Zahlung von Übergangsgeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung
Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers
Wiedereingliederung in eine Teilzeitbeschäftigung
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Zahlung von Übergangsgeld während einer im Zeitraum vom 01.08.2013 bis 31.10.2013
durchgeführten stufenweisen Wiedereingliederung.
Die 1970 geborene Klägerin erlitt 28.11.2011 eine Radiusfraktur links, die konservativ behandelt wurde. Die anschließende
Arbeitsunfähigkeitszeit erstreckte sich vom 28.11.2011 bis 03.02.2012. Seit dem 13.02.2012 bestand erneut durchgängig Arbeitsunfähigkeit.
Nach Überschreiten der Höchstbezugsdauer, wurde die Klägerin vom Krankengeld ausgesteuert.
Vom 17.06.2013 bis zum 22.07.2013 besuchte die Klägerin in der Fachklinik Sankt L. in Bad G. eine von der Beklagten mit Bescheid
vom 27.05.2013 bewilligte und finanzierte Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Während dieser stationären Rehabilitation
zahlte die Beklagte der Klägerin Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro. Die Berechnung erfolgte nach Auskunft
der Beklagten mit Schreiben vom 02.02.2018 gegenüber dem Senat auf Grundlage des Einkommens, das die Klägerin aus ihrer früheren
Vollzeittätigkeit erlangt hat.
Im ärztlichen Entlassungsbericht der Klinik Sankt L. in Bad G. vom 24.07.2013 wurde ein Morbus Sudeck am linken Unterarm,
ein Cervicalsyndrom sowie ein psychosomatisches Schmerzsyndrom diagnostiziert. Die zuvor als Sekretärin vollschichtig (acht
Stunden täglich) tätige Klägerin könne nach dem Entlassungsbericht nicht mehr lange sitzen und benötige daher viele Pausen.
Aufgrund des Sudeck seien auch die Schreibfähigkeit und die allgemeine Belastbarkeit eingeschränkt.
Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 18.07.2013 über den Sozialdienst der Klinik Sankt L. eine stufenweise Wiedereingliederung.
Der Facharzt für Orthopädie Dr. R. bescheinigte auf dem Vordruck Rentenversicherung "Stufenweise Wiedereingliederung in das
Erwerbsleben (Stufenplan)" Folgendes:
"Durch eine stufenweise Wiedereingliederung kann die Versicherte/der Versicherte die bisherige Arbeit wieder aufnehmen. Nach
meiner ärztlichen Beurteilung und in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt/Betriebsarzt empfehle ich mit Einverständnis der
Obengenannten/des Obengenannten und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber folgenden Ablauf für die stufenweise Wiederaufnahme
der bisherigen beruflichen Tätigkeit.
1.8; 30.8; 2 Stunden täglich; Sekretariatstätigkeiten
2.9; 30.9; 3 Stunden täglich; Sekretariatstätigkeiten
Ab 1.10; 4 Stunden täglich; Sekretariatstätigkeiten
"
In dem Antrag bzw. Stufenplan ist vermerkt, dass die Klägerin nach Absprache mit ihrem Arbeitgeber, der Universität in A-Stadt,
nach der stufenweisen Widereingliederung in das Erwerbsleben nur noch 4 Stunden arbeiten werde. Ein entsprechender Arbeitsversuch
wurde von der Arbeitgeberin der Klägerin, der Universität in A-Stadt, mit Schreiben vom 23.07.2013 und 15.10.2013 genehmigt.
Mit Wirkung vom 01.11.2013 wurde die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Klägerin auf 4 Stunden täglich reduziert
(Änderung des Arbeitsvertrags vom 23.10.2013). Mit Schreiben der Universität in A-Stadt vom 29.07.2013, vom 08.08.2013 und
vom 15.10.2013 wurde die bis zum 31.10.2013 verlängerte Durchführung der Wiedereingliederung bestätigt. In der mündlichen
Verhandlung vom 25.04.2018 erklärte die Klägerin, dass sie entgegen des Änderungsvertrages vom 25.02.2014 auch über den September
2014 hinaus nur zur Hälfte der Arbeitszeit einer Vollbeschäftigten tätig war.
Mit Bescheid vom 24.07.2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die von der Klinik in Bad G. eingeleitete stufenweise
Wiedereingliederung, die am 01.08.2013 beginnen sollte, von der Beklagten nicht erfüllt werden könne, so dass auch eine Weiterzahlung
des Übergangsgeldes nach §
51 Abs.
5 SGB IX nicht in Betracht kommen würde. Mit Bescheid vom 13.08.2013 bewilligte die beigeladene Bundeagentur für Arbeit der Klägerin
für die Zeit ab 07.06.2013 bis 16.06.2013 Arbeitslosengeld I gem. §
136 SGB III in Höhe von täglich 41,31 Euro (Nachzahlung von 413,10 Euro). Dabei wurde von der Beigeladenen auf §
156 Abs.
1 Nr.
2 SGB III verwiesen. Danach ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die ein Anspruch auf Übergangsgeld besteht.
