können, dass das Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren nicht fortgesetzt werde.
Mit der dagegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Der Ablauf der Ausschlussfrist für das
Quartal I/2003 sei nicht gehemmt gewesen. Dass die Prüfung nach Durchschnittswerten ausgesetzt worden sei, habe seine Ursache
nicht in seiner Sphäre. Zwar sei der Vorrang der Richtgrößenprüfung vor der Prüfung nach Durchschnittswerten zu beachten.
Dass die Richtgrößenprüfung wegen des Fehlens richtgrößenrelevanter Verordnungsdaten nicht durchgeführt worden sei, könne
ihm jedoch nicht zugerechnet werden. Wenn unter diesen Umständen eine Hemmung eintreten würde, wäre für ihn nicht voraussehbar,
zu welchem Zeitpunkt die Frist für die gegen ihn eingeleitete Wirtschaftlichkeitsprüfung ablaufe. Für die Richtgrößenprüfung
sei eine zweijährige Frist maßgeblich gewesen. Durch den nachträglichen Wechsel zu einer Prüfung nach Durchschnittswerten
werde er unangemessen benachteiligt. Der Regress sei im Übrigen bezogen auf alle Quartale des Jahres 2003 rechtswidrig, weil
versäumt worden sei, Vergleichsdaten über kostenintensive Krankenhauseinweisungen, sonstige veranlasste Leistungen, Feststellungen
der Arbeitsunfähigkeit etc zu berücksichtigen. Dies folge für die Zufälligkeitsprüfung aus §
106 Abs
2 Nr
2 SGB V. Für die Auffälligkeitsprüfung dürfe nichts anderes gelten. Im Übrigen sei der der Prüfung nach Durchschnittswerten zugrunde
liegenden Annahme, dass das Verhalten von Vertragsärzten im Durchschnitt dem Wirtschaftlichkeitsgebot des
SGB V entspreche, aufgrund vielfältiger gesetzgeberischer Einwirkungen wie Budgetierung, Richtgrößenprüfung, Rabattverträge, etc
die Grundlage entzogen. Es werde beantragt, dazu ein Gutachten einzuholen. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass sich
der Arzt mit der Übernahme der Behandlung verpflichte, die zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten. Ferner sei der
Beklagte im angefochtenen Bescheid nicht auf §
72 Abs
2 SGB V eingegangen. Nach dieser Vorschrift habe nicht nur eine reine Kostenprüfung stattzufinden, sondern Vertragsärzte müssten
bei der Behandlung von Kassenpatienten auch den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse gewährleisten.
Insoweit liege zumindest ein Verstoß gegen das Begründungsgebot vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17.1.2013 aufzuheben, sowie auf die Berufung des Klägers das Urteil
des Sozialgerichts Mainz vom 2.3.2011 aufzuheben, soweit die Klage abgewiesen worden ist und den Bescheid des Beklagten vom
18.11.2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Zwar sei der für das Quartal I/2003 erlassene Prüfbescheid nach Ablauf von mehr als vier Jahren ergangen. Jedoch sei der Ablauf
der Ausschlussfrist gehemmt gewesen. Der Kläger sei mit Schreiben vom 3.2.2005 darüber informiert worden, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
nach Durchschnittswerten eingeleitet worden sei und dass diese derzeit ausgesetzt sei. Die Gründe der Aussetzung seien ihm
hinreichend präzise bekanntgegeben worden. Die Prüfgremien seien wegen des Vorrangs der Richtgrößenprüfung zunächst an der
Durchführung der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert gewesen. Der Fortgang sei vom vollständigen Vorliegen der richtgrößenrelevanten
Verordnungsdaten abhängig gewesen. Da die gesamten Daten für das Jahr 2003 frühestens mit Ablauf des Jahres 2003 hätten vorliegen
können, sei der Fristablauf mindestens bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt gewesen.
