Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin aus Kindererziehungszeiten für ihr Kind C. Anspruch auf Zuerkennung
eines weiteren Entgeltpunktes in ihrer Altersrente hat.
Die 1927 geborene Klägerin ist am 10.06.1951 mit ihren damals zwei Kindern aus England nach Deutschland zugezogen. Ein drittes
Kind wurde in Deutschland geboren.
Die Klägerin erhielt auf ihren Antrag vom 10.11.1987 mit Bescheid vom 20.05.1988 ab 01.01.1988 Altersruhegeld von der Rechtsvorgängerin
der Beklagten bewilligt. Im Bescheid wurde u.a. ausgeführt, dass für das am 07.04.1950 geborene Kind C. A. die Zeit vom 01.05.1950
bis 30.04.1951 nicht als Zeit der Kindererziehung nach § 1251 a - der damals geltenden -
Reichsversicherungsordnung (
RVO) anerkannt werden könne, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen würden. Gleiches gelte für das am
27.03.1951 geborene Kind M. A. für die Zeit vom 01.04.1951 bis 30.06.1951. Dagegen werde die Zeit vom 01.07.1951 bis 31.03.1952
für dieses Kind als Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt und ebenso werde die Zeit vom 01.04.1955
bis 31.03.1956 für das am 28.03.1955 geborene Kind P. A. als Versicherungszeit in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund
Zeiten der Kindererziehung anerkannt. Beigefügt war ein Hinweisblatt, wonach trotz bestehender Sozialversicherungsabkommen
mit dem Vereinigten Königreich keine Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung erfolgen könne, wenn die Erziehung und der
gemeinsame Aufenthalt dort stattgefunden hätten.
Im Gefolge einer Änderung der gesetzlichen Vorschriften - Einführung des §
307 d Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) - berechnete die Beklagte mit Rentenbescheid vom 30.08.2014 die Altersrente der Klägerin mit einem Zuschlag für Kindererziehung
- sogenannte Mütterrente - neu. Der bisherigen Rente der Klägerin hätten 17,7247 persönliche Entgeltpunkte zugrunde gelegen.
Die der bisherigen Berechnung zugrundeliegenden persönlichen Entgeltpunkte seien um einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten
für Kindererziehung zu erhöhen. Der Zuschlag ergebe sich, indem die Anzahl der vor dem 01.01.1992 geborenen Kinder, für die
im 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt in der Rente eine Kindererziehungszeit angerechnet worden sei, mit
dem Wert 1,000 vervielfältigt werde. Der Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung betrage für zwei Kinder
2,000 Entgeltpunkte, so dass sich die persönlichen Entgeltpunkte auf 19,7247 erhöhen würden. Es wurde ein neuer monatlicher
laufender Zahlbetrag von 506,48 Euro festgestellt.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 26.09.2014 am 01.10.2014 Widerspruch ein und führte aus, dass die
Altersrente falsch berechnet worden sei, da sie drei Kinder und nicht nur zwei Kinder erzogen habe.
Die Beklagte erläuterte mit Schreiben vom 24.11.2014, die neue Vorschrift sei zutreffend angewandt worden. Über das Vorliegen
von Kindererziehungszeiten für die Kinder sei bereits mit Rentenbescheid vom 20.05.1988 entschieden worden und hierbei hätten
für das in England am 07.04.1950 geborene Kind C. A. für den 12. Kalendermonat nach der Geburt (April 1951) keine Kindererziehungszeiten
anerkannt werden können, weil die Erziehung in England erfolgt sei und die Klägerin erst am 10.06.1951 aus England nach Deutschland
gezogen sei. Da eine Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit für den 12. Kalendermonat nach der Geburt des Kindes in der
Rente aber Tatbestandsvoraussetzung für einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach §
307 d Abs.
1 SGB VI sei, könne dieser Zuschlag nicht gewährt werden.
Die Klägerin hielt an ihrem Widerspruch fest und gab an, sie sei am 10.06.1951 aus England nach Deutschland gezogen, da der
Vater von C. Deutscher gewesen sei. C. sei in Deutschland aufgewachsen, von ihr erzogen worden, habe deutsche Schulen besucht
und besitze die deutsche Staatsangehörigkeit. C. habe auch immer in Deutschland gelebt. Sie selbst besitze ebenfalls die deutsche
Staatsangehörigkeit und lebe seit 1951 ununterbrochen in Deutschland.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.2015 den Widerspruch zurück. Die Regelung für den Zuschlag an persönlichen
Entgeltpunkten in §
307 d Abs.
