Rückforderung vertragsärztlichen Honorars im Rahmen einer sachlich-rechnerischen Berichtigung im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs
der Rechtsformen beruflicher Kooperation in einer Gemeinschaftspraxis
Gründe:
I
Im Streit steht die Rückforderung vertragsärztlichen Honorars für die Quartale IV/1996 bis I/2001.
Der Kläger nahm bis zum 30.6.2004 als Radiologe an der vertragsärztlichen Versorgung in S. teil. Zunächst - ab 1.7.1989 bis
zum 30.9.1996 - führte er eine Gemeinschaftspraxis mit Dr. B., welcher auf seine Zulassung zum 30.9.1996 verzichtete. Unter
dem 17.7.1996 schloss der Kläger mit dem Arzt für Radiologische Diagnostik und für Strahlentherapie Dr. H. sowie dem Arzt
für Radiologische Diagnostik Dr. M. einen "Gesellschaftsvertrag über die Errichtung einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis".
Danach war vorgesehen, dass Dr. B. nach seinem Ausscheiden seine Geschäftsanteile an Dres. H. und M. verkaufen und diese an
seiner Stelle in die Gemeinschaftspraxis eintreten sollten. Als Hauptsitz der Gemeinschaftspraxis wurde S. bestimmt; weitere
Praxisteile sollten in V. und im Krankenhaus W. betrieben werden. An Gewinnen und Verlusten sowie am Anlagevermögen waren
der Kläger zu ½, die beiden anderen Ärzte zu je ¼ beteiligt. Zum geschäftsführenden Gesellschafter wurde der Kläger bestimmt.
Gemäß "Gesellschafterbeschluss" vom 17.7.1996 war die Aufnahme eines weiteren Partners - "voraussichtlich" des zu 2. beigeladenen
Dr. Ph. - vorgesehen (Nr 16a des Beschlusses). Der vierte Partner sollte sich gemäß Ziff 18a des Beschlusses "KV-rechtlich
im Außenverhältnis ab 1.10.1996 niederlassen, und zwar offiziell in Gemeinschaftspraxis mit Dr. P. [dem Kläger]"; mit ihm
sollte ein "Probejahr (freie Mitarbeit)" vereinbart werden (Nr 18b).
Am 30.7.1996 schlossen die "Gemeinschaftspraxis" Dres. P., H. und M. sowie der Beigeladene zu 2. sodann einen sogenannten
Kooperationsvertrag. Dieser beinhaltete im Wesentlichen, dass der Beigeladene zu 2. ab dem 1.10.1996 bis zum Ablauf einer
Probezeit als "freier Mitarbeiter" der "Gemeinschaftspraxis" tätig werden sollte. Nach beiderseits befriedigendem Ablauf der
Probezeit sollte der Mitarbeiter am 1.10.1997 "partnerschaftlich eingebunden werden, und zwar bei Herstellung paritätischer
Gesellschaftsanteile" (Ziff 6a der Präambel des Vertrages). Auf ein Mitarbeiterverhältnis waren auch die Detailregelungen
(Zahlung eines Festgehalts ua) ausgerichtet. Ein "ggf. dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag" sollte zwischen den
Vertragsparteien keine eigene Rechtswirkung entfalten (Ziff 2c der Präambel). Nach Ziff 6b der Präambel sollte der Mitarbeiter
"im Außenverhältnis" den Gemeinschaftspraxis-Anteil des ausscheidenden Partners Dr. B. "erwerben" (Satz 1), aber hieraus keine
Rechte herleiten können (Satz 2). Ebenso war bestimmt, dass der Vertragsarztsitz "der Praxis gehört" und bei "Ausscheiden
ohne GemeinschaftspraxisEintritt ... vom freien Mitarbeiter ... unentgeltlich (formal) zu übertragen" ist (Satz 4).
Der Beigeladene zu 2. bewarb sich auf den zur Nachbesetzung ausgeschriebenen Vertragsarztsitz von Dr. B. und wurde vom Zulassungsausschuss
zum 1.10.1996 als Facharzt für Diagnostische Radiologie für den Vertragsarztsitz S. zugelassen. Zugleich genehmigte der Zulassungsausschuss
den Antrag des Klägers sowie des Beigeladenen zu 2. auf Führung einer Gemeinschaftspraxis. Dres. H. und M. erhielten die Genehmigung
zum Führen einer Gemeinschaftspraxis in V.. Zu der im Kooperationsvertrag vorgesehenen partnerschaftlichen Einbindung des
Beigeladenen zu 2. in die durch Dres. P. (Kläger), H. und M. gebildete "Gemeinschaftspraxis" kam es in der Folgezeit nicht.
Insbesondere nahm er nach den Feststellungen des LSG im streitgegenständlichen Zeitraum nicht an Gesellschafterversammlungen
teil. Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Ärzten führten dazu, dass die zwischen dem Kläger und Dres. H. und M. bestehende
Gesellschaft zum 31.12.2001 beendet wurde. Die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis" wurde zum 31.3.2001 beendet.
Die Beigeladene zu 1. rechnete als "Gemeinschaftspraxis Dr. P./Dr. Ph." Leistungen ab, die in der Praxis in S. und in einem
ausgelagerten, mit einem CT-Gerät ausgestatteten Praxisteil im Kreiskrankenhaus S. erbracht worden waren. In den Quartalen
IV/1996 bis I/2001 erhielt sie Honorarzahlungen in einer Gesamthöhe von 4 145 507,66 DM. Mit inhaltlich identischen, sowohl
an den Kläger als auch an den Beigeladenen zu 2. adressierten Bescheiden vom 30.11.2001 - dem Kläger am 5.12.2001 zugestellt
- hob die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Honorarbescheide für die Quartale IV/1996 bis I/2001 auf und forderte
die in diesen Quartalen ihres Erachtens zu Unrecht gezahlten Honorare in Höhe von insgesamt 1 785 135,03 DM (von der Beklagten
in 880 578,27 Euro umgerechnet) zurück. Beide Ärzte hätten die Genehmigung zur gemeinschaftlichen Ausübung der vertragsärztlichen
Tätigkeit durch vorsätzlich falsche Angaben über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung erlangt. Die Höhe des neu festzusetzenden
Honorars des Klägers sei unter Zugrundelegung des Fachgruppendurchschnitts ermittelt worden.
Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Auf Antrag des Klägers hat das LSG mit Beschluss vom 13.8.2002
(L 3 KA 161/02 ER) die aufschiebende Wirkung des Widerspruches insgesamt angeordnet. Auf die Klage des Klägers hat das SG die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und dies damit begründet, für die Rechtmäßigkeit der Honorarrückforderung
komme es allein auf die eingereichten Sammelerklärungen an. Diese seien jedenfalls im Hinblick auf die Leistungserbringung
nicht "falsch" (Urteil vom 13.10.2004).
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid sei
rechtmäßig, auch wenn er an den Kläger und den Beigeladenen zu 2., nicht jedoch an die zu 1. beigeladene "Gemeinschaftspraxis"
gerichtet gewesen sei. Der Bescheid erweise sich auch inhaltlich als rechtmäßig. Eine Abrechnung sei auch dann falsch, wenn
die vertragsärztliche Tätigkeit, in deren Rahmen die Leistungen erbracht worden seien, nicht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen
der vertragsärztlichen Versorgung ausgeübt worden sei. Dies gelte auch für den Fall der Leistungserbringung durch eine nur
formal bestehende Gemeinschaftspraxis.
Für die Rechtmäßigkeit der Honorargewährung komme es nicht nur auf die formelle Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung
an, sondern der Vertragsarzt müsse vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung
zu erbringen. Daher sei die Beklagte berechtigt, im Falle eines Gestaltungsmissbrauchs der Rechtsformen vertragsärztlicher
Kooperation die Honorarabrechnungen der beteiligten Ärzte sachlich-rechnerisch richtig zu stellen. Dies gelte auch für Fälle,
in denen nach außen hin eine Gemeinschaftspraxis mit entsprechender Genehmigung des Zulassungsausschusses betrieben worden
sei, die Genehmigung aber nicht hätte erteilt werden dürfen oder hätte widerrufen werden müssen, weil eine gemeinschaftliche
Berufsausübung nie gewollt gewesen oder später nicht mehr realisiert worden sei. Dieser Fall sei vorliegend gegeben, denn
die Beigeladene zu 1. sei ungeachtet ihrer formellen Genehmigung keine Gemeinschaftspraxis gewesen, weil der Beigeladene zu
2. tatsächlich als angestellter Arzt tätig geworden sei.