Die zu 1. beigeladene KÄV schließt sich bezogen auf die Frage des Ablaufs der Ausschlussfrist dem Kläger an und führt zur
Begründung aus: Nach der Rechtsprechung des BSG könne dem Umstand, dass eine Prüfung aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden könne, unter bestimmten Voraussetzungen
eine hemmende Wirkung beizumessen sein. Vorliegend lägen jedoch keine rechtlichen Gründe dafür vor, dass eine Richtgrößenprüfung
nicht durchgeführt werden könne, sondern es hätten die tatsächlichen Voraussetzungen in Gestalt der Verordnungsdaten noch
nicht vorgelegen. Die Zeit bis zur Vorlage der Verordnungsbelege gehe in der vierjährigen Ausschlussfrist auf und verlängere
diese nicht. Zudem falle die Vorlage der Verordnungsbelege allein in den Verantwortungsbereich der Krankenkassen. Unter Zugrundelegung
der Rechtsauffassung des LSG hätten es die Krankenkassen damit in der Hand, die Länge der Ausschlussfrist zu beeinflussen.
Dagegen ist das Urteil des LSG nach Auffassung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse nicht zu beanstanden. Zwar sei in dem Fehlen
der Verordnungsdaten auch ein tatsächlicher Grund für die Nichtdurchführung der Richtgrößenprüfung zu sehen. Gleichwohl sei
eine Hemmung der Ausschlussfrist eingetreten, da der Kläger darüber in Kenntnis gesetzt worden sei. Dass das Fehlen richtgrößenrelevanter
Daten nicht in die Sphäre des Klägers falle, könne unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BSG nicht maßgebend sein. Auch ein Streit zwischen der KÄV und den Krankenkassenverbänden über die anzuwendende Prüfmethode könne
die Hemmung der Ausschlussfrist bewirken. Obwohl der Arzt auch darauf keinen Einfluss habe, habe das BSG einen Hemmungstatbestand bejaht.
II
Die Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das LSG hat das sozialgerichtliche Urteil, mit dem seiner Klage bezogen
auf den Regress für das Quartal I/2003 stattgegeben worden war, zu Unrecht geändert. Soweit der Beklagte gegen den Kläger
einen Regress für die Quartale II/2003 bis IV/2003 festgesetzt hat, hat das LSG den angefochtenen Bescheid dagegen zutreffend
als rechtmäßig beurteilt.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 18.11.2008, mit dem dieser den Regress, den der PA
wegen der unwirtschaftlichen Verordnung von Heilmitteln für die Quartale I/2003, II/2003, III/2003 und IV/2003 festgesetzt
hat, bestätigt hat (zur Anfechtung allein des Bescheides des Beschwerdeausschusses vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 15 mwN). Umstritten ist, ob die Voraussetzungen für einen Regress vorliegen. Bezogen auf das Quartal I/2003 ist
darüber hinaus im Streit, ob der Ablauf der Ausschlussfrist von vier Jahren dem Regress entgegensteht.
2. Rechtsgrundlage für einen Verordnungsregress ist §
106 Abs
2 SGB V (hier zugrunde zu legen idF des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 [GKV-Gesundheitsreformgesetz
2000] vom 22.12.1999, BGBl I 2626, mit den Änderungen und Ergänzungen durch das Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets
- ABAG vom 19.12.2001, BGBl I 3773). Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen
der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen, entweder nach Durchschnittswerten oder am Maßstab von Richtgrößenvolumina
(§
106 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V) und/oder anhand von Stichproben (aaO Satz 1 Nr 2), geprüft. Bei der Prüfung nach Durchschnittswerten wird der Aufwand des
geprüften Arztes je Fall mit dem durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe - im Regelfall der Arztgruppe, der der Arzt
angehört - verglichen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Vergleichsgruppe im Durchschnitt insgesamt wirtschaftlich
handelt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 303; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 55 S 307 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 14 f; SozR 4-2500 § 106 Nr 3 RdNr 14; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13). Entgegen der nicht näher begründeten Auffassung des Klägers wird diese Annahme durch Regelungen zur Budgetierung
des ärztlichen Honorars nicht in Frage gestellt und auch ein Gutachten kann in diesem Zusammenhang keine relevanten Erkenntnisse
liefern. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungs- oder Verordnungsaufwand des geprüften Arztes - beim Gesamtfallwert, bei
Sparten- oder bei Einzelleistungswerten - in offensichtlichem Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe
steht, diesen nämlich in einem Ausmaß überschreitet, das sich nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur wie Praxisbesonderheiten
und/oder sog kompensierende Einsparungen erklären lässt, so kann von der Unwirtschaftlichkeit ausgegangen werden (stRspr,
s dazu zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 319; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 19; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende
atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen dem Arzt (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 54 S 298 f mwN; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 14; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 23 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 30 mwN). Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet,
die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl zB auch BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 51 S 277; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 53 S 295). Bei den erforderlichen Bewertungen haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, sodass deren Einschätzungen
von den Gerichten nur in begrenztem Umfang überprüft und ggf beanstandet werden können (vgl BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSGE 101, 130 = SozR 4-2500 § 106 Nr 19, RdNr 22; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 16 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 18).
Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe ist der angefochtene Regressbescheid nicht zu beanstanden, soweit Verordnungen
aus den Quartalen II/2003 bis IV/2003 betroffen sind.
3. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungen des Klägers durfte im Wege des Vergleichs mit den Durchschnittswerten
der Fachgruppe der Allgemeinärzte/Praktischen Ärzte erfolgen. Anhaltspunkte für eine besondere Praxisausrichtung des Klägers
bestehen nicht. Dass die Vergleichsgruppe hinreichend groß und homogen ist, steht außer Zweifel und wird auch von dem Kläger
nicht in Frage gestellt. Die Fallzahl des Klägers unterschreitet die durchschnittliche Fallzahl der Fachgruppe nur geringfügig,
sodass ein aussagekräftiger Vergleich auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Frage gestellt wird (zur erforderlichen Fallzahl
von mindestens 20 % der Vergleichsgruppe vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 21 mwN). Dass eine Unwirtschaftlichkeit auch dann gegeben sein kann, wenn ein Arzt bei jeder einzelnen Verordnung
die Frequenzzahlen der Heilmittel-Richtlinie beachtet hat (vgl dazu im Einzelnen BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 30 ff), hat der Kläger im Revisionsverfahren zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen.
Die im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführende sog intellektuelle Prüfung hat der Beklagte vorgenommen. Dabei
hat sich bestätigt, dass die überdurchschnittlich hohen Kosten bei den veranlassten Heilmitteln auf Unwirtschaftlichkeiten
zurückzuführen sind. So hat der Beklagte auffallend häufige Kombinationen von Massage und Fango bzw Krankengymnastik und Fango
bereits bei Erstverordnungen sowie oftmals besonders lange Behandlungsserien festgestellt. Praxisbesonderheiten, die geeignet
sein könnten, diese Verordnungsweise medizinisch zu erklären, hat der Kläger weder im Verwaltungsverfahren noch im Gerichtsverfahren
vorgetragen.
Entgegen der Auffassung des Klägers bestand kein Anlass, im Rahmen der sog intellektuellen Prüfung auf die Verpflichtung zur
Beachtung des zivilrechtlichen Sorgfaltsmaßstabs nach §
76 Abs
4 SGB V sowie auf §
72 Abs
2 SGB V einzugehen. Nach der letztgenannten Vorschrift ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften
und der Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄV mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln,
dass eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten
Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Abgesehen
davon, dass §
72 Abs
2 SGB V auch das Erfordernis der Wirtschaftlichkeit der Behandlung betont, kann den genannten Regelungen keine Begründung dafür entnommen
werden, dass der Kläger Heilmittel in weit größerem Umfang verordnet als andere Ärzte, die ebenfalls die zivilrechtlichen
Sorgfaltsmaßstäbe zu beachten und die die Versicherten lege artis zu behandeln haben.