1 SGB VI setze voraus, dass am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente bestanden habe, in der Rente eine Kindererziehungszeit für den 12.
Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt eines vor 01.01.1992 geborenen Kindes angerechnet worden sei und kein Anspruch
auf Leistungen für Kindererziehung nach den §§
294 und
294 a SGB VI bestehe. Angesichts dieser Voraussetzungen könne für das Kind C. kein Zuschlag nach §
307 d SGB VI gewährt werden, weil in den ersten 12 Kalendermonaten nach der Geburt - und damit eben auch im 12. Kalendermonat - keine
Kindererziehungszeiten hätten anerkannt werden können, nachdem die Erziehung des Kindes in England erfolgt sei. Die Argumentation
im Schreiben der Klägerin könne nicht berücksichtigt werden.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 20.01.2015 am 21.01.2015 Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben und sich gegen die Nichtanerkennung
der Kindererziehungszeiten gewandt. Sie hat den Sachverhalt noch einmal aus ihrer Sicht geschildert: Ihr Sohn C. sei am 07.04.1950
geboren als Sohn eines deutschen Wehrmachtssoldaten und einer Engländerin. Der Vater ihres Sohnes sei Kriegsgefangener in
England gewesen und habe sich kurz nach der Entlassung aus der Gefangenschaft zurück nach Deutschland begeben. Sie sei mit
ihrem Sohn C. am 10.06.1951 nach Deutschland gezogen. Für die Zeit vom 07.04.1950 bis 10.06.1951 werde vorgetragen, dass kein
freiwilliger Aufenthalt des Kindesvaters vorgelegen habe, sondern es sich um eine Folge der Kriegsgefangenschaft gehandelt
habe; der Kindesvater sei infolge des Auftrags des deutschen Staates in England gewesen. Seit Entlassung aus der Gefangenschaft
1948 - und damit schon vor dem 07.06.1951 - sei der Kindesvater in Deutschland gewesen, um durch Arbeits- und Wohnungssuche
die Wiedereingliederung vorzubereiten. Die Erziehungszeiten seien zwingend der Klägerin zuzuordnen gewesen. Der Vater sei
am 13.12.1976 verstorben und es habe eine Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin und den Kindern bestanden. Gemäß §
56 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI würden solche Zeiten einer Erziehung im Inland gleichstehen, denn der Kindesvater sei auf Geheiß von Deutschland auf der
Insel J. als Soldat gewesen und sei gefangen genommen worden. Er sei nach Entlassung sobald als möglich zurückgekommen. Es
würde eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Staates bedeuten, würden Kindererziehungszeiten von im Ausland tätigen deutschen
Soldaten nicht anerkannt. Ebenso widerspreche es dem Gleichheitsgrundsatz. Spätestens mit der Übersiedelung im Jahr 1951 habe
eine Erziehung im Inland bestanden. Außerdem verstoße es gegen die Verträge der Europäischen Union und des Europäischen Vertrages,
wonach ein Aufenthalt in einem EU-Staat nicht zum Nachteil gereichen dürfe.
Mit Schreiben vom 13.04.2015 hat die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt, um im ursprünglichen Rentenbescheid Kindererziehungszeiten für das Kind C. A., geboren 07.04.1950, berücksichtigt
zu erhalten. Die Beklagte hat der Klägerin vorab rechtliche Erläuterungen zugeleitet und schließlich mit Bescheid vom 06.08.2015
den Überprüfungsantrag abgelehnt. Die Klägerin habe angegeben, dass sie in der Zeit vom 18.12.1943 bis 31.12.1948 in Großbritannien
eine Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft ausgeübt habe. Vom britischen Versicherungsträger sei das Vorliegen von britischen
Versicherungszeiten für die Zeit bis 06.03.1949 bestätigt worden. Die Klägerin habe zur Zeit der Geburt des Kindes den britischen
Rechtsvorschriften unterlegen. Eine Anrechnung der Kindererziehungszeit gemäß Artikel 44 EWG-Verordnung 987/2009 könne daher
nicht erfolgen. Da weder die Klägerin noch der verstorbene Kindesvater weder unmittelbar vor der Geburt des Kindes noch während
der Erziehung des Kindes in Großbritannien deutsche Pflichtbeiträge entrichtet haben, könne auch nach §
56 SGB VI keine Anrechnung der Kindererziehungszeiten erfolgen. Durch die Kriegsgefangenschaft bis 1948 und den nachfolgenden Aufenthalt
des Kindesvaters in Großbritannien sei auch keine Beziehung zur deutschen Arbeits- und Erwerbswelt im Sinne des §