Unverzichtbar für die Annahme einer Tätigkeit in "freier Praxis" sei, dass dem Gesellschafter Mitgliedschaftsrechte in Form
von Mitwirkungsrechten, insbesondere Stimmrechten, durch den Gesellschaftsvertrag eingeräumt würden, weil ansonsten nicht
angenommen werden könne, dass der Arzt den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimme.
Dem Beigeladenen zu 2. seien weder nach Vertragslage noch tatsächlich Mitwirkungsmöglichkeiten an den zentralen, die Struktur
der Praxis in S. bestimmenden Entscheidungen eingeräumt worden. Hierüber hätten allein der Kläger und die Dres. H. und M.
in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der GbR, die die wirkliche Trägerin der Praxis in S. und V. gewesen sei, befunden.
Der Beigeladene zu 2. sei nie in die Gesellschaft aufgenommen worden und habe insbesondere an keiner Gesellschafterversammlung
teilgenommen. Dass er bei seiner Arbeit in der CT-Außenstelle selbstständig habe arbeiten können, ändere daran nichts, da
die GbR über die Rechtsmacht verfügt habe, sich im Konfliktfall gegen den Beigeladenen zu 2. durchzusetzen. Dieser sei zudem
weder an Gewinnen noch Verlusten der Praxis beteiligt gewesen, sondern habe ein festes Gehalt bezogen. Auch eine Beteiligung
am Vermögen der Gemeinschaftspraxis habe zu keiner Zeit vorgelegen.
Die Beklagte habe die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen in Anknüpfung an die in den strittigen Quartalen unrichtigen
Sammelerklärungen durchführen dürfen. Den Kläger treffe auch ein Verschulden, zumindest im Sinne grober Fahrlässigkeit. Er
habe aufgrund der Verträge wissen müssen, dass der Beigeladene zu 2. in Wirklichkeit nur die Stellung eines unselbstständig
tätigen Assistenten inne gehabt habe. Bei der Neufestsetzung des Honorars sei die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise
davon ausgegangen, dass die vom Beigeladenen zu 2. erarbeiteten Honorare zu Unrecht ausgezahlt worden seien. Die Schätzung
der verbleibenden Honorare anhand der durchschnittlichen Einnahmen einer radiologischen Einzelpraxis bewege sich im Rahmen
der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil vom 17.12.2008, MedR 2009, 497 = GesR 2009, 206).
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Die bundesmantelvertraglichen Bestimmungen über die sachlich-rechnerische
Richtigstellung von Honorarforderungen stellten keine ausreichende Rechtsgrundlage für die streitbefangene Honorarrückforderung
dar, da die abgerechneten Leistungen entsprechend den Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche
Leistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Die Beklagte mache vielmehr einen vermeintlichen "sonstigen Schaden" geltend.
Der Anwendung der Regelungen über die sachlich-rechnerische Richtigstellung stehe im Übrigen die Drittbindungswirkung der
ihm - dem Kläger - und dem Beigeladenen zu 2. erteilten Gemeinschaftspraxis-Genehmigung entgegen. Diese Genehmigung habe statusbegründenden
Charakter. Die Kompetenz der Zulassungsgremien sei abschließend und lückenlos; auch die Beklagte sei an deren Entscheidung
gebunden. Diese Kompetenzverteilung und die daraus resultierende Drittbindungswirkung könne die Beklagte nicht dadurch umgehen,
dass sie einseitig im Wege der Aufhebung erteilter Honorarbescheide ihre Ansicht durchzusetzen versuche.
Selbst wenn man unterstelle, dass der Vertrag über die Gemeinschaftspraxis vertragsarztrechtlich bedenklich sei, könne ihm
- dem Kläger - als juristischem Laien, der einen solchen Vertrag unter fachlicher Beratung durch einen bundesweit anerkannten
Spezialisten auf dem Gebiet des Vertragsarztrechts abgeschlossen habe, nicht der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gemacht werden.
Die Frage der fehlerhaften Vertragsgestaltung sei erst in das Blickfeld der Beklagten gerückt, nachdem gegen den beratenden
Rechtsanwalt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, das mit einer Verurteilung geendet habe. Der
Vertrag sei von ihm - dem Kläger - freiwillig vorgelegt worden; nur dadurch habe die Beklagte Kenntnis von diesem erhalten.
Dies spreche gegen die ihm unterstellte Absicht der Irreführung.
Im Übrigen sei der Beigeladene zu 2. in "freier Praxis" tätig gewesen; er habe den ausgelagerten Praxisteil am Krankenhaus
S. selbstständig und eigenverantwortlich geführt. Der Kooperationsvertrag stehe den Anforderungen einer Tätigkeit in "freier
Praxis" nicht entgegen. Der Beigeladene zu 2. habe seine Tätigkeit frei und eigenverantwortlich ausgeübt, habe Beginn, Dauer
und Ende seiner Tätigkeit frei bestimmt und über den Einsatz des nichtärztlichen Personals verfügt. Unzutreffend sei auch,
dass der Beigeladene zu 2. an keiner Gesellschafterversammlung teilgenommen habe. Unabhängig davon hätte das LSG den Beteiligten
einen Hinweis darauf geben müssen, dass es seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen wolle, dass sich aus
den Protokollen der Gesellschafterversammlungen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. nicht ergebe. Das LSG habe dies jedoch
nicht getan und so den Beteiligten keine Möglichkeit gegeben, diesbezüglich Beweis anzutreten. Das Fehlen einer Beteiligung
am Gesellschaftsvermögen vermöge ebenso wenig wie eine feste Gewinnbeteiligung und der Ausschluss einer Verlustbeteiligung
die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Arztes zu gefährden. Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Rechte der Gesellschafter
sei jedenfalls für eine Übergangszeit des "Kennenlernens" von in der Regel drei Jahren - aber auch darüber hinaus - zulässig.
Wie das BVerfG entschieden habe, sei der Begriff des "freien Berufes" ein soziologischer Begriff und kein eindeutiger Rechtsbegriff,
aus dem präzise normative Wirkungen abgeleitet werden könnten. Es obliege dem Gesetzgeber, die Merkmale eines "freien" Berufs
im Einzelnen festzulegen und damit das Berufsbild zu fixieren. Die Unbestimmtheit des § 32 Abs 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung
für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) lasse eine Auslegung, die konkrete Anforderungen an die Vertragsgestaltung stelle, um so weniger
zu, als die Regelung damit in die Nähe einer Berufszugangsregelung gerückt werde. Schließlich verstoße § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV
in der Auslegung des LSG gegen den Gleichheitssatz des Art
3 Abs
1 GG, wenn sich Partner einer Gemeinschaftspraxis einem drohenden Honorarregress bereits dadurch entziehen könnten, dass sie ihre
internen vertraglichen Regelungen geheim hielten. Schließlich scheide, da der angefochtene Bescheid dem Kläger am 5.12.2001
zugestellt worden sei, eine sachlich-rechnerische Richtigstellung von Quartalsbescheiden, die vor dem 5.12.1997 ergangen seien,
aus.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.12.2008 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Hannover
vom 13.10.2004 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Insbesondere stehe der sachlich-rechnerischen Richtigstellung keine "Drittbindungswirkung"
durch die vom Zulassungsausschuss erteilte Gemeinschaftspraxisgenehmigung entgegen. Denn die angefochtenen Bescheide hätten
keinen Einfluss auf den Zulassungsstatus des Klägers. Sie - die Beklagte - sei berechtigt, das Honorar einer Scheingemeinschaftspraxis
in der Weise zu reduzieren, dass die einzelnen Ärzte so behandelt würden, als wären sie in einer Einzelpraxis tätig gewesen.
Es liege ein offenkundiger Rechtsmissbrauch vor, wenn bereits in der Präambel des Kooperationsvertrages bestimmt werde, dass
ein ggf dem Zulassungsausschuss vorzulegender Vertrag keine Bindungswirkung entfalten werde. Die behauptete gleichberechtigte
Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen werde durch die vorliegenden Unterlagen widerlegt. Dessen Befragung vor
dem LSG habe ergeben, dass er noch nicht einmal Kenntnis gehabt habe, wann die regulären Gesellschafterversammlungen stattgefunden
hätten. Für Fälle von Abrechnungsbetrug gelte die vierjährige Verjährungsfrist nicht.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat seine Klage zu Recht unter Aufhebung des Urteils des SG abgewiesen. Die Beklagte hat die der Beigeladenen zu 1. erteilten Honorarbescheide zu Recht aufgrund sachlich-rechnerischer
Richtigstellung teilweise aufgehoben und von den an ihr beteiligten Ärzten zu viel gezahltes Honorar zurückverlangt. Sie hat
den Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach zutreffend berechnet.