Soweit der Kläger allgemein rügt, dass "Vergleichsdaten" über kostenintensive Krankenhauseinweisungen, sonstige veranlasste
Leistungen, Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit etc, keinen Eingang in das Verfahren gefunden hätten, möchte er offenbar
die Frage möglicher kompensatorischer Einsparungen ansprechen. Voraussetzung für deren Anerkennung wäre nach ständiger Rechtsprechung
(vgl ua BSGE 55, 110, 113 = SozR 2200 § 368n Nr 27 S 84; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 231 ff; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 43 S 239; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 57 S 325), dass zwischen dem Mehraufwand auf der einen Seite und einem Minderaufwand auf der anderen Seite ein kausaler
Zusammenhang besteht. Dabei wäre es Sache des Klägers, substantiiert darzulegen, in welchen Leistungsbereichen Einsparungen
zu verzeichnen sein sollen, die in kausalem Zusammenhang mit den Mehraufwendungen bei den verordneten Heilmitteln stehen (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 233 ff; BSG Beschluss vom 18.8.2010 - B 6 KA 21/10 B - Juris, mwN). Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen und Anhaltspunkte dafür, dass die Mehrverordnungen bei den Heilmitteln
kausal für geringere Aufwendungen in anderen Bereichen gewesen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt des angefochtenen
Bescheides hat der Kläger den Fachgruppendurchschnitt auch bezogen auf die Kosten der verordneten Arzneimittel überschritten.
Mit seinem Vorbringen, dass für die Stichprobenprüfung nach §
106 Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGB V die Erhebung von "Vergleichsdaten" über kostenintensive Krankenhauseinweisungen ua vorgeschrieben sei und dass diese Daten
auch in die Prüfung nach Durchschnittswerten Eingang finden müsse, verkennt der Kläger ersichtlich den Inhalt des §
106 Abs
2 Satz 3
SGB V. Dieser Vorschrift ist keine Verpflichtung der Prüfgremien zu entnehmen, bei der Durchführung der Stichprobenprüfung (Zufälligkeitsprüfung)
nach §
106 Abs
2 Nr
2 SGB V kompensatorische Einsparungen zu ermitteln. Vielmehr wird klargestellt, dass neben den abgerechneten ärztlichen Leistungen
auch Überweisungen, Krankenhauseinweisungen, Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit sowie sonstige veranlasste Leistungen Gegenstand
einer Stichprobenprüfung sein können. Obwohl für die Prüfung nach Durchschnittswerten eine entsprechende ausdrückliche gesetzliche
Regelung nicht getroffen worden ist, kann die Prüfung nach dieser Methode ebenfalls auf die genannten Leistungsbereiche erstreckt
werden (vgl Engelhard in Hauck/Noftz, §
106 SGB V RdNr 97). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, ohne entsprechende Anhaltspunkte mögliche kompensatorische Einsparungen zu
ermitteln, folgt aus all dem jedoch nicht.
Mit der Festsetzung der Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis auf einen Überschreitungsgrad von 50 % oberhalb des Durchschnitts
der Fachgruppe hat der Beklagte seinen Beurteilungsspielraum (vgl BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 33 RdNr 13 mwN; Engelhard in Hauck/Noftz, §
106 SGB V RdNr 342 mwN) nicht überschritten. Die Festlegungen können je nach Art der Vergleichsprüfung und dem Maß der Homogenität
auf Überschreitungen ab 30 % bis 60 % erfolgen (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 34 RdNr 41 mwN). Die Honorarkürzung muss nicht den gesamten unwirtschaftlichen Mehraufwand erfassen. Damit übereinstimmend
hat der Beklagte das ihm zustehende sog Kürzungsermessen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 21 RdNr 29; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 3 RdNr 19 mwN) in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt und den Kläger mit den Kosten für Verordnungen von Heilmitteln
in Anspruch genommen, die den Durchschnitt um mehr als 80 % überschreiten.