Mit weiterem Bewilligungsbescheid der Beigeladenen vom 13.09.2013 wurde der Klägerin Arbeitslosengeld I gem. §
136 SGB III für den Zeitraum 14.08.2013 bis 02.08.2014 in Höhe von täglich 41,31 Euro bewilligt. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid
der Beigeladenen vom 23.10.2013 ab 14.08.2013 auf Grund der durchgeführten Wiedereingliederung aufgehoben. Mit Erstattungsbescheid
vom 30.01.2014 forderte die Beigeladene von der Klägerin Arbeitslosengeld I in Höhe von 1.239,30 Euro für die Zeit bis 30.09.2013
zurück. Mit Änderungsbescheid vom 30.01.2014 wurden der Klägerin für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.08.2013 erneut Arbeitslosengeld
I in Höhe von täglich 41,30 Euro bewilligt. Mit weiterem Änderungsbescheid der Beigeladenen vom 22.04.2014 wurde der Klägerin
auch für den Zeitraum 01.09.2013 bis 31.10.2013 Arbeitslosengeld I in Höhe von täglich 41,31 Euro bewilligt. Insgesamt wurde
der Klägerin für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 Arbeitslosengeld I in Höhe von 7.026 Euro gezahlt. Diesbezüglich meldete
die Beigeladene mit Schreiben vom 13.09.2013 - vorsorglich - einen Erstattungsanspruch bei der Beklagten an.
Gegen den die stufenweise Wiedereingliederung und die Zahlung von Übergangsgeld ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 24.07.2013
legte die Klägerin Widerspruch ein. Die stufenweise Wiedereingliederung setze lediglich eine fortdauernde Arbeitsunfähigkeit
sowie die Feststellung von dieser und einer gleichzeitig erkennbaren Teilarbeitsfähigkeit voraus.
Während des laufenden Widerspruchsverfahrens fragte der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten beim Grundsatzreferat der
Beklagten in Bezug auf die rechtliche Würdigung in der Dienstanweisung an, dass eine stufenweise Wiedereingliederung prognostisch
mit der Fähigkeit zur Aufnahme einer vollschichtigen Tätigkeit enden müsse. Den gesetzlichen Regelungen könne seiner Ansicht
nach eine solche Begrenzung nicht entnommen werden. Auch wurde von ihm um die genaue Definition des Begriffs "vollschichtig"
gebeten. Die Grundsatzabteilung der Beklagten vertrat daraufhin die Rechtsauffassung, dass als Voraussetzung für die Gewährung
einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung die Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit absehbar sein müsse
und das so umrissene Rehabilitationsziel (Wiederaufnahme der Beschäftigung im bisherigen Umfang) voraussichtlich mit der stufenweisen
Wiedereingliederung erreicht werden könne. Da die Klägerin ab dem 01.10.2013 nur vier Stunden täglich arbeiten wollte, sei
die Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entlassung nicht absehbar gewesen. Dabei wurde auf Punkt
3.1. der Dienstanweisung zu §
51 Abs.
5 SGB IX sowie Punkt 2.1 des Prüfbogens SWE verwiesen. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid
vom 25.11.2013 zurück.
Zwischenzeitlich bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit ab 01.12.2013
bis 31.05.2015 in Höhe von monatlich 519,71 Euro.
Gegen den Ablehnungsbescheid vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2013 hat die Klägerin Klage
zum Sozialgericht München erhoben. Der Wortlaut der Vorschrift von §
28 SGB IX trage die Rechtsauffassung der Beklagten gerade nicht. Gefordert werde vom Gesetzgeber lediglich die überwiegende Wahrscheinlichkeit
einer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben.
Das Sozialgericht München hat mit Urteil vom 11.12.2014 der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen
Bescheide verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 eine stufenweise Wiedereingliederung zu gewähren
und der Klägerin für diesen Zeitraum Übergangsgeld zu leisten. Bereits der Wortlaut des §
28 SGB IX "voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert" spreche gegen die restriktive Auslegung der Beklagten.
Das Adverb "voraussichtlich" stelle auf eine notwendige Prognoseentscheidung ab, während die "bessere Wiedereingliederung"
den Gegenstand der Prognose umreiße. Eine Arbeitsleistung von vier Stunden täglich, die nach Beginn der stationären Rehabilitationsbehandlung
noch nicht unmittelbar möglich gewesen sei, sei eine Besserung bezogen auf den Zustand vor Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistung,
die durch die stufenweise Wiedereingliederungsmaßnahme überhaupt erst ermöglicht worden sei. Der Gesetzgeber habe gerade nicht
auf eine vollständige Wiedereingliederung in das Erwerbsleben, sondern auf eine bessere Wiedereingliederung abgestellt. Zur
Parallelvorschrift des §
74 SGB V habe das Bundesarbeitsgericht bereits judiziert, dass sich die Prognose nicht zwingend auf das Ziel der Wiederherstellung
der vollen Arbeitstätigkeit richten müsse, auch wenn dies regelmäßig verfolgt werde. Danach könne auch die Befähigung zu einer
nach Art, Dauer, zeitlicher und räumlicher Lage veränderten Arbeitstätigkeit Eingliederung in das Erwerbsleben sein. Der Anspruch
auf Bezahlung von Übergangsgeld ergebe sich aus §
51 Abs.
5 SGB IX. Nach der Rechtsprechung des BSG bedeute die Formulierung "im unmittelbaren Anschluss" auch nicht etwa, dass sich die stufenweise Wiedereingliederung völlig
nahtlos an die vorangegangene Reha-Leistung anschließen müsse. Ein - wie vorliegend gegebener - Zeitraum von 10 Tagen zwischen
Abschluss der Reha-Maßnahme und Beginn der Wiedereingliederung sei in diesem Sinne jedenfalls unmittelbar.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, dass eine stufenweise Wiedereingliederung
im Sinne des §
28 SGB IX zu Lasten der Rentenversicherung nur in Frage kommen könne, wenn die stufenweise Wiedereingliederung auch an die bisher vertraglich
vereinbarte Arbeitszeit (hier: 8 Stunden) wieder heranreiche. Vorliegend sei klar gewesen, dass dieses Ziel nicht beabsichtigt
gewesen sei und von der Klägerin nicht hätte erreicht werden können. Die Klägerin sei im streitgegenständlichen Zeitraum weiterhin
arbeitsunfähig gewesen und hätte ggf. einen - fortgesetzten - Anspruch auf Krankengeld gegenüber ihrer Krankenkasse gehabt.