1. Die Entscheidung des LSG ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe
den Beteiligten einen Hinweis darauf geben müssen, es werde seine Entscheidung wesentlich auf die Feststellung stützen, dass
sich aus den Protokollen eine Mitwirkung des Beigeladenen zu 2. an Entscheidungen über "Praxisangelegenheiten" nicht ergebe,
macht er einen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Sinne einer Überraschungsentscheidung geltend. Eine Überraschungsentscheidung
liegt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; zuletzt BVerfG [Kammer], Beschluss vom 7.10.2009 - 1 BvR 178/09 - juris RdNr 8) wie auch des BSG (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 4 S 23; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 17) dann vor, wenn das
Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht
und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf
selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht.
Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, denn Art
103 Abs
1 GG begründet keine umfassende Frage-, Aufklärungs- und Informationspflicht des Gerichts (stRspr des BVerfG, vgl BVerfGE 66,
116, 147; BVerfGE 84, 188, 190; BVerfGE 86, 133, 144; BVerfG [Kammer], Beschluss vom 27.11.2008 - 2 BvR 1012/08 - juris RdNr 6). Prozessbeteiligte - insbesondere anwaltlich vertretene - müssen grundsätzlich von sich aus alle vertretbaren
Gesichtspunkte in Betracht ziehen und sich in ihrem Vortrag darauf einstellen (BVerfGE 86, 133, 144 f; BVerfGE 98, 218, 263; BSG SozR 4-2500 § 103 Nr 6 RdNr 18 mwN). Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll lediglich verhindern, dass die Beteiligten
durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie
sich nicht äußern konnten (BSG Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R - NZS 2004, 660 ff unter Hinweis auf BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 mwN). Dementsprechend liegt keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor,
wenn die betroffene Sach- oder Rechtsfrage bereits Gegenstand von Äußerungen der Beteiligten des Verfahrens war, das zu der
angegriffenen Entscheidung führte (BVerfG, [Kammer], Beschluss vom 12.7.2006 - 2 BvR 513/06 - BVerfGK 8, 376). So liegt es auch hier, denn die Frage einer Tätigkeit des Beigeladenen zu 2. in "freier Praxis" - für
deren Beantwortung ggf auch eine Beteiligung an Gesellschafterversammlungen Bedeutung haben kann - hat von Beginn des Verfahrens
an im Mittelpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung gestanden.
2. Die Beklagte hat die allgemeinen Vorgaben für eine Richtigstellung der Abrechnungen der Beigeladenen zu 1. beachtet.
a) Rechtsgrundlage der aufgrund sachlich-rechnerischer Richtigstellung erfolgten Aufhebung der Honorarbewilligungen für die
Quartale IV/1996 bis I/2001 sind hier noch § 45 Abs 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw § 34 Abs 4 Satz 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen
(EKV-Ä) (für Zeiträume ab 1.1.2004 vgl nunmehr §
106a SGB V idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190).
Nach diesen im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die KÄV von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse die
Befugnis, die von Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und nötigenfalls
richtig zu stellen (stRspr, vgl BSGE 89, 90, 93 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6; BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 5 RdNr 13). Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung
erfolgen (stRspr, vgl BSG SozR 4-2500 § 106a Nr 4 RdNr 10 mwN; BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Aus diesen Bestimmungen ergibt sich weiter, dass der Vertragsarzt das Honorar, das ihm
nach sachlich-rechnerischer Abrechnungskorrektur nicht mehr zusteht, erstatten muss (BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 11; BSGE 103, 1 = SozR 4-2500 § 106a Nr 7, RdNr 13).
b) Der Anwendung dieser bundesmantelvertraglichen Regelungen steht nicht entgegen, dass vorliegend nicht Abrechnungsverstöße
im engeren Sinne - etwa der fehlerhafte Absatz von Gebührennummern - in Rede stehen. Zwar geht es bei der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung vor allem um die Auslegung und Anwendung der Gebührenordnungen (s schon BSGE 42, 268, 270 = SozR 2200 § 368n Nr 9, S 21 f), jedoch hat der Senat die entsprechenden bundesmantelvertraglichen Vorschriften in
ständiger Rechtsprechung umfassend verstanden.
Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertrags(zahn)arztes zielt auf die Feststellung, ob
die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des
Vertragsarztrechts - mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots -, erbracht und abgerechnet worden sind (BSG SozR 4-2500 §
106a Nr 4 RdNr 10; BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15; s schon BSG SozR 5557 Nr 5451 Nr 1 S 2). Dies entspricht den Formulierungen in den zu
§
106a SGB V erlassenen Richtlinien (vgl §
3 Abs
1 und
2 iVm §
4 der Richtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen zum Inhalt und zur Durchführung
der Abrechnungsprüfungen der KÄVen und der Krankenkassen, DÄ 2004, A 2555 bzw A 3135; § 5 Abs 1 iVm Abs
3 der Richtlinien der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen nach §
106a SGB V, zm 2008, S 111 ff).
Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage
besteht danach nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen,
in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung
durchgeführt und abgerechnet hat (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11). Dementsprechend hat der Senat in seiner Rechtsprechung das Rechtsinstitut der sachlich-rechnerischen
Richtigstellung zB bei der Abrechnung fachfremder Leistungen (vgl ua BSGE 93, 170 = SozR 4-2500 § 95 Nr 8; BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 1) oder qualitativ mangelhafter Leistungen angewandt, aber auch bei Leistungen
eines nicht genehmigten Assistenten (BSG SozR 3-5525 § 32 Nr 1 S 3 f) sowie bei der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs
mit Hilfe eines Assistenten (BSG SozR 4-5520 § 32 Nr 2), bei der Abrechnung von Leistungen, die nach stationärer Aufnahme
erbracht werden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 8; s hierzu auch die Nachweise bei BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 11), bei der Nichtbeachtung der bereichsspezifischen Vorschriften zur Datenerhebung, -verarbeitung
und -nutzung im Rahmen der vertragsärztlichen Abrechnung (BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2, RdNr 15) und schließlich bei einem Missbrauch vertragsarztrechtlicher Kooperationsformen (BSGE
96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6; zuletzt BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris).
Die Beklagte hat die sachlich-rechnerische Richtigstellung daher zu Recht darauf stützen dürfen, dass sich die Beigeladene
zu 1. durch die angeblich gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Klägers mit dem Beigeladenen zu 2. vertragsärztliches
Honorar verschafft hat, das sie - bzw der Kläger in Einzelpraxis - bei Beachtung der vertragsärztlichen Pflichten nicht hätte
erzielen können. Diesen auf pflichtwidriger Verhaltensweise beruhenden Honoraranteil darf die KÄV sachlich-rechnerisch richtig
stellen und insoweit bereits ausgezahltes Honorar zurückfordern. Sie ist nicht darauf beschränkt, den Pflichtenverstoß disziplinarisch
zu ahnden und/oder auf die Entziehung der Zulassung hinzuwirken (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 12).
c) Die Beklagte war auch berechtigt, eine Honorarrückforderung - statt gegenüber der zu 1. beigeladenen "Gemeinschaftspraxis"
- gegenüber dem Kläger geltend zu machen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn Aufhebungs- und Rückforderungsbescheide,
die Quartale betreffen, in denen eine Praxis als Gemeinschaftspraxis (jetzt Berufsausübungsgemeinschaft) geführt wurde, nicht
an die Gemeinschaftspraxis, sondern nur an einen der Partner gerichtet wurden (vgl BSGE 89, 90, 93 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 6). Die Partner einer Gemeinschaftspraxis können jeder für sich in Anspruch genommen werden
(BSGE 89, 90, 92 f = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 5; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 16).