56 Abs.
3 SGB VI begründet worden.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin mit Schreiben vom 13.08.2015 Widerspruch eingelegt. Die Beklagte hat auf ein Urteil
des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.08.2013 (Az. L 14 R 294/13) hingewiesen. Ferner hat sie auf eine Auskunft des britischen Versicherungsträgers verwiesen, wonach für den Kindesvater
in der Zeit von April 1948 bis Juni 1951 nach britischem Recht versicherte Zeiten bestätigt worden seien. Die Voraussetzungen
des § 1251 a
RVO seien nicht erfüllt gewesen und der angefochtene Bescheid vom 20.05.1988 sei rechtmäßig ergangen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid
vom 25.02.2016 hat die Beklagte den Widerspruch aus diesen Gründen zurückgewiesen. Dem Widerspruchsbescheid ist als Rechtsbehelfsbelehrung
beigefügt gewesen, dass gegen ihn Klage bei Sozialgericht Würzburg erhoben werden könne. Dies ist nicht erfolgt.
Die Klägerin hat zur weiteren Begründung ihrer Klage vom Januar 2015 auf Art.
1 und Art.
2 Abs.
1 sowie Art.
6 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) Bezug genommen. Angesichts der Tatsache, dass der Sohn der Klägerin mit 1 Jahr und 2 Monaten nach Deutschland gekommen sei
und bis heute ununterbrochen in Deutschland lebe und somit auch 90 % der Kinderzeit in Deutschland verbracht habe, scheine
eine Unverhältnismäßigkeit vorzuliegen. Auch würden alle Kinder deutscher Eltern im Ausland benachteiligt.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 18.05.2015 durch Gerichtsbescheid nach §
105 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) entschieden. Es hat die Klage als unzulässig angesehen, soweit die Klägerin beantragt hatte, den Rentenbescheid vom 20.05.1988
abzuändern. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Der Bescheid vom 30.08.2014 entspreche der Rechtslage nach §
307 d Abs.
1 SGB VI. Nachdem die Klägerin für den am 07.04.1950 geborenen Sohn C. keine Kindererziehungszeiten zuerkannt bekommen habe und damit
auch für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Geburtsmonats eine solche Zeit nicht angerechnet worden sei, komme nach dem
eindeutigen Wortlaut ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für dieses Kind nicht in Betracht. Durch das pauschalierende
Abstellen auf den 12. Monat nach der Geburt für eine zusätzliche Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei sog. Bestandsrenten
habe der Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Neuberechnung von rund 9,5 Millionen Bestandsrenten verhindern
wollen. Eine erneute Prüfung, in welchen Monaten im Einzelfall eine relevante Kindererziehung stattgefunden habe, sollte vermieden
werden. Im Rahmen dieser Vorschrift sollte auch nur geprüft werden, ob eine solche Kindererziehungszeit tatsächlich angerechnet
worden sei, nicht dagegen ob sie eigentlich anzurechnen wäre. Deshalb sei die von der Klägerseite aufgeworfene Frage, ob die
Erziehung des Sohnes in England einer Erziehung in Deutschland gemäß §
56 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI nicht doch hätte gleichgestellt werden müssen, für den Rechtsstreit über den Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für
den Sohn C. nicht entscheidungserheblich. Veränderungen im 2. Lebensjahr des Kindes würden wegen des Wortlauts von §
307 d Abs.