In der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2017 hat der Beklagtenvertreter ergänzt, dass sich die Berechnung des Übergangsgeldes
während der stufenweise Wiedereingliederung nach der zuletzt ausgeübten Vollzeittätigkeit richte. Auch hieraus werde ersichtlich,
dass eine stufenweise Wiedereingliederung das Ziel voraussetze, die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit wieder zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 11.12.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 24.07.2013 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2013 abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Beschluss vom 04.01.2018 hat der Senat die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der vorliegenden
Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht München hat zu Recht mit Urteil vom 11.12.2014 die
Beklagte unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013
dem Grunde nach Übergangsgeld zu zahlen. Entgegen der Auffassung der Beklagten, kann eine stufenweise Wiedereingliederung
im Sinne des §
28 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (
SGB IX) in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung (ab 1.1.2018 §
44 SGB IX nF) zu Lasten der Rentenversicherung nicht nur in Frage kommen, wenn die stufenweise Wiedereingliederung an die bisher vertraglich
vereinbarte Arbeitszeit (hier: 8 Stunden) heranreicht. Auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit
ist eine Eingliederung in das Erwerbsleben, die einen entsprechenden Anspruch auf Übergangsgeld gem. §
51 Abs.
5 SGB IX aF (seit 01.01.2018 §
71 Abs.
5 SGB IX) auslöst. Nach dem Grundsatz der einheitlichen Bemessungsgrundlage ist auch bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes
während einer stufenweisen Wiedereingliederung nicht zu berücksichtigen, dass die Klägerin beabsichtigt hat, künftig nur noch
in einem Teilzeitarbeitsverhältnis tätig sein zu wollen.
I. Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren ist der Bescheid der Beklagten vom 24.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 25.11.2013 mit denen es die Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin eine stufenweise Wiedereingliederung gem. §
28 SGB IX aF und die Weiterzahlung von Übergangsgeld gem. §
51 Abs.
5 SGB IX aF für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 zu bewilligen. Da die Wiedereingliederung mittlerweile tatsächlich durchgeführt
wurde und diese im Übrigen mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren ist bzw. diesem gegenüber geltend zu machen ist (mwH. Weber
in: vom Stein/Rothe/Schlegel, Gesundheitsmanagement und Krankheit im Arbeitsverhältnis, § 2 F. Rn. 81 ff.), legt der Senat
das klägerische Begehren gem. §§
133,
157 BGB dahingehend aus, dass alleine noch die Zahlung eines Übergangsgeldes gegenüber der Beklagten streitig ist. Hierauf wurden
die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 25.04.2018 hingewiesen. Da laufende Leistungen im Streit stehen, kommt es
auf die Sach- und Rechtslage in dem jeweiligen Zeitraum an, für den die Leistungen begehrt werden (MKLS/ Keller, 12. Aufl.
2017,
SGG §
54 Rn. 34). Damit ist Anspruchsgrundlage im streitgegenständlichen Verfahren §
51 Abs.
5 SGB IX aF und die jeweiligen Vorschriften des
SGB IX in der bis zum 31.12.2017 gültigen Fassung.
II. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist zulässig. Insbesondere kann der Klägerin auch für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 das Rechtsschutzbedürfnis nicht
deshalb abgesprochen werden, weil sie für diesen Zeitraum den als Übergangsgeld eingeklagten Betrag in gleicher Höhe bereits
als Arbeitslosengeld I von der Beigeladenen erhalten hat, sodass mit Blick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte resultiert. Die Klägerin hat ein schützenswertes Interesse an der Klärung, welche
Leistung ihr zugestanden hat, weil die Bezugsdauer sowohl des Übergangsgeldes als auch des Arbeitslosengeldes begrenzt ist
(§
51 Abs.
5 SGB IX aF Dauer der Wiedereingliederung; §
147 Abs.
2 SGB III). In solchen Fällen kann der Entscheidung über die zustehende Leistung Fernwirkungen für spätere Leistungsfälle zukommen
(vgl. BSG, Urteil vom 12.03.2013 - B 1 KR 7/12 R und BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 1 Rn. 4 mwN). Die Anfechtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
4 SGG und die darauf beruhende Verurteilung der Beklagten dem Grunde nach (§
130 Abs.
1 S. 1
SGG) sind damit ausnahmsweise zulässig. Dies gilt selbst dann, wenn jeglicher Zahlungsanspruch der Klägerin - etwa wegen Arbeitslosengeld-Bezugs
und der Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X - von vornherein ausscheidet (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2500 § 44 Nr. 1 Rn. 5 unter Hinweis auf BSG SozR 3-1300 § 104 Nr. 3 S. 4 f). Es liegt nach der Rechtsprechung des BSG im Ermessen des erkennenden Gerichts, ob es die Frage der Erfüllung durch eine anderweitige Leistung im Rahmen des Streits
um den Grund des Anspruchs klärt oder dem Betragsverfahren vorbehält, solange es hierbei Klarheit schafft (BSG, Urteil vom 12.03. 2013 - B 1 KR 7/12 R). Dieses Ermessen übt der Senat dahingehend aus, dass die Frage der Erfüllungswirkung dem Betragsverfahren vorbehalten bleibt.