Zum anderen rechtfertigt sich der an den Kläger gerichtete Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid auch dadurch, dass eine
Gemeinschaftspraxis lediglich pro forma bestand. Weil dies materiell-rechtlich die Zusammenarbeit zweier in "freier Praxis"
tätiger Ärzte voraussetzt, der Beigeladene zu 2. jedoch in Wirklichkeit lediglich als Angestellter des Klägers (bzw der "Gesellschaft")
tätig war (s dazu unter 3. b cc), war der Kläger somit tatsächlich in Einzelpraxis tätig. Die Beklagte ist - jedenfalls in
Bezug auf die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen - nicht an lediglich formal bestehende, materiell-rechtlich jedoch rechtswidrige
Statusentscheidungen gebunden (s unter 3. c). "Vertragspartner" der Beklagten war daher der Kläger, so dass auch die Rückabwicklung
im Verhältnis Kläger-Beklagte zu erfolgen hat.
3. Die Beklagte war auch in der Sache berechtigt, die Abrechnungen der "Gemeinschaftspraxis" für die streitgegenständlichen
Quartale richtig zu stellen. Denn die "Gemeinschaftspraxis", der (auch) der Kläger angehörte, hat in dieser Zeit Leistungen
abgerechnet, die im Widerspruch zu bindenden Vorgaben des Vertragsarztrechts erbracht wurden. Die vom Zulassungsausschuss
genehmigte, aus ihm und dem zu 2. beigeladenen Arzt Dr. Ph. bestehende Gemeinschaftspraxis existierte tatsächlich nicht. Dr.
Ph. war lediglich als Angestellter des Klägers tätig, und die Genehmigung zur Beschäftigung eines angestellten Arztes hatte
die Beklagte nicht erteilt.
Die vertraglich zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2. vereinbarte Kooperation erfüllte die Voraussetzungen des §
33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV nicht, weil der zu 2. beigeladene Dr. Ph. nicht in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV
tätig war. Über die berufliche und persönliche Selbstständigkeit, die für die Ausübung der Tätigkeit des Vertragsarztes in
"freier Praxis" erforderlich ist, verfügte Dr. Ph. zu keinem Zeitpunkt. Dieser Arzt trug nach den Vereinbarungen zwischen
ihm und dem Kläger das wirtschaftliche Risiko der Praxis nicht mit und war in keiner Weise am Wert der Praxis beteiligt, die
durch seine Tätigkeit mit geschaffen wurde. Jedenfalls soweit beides explizit ausgeschlossen ist, wird die ärztliche Tätigkeit
nicht mehr in freier Praxis ausgeübt.
a) Nach § 33 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV ist die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zulässig unter allen zugelassenen
Leistungserbringern. Das setzt die (auch materiell rechtmäßige) Zulassung eines jeden einzelnen Mitglieds der Gemeinschaftspraxis
voraus (vgl Engelmann, ZMGR 2004, 3, 10). Schon hieran fehlt es. Denn der Beigeladene zu 2. war - wie das LSG zutreffend festgestellt
hat - bereits nicht als Arzt in freier Praxis, sondern tatsächlich als "freier Mitarbeiter" tätig. Da das Vertragsarztrecht
den Typus des "freien Mitarbeiters" nicht kennt, ist der Beigeladene zu 2. vertragsarztrechtlich als "angestellter Arzt" bzw
als "Assistent" zu qualifizieren. Derartige Tätigkeiten sind nur mit entsprechender Genehmigung zulässig; daran fehlte es
jedoch.
b) Nach § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV hat der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in "freier Praxis" auszuüben.
Dies war dem Beigeladenen zu 2. gesellschaftsvertraglich nicht möglich, und er hat es auch tatsächlich nicht getan.
aa) Der Begriff der "freien Praxis" ist nicht zu unbestimmt, um hieraus Anforderungen an die vertragsärztliche Tätigkeit abzuleiten.
Dem steht auch nicht die Aussage des BVerfG entgegen, dass der (vergleichbare) Begriff "freier Beruf" kein eindeutiger Rechtsbegriff,
sondern ein soziologischer Begriff sei, der aus einer bestimmten gesellschaftlichen Situation erwachsen sei und aus dem sich
keine präzise normative Wirkungen ableiten ließen (BVerfGE 10, 354, 364). Abgesehen davon, dass das BVerfG diese Aussagen getätigt hat, um der (gegenteiligen) Auffassung entgegenzutreten,
dieser Begriff beinhalte einen spezifischen, gesteigerten Gehalt an Freiheit (vgl BVerfG aaO), unterscheidet sich die Situation
vornehmlich dadurch, dass der ähnliche Begriff der "freien Praxis" vorliegend nicht im allgemeinen - "soziologischen" - Sinne
gebraucht wird, sondern durch die Regelungen in §
32 Abs
1 Satz 1 Ärzte-ZV wie auch in §
98 Abs
2 Nr
13 SGB V ("nach den Grundsätzen der Ausübung eines freien Berufes ...") normativen Gehalt bekommen hat. Darüber hinaus ist der Begriff
der "freien Praxis" durch zahlreiche Entscheidungen des BSG weiter konkretisiert worden (s unter 3. b bb).
Im Übrigen hat auch das BVerfG in verschiedenen Entscheidungen den Kerngehalt dieses Begriffes dahingehend umschrieben, dass
der Arztberuf durch ein hohes Maß an eigener Verantwortlichkeit und eigenem Risiko in wirtschaftlicher Beziehung charakterisiert
sei (BVerfGE 9, 338, 351). Das Berufsbild der freiberuflich Tätigen trage im Ganzen den "unternehmerischen Zug", der auf Selbstverantwortung,
individuelle Unabhängigkeit und eigenes wirtschaftliches Risiko gegründet sei (BVerfGE 10, 354, 369). Der frei praktizierende Arzt habe die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, könne insbesondere seine Arbeitszeit
frei einteilen, er trage aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfGE 16, 286, 294). Mithin wird eine Tätigkeit in "freier Praxis" unzweifelhaft durch die Merkmale individuelle Unabhängigkeit und Tragung
des wirtschaftlichen Risikos konkretisiert.
bb) Was für eine Tätigkeit persönlich in freier Praxis im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV - im Gegensatz zu einem Angestelltenverhältnis
im Sinne des § 32b Ärzte-ZV - erforderlich ist, hat das BSG in seinen Urteilen vom 16.3.1973 (BSGE 35, 247 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435), vom 16.7.2003 (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2) und vom 28.11.2007 (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 §
103 Nr 3) vorgezeichnet. Das Merkmal erfordert mehr, als nach den §§
705 ff
BGB für die Stellung als Gesellschafter erforderlich ist. Die vertragsärztliche Tätigkeit muss in beruflicher und persönlicher
Selbstständigkeit gesichert sein; erhebliche Einflussnahmen Dritter müssen ausgeschlossen sein; insbesondere darf nicht in
Wahrheit ein verstecktes Angestelltenverhältnis vorliegen (BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26, anknüpfend an BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2; vgl auch BSGE 91, 164 RdNr 17, 18 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 16, 17; - jeweils betreffend Gemeinschaftspraxis). Zur erforderlichen eigenverantwortlichen
Gestaltung ärztlicher Tätigkeit gehört es, dass der Arzt ein wirtschaftliches Risiko trägt, insoweit es maßgebend von seiner
Arbeitskraft abhängen muss, in welchem Umfang seine freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKVÄrzte = NJW 1973, 1435, 1437 - betreffend Facharzt für Laboratoriumsmedizin). Zudem muss der Arzt die Befugnis haben, den medizinischen Auftrag
nach eigenem Ermessen zu gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal
zu disponieren oder jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436; BSGE 76, 59, 64 = SozR 3-5520 § 20 Nr 1 S 7; BSGE 80, 130, 132 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 2 S 13).
Somit beinhaltet die Tätigkeit in "freier Praxis" zum einen eine wirtschaftliche Komponente - die Tragung des wirtschaftlichen
Risikos wie auch eine Beteiligung an den wirtschaftlichen Erfolgen der Praxis - und zum anderen eine ausreichende Handlungsfreiheit
in beruflicher und persönlicher Hinsicht.
