Berücksichtigung einer nach § 1587g BGB iVm § 3a VAHRG zu zahlenden Ausgleichsrente eines Versorgungsbezuges an die geschiedene Ehefrau bei der Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen
Krankenversicherung
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung einer regelmäßigen Zahlung aus der Versorgungskasse der Rheinisch-Westfälische
Elektrizitätswerke System AG - RWE - bei der Beitragsbemessung der klägerischen Krankenversicherungsbeiträge.
Die 1952 geschlossene Ehe der 1922 geborenen Klägerin, die bei der Beklagten in der KVdR versichert ist, wurde am 20.07.1988
geschieden und der vormalige Ehemann R. F. - R.F. - verurteilt, an die Klägerin eine monatliche Rente von 3.121,65 DM zu bezahlen.
Dazu wurde nach Ziffer III des Urteilstenors die Verpflichtung zur Abtretung seiner Betriebsrentenansprüche gegenüber der
RWE in gleicher Höhe ausgesprochen. Das Urteil wurde anschließend reibungslos ausgeführt. R.F. verstarb am 20.08.2006.
Das Versorgungswerk sieht in § 10 seiner Ruhegeldrichtlinien eine Hinterbliebenenversorgung vor, wenn die Ehe bis zum Todestag
von R.F. bestanden hätte und in § 11 ein Witwengeld für geschiedene Ehefrauen. Demgemäß hat das Familiengericht C-Stadt am
20.12.2006 beschlossen, dass die Altersversorgung der RWE im Wege des sog. verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs
der Klägerin ab 01.09.2006 eine monatliche Zahlung von 1.908,96 EUR zukommen lassen muss. Die Mitteilung davon erreichte die
Beklagte am 31.01.2007.Diese entschied noch am gleichen Tage gegenüber der Klägerin, dass sie aus diesen "Versorgungsbezügen"
Beiträge erheben und deren Überweisung direkt bei der Zahlstelle veranlassen werde und wiederholte dies im Bescheid vom 28.03.2007,
wie auch im Widerspruchsbescheid vom 09.11.2007. In dessen Begründung weist die Beklagte die Auffassung der Klägerin zurück,
dass die Zahlungen der RWE lediglich einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich beinhalten, zu der ihr verstorbener Ehemann
verpflicht worden sei. Die Beklagte rückt vielmehr den nunmehr eigenen Zahlungsausspruch der Klägerin gegen das Versorgungswerk
in den Vordergrund. Mit dem Tod von R.F. sei an die Stelle seiner Ausgleichsverpflichtung ein Anspruch aus eigenem Recht gegenüber
dem Versorgungswerk entstanden, der als Versorgungsbezug im Sinne des Krankenkassenbeitragsrechts zu bewerten sei.
Die dagegen gerichtete Klage blieb ebenfalls erfolglos. Auch das Sozialgericht Würzburg kommt in seinem Urteil vom 19.08.2008
zu dem Ergebnis, dass mit dem Tode von R.F. sich der Charakter der Zahlungen geändert habe, als diese nicht mehr von ihm geschuldet
würden, sondern direkt vom Versorgungswerk, dessen Zahlungspflicht durch besondere Entscheidung des Familiengerichts bestätigt
worden sei.
Dagegen hat die Klägerin Berufung einlegen und vortragen lassen: Die Beklagte habe noch zu Lebzeiten von R.F. mit Bescheid
vom 17.09.1990 bestandskräftig festgestellt, dass es sich bei den damaligen Ausgleichszahlungen nicht um Versorgungsbezüge
handle und diese somit nicht zur Beitragsbemessung herangezogen wurden. Durch den Tod habe sich der Rechtscharakter der laufenden
Zahlungen nicht geändert. Weil die Klägerin gerade keine eigene Hinterbliebenenversorgung, sondern nur weiterhin die Ausgleichszahlungen
erhalte, sei keine Änderung bei der Beitragspflicht eingetreten, vielmehr handle es sich weiterhin um einen unveränderten
privatrechtlichen Anspruch, also nicht um eine Unterart einer betrieblichen Altersversorgung, somit sei er als Nachlassverbindlichkeit
zu werten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.08.2008 und die zu Grunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 31.01.2007 und
28.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.11.2007 aufzuheben und festzustellen, dass die vom Versorgungswerk
der RWE gezahlte Ausgleichsrente nicht der Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie leitet aus der nunmehrigen Eigenständigkeit des Anspruchs gegenüber dem Versorgungswerk weiterhin die Beitragspflicht
ab. So wie im Rahmen eines Versorgungsausgleichs abgetretene Versorgungsbezüge dem Grunde nach beitragspflichtig für den Inhaber
des Rentenrechts seien, müsse dies auch für die an ihre Stelle getretenen nunmehrigen Zahlungen gelten.
Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Tatbestandes auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze bzw. den der beigezogenen
Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
151 SGG). Der Senat kann auch, ohne das Versorgungswerk förmlich am Verfahren zu beteiligen, entscheiden (BSG vom 06.12.1992 - BSGE
70, 105).
Dass die Klägerin nicht lediglich die Aufhebung der sie belastenden Verwaltungsakte begehrt, sondern auch die ausdrückliche
Feststellung, dass die Beklagte die Zahlungen der RWE unangetastet lassen solle, ist eine zulässige Form der Klage nach §
55 SGG.
Diese ist aber in der Sache selbst nicht begründet. Die von der RWE an die Klägerin seit 01.09.2006 ausgezahlten, an die Stelle
der vormaligen Zahlung getretenen Geldleistungen sind Versorgungsbezüge im Sinne des §
229 SGB V, die gemäß §
237 SGB V bei der Bemessung der klägerischen Krankenversicherungsbeiträge zu berücksichtigen sind, was gemäß §
256 SGB V durch Einbehaltung und Weiterleitung durch die Zahlstelle zu geschehen hat.
Die Zweifel der Klägerin an dieser Berücksichtigung sind nicht begründet. Auch ihre wirtschaftliche Schlechterstellung dadurch
führt zu keinem anderen Ergebnis, selbst wenn sich die Ausgleichszahlung seit dem Tode von R.F. verringert hat und nunmehr
noch die Beitragsabführung hinzunehmen ist. Dies entspricht aber dem Inhalt und Sinn der oben angesprochenen gesetzlichen
Regelung.
Für die Subsumtion der von der RWE geleisteten Zahlung unter §
229 Abs.1 Nr.5
SGB V ist es zunächst unerheblich, dass diese Leistungen privatrechtlicher Natur sind. Dieses von der Klägerseite so herausgestellte
Merkmal gilt für die meisten der betrieblichen Zusatzversicherungen zum Beispiel bei Kapitalzahlungen aus Direktversicherung
oder für die Betriebsrenten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder - VBL -, ohne dass sie deswegen ihre Eigenschaft
als Versorgungsbezug einbüßen würden.
Das Familiengericht hat seinerzeit den geschiedenen Ehemann der Klägerin verpflichtet, auf Grund seiner Einkünfte an die Klägerin
monatlich eine bestimmte Summe zu bezahlten und zur Sicherstellung dieser Zahlung weiter verfügt, dass in dieser Höhe sein
Anspruch auf Betriebsrente auf die Klägerin überging. Dass diese Betriebsrente im Falle einer bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung
unter §
229 SGB V zu subsumieren und dem R.F. zuzurechnen gewesen wäre, ist unbestritten und ergibt sich aus den den Beteiligten bekannten
Urteilen des BSG vom 21.12.1993 SozR 3-2500 § 237 Nr.4 und vom 28.01.1999 aaO. Nr.7.
Auch ist unbestritten, dass die Unterhaltszahlungen des vormaligen Ehemanns als Folge des Versorgungsausgleichs - auch wenn
sie im Wege der Abtretung der Klägerin zuflossen - für diese keine ihrer Rente vergleichbarer Einnahmen waren, was die Beklagte
seinerzeit auch so entschieden hatte. Diese Feststellung vom 17.09.1990 bezieht sich jedoch nicht mehr auf die nunmehr erhaltene
Leistung.