III. Die Klägerin hatte für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 einen Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung. Damit
ist auch dem Grunde nach der Anspruch auf Übergangsgeld gem. §
51 Abs.
5 SGB IX aF für die Dauer der Wiedereingliederung gegenüber der Beklagten entstanden.
1.). Die Zuständigkeit der Beklagten (§
14 Abs.
1 S. 1
SGB IX) für die stufenweise Wiedereingliederung (§
15 Abs.
1 SGB VI) setzt zunächst voraus, dass die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§§
7 S. 1, 4 Abs.
1 Nr.
1 und Nr.
2 SGB IX in Verbindung mit §
9 Abs.
1 S. 1 und Abs.
2, §§
10,
11 SGB VI). Das ist hier der Fall. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§
11 SGB VI) liegen unstreitig durchgängig vor.
Die Erwerbsfähigkeit der Klägerin ist wegen Krankheit oder körperlich, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet
oder gemindert (§
10 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI), weil sie die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sekretärin nicht vollschichtig ausüben konnte. Aus diesem Grunde hat die Beklagte
der Klägerin die stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme vom 17.06.2013 bis zum 22.07.2013 in der Fachklinik Sankt
L. in Bad G. und Übergangsgeld für die Dauer der Maßnahme bewilligt (§
45 Abs.
1 Nr.
3 SGB IX aF i.V.m. §
20 Nr.
1 SGB VI). Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass nach einer vom Rentenversicherungsträger gewährten Maßnahme zur
medizinischen Rehabilitation der Rentenversicherungsträger für die stufenweise Wiedereingliederung und damit für die Zahlung
von Übergangsgeld zuständig bleibt, solange sich die stufenweise Wiedereingliederung als Bestandteil einer in der Zusammenschau
einheitlichen Gesamtmaßnahme darstellt (BSG vom 20.10.2009 - B 5 R 44/08 R -, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9). Das ist der Fall, wenn das rentenversicherungsrechtliche Rehabilitationsziel noch nicht erreicht
ist, weil der Versicherte den berufstypischen (nicht: arbeitsplatzspezifischen) Anforderungen der zuletzt ausgeübten Tätigkeit
gesundheitlich noch nicht gewachsen ist und der weitere Rehabilitationsbedarf spätestens bei Abschluss der stationären Maßnahme
zu Tage getreten ist. Bei Anwendung dieser Kriterien steht es für den Senat fest, dass im Falle der Klägerin von einer objektiven,
fortbestehenden medizinischen Indikation für eine stufenweise Wiedereingliederung und von einer "Unmittelbarkeit" im Sinne
des §
51 Abs.
5 SGB IX auszugehen war. Der Kur-Entlassungsbericht der Fachklinik Sankt L. in Bad G. vom 24.07.2013 belegt, dass die Klägerin ab
dem Zeitpunkt der Entlassung den berufsspezifischen Anforderungen der Tätigkeit einer Sekretärin gesundheitlich noch nicht
voll gewachsen war und weiterhin ein rentenversicherungsrechtlicher Rehabilitationsbedarf bestand. Die zuvor als Sekretärin
vollschichtig (acht Stunden täglich) tätige Klägerin konnte nach den im Entlassungsbericht dokumentierten Feststellungen (Morbus
Sudeck am linken Unterarm, Cervicalsyndrom, psychosomatisches Schmerzsyndrom) nicht mehr lange sitzen und benötigte daher
viele Pausen. Aufgrund des Morbus Sudeck waren auch die Schreibfähigkeit und die allgemeine Belastbarkeit eingeschränkt.
Eine Fortführung der stufenweisen Wiedereingliederung mit dem Ziel einer Leistungssteigerung auf vier Stunden täglich in dem
Beruf als Sekretärin wurde von dem behandelnden Arzt für möglich angesehen und befürwortet. Die stufenweise Wiedereingliederung
stellte sich folglich als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen Gesamtmaßnahme dar. Mit Schreiben vom 23.07.2013
und vom 08.08.2013 hat der Arbeitgeber der Klägerin, die Universität A-Stadt, auch das Einverständnis mit der Wiedereingliederung
erklärt und deren Beginn ab 01.08.2013 bestätigt. Die Wiedereingliederung wurde auch im streitgegenständlichen Zeitraum durchgeführt.
2. §
51 Abs.
5 SGB IX aF sieht vor, dass Übergangsgeld bis zum Ende einer stufenweisen Wiedereingliederung (§
28 SGB IX aF) weiter gezahlt werden muss, wenn diese im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich
ist.