1 Nr.
1 SGB VI außer Betracht bleiben. Dies gelte sowohl, wenn eine anrechenbare Erziehung im zweiten Lebensjahr wegfalle, als auch wenn
eine solche erst zum Tragen komme. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG sei dennoch zu verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dürfe der Gesetzgeber den Bedürfnissen
der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen, ohne allein schon
wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Vor diesem Hintergrund
habe die Klägerin diese sie negativ treffenden Auswirkungen der zulässigen Pauschalierung hinzunehmen. Einer Anrechnung von
Kindererziehungszeiten nach §
249 Abs.
1 SGB VI in der Fassung ab 01.07.2014 stehe das Neufeststellungsverbot des §
306 Abs.
1 SGB VI für Bestandsrenten bei Rechtsänderungen entgegen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Telefaxschreiben vom 09.06.2015 am 13.06.2015 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Sie hat gerügt, dass die Entscheidung des Sozialgerichts Würzburg gegen Art.
3 Abs.
1 i.V.m. Art.
6 Abs.
1 GG verstoße. Die Norm des §
307 d Abs. 1
SGB VI hätte nach dieser Grundrechtsnorm beanstandet werden müssen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung vorgelegt
werden müssen. Das BVerfG habe den Gesetzgeber verpflichtet, für einen angemessenen Ausgleich für die Kindererziehung auch
in der Alterssicherung zu sorgen. Zwar habe das BVerfG in seinem Urteil vom 07.07.1992 (Az. 1 BvL 51/86, 1 BvL 50/87, 1 BvR 873/90, 1 BvR 761/91) auch die Stichtagsregelung zugelassen, aber klar festgestellt, dass die Wahl des Zeitpunktes am Sachverhalt zu orientieren
sei. Angesichts des vorliegenden Sachverhalts treffe die Klägerin eine Ungerechtigkeit. Auch sei die Frist lediglich um zwei
Monate überschritten. Der Sohn sei fast vollständig seit seinem 2. Lebensjahr in Deutschland erzogen worden. Es widerspreche
Sinn und Zweck des Gesetzes, wenn Mütter in Deutschland keine Anerkennung durch Entgeltpunkte erhalten, weil ein Aufenthalt
im Ausland erfolgt sei. Es bestünden erhebliche Verfassungsbedenken, dass eine Gruppe von Versicherten anders behandelt werde
als die, welche im Auftrag des deutschen Staates im Ausland eingesetzt würde.
Die Beklagte hat auf die Berufung umfangreich erwidert und nochmals die Rechtslage aus ihrer Sicht mit Schreiben vom 28.01.2016
dargestellt.
Die Klägerseite hat die vorliegende Entscheidung für unverhältnismäßig angesehen und sich gegen den Eindruck gewandt, dass
eine Anerkennung von Kindererziehungszeiten in England erfolgen würde. Dies sei nicht der Fall. Es könne ein Umzug innerhalb
der EU nicht zu Lasten der Bürger der EU gehen. Es überzeuge auch nicht die Begründung, dass durch die Kriegsgefangenschaft
in England der Bezug des deutschen Vaters zum Inland verloren gegangen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.05.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30.08.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Neuberechnung der Rente unter Berücksichtigung
von Kindererziehungszeiten für das Kind C., geboren 07.04.1950, vorzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 18.05.2015 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Zu Recht hat das Sozialgericht Würzburg den Klageantrag, soweit er auf Zuerkennung von Kindererziehungszeiten für das erste
Lebensjahr des Kindes C. gerichtet war, als unzulässig angesehen. Über die Ablehnung dieser Zeiten war bereits bestandskräftig
mit Bescheid vom 20.05.1988 entschieden gewesen; der angefochtene Bescheid vom 30.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 08.01.2015 hatte darüber nicht erneut entschieden, sondern nur die entsprechenden Fakten übernommen.
Die Vorschrift verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung von Gesetzesvorschriften,
die ausschließlich Vergünstigungen ohne unmittelbare Beitragsleistungen zum Gegenstand haben, einen weiten, für die Gerichte
regelmäßig nicht überprüfbaren, Gestaltungsspielraum (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschl. v. 09.11.2011, Az. 1 BvR 1853/11 - nach [...]). Dieser Spielraum erweitert sich zusätzlich noch deshalb, weil der Gesetzgeber bei der Gestaltung der erweiterten
Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ausnahmsweise diese Vergünstigung nicht nur mit Wirkung für zukünftige Rentenbezieher
eingeführt hat, sondern auch die sog. Bestandsrenten an dieser Vergünstigung teilhaben lässt. Deshalb ist es nicht zu beanstanden,
wenn aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Stelle einer umfassenden Einzelfallprüfung zur Herstellung von Einzelfallgerechtigkeit
eine vergröbernde und pauschalierende Regelung gesetzt wird. Dies gilt jedenfalls solange die Regelung sinnvoll und nachvollziehbar
erscheint. Schon die erstinstanzliche Entscheidung hat auf die Motive des Gesetzgebers hingewiesen und hierzu aus der BR-Drs.