Dem Grunde nach war der klägerische Unterhaltsanspruch gegenüber R.F. mit dessen Tod erloschen, eine sinnvolle Rechtsfolge,
die zwar vom Gesetz nicht ausdrücklich genannt ist, gleichwohl aber der herrschenden Meinung entspricht (vgl. Palandt,
BGB, § 1587k Anm.3 unter Bezug auf BGH in der Familienrechtszeitung 89, 950 und Rehme in Staudinger
BGB Anm.8 zu § 1587k). Die Ausnahme des §
1586b BGB (Fortbestehen des Anspruchs als Nachlassverbindlichkeit bis zur Höhe eines fiktiven Pflichtteils) ist hier nicht gegeben.
Um die mit dem Wegfall der Ausgleichsrente verbundene Härte abzumildern, ist seit 01.01.1987 in § 3a VAHRG eine besondere Regelung getroffen worden, die der Klägerin zu dem nunmehr neu entstandenen Anspruch gegenüber dem Versorgungswerk
verhilft, der den bis zum 20.08.1986 aus abgeleitetem Recht bestehenden Anspruch ablöst. Die Weiterzahlung des bisherigen
schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs soll nach der Intention des Gesetzgebers die entstehende Versorgungslücke schließen,
auch wenn das Versorgungswerk und nicht mehr der ehemalige Ehegatte damit belastet wird. Dadurch wird zwar der nacheheliche
Unterhalt ersetzt, ohne dass diese Zahlungen selbst noch Unterhaltscharakter besitzen (vgl. Märkle in Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht,
9. Auflage Rdnr.4078). Der Anspruch selbst ist nach eigenen Größen festzusetzen und zu berechnen. Es handelt sich um einen
neuen Anspruch, der zwar aus dem vormaligen Unterhaltsanspruch gegenüber R.F. abgeleitet ist, jedoch auf eigene Grundlage
und nach eigener Berechnung, nämlich anhand der Hinterbliebenenregeln des Versorgungswerkes bestimmt wird. "Der Versicherungsträger
ist nicht Rechtsnachfolger des verstorbenen Verpflichteten; der Anspruch des Berechtigten gegen ihn entsteht vielmehr originär
bei Eintritt der selbständigen Voraussetzungen des § 3a VAHRG (Zusage einer Hinterbliebenenversorgung, Tod des Verpflichteten, Erfüllung der Fälligkeitsvoraussetzungen in der Person des
Berechtigten)."So Hahne in Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage S.882." Die durch § 3a angeordnete "Verlängerung" des schuldrechtlichen
Versorgungsausgleichs führt daher grundsätzlich zu einer Teilhabe des Ausgleichsberechtigten an den von ausgleichspflichtigen
herrührenden Hinterbliebenenleistungen." So Rehme aaO. § 3a VAHRG Anm.1.
Der Wechsel mit einem neuen eigenen Anspruch gegenüber einem neuen Schuldner, dessen Leistungen eine betriebliche Altersversorgung
gewährleisten soll (vgl. §
11 der Hinterbliebenenrichtlinien RWE) führt auch zu einer eigenen Bewertung auf der Grundlage des §
229 SGB V. Dessen Normzweck ist darauf gerichtet, Leistungen mit Einkommensersatzfunktion, die einer aus dem Arbeitsleben herrührenden
Rente vergleichbar sind, mit in die Beitragspflicht einzubeziehen. Das Ergebnis entspricht auch dem Gedanken der sog. Institutionellen
Abgrenzung, die sich daran orientiert, ob die Rente von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gewährt wird,
wobei die Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt bleiben (so BSG in ständiger Rechtsprechung zum Beispiel
vom 25.04.2004 - B 12 KR 26/05 R, USK 2007 - 6; vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06 R, USK 2008, 98). Der Gesetzgeber hat das Versorgungswerk verpflichtet, an Stelle der an sich zu gewährenden Hinterbliebenenversorgung eine
eigene Leistung zu bezahlen. Diese ist aber im Charakter und dem Grunde nach ein Versorgungsbezug und hat sich von den ursprünglichen
unterhaltsrechtlichen Ansprüchen abgelöst, was zu ihrer Berücksichtigung im Rahmen des §
229 SGB V führt.
Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten. (§
193 SGG)
Die in §
160 SGG aufgezählten Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich und werden auch von den Beteiligten nicht angeführt.