Der Rechtmäßigkeit des Regresses steht im Übrigen nicht entgegen, dass der Kläger nicht zuvor beraten worden wäre. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats ist eine vorangegangene Beratung nach §
106 Abs
5 Satz 2
SGB V nicht erforderlich, wenn dem Arzt - wie vorliegend - ein Mehraufwand im Ausmaß eines offensichtlichen Missverhältnisses anzulasten
ist (vgl BSG SozR 4-2500 §
106 Nr 26 RdNr 23 mwN). Auf den Vorrang der Beratung nach §
106 Abs
5e SGB V idF des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (BGBl
I 2983) sowie dessen Änderungen mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012
(BGBl I 2192) kommt es hier bereits deshalb nicht an, weil diese Regelungen allein die Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreitung
von Richtgrößenvolumina iS des §
106 Abs
2 Satz 1 Nr
1 SGB V und damit nicht die streitgegenständliche Prüfung nach Durchschnittswerten betreffen (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12).
4. Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist jedoch teilweise rechtswidrig, weil ein Regress wegen der Verordnung von Heilmitteln
im Quartal I/2003 aufgrund Zeitablaufs nicht mehr festgesetzt werden darf. Bezogen auf die übrigen streitgegenständlichen
Quartale (II/2003 bis IV/2003) ist die Ausschlussfrist dagegen gewahrt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 16; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28 mwN) beträgt die Ausschlussfrist für Regressbescheide auf der Grundlage des §
106 SGB V in Anlehnung an die in den Büchern des Sozialgesetzbuchs für die Verjährung festgesetzte Frist grundsätzlich vier Jahre.
Für den Beginn der Ausschlussfrist ist der Ablauf des Quartals maßgebend, dem die in Regress genommenen Verordnungen kostenmäßig
zuzuordnen sind (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 17; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 28, 33 mwN). Dies gilt nicht nur für den Arzneimittelregress, sondern in gleicher Weise für den Heilmittelregress
(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 16).
a. Der Bescheid des PA vom 2.4.2007 ist nicht innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Quartals I/2003 erlassen worden. Darüber
besteht im Ergebnis auch zwischen den Beteiligten Einvernehmen. Für das Quartal I/2003 endete die Ausschlussfrist grundsätzlich
am 31.3.2007. Da der 31.3.2007 ein Samstag ist, tritt an die Stelle dieses Tages gemäß § 26 Abs 1 SGB X iVm §
193 BGB bzw § 26 Abs 3 Satz 1 SGB X der nachfolgende Werktag und damit Montag der 2.4.2007. Wie sich aus dem in der Verwaltungsakte enthaltenen Rückschein ergibt,
ist dem Kläger der Bescheid des PA vom 2.4.2007 am 3.4.2007 entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (§ 65 Abs 2 SGB X, § 1 Abs 1 Landesverwaltungszustellungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz vom 2.3.2006 [GVBl 2006, 56] iVm § 4 Abs 2 Satz 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 12.8.2005 [BGBl I 2354]) zugestellt und damit bekanntgegeben (vgl § 37 Abs 5 SGB X) worden. Aus § 39 Abs 1 Satz 1, § 37 Abs 1 Satz 1 SGB X folgt, dass ein Verwaltungsakt nicht schon mit seiner Erstellung erlassen wird, sondern erst mit seiner Bekanntgabe (BSGE
64, 17, 22 = SozR 1200 § 54 Nr 13 S 38; vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 37 RdNr 3 mwN).
b. Entgegen der Auffassung des LSG wurde der Lauf der Ausschlussfrist auch nicht gehemmt.
aa. In entsprechender Anwendung des §
204 Abs
1 Nr
12 BGB sowie des §
45 Abs
3 SGB I können Prüfanträge der Krankenkassen eine Hemmung der Ausschlussfrist bewirken (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 29 RdNr 39 f; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 20). Voraussetzung ist, dass der Vertragsarzt von dem gestellten Prüfantrag Kenntnis erlangt hat (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 46). Im vorliegenden Fall gibt es weder Anhaltspunkte dafür, dass dem Heilmittelregress ein Antrag einer Krankenkasse
zugrunde gelegen hat, noch für eine entsprechende Mitteilung an den Kläger. In dem Schreiben des PA vom 3.2.2005 wird dem
Kläger lediglich mitgeteilt, dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung "eingeleitet" worden sei. Bereits aus diesem Grund kann
die Ausschlussfrist nicht durch einen Prüfantrag gehemmt sein. Zudem hat der Senat in zwei Entscheidungen vom 15.8.2012 (SozR
4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 22; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 23 ff) klargestellt, dass nicht jeder Prüfantrag einer Krankenkasse geeignet ist, die Ausschlussfrist zu hemmen.