a) Der Senat ist überzeugt, dass bei der Klägerin für den Zeitraum 01.08.2013 bis 31.10.2013 eine stufenweise Wiedereingliederung
erforderlich war, um ihre Eingliederungschancen in das Erwerbsleben zu erhöhen. Gemäß §
28 SGB IX aF sollen die medizinischen und die sie ergänzenden Leistungen erbracht werden, wenn arbeitsunfähige Leistungsberechtigte
nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten und durch eine stufenweise Wiederaufnahme der Tätigkeit
voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden können. Die Regelung des §
28 SGB IX aF zielt ebenso wie §
74 SGB V auf die nachhaltige Wiedereingliederung langfristig erkrankter Beschäftigter. Dahinter steht die Erfahrung, dass für Arbeitnehmer,
die für einen längeren Zeitraum erkrankt und deshalb längerfristig nicht beschäftigt worden sind, mit fortschreitender Abwesenheit
vom Arbeitsplatz die Schwierigkeit wächst, nach der Genesung wieder am Arbeitsplatz integriert zu werden. Im schlimmsten Fall
spricht der Arbeitgeber die krankheitsbedingte Kündigung aus. Aber auch ohne dieses Szenario nehmen mit der Dauer der Arbeitsunfähigkeit
die Hemmnisse für den Wiedereinstieg zu. Fertigkeiten und Kenntnisse können nachlassen oder verblassen. Eigene Verunsicherungen
können wachsen. Die stufenweise Wiedereingliederung ist gerade darauf gerichtet, Beschäftigten den Wiedereinstieg in den betrieblichen
Arbeitsprozess schon im Verlauf der Genesung zu ermöglichen und so beruflichen Teilhaberisiken und sozialer Exklusion vorzubeugen.
Dabei bewirkt die stufenweise Wiedereingliederung mit ihrer schrittweisen Steigerung der Anforderungen zugleich einen Einstieg,
den die Beschäftigten regelmäßig leichter bewältigen (zu den Zielen der stufenweisen Wiedereingliederung Nebe SGb 2015, 125, 126).
b) Aus medizinischer Sicht muss eine günstige Aussicht auf berufliche Wiedereingliederung bestehen, wobei die Prognose schon
allein wegen der erforderlichen Mitarbeit der verschiedenen Beteiligten (Versicherter, Vorgesetzte, Kollegen) mit Unwägbarkeiten
verbunden ist. Dabei muss jedoch weder nach dem Wortlaut, dem Willen des Gesetzgebers noch nach dem Sinn und Zweck des §
28 SGB IX aF die volle Wiedererlangung früherer Fähigkeiten bzw. der bisher vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung prognostiziert
werden. Auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit ist eine Eingliederung in das Erwerbsleben. Ausreichend
ist eine sinnvoll in der betrieblichen Organisation einsetzbare Fähigkeit. Die Prognose ist - wie vorliegend geschehen - vom
Arzt im Weg eines Stufenplanes zu konkretisieren (BAG Urt. vom 13.06.2006 - 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91-93).
aa) Dem Wortlaut von §
28 SGB IX aF "Können arbeitsunfähige Leistungsberechtigte nach ärztlicher Feststellung ihre bisherige Tätigkeit teilweise verrichten
und können sie durch eine stufenweise Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert
werden, sollen ..." kann die von Beklagten vorgenommene enge Auslegung (vgl. auch Gemeinsames Rundschreiben der Rentenversicherungsträger
zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018, S. 172), dass die Wiedereingliederung an die bisher vertraglich vereinbarte tägliche
Arbeitszeit (vor Beginn der medizinischen Rehabilitationsleistung) heranreichen muss, nicht entnommen werden. Eine am Wortlaut
"voraussichtlich besser wieder in das Erwerbsleben eingegliedert" orientierte Auslegung ergibt vielmehr, dass zum einen eine
Prognoseentscheidung zu treffen ist ("voraussichtlich"), während die "bessere Wiedereingliederung" den Gegenstand der Prognose
umreißt. Im streitgegenständlichen Verfahren ist zu berücksichtigen, dass eine Arbeitsleistung von vier Stunden täglich, die
nach Beginn der stationären Rehabilitationsbehandlung noch nicht unmittelbar möglich war, auf jeden Fall eine Besserung bezogen
auf den Zustand vor Inanspruchnahme der Rehabilitationsleistung ist. Diese Besserung wird jedoch durch die stufenweise Wiedereingliederungsmaßnahme
überhaupt erst erreicht. Der Wortlaut der Vorschrift stellt eben nicht auf eine vollständige Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
ab, sondern alleine auf eine bessere Wiedereingliederung. Diese wird vorliegend unstreitig erreicht. Zur Parallelvorschrift
des §
74 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch -
SGB V - hat das BAG mit Urteil vom 13.06.2006 - 9 AZR 229/05 wörtlich ausgeführt: "Hiervon ausgehend setzt die Empfehlung zur Wiedereingliederung zunächst die Beurteilung voraus, der
Arbeitnehmer sei (weiterhin) arbeitsunfähig. Hinzu kommt die Einschätzung, dass er seine arbeitsvertragliche Tätigkeit teilweise
verrichten könnte und schließlich muss der Arzt die Prognose treffen, dass eine stufenweise Heranführung des Arbeitnehmers
an die berufliche Belastung seine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben fördert. Dabei muss sich die Prognose nicht zwingend
auf das Ziel der Wiederherstellung der vollen Arbeitstätigkeit richten, auch wenn dies regelmäßig verfolgt wird (vgl. dazu
BAG 28.07.1999 - 4 AZR 192/98 - BAGE 92, 140). Auch die Befähigung zu einer nach Art, Dauer, zeitlicher und räumlicher Lage veränderten Arbeitstätigkeit kann Eingliederung
in das Erwerbsleben sein." Vorliegend bestehen keine sachlichen Gründe die Vorschrift sozialrechtlich anders auszulegen als
durch das Bundesarbeitsgericht für den Anwendungsbereich des §
74 SGB V. Vielmehr spricht der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung dafür, ein und dieselbe Vorschrift bzw. vergleichbare Rechtsvorschriften
rechtswegübergreifend einheitlich auszulegen (vgl. BVerfGE 54, 277-300). Dass auch die Befähigung zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit eine Eingliederung in das Erwerbsleben darstellt,
ergibt sich auch daraus, dass eine stufenweise Wiedereingliederung nicht nur im bestehenden Arbeitsverhältnis zur Anwendung
kommt; sie setzt nach dem Wortlaut ein solches nicht einmal voraus (so bereits Gagel NZA 2001. 988 (989). Im Übrigen regelt