Für das Maß an Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit, das einem Arzt bei der von ihm bei seinem Antrag auf Zulassung
geplanten und dann ausgeübten vertragsärztlichen Tätigkeit verbleibt, können zivilrechtliche Vereinbarungen, die er bezogen
auf die Arztpraxis getroffen hat, Bedeutung haben. Dies gilt nicht nur für Gemeinschaftspraxen (hierzu s BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25 f), sondern auch in anderen Fällen, etwa dann, wenn einem Arzt die Praxisräume und -ausstattung
von einem anderen zur Verfügung gestellt werden und dieser sich erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Praxisausstattung
und den Praxisbetrieb vorbehält. In solchen Fällen ist es Aufgabe der Zulassungsgremien, aber ggf auch der Sozialgerichte
und der KÄVen, die zivilrechtlichen Verhältnisse in die Überprüfung einzubeziehen (hierzu zuletzt BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26 mwN).
cc) Die dargestellten Voraussetzungen einer Tätigkeit in "freier Praxis" waren im Falle des Beigeladenen zu 2. schon nicht
gegeben, als er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wurde. Sie sind angesichts der gescheiterten Aufnahme in die
"Gesellschaft" ebenso wenig während seiner anschließenden Tätigkeit eingetreten. Der Beigeladene zu 2. trug nämlich zu keinem
Zeitpunkt ein erkennbares wirtschaftliches Risiko (1) und war an der Verwertung des von ihm erarbeiteten Praxiswerts nicht
beteiligt (2). Ob er darüber hinaus auch in seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt war, bedarf keiner abschließenden Entscheidung
(3).
(1) Das Erfordernis, dass es beim Vertragsarzt "maßgebend von seiner Arbeitskraft abhängen" muss, in welchem Umfang seine
freiberufliche Tätigkeit Einkünfte erbringt (BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1437), ihn also im positiven wie im negativen Sinne die Chance und das Risiko des beruflichen Erfolges oder Misserfolges
persönlich treffen müssen, ist der Notwendigkeit geschuldet, den Status des Vertragsarztes von dem Status des angestellten
Arztes abzugrenzen. Nur dann ist das Merkmal beruflicher und persönlicher Selbstständigkeit gegeben und liegt nicht ein (verstecktes)
Angestelltenverhältnis vor. Dies bedeutet insbesondere, dass der Vertragsarzt nicht wie ein Angestellter nur ein Festgehalt
erhalten darf. Vielmehr muss ihm maßgeblich der Ertrag seiner vertragsärztlichen Tätigkeit zugute kommen, ebenso wie ein eventueller
Verlust zu seinen Lasten gehen muss. Dieses Erfordernis muss von Anbeginn der vertragsärztlichen Tätigkeit erfüllt sein, kann
mithin nicht für die Dauer einer "Probezeit" suspendiert werden.
Diese Teilhabe an Gewinn und Verlust der laufenden Praxistätigkeit kann nicht allein auf den Kapitaleinsatz bezogen werden,
der bei der ärztlichen Tätigkeit nicht die ausschlaggebende Rolle spielt, wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung
(Urteil vom 16.3.1973 - BSGE 35, 247, 252 = SozR Nr 1 zu § 5 EKV-Ärzte = NJW 1973, 1435, 1436 f) ausgeführt hat. Fehlender wirtschaftlicher Erfolg einer Praxis wirkt sich im Übrigen vor allem in Gestalt einer
Reduzierung des sogenannten Unternehmerlohns aus, weil die laufenden Praxiskosten nicht sogleich einem Umsatzrückgang angepasst
werden können, und kann auch zum Auflaufen von Verbindlichkeiten führen. Ob im Übrigen die Gewichtung von Kapitaleinsatz und
persönlicher Arbeitskraft des Arztes, die im Urteil vom 16.3.1973 zum Ausdruck kommt, heute im Zuge der Veränderungen der
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der vertragsärztlichen Tätigkeit anders vorgenommen werden müsste, bedarf hier keiner Entscheidung.
Diese Voraussetzungen lagen, wie vom LSG zutreffend festgestellt, nicht vor: Nach dem - die Rahmenbedingungen für das Tätigwerden
des Beigeladenen zu 2. in der "Gemeinschaftspraxis" regelnden - Kooperationsvertrag sollte der Beigeladene zu 2. kein wirtschaftliches
Risiko tragen (Ziff 2a und b der Präambel zum Kooperationsvertrag); gemäß § 4 des Vertrages erhielt er ein Festgehalt ("regelmäßige
Vergütung pro Arbeitswoche"). Die "Abrechnung von Privat- und Kassenpatienten" oblag allein "den Praxisinhabern" (§ 5 Abs
1 des Vertrages); zudem war der Beigeladene zu 2. "im Innenverhältnis" von allen Honorarkürzungs- und Regressansprüchen freigestellt
(§ 2 Abs 6 des Vertrages). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese - eine "Mitunternehmerschaft" des Beigeladenen
zu 2. in Bezug auf die Einkünfte ausschließenden - Regelungen in der Folgezeit nicht mehr gegolten haben. Denn zu dessen avisierten
Eintritt in die von Dres. P., H. und M. gebildete Gesellschaft ist es unzweifelhaft nicht gekommen, wie der Kläger in der
mündlichen Verhandlung vor dem LSG bestätigt hat. Der Beigeladene zu 2. hat bekräftigt, dass es bis 2001 bei den im Vertrag
vereinbarten Zahlungen geblieben sei und er auch in der Folgezeit ein Festgehalt erhalten habe. Die im Schrifttum erörterte
Frage, ob die Zahlung eines Festgewinnanteils für die Annahme einer Tätigkeit in "eigener Praxis" ausreichen kann (s hierzu
Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 4 f), stellt sich vorliegend nicht, da der Beigeladene zu 2. gerade keine gewinnbezogenen Zahlungen erhalten hat.
Auch wenn die für bzw gegen eine Tätigkeit in "freier Praxis" sprechenden Gesichtspunkte grundsätzlich in ihrer Gesamtheit
in die Abwägung einzubeziehen sind, stellt der Umstand, dass sich die Einkommenssituation des Beigeladenen zu 2. nicht von
der eines "freien Mitarbeiters" bzw der eines Angestellten unterschied, ein so wesentliches Indiz gegen eine selbstständige
Tätigkeit in "freier Praxis" dar, dass bereits aus diesem Grunde die Entscheidung des LSG zu bestätigen ist. Daher kann es
dahingestellt bleiben, ob der Beigeladene zu 2. im Übrigen Einfluss auf die Führung der - letztlich auch die "Gemeinschaftspraxis"
beherrschenden, vom Kläger sowie Dres. H. und M. gebildeten - "Gesellschaft" hatte.
Da es bereits an jeglicher Tragung eines wirtschaftlichen Risikos fehlt, kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob im Falle
von Gemeinschaftspraxen (bzw Berufsausübungsgemeinschaften) jeder Partner auch substantiell am Gesellschaftsvermögen beteiligt
werden muss (s hierzu die Nachweise bei Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 6 f mit Fn 57 bis 60) oder ob - ggf auch nur für eine Übergangsfrist - auch eine sogenannte "Null-Beteiligung" unschädlich
sein kann. Dieser Aspekt könnte lediglich dann Bedeutung haben, wenn die Bewertung des vorrangigen (einkommensbezogenen) Kriteriums
der "Tragung des wirtschaftlichen Risikos" keine eindeutige Aussage erlaubt. Allerdings sprechen gewisse Gesichtspunkte dafür,
dass eine Beteiligung am Gesellschaftsvermögen nicht ausnahmslos erforderlich ist. Wenn ein Arzt sowohl am wirtschaftlichen
Gewinn wie auch an einem etwaigen Verlust beteiligt ist, also das Einkommens-Risiko trägt, muss er nicht auch noch zwingend
das weitere (Vermögens-)Risiko tragen. So könnten Gestaltungen zulässig sein, in denen Ärzte (gemeinsam) nicht nur die Praxisräume,
sondern auch die komplette Praxisausstattung anmieten, ihr Kapitaleinsatz also gegen Null geht, oder in denen ein alteingesessener
Vertragsarzt mit einem jungen Arzt, der in fernerer Zukunft die Praxis übernehmen soll, zunächst eine Gemeinschaftspraxis
bildet, in der die gesamte Praxisausstattung dem "Alt-Arzt" gehört.
(2) Ein wesentlicher Mangel an ausreichender Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit ergab sich ferner daraus, dass
dem Beigeladenen zu 2. bei Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit keine Chance auf Verwertung des auch von ihm erarbeiteten
Praxiswertes blieb. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis ist - unabhängig
von der Frage einer Beteiligung der Partner an den Investitionen und Kosten der Praxis - grundsätzlich eine Beteiligung am
immateriellen Wert der Praxis (dem sogenannten "Goodwill") erforderlich, da dies Ausfluss der mit einer Tätigkeit in "freier
Praxis" verbundenen Chancen ist. Dabei kann die vertragliche Ausgestaltung im Einzelfall unterschiedlich sein (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 14).