25/14 (S.11 und 21) zitiert. Unmittelbare Ausführungen enthält die BT-Drs. 18/909, S. 24, auf die auch das Sozialgericht Berlin
in einem ähnlich gelagerten Fall Bezug nimmt (Urt. v. 29.06.2015, Az. S 17 R 473/15 - nach [...]). Aus alledem ist zu entnehmen, dass das Anknüpfen des Entgeltpunktezuschlags an das Vorliegen einer anerkannten
Kindererziehungszeit für den 12. Lebensmonat des Kindes ein einfach handhabbares und sinnvolles Kriterium darstellt, das in
der überwiegenden Anzahl der Fälle zum vollständig zutreffenden Ergebnis führt. Dass eine solche Pauschalregelung in einigen
besonders gelagerten Fällen zu einer Härte im Einzelfall führt, ist dabei regelmäßig hinzunehmen.
Der angefochtene Bescheid ist auch nicht etwa deshalb fehlerhaft, weil er für die Zeit vom Zuzug der Klägerin mit dem Kind
C. im Juni 1951 bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres des Kindes (d.h. bis zum Ablauf von 24 Kalendermonaten nach Vollendung
des Monats der Geburt) keine Kindererziehungszeit nach §
249 Abs.
1 SGB VI in der ab 01.07.2014 geltenden Fassung zuerkennt. Zwar wären die materiellen Voraussetzungen dieser Vorschrift in der Zeit
vom 10.06.1951 bis 30.04.1952 erfüllt, nachdem die Sperrwirkung des §
249 Abs.
8 SGB VI im Fall der Klägerin für das Kind C. nicht zum Tragen gekommen ist. Eine Neufeststellung der Rente der Klägerin in diesem
Sinne scheitert jedoch an §
306 Abs.
1 SGB VI, der festlegt, dass für Renten, die zum Zeitpunkt einer Rechtsänderung bereits bestanden haben, eine Neufeststellung der
Rente aus Anlass der Rechtsänderung grundsätzlich ausgeschlossen ist. Eine Ausnahme müsste in den folgenden Vorschriften,
§§
307 - 310
SGB VI, ausdrücklich vorgesehen sein. Hier ist aber lediglich die Regelung des §
307 d SGB VI mit ihren speziellen Bedingungen auf diese Thematik anwendbar, die - wie dargestellt - jedoch gerade nicht den von der Klägerin
gewünschten Neufeststellungsumfang mit sich bringt.
Die Frage, ob Zeiten der Erziehung eines Kindes - mit zumindest einem deutschen Elternteil - für die Zeit der Erziehung im
Ausland auch im Lichte der Grundrechte und supranationalen Vereinbarungen vom deutschen Gesetzgeber zu Recht in den als Familienlastenausgleich
konzipierten Vorschriften des Rentenrechts unberücksichtigt gelassen werden dürfen, ist für die Entscheidung im vorliegenden
Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Deshalb sei nur kurz ergänzend auf Folgendes hingewiesen: Das BVerfG hat seine
diesbezügliche, die geltende Gesetzeslage unbeanstandet lassende Rechtsprechung mit Nichtannahmebeschluss vom 06.03.2017 bestätigt
(Az. 1 BvR 2740/16 - nach [...]). Dort wird maßgeblich die Einbeziehung in das nationale Sozialversicherungssystem angesehen, wobei es nicht
darauf ankommen soll, ob dort eine vergleichbare Regelung wie in Deutschland existiert. Im Fall der Klägerin bestand sowohl
für die Klägerin als auch den Kindesvater eine Einbeziehung in das Rentenversicherungssystem des Vereinigten Königreichs.
Zeiten einer im Ausland freiwillig ausgeübten Beschäftigung lassen den Rückbezug zu einer ggf. durch Zwangsmaßnahmen verlängerten
Entsendesituation entfallen.
Damit sind der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg und der angefochtene Bescheid der Beklagten nicht zu beanstanden
und die Berufung war zurückzuweisen.