selbst die von der Beklagten zitierte Dienstanweisung (Punkt 3.1. zu §
51 Abs.
5 SGB IX und das Gemeinsame Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018, S. 172) nicht konkret,
was unter den Begriff der "vollschichtigen" Tätigkeit zu verstehen ist. Es lässt sich nicht erkennen, dass hierunter nur eine
8-stündige Tätigkeit zu subsumieren ist oder ob der Versicherte vielmehr dazu in die Lage versetzt werden soll - im Rahmen
seiner gesundheitlichen Fähigkeiten - seine arbeitsvertraglichen Obliegenheiten "vollschichtig" d.h. also ggf. auch im Rahmen
eines Teilzeitarbeitsplatzes zu verrichten. Die stufenweise Wiedereingliederung muss nach einer am Wortlaut orientierten Auslegung
nicht zum Ziel haben, dass die frühere arbeitsvertragliche vereinbarte Arbeitszeit erreicht wird. Mit ihr kann der oder die
Betroffene auch einen Teilzeit-Arbeitsplatz nach § 164 Abs. 5 S. 3
SGB IX nF anstreben (so ausdrücklich Tolmein, in: Plagemann, Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 5. Aufl. 2018, § 28 Die Leistungen
im Rehabilitations- und Teilhaberecht, Rn. 75).
bb) Auch eine historische Auslegung von §
28 SGB IX aF führt nicht dazu, dass alleine die Befähigung zu einer vollschichtigen Tätigkeit eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
darstellt. Die Gesetzesbegründung zu §
28 SGB IX aF (vgl. BT-Drs. 14/5074, 107) führt alleine aus, dass die Vorschrift nun für alle Trägerbereiche der medizinischen Rehabilitation
die bisher ausdrücklich nur in der Krankenversicherung (§
74 SGB V) vorgesehene Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung vorsieht. Auch in der Begründung der entsprechenden Parallelvorschrift
im Krankenversicherungsrecht (§
82 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes vom 20.12.1988, BGBl. I 1988, 2477) wird die Notwendigkeit einer vollständigen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gerade nicht verlangt (BR-Drs. 200/88,
Begründung zu §
82 SGB V, S. 192; BT-Drs. 11/2237, Begründung zu §
82 SGB V, S. 192).
cc) Ebenso wird der Sinn und Zweck von §
28 SGB IX aF auch mit einem prognostizierten nur teilweisen Erfolg (bezogen auf die Arbeitsfähigkeit vor Beginn der Rehabilitationsbehandlung)
der stufenweisen Wiedereingliederung erfüllt. Die stufenweise Wiedereingliederung zielt gerade auf diejenigen Arbeitnehmer
ab, die auf Grund einer Erkrankung wochen- oder monatelang aus dem Erwerbsleben ausgegliedert sind, mindestens über den Zeitpunkt
der Entgeltfortzahlung hinaus. Hier ist insbesondere an Versicherte mit chronischen oder schweren Erkrankungen zu denken wie
Herz- und Gefäßkrankheiten, rheumatische Leiden, Stoffwechselkrankheiten, Krebserkrankungen, Nierenleiden, neurologische und
psychiatrische Krankheiten oder an Personen, die gerade schwere Operationen hinter sich bringen mussten (Oppermann in: Hauck/Noftz,
SGB IX K §
28, Rn. 10 unter juris). Bei der stufenweisen Wiedereingliederung handelt es sich um eine schonende, aber kontinuierliche Wiedereingliederung
in den Arbeitsprozess. Der Arbeitnehmer wird hierbei bei zunächst reduzierter Arbeitszeit und ggf. Arbeitsschwere allmählich
wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Durch diese schrittweise Wiedereingliederung sollen die Wiedereingliederungschancen
am Arbeitsplatz verbessert werden. Diese Maßnahme stellt ein bewährtes Mittel dar um die Belastungsfähigkeit nach einer langen
Erkrankung zu erproben. Weiterhin können damit Fehlzeiten überwunden werden, da es durch die Wiedereingliederung oft gelingt,
die Mitarbeiter wieder früher zur Arbeit zurückzuführen. Verbunden damit ist auch ein guter Trainingseffekt, da durch diese
Maßnahme die Schwellenangst von Mitarbeitern vor der Arbeitsaufnahme nach längerer Krankheit vermindert wird. Als Dauer der
Wiedereingliederungsphase wird ein Zeitraum zwischen drei und sechs Monaten empfohlen (Oppermann, a.a.O. Rn. 7 unter juris).