Zwar sind Einschränkungen des für Einzelpraxen typischen Rechts, im Falle der Aufgabe der Praxistätigkeit über die Verwertung
des Praxiswerts - insbesondere durch Ausschreibung des Vertragsarztsitzes in Verbindung mit dem Abschluss eines Vertrages
mit dem Praxisnachfolger über einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswertes der Praxis (§
103 Abs
4 SGB V) - zu verfügen, dann üblich, wenn es sich um eine Gemeinschaftspraxis handelt. Bei ihr sind die Bindungen und Arbeitsteilungen
unter den Praxispartnern zu beachten; diese rechtfertigen Beschränkungen der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit
jedes einzelnen Partners. Dabei werden auch die Rechte des Ausscheidenden häufig beschränkt, nämlich zB auf den Anspruch auf
Abfindungszahlungen reduziert (s dazu H.-J. Rieger, Verträge zwischen Ärzten in freier Praxis, 8. Aufl 2009: Heidelberger
Musterverträge, Heft 41, Teil 2: Kooperationsverträge, Vertrag für Gemeinschaftspraxis, § 14, S 46-48).
Selbst derart beschränkte Teilhaberechte am Wert der Praxis waren aber durch den Kooperationsvertrag ausgeschlossen. Dort
war insbesondere bestimmt, dass der freie Mitarbeiter den Gemeinschaftspraxis-Anteil "nur im Außenverhältnis" erwirbt und
hieraus keine Rechte herleiten kann; zudem hat er den Anteil bei einem Ausscheiden unentgeltlich auf die "Gemeinschaftspraxis"
zu übertragen (Ziff 6b der Präambel). Auch ist er nicht am "Good-Will" der Praxis beteiligt (Ziff 7 der Präambel). Selbst
wenn man dies ggf für die Dauer einer begrenzten "Probezeit" akzeptieren wollte, käme dies im Falle des Beigeladenen zu 2.
schon wegen der auf unbestimmte Zeit fortgesetzten Probezeit nicht zum Tragen.
(3) Dahingestellt bleiben kann, ob der Beigeladene zu 2. ausreichende Dispositionsfreiheit in beruflicher und persönlicher
Hinsicht besaß. Das Erfordernis, dass der Arzt die Befugnis haben muss, den medizinischen Auftrag nach eigenem Ermessen zu
gestalten sowie über die räumlichen und sächlichen Mittel, ggf auch über den Einsatz von Hilfspersonal zu disponieren oder
jedenfalls an der Disposition mitzuwirken (BSGE 35, 247, 250 = NJW 1973, 1435, 1436), hat zum Inhalt, dass erhebliche Einflussnahmen Dritter bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags und bei der
Disposition über das Hilfspersonal ausgeschlossen sein müssen. Entsprechendes gilt für die Disposition über die Sachausstattung
der Praxis. Dies sind Ausprägungen der rechtlichen Vorgabe, dass die vertragsärztliche Tätigkeit "persönlich in freier Praxis"
ausgeübt werden muss (§ 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV), wofür wesentlich ist, dass er die Verfügungsmacht über die Praxis hat.
Selbst wenn die Praxis und deren Inventar nicht unbedingt in seinem Eigentum stehen müssen, muss er neben der Gestaltung des
medizinischen Auftrags und neben der Personalhoheit auch in einem gewissen Umfang die Sachherrschaft haben. Nur dann ist eine
Verfügungsmacht über die Praxis und eine Tätigkeit "in freier Praxis" gegeben.
Nach den Feststellungen des LSG steht nicht in Zweifel, dass der Beigeladene zu 2. bei der Gestaltung des medizinischen Auftrags
in ausreichendem Maß "sein eigener Herr" war. Insoweit hat das LSG jedoch zutreffend darauf verwiesen, dass erhebliche (fachliche)
Entscheidungs- und Handlungsspielräume allen höheren Dienstleistungen eigen sind. Bezüglich der Frage, ob dem Beigeladenen
zu 2. in ausreichendem Maße die Personalhoheit verblieben ist, liegt es schon aus Gründen der - im Gesamtinteresse liegenden
- Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Praxis nahe, dass er wohl im ausreichenden Maße über das für seine Tätigkeit
erforderliche Personal verfügen konnte. Auch die Weisungsbefugnis gegenüber dem nichtärztlichen Hilfspersonal dürfte angesichts
der Notwendigkeiten, die eng mit der eigentlichen ärztlichen Tätigkeit zusammenhängen, bestanden haben. Offen bleiben kann,
ob dem Beigeladenen zu 2. das Recht zustand, über die Organisation des Inventars und der sächlichen Hilfsmittel, die Materialwirtschaft,
die kaufmännische und administrative Ausgestaltung der Arztpraxis zu bestimmen. Zweifellos konnte er nicht über größere Anschaffungen
bestimmen, da die Mittel dazu von der "Gesellschaft", an der er nicht beteiligt war, aufgebracht wurden. Andererseits dürften
ihm die für seine Tätigkeit erforderlichen Materialien und Geräte zur Verfügung gestanden haben.
c) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung steht schließlich nicht entgegen, dass der Beigeladene zu 2. formal zugelassen
und die zu 1. beigeladene Gemeinschaftspraxis formal genehmigt war, und diese Zulassung bzw Genehmigung nicht mit Wirkung
für die Vergangenheit aufgehoben werden kann (vgl hierzu BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 14 - Genehmigung der Verlegung des
Vertragsarztsitzes; dies aufgreifend BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25; LSG Nordhrein-Westfalen, Urteil vom 13.9.2006 - L 11 KA 30/06 - MedR 2008, 50; Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 20 RdNr 47). Denn der Beigeladene zu 2. hätte nicht zur vertragsärztlichen
Versorgung zugelassen werden dürfen, weil - aus den vorstehend dargelegten Gründen - von vornherein die Voraussetzungen für
eine Zulassung fehlten; Entsprechendes gilt für die Gemeinschaftspraxis-Genehmigung. In derartigen Fällen steht dem Vertragsarzt
ungeachtet des rückwirkend nicht korrigierbaren Status kein Honorar zu (so auch Wenner aaO RdNr 48; Engelmann, ZMGR 2004,
3, 13; Schallen, Zulassungsverordnung, 7. Aufl 2009, § 33 RdNr 142 ff).
aa) Ein die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllender oder für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ungeeigneter
Arzt, der sich die Vertragsarztzulassung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verschafft hat, kann nicht unter Berufung
auf den dadurch erworbenen formalrechtlichen Status vertragsärztliche Leistungen erbringen und abrechnen (BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Dies gilt entgegen einer im Schrifttum vertretenen
Auffassung (vgl Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 115) nicht allein - wie in den bereits entschiedenen Fällen - dann, wenn es an der erforderlichen Approbation und damit
bereits an der Erbringung ärztlicher Leistungen fehlt, und/oder, wenn der Arzt rückwirkend auf seine Zulassung verzichtet
hat (vgl Spoerr/Fenner aaO). Vielmehr ist eine Berufung auf einen formalrechtlichen Status - jedenfalls soweit es die Abrechnungsprüfung
betrifft - auch in anderen Fällen ausgeschlossen, in denen die Zulassungsgremien eine Zulassung bei Kenntnis der genauen Umstände
nicht erteilt hätten bzw nicht hätten erteilen dürfen (in diesem Sinne - Honorarrückforderung im Falle des Rechtsmissbrauchs
- auch Gummert/Meier, MedR 2007, 1, 9; vgl weiterhin Clemens/Steinhilper in Laufs/Kern [Hrsg], Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 35 RdNr 78 ff).
Dies gilt insbesondere im Falle einer missbräuchlichen Nutzung von Gestaltungsformen. Ein Gestaltungsmissbrauch in Form eines
Missbrauchs der Rechtsform liegt nicht nur - wie vom Senat bereits entschieden - dann vor, wenn rechtlich in Praxisgemeinschaft
verbundene Ärzte die Patienten wie Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis behandeln (vgl BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6, RdNr 16 ff; BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 17/07 B - juris), sondern auch in anderen Fällen, in denen die formal gewählte Rechtsform nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht.