Voraussetzung ist vielmehr, dass der Prüfantrag unverzichtbare Voraussetzung für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung
ist. Mit der Änderung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) ist das antragsgebundene Prüfverfahren
jedenfalls im Bereich der Prüfung nach Durchschnittswerten und der Richtgrößenprüfung durch ein grundsätzlich von Amts wegen
durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt worden. Ein in diesem Bereich gleichwohl gestellter Prüfantrag der Krankenkassen bewirkt
keine Hemmung der Ausschlussfrist. Auch die bloße Mitteilung, dass ein Prüfverfahren beabsichtigt oder bereits eingeleitet
worden ist, hat keine Hemmung der Ausschlussfrist zur Folge (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 21 f, 27; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 21).
bb. Nach dem Urteil des Senats vom 15.8.2012 (B 6 KA 27/11 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 37) kann die Ausschlussfrist gehemmt sein, wenn die Prüfung aus Rechtsgründen zunächst nicht durchgeführt
werden kann und der in Regress genommene Arzt über den Hemmungsgrund rechtzeitig und hinreichend präzise informiert worden
ist. Dabei hat der Senat im Hinblick auf die erforderliche Einigung der Gesamtvertragspartner zum Inhalt der Richtgrößenvereinbarung
den Rechtsgedanken des §
203 BGB herangezogen, der die Hemmung der Verjährung vorsieht, solange Schuldner und Gläubiger über den Anspruch verhandeln. Mit
Hinweis darauf ist der Senat von der Hemmung der Ausschlussfrist in einem Fall ausgegangen, in dem unklar war, ob eine gem
§
106 Abs
2 Satz 6
SGB V aF vorrangig durchzuführende Richtgrößenprüfung umsetzbar sein würde. Der unmittelbaren Durchführung der Richtgrößenprüfung
stand entgegen, dass die Verhandlungen zum Abschluss der erforderlichen Richtgrößenvereinbarung noch nicht erfolgreich abgeschlossen
werden konnten. In dieser Konstellation ist der Senat davon ausgegangen, dass die Prüfgremien aus Rechtsgründen auch an der
Durchführung der - gegenüber der Richtgrößenprüfung nachrangigen - Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert sind und dass
die Ausschlussfrist auch für diese Prüfung gehemmt ist.
Die vorliegende Fallgestaltung ist damit nicht vergleichbar. Dies gilt unabhängig davon, ob in dem hier maßgebenden Prüfzeitraum
des Jahres 2003 überhaupt ein Vorrang der Richtgrößenprüfung vor der Prüfung nach Durchschnittswerten galt oder ob nicht vielmehr
aufgrund der in Art 3 § 2 Satz 3 ABAG für die Jahre 2002 und 2003 getroffenen Übergangsregelung (zu Art 3 § 2 Satz 4 ABAG
vgl Beschluss vom 29.8.2011 - B 6 KA 18/11 R - SozR 4-1500 § 86a Nr 2 RdNr 3, 12) Verfahren nach beiden Prüfmethoden parallel durchgeführt werden konnten. Selbst wenn
die Prüfung nach Durchschnittswerten gegenüber der Richtgrößenprüfung hier nachrangig wäre, könnte die Hemmung nicht unabhängig
von den Gründen eintreten, die der Durchführung der Richtgrößenprüfung entgegengestanden haben. Der der og Entscheidung des
Senats vom 15.8.2012 zugrunde liegende Sachverhalt war dadurch gekennzeichnet, dass die Richtgrößenprüfung in Ermangelung
der erforderlichen normativen Grundlage in Gestalt der Richtgrößenvereinbarung nach §
84 SGB V (zur Eigenschaft der Richtgrößenvereinbarung als Normsetzungsvertrag vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 18) nicht durchgeführt werden konnte. Nur vor diesem Hintergrund hat der Senat die hemmende Wirkung auch auf die
Prüfung nach Durchschnittswerten übertragen, weil die Ungewissheit bezogen auf die Durchführbarkeit der Richtgrößenprüfung
zur Folge hat, dass es auch an der erforderlichen rechtssicheren normativen Grundlage für die nachrangige Prüfung nach Durchschnittswerten
fehlt und dass die Prüfgremien deshalb aus Rechtsgründen an der Durchführung der Prüfung nach Durchschnittswerten gehindert
sind.