Der so umrissene Zweck des Gesetzes wird auch mit einer Wiedereingliederungsmaßnahme, die nicht die volle Wiederherstellung
der (bisherigen) Arbeitsfähigkeit umfasst, erreicht.
c) Ein Anspruch der Klägerin auf Wiedereingliederung bei zeitlich limitierter Arbeitstätigkeit ergibt sich auch aus dem Diskriminierungsverbot
des Art. 5 Abs. 2 UN-BRK. Es ist (mittlerweile) grundsätzlich anerkannt, dass das Diskriminierungsverbot von Art. 5 Abs. 2 UN-BRK unmittelbar anwendbar ist (Urteile des BSG vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 und vom 15.10.2014 - B 12 KR 17/12 m.w.N.; Aichele, DRiZ 10/2016, 342 (362)). Hierzu hat das
BSG im Urteil vom BSG 06.03.2012, a.a.O. Folgendes festgestellt: "Nach dieser Regelung verbieten die Vertragsstaaten jede Diskriminierung aufgrund
von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung,
gleichviel aus welchen Gründen." Zu den Menschen mit Behinderungen zählen nach Art. 1 Abs. 2 UN-BRK Menschen, die - wie die
Klägerin - langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung
mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. Nach
Art. 2 UN-BRK bedeutet "Diskriminierung aufgrund von Behinderung" jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund
von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen
oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen
oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich
der Versagung angemessener Vorkehrungen. Im Sinne des Übereinkommens bedeuten gemäß Art. 2 UN-BRK "angemessene Vorkehrungen"
notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und
die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen
gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können. Nach Art. 4 Abs. 1 S. 1
UN-BRK verpflichten sich die Vertragsstaaten, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen
mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten
sich die Vertragsstaaten zu den im Einzelnen in Art. 4 Abs. 1 S. 2 UN-BRK genannten Maßnahmen.
Ein Ausschluss von Personen mit körperlichen Beeinträchtigungen aus dem Anwendungsbereich der stufenweisen Wiedereingliederung,
die aus gesundheitlichen Gründen prognostisch nicht mehr eine Vollzeittätigkeit ausüben können, jedoch noch über ein Teilleistungsvermögen
verfügen, stellt danach einen klaren Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 5 Abs. 2 UN-BRK dar. Schließlich besteht
kein sachlicher Grund, Personen die von Anfang an in einem Teilzeitarbeitsverhältnis gestanden haben, eine Wiedereingliederung
zu gewähren und Personen die ursprünglich in einem Vollzeitarbeitsverhältnis standen, jedoch aus gesundheitlichen Gründen
prognostisch nur noch über ein Teilzeitarbeitsverhältnis verfügen, eine Wiedereingliederung zu verweigern. Eine derartige
Verwaltungspraxis der Beklagten verstößt auch gegen Art.
3 Abs.
1 und Abs.
3 S. 2
Grundgesetz (
GG).
3. Dem Anspruch der Klägerin auf stufenweise Wiedereingliederung folgt der Anspruch gegenüber der Beklagten auf Zahlung von
Übergangsgeld gem. §
51 Abs.
5 SGB IX aF.
a) Wird die Wiedereingliederungsmaßnahme - wie vorliegend - "im unmittelbaren Anschluss" an die medizinische Reha begonnen,
so bleibt der Träger zuständig, der letztere bewilligt und durchgeführt hat. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen
der medizinischen Reha und der Wiedereingliederung muss dabei nicht derart eng sein, dass sich letztere an die erstere völlig
nahtlos (taggenau) anschließt. Schon aus praktischen Gründen bedarf es eines gewissen zeitlichen Rahmens, um das Vorliegen
der Voraussetzungen für die stufenweise Wiedereingliederung zu klären. Ein Zeitraum von einer Woche zerreißt den unmittelbaren
Zusammenhang jedenfalls nicht (BSG v. 29.01.2008 - B 5a/5 R 26/07 R - SozR 4-3250 § 51 Nr. 1; Das Gemeinsame Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172 spricht von 4 Wochen). §
32 Abs.
1 S. 2
SGB VI, der den Übergang von Krankenhausbehandlung zu Anschlussrehabilitation innerhalb von 14 Tagen als "unmittelbar" fingiert,
lässt sich entnehmen, dass auch ein Zeitraum von zwei Wochen noch ausreicht (Schlette in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB IX, 2. Aufl. 2015, §
51 SGB IX; Jabben in: BeckOK
SGB IX, §
51 Rn. 21; Redwitz in: Bihr/Fuchs,
SGB IX, §
51 Rn. 36; von der Heide in: Kossens,
SGB IX, §
51 Rn. 22). Ein wie vorliegend gegebener Zeitraum von 10 Tagen zwischen Abschluss der Reha-Maßnahme und Beginn der Wiedereingliederung
ist damit noch unmittelbar im Sinne des §
51 Abs.
5 SGB IX.
b) Für den Zeitraum vom 01.08.2013 bis 13.08.2013 steht der Klägerin ein Zahlungsanspruch auf Übergangsgeld gem. §
21 SGB VI i. V. m. §§ 46, 49 SG IX aF in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro zu.
Der Zahlungsanspruch von kalendertäglich 41,31 Euro entspricht der Höhe des während der medizinischen Rehabilitationsmaßname
geleisteten Übergangsgeldes. Haben Leistungsempfänger - wie die Klägerin - während der medizinischen Rehabilitation (hier:
Fachklinik Sankt L. in Bad G.) bereits Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt gem. §
49 SGB IX von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen. Mit der getroffenen Regelung wird die Berechnungsgrundlage für
das sogenannte Anschlussübergangsgeld im Falle des Vorbezuges von Lohnersatzleistungen, ausgehend von dem Grundsatz der Kontinuität
der Bemessungsgrundlage, bestimmt. Die Vorschrift dient dabei der Verwaltungsvereinfachung (Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen/Majerski-Pahlen
SGB IX §
49 Rn. 1-6; Gemeinsames Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018, S. 175). Dabei erfolgt
vorliegend auch ein Gleichlauf mit dem von der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Arbeitslosengeld I in Höhe von kalendertäglich
41,31 Euro. Wurde bis zum Beginn der Rehabilitationsleistung Arbeitslosengeld I gezahlt, wird nach §
21 Abs.
4 SGB VI das Übergangsgeld in Höhe der bisherigen Entgeltersatzleistung weitergezahlt. Schließlich hat auch die Beklagte mit Schreiben
vom 02.02.2018 gegenüber dem Senat bestätigt, dass das kalendertägliche Übergangsgeld 41,31 Euro für den streitgegenständlichen
Zeitraum beträgt.