Vorliegend haben der Kläger und der Beigeladene zu 2. die Kooperationsform Gemeinschaftspraxis dadurch missbräuchlich genutzt,
dass beide die vertragsärztliche Tätigkeit nicht "gemeinsam" ausgeübt haben, sondern faktisch der Kläger in Einzelpraxis tätig
war und den Beigeladenen zu 2. - ohne entsprechende Genehmigung - als Assistenten bzw Angestellten beschäftigte.
Für die Rechtmäßigkeit der Gewährung vertragsärztlichen Honorars kommt es nicht allein darauf an, dass der Vertragsarzt formell
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sondern er muss vielmehr auch materiell berechtigt sein, Leistungen in der
vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen (Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13 unter Bezugnahme auf BSGE 76, 153, 155 = SozR 3-2500 § 95 Nr 5 S 22 unter Hinweis auf BSG SozR 2200 § 368f Nr 1). Zudem sind die mit der Verleihung des Status
einer Gemeinschaftspraxis verbundenen Vorteile gegenüber einer Einzelpraxis nur gerechtfertigt, wenn die rechtsförmige Gestaltung
der Kooperation die Gewähr dafür bietet, dass die mit der Genehmigung der gemeinsamen Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit
verbundenen Rechte und Pflichten ordnungsgemäß wahrgenommen werden (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 22).
bb) Einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung wie auch einer daraus resultierenden Rückforderung vertragsärztlichen Honorars
steht eine etwaige "Tatbestandswirkung" bzw Drittbindungswirkung (zur Terminologie s BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2 S 6; s auch Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 7. Aufl 2008, § 43 RdNr 105) der Zulassung bzw der Gemeinschaftspraxisgenehmigung in dem Sinne, dass andere Behörden bzw Gerichte an diese Entscheidung
ohne Rücksicht auf ihren Inhalt gebunden sind (vgl Roos in v. Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, Vor § 39 RdNr 4 mwN), nicht entgegen. Drittbindungswirkung hat der Senat etwa einem Arztregistereintrag im Rahmen eines Zulassungsverfahrens
(vgl BSG SozR 3-2500 § 95a Nr 2; BSG SozR 3-2500 § 95c Nr 1; eingrenzend aber BSGE 104, 128 = SozR 4-2500 § 95 Nr 15, RdNr 15 ff) sowie der Approbationsentscheidung im Rahmen einer Arztregistereintragung (BSGE 95,
94 = SozR 4-2500 § 95c Nr 1) beigemessen. Ob eine solche Drittbindungswirkung besteht, ist bereichsspezifisch durch Auslegung
der einschlägigen Normen entsprechend ihrem Regelungszweck zu ermitteln; sie kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine
Behörde für den Erlass eines gestaltenden bzw konstitutiv-feststellenden Verwaltungsaktes mit einem Regelungsmonopol ausgestattet
ist (BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 42 mwN). Sie erfordert das Vorhandensein entsprechender gesetzlicher Regelungen, in denen
der Umfang der Bindung wiederum bereichsspezifisch und abhängig von ihrem erkennbaren Regelungszweck unterschiedlich ausgestaltet
sein kann (BSG aaO mwN).
Es kann dahingestellt bleiben, in welchem Umfang eine Drittbindungswirkung der Entscheidungen der Zulassungsgremien zu bejahen
ist, denn zumindest bezogen auf die vorliegende Konstellation wirken sich der Status des zu 2. beigeladenen Arztes als Vertragsarzt
wie die ebenfalls statusbegründende Genehmigung der zu 1. beigeladenen Gemeinschaftspraxis nicht auf die Berechtigung der
Beklagten aus, aus der gesetzwidrigen Gestaltung der beruflichen Kooperation die notwendigen vergütungsrechtlichen Folgerungen
zu ziehen. Der Status des zugelassenen Vertragsarztes und der genehmigten Gemeinschaftspraxis sichern die vertragsärztliche
Tätigkeit im Rechtsverhältnis zu Dritten ab (s hierzu schon BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 16 mwN). Die Versicherten können
sich darauf verlassen, durch einen zugelassenen Arzt im Rahmen des Sachleistungsprinzips behandelt zu werden; die von einem
solchen Arzt ausgestellten Verordnungen sind wirksam und - von der hier nicht relevanten Situation des kollusiven Zusammenwirkens
mit einem Apotheker abgesehen - von diesem auszuführen (BSG aaO; vgl auch BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 25). Solange der Status nicht beseitigt ist, wird der betreffende Arzt im Rahmen der Bedarfsplanung
berücksichtigt und darf seine organschaftlichen Mitwirkungsrechte innerhalb der KÄV wahrnehmen.
Das alles spielt im Rechtsverhältnis zwischen der KÄV und ihrem Mitglied keine Rolle mehr, wenn bekannt ist, dass der Arzt
von seiner Zulassung keinen gesetzeskonformen Gebrauch gemacht hat. Für den Rückgriff der KÄV auf die tatsächlichen Verhältnisse
bedarf es entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Spoerr/Fenner, MedR 2002, 109, 112 f) nicht der rückwirkenden Beseitigung des Status (ebenso Engelmann, ZMGR 2004, 3, 13; Clemens/Steinhilper aaO, RdNr
76 ff). Im Innenverhältnis zur KÄV schützt der verliehene, aber rechtswidrig erlangte bzw genutzte Status den betroffenen
Arzt zumindest in vergütungsrechtlicher Hinsicht nicht.
Insoweit besteht eine Parallele zur Beamtenernennung, die durch Täuschung herbeigeführt worden ist. Diese ist nicht nichtig,
sondern vielmehr mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (vgl § 14 Abs 1 Nr 1 Bundesbeamtengesetz - BBG -). Im Innenverhältnis hat dies ua zur Folge, dass der Beamte die erhaltene Besoldung zu erstatten hat (s hierzu Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.1979 - IV 1423/77 - juris, dort RdNr 18 f), sofern der Dienstherr sein Ermessen (vgl § 15 Satz 4 BBG in der ab 12.2.2009 gültigen Fassung = § 14 Satz 2 BBG in der bis 11.2.2009 gültigen Fassung) nicht dahingehend ausübt, dass sie ihm belassen wird. Im Außenverhältnis zu Dritten
sind die bis zur Zustellung der Erklärung der Rücknahme vorgenommenen Amtshandlungen jedoch in gleicher Weise gültig, wie
wenn ein Beamter sie ausgeführt hätte (§ 15 Satz 3 BBG). Wegen der mehrpoligen Rechtsbeziehungen im Vertragsarztrecht scheidet hier die rückwirkende Beseitigung des Status aus;
vergleichbar dem Dienstherrn im Beamtenverhältnis darf aber die KÄV aus der zu Unrecht erfolgten Verleihung des Status die
erforderlichen Konsequenzen ziehen. Ihr gegenüber entfaltet der Status dann keine Schutzwirkung mehr.
d) Der Aufhebung der ursprünglichen Honorarbescheide steht auch die vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Bescheid
über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ergehen muss (s hierzu BSGE 89, 90, 103 = SozR 3-2500 § 82 Nr 3 S 16; BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12), nicht entgegen. Die Ausschlussfrist beginnt in allen Fällen der Richtigstellung von
Honorarbescheiden mit dem Tag nach der Bekanntgabe des für den Abrechnungszeitraum maßgeblichen Honorarbescheids zu laufen
(BSG MedR 2008, 100 RdNr 18; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 18; ebenso das weitere Urteil vom 28.3.2007- B 6 KA 28/06 R -; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 28 iVm 31, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), begann mithin für das Quartal IV/1996 mit der Mitte April 1997
erfolgten Bekanntgabe der Honorarbescheide und endete dementsprechend Mitte April 2001. Da der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid
erst am 30.11.2001 erlassen worden ist, ist dieser in Bezug auf Teile der Honorarrückforderung nicht innerhalb der Ausschlussfrist
erlassen worden.