Demgegenüber stand der Durchführung der Richtgrößenprüfung vorliegend nicht das Fehlen der normativen Grundlage entgegen,
sondern die Ungewissheit hatte ihre Ursachen im tatsächlichen Bereich. Der PA hat die Undurchführbarkeit einer Richtgrößenprüfung
mit Schreiben vom 3.2.2005 gegenüber dem Kläger damit begründet, dass ihm die erforderlichen Verordnungsdaten noch nicht vorlägen.
Da der PA dem Kläger keine weiteren Hindernisse, die der Durchführung der Richtgrößenprüfung entgegengestanden haben könnten,
mitgeteilt hat, kommt für die Hemmung der Ausschlussfrist allein dieser mitgeteilte Grund in Betracht, selbst wenn tatsächlich
auch andere Gründe von Bedeutung gewesen sein sollten (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 27; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 28). Für die hier zu beurteilende Frage einer möglichen Hemmung der Ausschlussfrist ist deshalb nach dem Inhalt
des genannten Schreibens davon auszugehen, dass der Durchführung der Richtgrößenprüfung allein die noch nicht abgeschlossene
Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts entgegenstand.
Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ist die Behörde gemäß § 20 Abs 1 Satz 1 SGB X von Amts wegen verpflichtet. Die Sachverhaltsermittlung ist Bestandteil des Verwaltungsverfahrens. Allein die Durchführung
des Verwaltungsverfahrens kann die Hemmung der Ausschlussfrist nicht bewirken. Einer entsprechenden Anwendung des §
203 BGB stünde bereits entgegen, dass das dem Vertragsarzt "aufgezwungene" Verfahren vor den Prüfgremien nicht einer Verhandlung
zwischen Schuldner und Gläubiger gleichgestellt werden kann (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 39). Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Notwendigkeit einer zeitlichen Begrenzung des Prüfverfahrens
aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit (Art
20 Abs
3 GG) folgt (BSGE 72, 271, 275 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 109 ff; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28). Den Schutz des Arztes vor einer zeitlich unbegrenzten Inanspruchnahme durch ein "ewiges Prüfverfahren" soll
die Ausschlussfrist gewährleisten (vgl BSGE 72, 271, 275 ff = SozR 3-2500 § 106 Nr 19 S 109 ff; SozR 4-2500 § 106 Nr 28 RdNr 28; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 21; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 37 RdNr 22). Die Frist liefe jedoch weitgehend leer, wenn sie über eine analoge Anwendung der zivilrechtlichen Hemmungsvorschriften
auf alle Hindernisse, die einer zügigen Durchführung des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung entgegenstehen, ohne feste
zeitliche Grenze verlängert werden könnte. Schließlich werden die internen Verwaltungsabläufe wesentlich von der Behörde gesteuert
und können regelmäßig nicht von dem Arzt, der der Regressforderung ausgesetzt ist, beeinflusst oder nachvollzogen werden.
Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Prüfgremien zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf Daten der
zu 1. beigeladenen KÄV und - bezogen auf Verordnungsdaten - der Krankenkassen angewiesen sind. Dass der Zeitraum, der für
die Ermittlung des Sachverhalts benötigt wird, nicht allein von der den Regressbescheid erlassenden Behörde, sondern auch
von der Zusammenarbeit mit anderen Behörden und der Mitwirkung Dritter abhängt, ist keine Besonderheit des Verfahrens der
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Welcher der Beteiligten für Verzögerungen des Verwaltungsverfahrens in welchem Maße verantwortlich
ist, wird regelmäßig nicht zuverlässig und mit vertretbarem Aufwand zu ermitteln sein. Bereits aus diesem Grund wäre es problematisch,
den Eintritt der Hemmung der Ausschlussfrist von der Verantwortlichkeit der beteiligten Behörden für eingetretene Verzögerungen
bei der Durchführung des Verfahrens der Wirtschaftlichkeitsprüfung abhängig zu machen. Bezogen auf die hier maßgebende Zusammenarbeit
mit den Krankenkassen ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass diese gemäß §
106 Abs
1 Satz 1
SGB V gemeinsam mit den Kassenärztlichen Vereinigungen für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit verantwortlich sind. Die Landesverbände
der Krankenkassen und die Ersatzkassen sind gemäß §
106 Abs
4a Satz 3
SGB V auch in die Entscheidung über die Errichtung der Prüfungsstelle eingebunden. Damit sind sie in besonderem Maße zur Zusammenarbeit
mit den Prüfgremien verpflichtet. Der Senat hat keine Zweifel daran, dass den Prüfgremien die erforderlichen Daten bei einer
diesen Anforderungen entsprechenden Zusammenarbeit regelmäßig rechtzeitig vor Ablauf der Ausschlussfrist von vier Jahren zur
Verfügung gestellt werden können. Dies wird auch durch die - den vorliegenden Prüfzeitraum noch nicht betreffende - Entscheidung
des Gesetzgebers bestätigt, den Zeitraum bis zur Festsetzung eines Richtgrößenregresses mWv 1.1.2008 auf zwei Jahre gerechnet
ab dem Ende des geprüften Verordnungszeitraums zu reduzieren (§
106 Abs
2 Satz 7
SGB V idF des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG]
vom 26.3.2007, BGBl I 378). Daher besteht auch unter Berücksichtigung der Zielsetzung, ein effektives Prüfverfahren zu gewährleisten,
kein Anlass, die Ausschlussfrist um den Zeitraum bis zur Übermittlung der Verordnungsdaten durch die Krankenkassen zu verlängern.
Da das Fehlen der erforderlichen Verordnungsdaten für sich genommen den Ablauf der Ausschlussfrist für eine Richtgrößenprüfung
nicht hemmt, kann für diesen Zeitraum auch nicht mittelbar eine Hemmung der Ausschlussfrist für die Durchführung einer - unterstellt
nachrangigen - Prüfung nach Durchschnittswerten bewirkt werden.
c. Dem Regress bezogen auf die Quartale II/2003, III/2003 und IV/2003 steht dagegen der Ablauf der Ausschlussfrist nicht entgegen,
weil der dem Kläger am 3.4.2007 zugestellte Prüfbescheid vom 2.4.2007 innerhalb von vier Jahren nach Ende der jeweiligen Quartale
erlassen worden ist. Die Verkürzung der Ausschlussfrist auf zwei Jahre nach §
106 Abs
2 Satz 7 Halbsatz 2
SGB V greift hier entgegen der Auffassung des Klägers nicht ein, weil diese mit dem GKV-WSG vom 26.3.2007 (BGBl I 378) eingeführte Regelung erst zum 1.1.2008 in Kraft getreten ist und nur für Prüfzeiträume nach ihrem
Inkrafttreten gilt (zu der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung maßgebenden Rechtslage vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 f). Im Übrigen bezieht sich die Verkürzung der Ausschlussfrist gemäß §
106 Abs
2 Satz 7 Halbsatz 2
SGB V nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung allein auf "die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwands
nach Abs 5a" und damit auf die Richtgrößenprüfung, nicht jedoch auf die streitgegenständliche Prüfung nach Durchschnittswerten
(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 14 f).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §
155 Abs
1 Satz 1, §
162 Abs
3 VwGO.