Nach dem Grundsatz der einheitlichen Bemessungsgrundlage ist bei der Berechnung der Höhe des Übergangsgeldes während einer
stufenweisen Wiedereingliederung nicht zu berücksichtigen, dass die Klägerin beabsichtigt hat, künftig nur noch in einem Teilzeitarbeitsverhältnis
tätig sein zu wollen. Eine anteilige Kürzung sehen die §
21 SGB VI i. V. m. §§ 46, 49 SG IX aF nicht vor. Vorliegend kommt auch eine telelogische Reduktion dieser Vorschriften nicht in Frage. Dies ergibt sich aus
der Zweckbestimmung des Übergangsgeldes (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.06.1983 - B 4 RJ 39/82, Rn. 12, juris, zu § 1241 Abs. 1
RVO aF; Urteil vom 26.06.2007 - B 2 U 23/06 R, juris, zur Parallelvorschrift des §
45 Abs.
1 Nr.
2 SGB VII; Urteil vom 29.01.2008 - B 5a/5 R 26/07 R, Rn. 31, sowie Urteil vom 05.02.2009 - B 13 R 27/08 R, Rn. 23, juris, jeweils zu §
51 Abs.
5 SGB IX; Urteil vom 07.09.2010 - B 5 R 104/08 R, Rn. 18, juris, zu §
49 Hs. 1
SGB IX). Dieser liegt darin, die bisherigen Einkommensverhältnisse aufrechtzuerhalten und damit den Entgelt- und Einkommensverlust
auszugleichen, den ein in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherter durch die Inanspruchnahme von Leistungen der medizinischen
Rehabilitation erleidet (BSG, Urteil vom 18.02.1981 - 1 RJ 74/79, juris, zu § 1241b
RVO aF; KassKomm/ Kater, 97. EL Dezember 2017,
SGB VI §
20 Rn. 3). Künftige arbeitsvertragliche Gestaltungen - also für den Zeitraum nach Abschluss der stufenweisen Wiedereingliederungen
- haben keinen Einfluss auf die Berechnung des Übergangsgeldes.
c) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin gegenüber der Beklagten auch für den Zeitraum 14.08.2013 bis 31.10.2013 dem Grunde
nach einen Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe von kalendertäglich 41,31 Euro.
Für diesen Zeitraum ist jedoch zu beachten, dass die Klägerin in gleicher Höhe bereits Leistungen von der Beigeladenen als
Arbeitslosengeld I erhalten hat. Mit Blick auf die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) resultiert daraus kein weitergehender Zahlungsanspruch. Dies ist von den Beteiligten im Betragsverfahren zu berücksichtigen.
Nur ergänzend wird angemerkt, dass die Beigeladene mit Schreiben vom 13.09.2013 gegenüber der Beklagten bereits einen Erstattungsanspruch
angemeldet hat. Der Senat hat somit nur dem Grunde nach für diesen Zeitraum geklärt, welche Leistung der Klägerin zugestanden
hat, da der Entscheidung über die zustehende Leistung Fernwirkungen für spätere Leistungsfälle zukommen kann.
Nach alldem war die Berufung der Beklagten im Ergebnis zurückzuweisen. Da die Wiedereingliederung bereits durchgeführt wurde,
wurde im Tenor klargestellt, dass sich der Leistungsanspruch alleine auf die Zahlungen des Übergangsgeldes bezieht. Nach Maßgabe
der gesetzlichen Vorschriften bedeutet, dass im Betragsverfahren die Erfüllungsfiktion gem. § 107 SGB X zu beachten ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt, dass die Berufung der Beklagten im Wesentlichen unbegründet war.
IV. Die Revision war zuzulassen, weil die Frage, ob eine stufenweise Wiedereingliederung gem. §
28 SGB IX aF (zur identischen Rechtslage ab 01.01.2018 vgl. §
44 SGB IX nF) nur dann in Frage kommt, falls diese an die bisher vertraglich vereinbarte Arbeitszeit heranreicht oder ob auch die Befähigung
zu einer zeitlich limitierten Arbeitstätigkeit Eingliederung in das Erwerbsleben darstellen kann, durch das BSG - soweit ersichtlich - bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden wurde. Die Rechtsfrage hat auch Breitenwirkung und
damit grundsätzliche Bedeutung gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG, weil eine grundsätzliche Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger in Streit steht, welche eine Vielzahl von Fällen
betreffen kann. So ist auch im Gemeinsamen Rundschreiben der Rentenversicherungsträger zum Übergangsgeld Stand: Januar 2018,
S. 172 weiterhin die Formulierung enthalten, dass eine stufenweise Wiedereingliederung die Aufnahme einer "vollschichtigen"
Tätigkeit verlangt. Als Annex hierzu hat auch die Frage grundsätzliche Bedeutung, ob in Fällen, in denen die Wiedereingliederung
nur noch in eine Teilzeitbeschäftigung erfolgt/erfolgen soll, das Übergangsgeld ungekürzt oder nur anteilig zu zahlen ist.