Nach Ablauf der Ausschlussfrist ergehende Kürzungs- bzw Rückforderungsbescheide können - auch wenn die Richtigstellung von
fehlerhaften vertragsärztlichen Abrechnungen grundsätzlich kein Verschulden des Vertragsarztes voraussetzt (BSGE 96, 99 = SozR 4-5520 § 33 Nr 6 RdNr 28) - regelmäßig nur noch dann Rechtswirkungen entfalten, wenn die Vertrauensschutzausschlusstatbestände
des § 45 SGB X (Abs 2 iVm Abs 4 Satz 1) vorliegen (grundlegend BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22, RdNr 14; ebenso BSGE 97, 84 = SozR 4-2500 § 106 Nr 15, RdNr 12; BSGE 98, 169 = SozR 4-2500 § 85 Nr 35, RdNr 16; BSG, Urteil vom 5.5.2010 - B 6 KA 5/09 R - RdNr 32, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Dies ist jedoch hier der Fall. Denn die Honorarbescheide beruhen zum
einen auf Angaben, die der Kläger grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 2 SGB X), zum anderen hat er die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt (§ 45 Abs 2 Satz 3 Nr 3 SGB X).
Für den Senat bestehen auf der Grundlage der Feststellungen des LSG keine Zweifel, dass der Kläger wusste, dass der zu 2.
beigeladene Dr. Ph. im Innenverhältnis nicht Mitglied der Gemeinschaftspraxis werden sollte bzw dass es hierzu noch einer
ausdrücklichen Aufnahme des Beigeladenen zu 2. in die Gesellschaft bedurft hätte, zu der es später nicht gekommen ist. Die
ausdrückliche Wendung in den geschlossenen Verträgen, für die Binnenbeziehungen der Beteiligten soll es auf die den Zulassungsgremien
vorgelegten Verträge nicht ankommen, lässt deutlich erkennen, dass den Beteiligten die Unrechtmäßigkeit der Konstruktion bewusst
war. Dass diese nach Darstellung des Klägers auf anwaltlicher Beratung beruhte, hat offenbar strafverfahrensrechtliche Konsequenzen
für den betroffenen Rechtsanwalt gehabt und mag Schadensersatzansprüche des Klägers gegen diesen Rechtsanwalt begründen. Als
langjährig tätiger Vertragsarzt hat der Kläger jedoch gewusst, dass ein Arzt, der weder am Erfolg noch am Wertzuwachs der
Praxis beteiligt sein sollte, kein Partner einer Gemeinschaftspraxis sein kann. Im Übrigen hatte der damals beratende Rechtsanwalt
M. den Kläger bereits im Jahre 1998 (mit an die Mitglieder der "Gesellschaft" gerichtetem Schreiben vom 9.7.1998) mitgeteilt,
dass er erneut auf das "Problem Dr. Ph." gestoßen sei, das er mit den Beteiligten zu unterschiedlichen Zeitpunkten bereits
angesprochen habe, und darauf aufmerksam gemacht, dass "aufgrund der neuesten Entwicklungen" KÄVen und Zulassungsausschüsse
vermehrt die Auffassung verträten, dass Ärzte, die kein unternehmerisches Risiko trügen, nicht in "freier Praxis" niedergelassen
seien. Da die Gefahr einer Rückforderung der Gesamthonorare bestehe, solle das Problem schnell gelöst werden.
4. Die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Klägers gegen seine Rückzahlungspflicht greifen nicht durch.
a) Es begegnet zunächst keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit an eine Tätigkeit
in "freier Praxis" zu binden (zur hinreichenden Bestimmtheit des Begriffes s bereits unter 3. b aa). Diese Einschränkung hat
vor Art
12 Abs
1 GG Bestand, weil sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und nicht weitergeht, als es die rechtfertigenden
Gemeinwohlbelange erfordern. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl
hierzu BSGE 91, 164 RdNr 14 = SozR 4-5520 § 33 Nr 1 RdNr 13 mwN). Wie bereits dargelegt, dient das Merkmal "in freier Praxis" der Abgrenzung
der vertragsärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 32 Abs 1 Satz 1 Ärzte-ZV von der eines Angestellten im Sinne des § 32b Ärzte-ZV
(bzw der eines Assistenten). Diese Abgrenzung ist erforderlich, weil mit der Zuordnung zu der einen oder der anderen Gruppe
erheblich voneinander abweichende Rechte und Pflichten verbunden sind. Insbesondere ist im Rahmen einer Beschäftigung von
Angestellten und Assistenten eine Ausweitung der Leistungsmenge nur in begrenztem Umfang möglich.
b) Soweit der Kläger darüber hinaus einen Gleichheitsverstoß annimmt, weil Ärzte, die keine Verträge vorlegen würden, besser
gestellt wären, geht er fehl. Wie der Senat bereits entschieden hat, sind Vertragsärzte verpflichtet, den Zulassungsgremien
Verträge über die Gemeinschaftspraxis vorzulegen (BSG, Urteil vom 16.7.2003 - B 6 KA 34/02 R - SozR 4-5520 § 33 Nr 2 RdNr 24; ebenso BSGE 99, 218 = SozR 4-2500 § 103 Nr 3, RdNr 26). Dass die Vorlage solcher Verträge in früheren Zeiten noch nicht üblich gewesen sein mag
und es vorliegend nicht um deren Vorlage im Genehmigungsverfahren, sondern in einem Verfahren auf Prüfung der sachlich-rechnerischen
Richtigkeit der Abrechnung geht, ändert nichts daran, dass auch die KÄVen die Befugnis und Aufgabe haben, die Vorlage der
Verträge zu verlangen, wenn dies zur Prüfung der Abrechnung auf ihre sachliche Richtigkeit erforderlich ist (vgl oben 3. b
bb letzter Absatz).
c) Die rückwirkende Aufhebung der Honorarbescheide und die Pflicht zu vollständiger Erstattung der zu Unrecht erhaltenen Honorare
ist für die betroffenen Ärzte auch (im engeren Sinne) verhältnismäßig, da bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des
Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt ist (vgl BVerfGE 76, 196, 207; BVerfGE 85, 248, 259 mwN; BVerfGE 94, 372, 390). Bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung
des Systems der vertragsärztlichen Versorgung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Rechtsfolge nicht aus Umständen resultiert,
die vom Vertragsarzt nicht zu beeinflussen sind, wie etwa das Überschreiten einer bestimmten Altersgrenze oder eines bestimmten
Versorgungsgrades in einem Planungsgebiet (s hierzu BSGE 103, 243 = SozR 4-2500 § 95b Nr 2, RdNr 75). Vielmehr hat der Kläger die Ursache selbst gesetzt (vgl hierzu BSG aaO), indem er sich
bewusst und in zumindest möglicher Kenntnis der Folgen für die gewählte Form der Zusammenarbeit mit dem Beigeladenen zu 2.
entschieden hat.
Zudem ist die Rechtsfolge unvermeidlich, um die Funktionsfähigkeit der vertragsärztlichen Versorgung zu erhalten. Nach ständiger
Rechtsprechung des BSG haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder
inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung
nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch
erreicht, dass dem Vertragsarzt für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine
Vergütung zusteht, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden (BSG SozR 4-2500 § 39 Nr 3 RdNr 14 mwN; vgl
auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 26 RdNr 47 mwN). Daher steht dem Vertragsarzt für Leistungen, die nicht gemäß den Bestimmungen
des Vertragsarztrechts erbracht worden sind, auch kein Vergütungsanspruch auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu. Denn
die Bestimmungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der
Leistungserbringung könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn der Vertragsarzt die rechtswidrig bewirkten Leistungen
über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (BSG SozR 4-2500 § 39
Nr 3 RdNr 14). Dies gilt selbst dann, wenn bei Wahl der rechtmäßigen Gestaltungsform der Honoraranspruch ebenso hoch gewesen
wäre.
Diese Aussagen gelten auch für den vorliegenden Fall. Könnten Verstöße gegen die für die Leistungserbringung maßgeblichen
Bestimmungen nur mit Wirkung für die Zukunft sanktioniert werden, ginge deren Steuerungsfunktion verloren, weil für Vertragsärzte
jeglicher Anreiz fehlte, sich normgemäß zu verhalten. Im Gegenteil bestünde gerade ein Anreiz zu normwidrigen Verhalten, wenn
die Früchte des Handelns dem Arzt verblieben.
5. Schließlich ist der Rückforderungsbetrag auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte das verbleibende
Honorar im Wege der Schätzung ermitteln und dabei ein Honorar in Höhe des Fachgruppendurchschnitts festsetzen (BSG SozR 3-5550
§ 35 Nr 1 S 6, 8). Diese Schätzung hat sich das LSG in nicht zu beanstandender Weise zu Eigen gemacht (zu den Anforderungen
vgl BSG aaO S 9).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie keine Anträge gestellt haben (§
162 Abs
3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 §
63 Nr
3, RdNr 16).