Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Verweisbarkeit eines Landwirts
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung beanspruchen kann.
Der 1952 geborene Kläger hat den Beruf eines Landwirts erlernt und war im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern versicherungspflichtig
beschäftigt. Im Jahr 1979 legte er die Prüfung zum Landwirtschaftsmeister erfolgreich ab. Eine Änderung der Tätigkeit oder
der Entlohnung ergab sich hieraus nicht. Der Kläger übernahm 1992 den elterlichen Betrieb und war vom 01.07.1992 bis 31.12.2002
- d.h. bis zur Übergabe des Betriebes an seine Tochter aus gesundheitlichen Gründen (Atemwegserkrankung) - als selbständiger
Landwirt tätig. In dieser Zeit entrichtete er keine Beiträge zur allgemeinen Rentenversicherung.
Am 06.02.2003 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 10.02.2003 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da in den letzten fünf Jahren vor Eintritt
eines möglichen medizinischen Leistungsfalles keine Pflichtbeitragszeiten oder Anwartschaftserhaltungszeiten nachgewiesen
seien.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch. Die Erwerbsminderung sei aufgrund einer Berufskrankheit eingetreten. Die Land- und forstwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern (LBG) habe mit Bescheid vom 06.10.2003 eine bei ihm bestehende und durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe bedingte
Atemwegserkrankung als Berufskrankheit anerkannt.
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Arzt für Innere Medizin, Lungen und Bronchialheilkunde Dr. H. untersuchen, der im wesentlichen
ein Asthma bronchiale bei allergischer Diathese mit bronchialer Hyperreagibilität ohne Obstruktionsnachweis und ein psychovegetatives
Syndrom feststellte (Gutachten vom 23.09.2003). Leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne Klettern und Steigen,
ohne Akkord- oder Schichtdienst und ohne inhalative Belastung seien im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich möglich.
Die Einsatzfähigkeit als Landwirt sei nicht mehr gegeben, jedoch komme ein Einsatz als Milchprüfer oder Lagerarbeiter in Betracht.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2004 zurück. Der Kläger sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
einsatzfähig und auch nicht berufsunfähig, da er die Tätigkeiten als Meister im Lager oder Versand bzw. als Milchprüfer im
mindestens 6-stündigen Umfang verrichten könne.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat die Akten des Klageverfahrens S 9 LW 5/03 mit Gutachten des Arztes für Innere Medizin, Lungen und Bronchialheilkunde Dr. E. vom 14.10.2004 beigezogen, der beim Kläger
von einem mindestens 6-stündigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten in wechselnder Stellung im Freien und in geschlossenen
Räumen ausging. Gemieden werden sollten Tätigkeiten mit Belastung durch Rauch, Staub, Gas, Dampf, Kälte, Nässe, Zugluft und
Temperaturschwankungen.
Das SG hat eine berufskundliche Stellungnahme der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit vom 07.08.2006 eingeholt.
Danach könne der Kläger nicht auf die Tätigkeit eines Milchprüfers bzw. Milchkontrollassistenten verwiesen werden. Die Tätigkeit
eines Lagermeisters bzw. eines Meister für Lagerwirtschaft komme ebenfalls nicht in Betracht. Für eine Tätigkeit als Fachverkäufer
oder Kundenberater im landwirtschaftlichen Fachhandel bringe der Kläger als Landwirtschaftsmeister und aufgrund seiner Erfahrungen
aus der jahrelangen Selbständigkeit grundsätzlich die Voraussetzungen mit. Dennoch sei diese Tätigkeit aufgrund einer notwendigen
Einarbeitungszeit von mehr als drei Monaten nicht geeignet. Dies gelte auch für die Tätigkeit eines Fachberaters für Bau-,
Heimwerker- oder Gartenbedarf. Die Tätigkeiten eines Verwaltungs- oder eines Sozialversicherungsfachangestellten - Landwirtschaftliche
Sozialversicherung - seien ebenfalls keine geeigneten Verweisungstätigkeiten. Allerdings sei die Tätigkeit eines Mitarbeiters
in Maschinenringen oder Betriebshilfediensten als geeignete Verweisungstätigkeit anzusehen. Zur Ergänzung ggf. fehlenden Wissens
im kaufmännischen, betriebswirtschaftlichen oder verwaltungsorganisatorischen Bereich sei eine Einarbeitungszeit von maximal
drei Monaten ausreichend. Das medizinische Leistungsbild decke sich mit den gegebenen Anforderungen einer nahezu ausschließlichen
Bürotätigkeit. Bei möglichen Außendiensten lägen keine ausgiebigen Expositionen gegenüber Witterungseinflüssen vor. Stellen
in nennenswertem Umfang seien nach einer durchgeführten Erhebung vorhanden.
Nach Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte und medizinischen Unterlagen hat das SG den Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde und Arbeitsmedizin Dr. W. als Sachverständigen gehört. Dieser
hat im Gutachten vom 18.01.2007 beim Kläger eine geringe obstruktive Atemwegserkrankung mit grenzwertig nachweisbarer bronchialer
Hyperreagibilität, einen lumbalen Bandscheibenvorfall mit Wurzelkompression und einen Leberparenchymschaden festgestellt.
Der Kläger könne leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Stellung im Freien oder in geschlossenen Räumen ausüben. Vermieden
werden müssten Tätigkeiten mit inhalativer Belastung, schweres Heben oder Tragen, Klettern oder Steigen, Akkord- und Schichtdienst.
Die Tätigkeiten als Lagermeister oder als Geschäftsführer im Maschinenring seien aus medizinischer Sicht dann zumutbar, wenn
schwere Arbeiten durch untergeordnete Mitarbeiter übernommen werden könnten. Die Tätigkeit als Milchprüfer sei durchführbar.
Mit Urteil vom 27.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung erfüllt. Die
Erwerbsminderung sei wegen einer Berufskrankheit eingetreten. Allerdings könne Rente wegen Erwerbsminderung nicht verlangt
werden, weil der Kläger nicht berufsunfähig und daher auch nicht erwerbsgemindert sei. Zwar könne der Kläger die zuletzt versicherungspflichtig
ausgeübte Tätigkeit eines Landwirtes nicht mehr ausüben. Er sei jedoch auf zumutbare Tätigkeiten und zwar auf angelernte Tätigkeiten
verweisbar. Obwohl der Kläger die Meisterprüfung abgelegt habe, sei er nicht als besonders hochqualifizierter Facharbeiter,
sondern als Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf einzuordnen. Der Einsatz und auch die Entlohnung seien nicht
im Rahmen einer Vorgesetztentätigkeit oder anderweitigen Meisterfunktion erfolgt. Der Kläger könne somit auf angelernte Tätigkeiten
verwiesen werden. In Betracht komme der Einsatz als Maschinenringmitarbeiter. Gelegentliche Arbeiten im Freien würden den
Kläger nicht überfordern. Die in der berufskundlichen Stellungnahme genannten gelegentlichen chemischen Einflüsse und die
übrige chemische Prüftätigkeit stellten keine unzumutbaren inhalativen Belastungsfaktoren dar. Schwere Hebe- und Tragebelastungen
könnten vermieden werden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Eine Verweisung auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in Maschinenringen bzw.
Betriebshilfediensten scheide aus, da diese Tätigkeit für ihn faktisch nicht zugänglich sei. Denn der landwirtschaftliche
Maschinenring in seiner örtlichen Umgebung sei u.a. aus finanziellen Erwägungen nicht in der Lage, den vorhandenen Personalstand
zu erweitern. Hingewiesen werde auf eine Auskunft des Maschinenringes U. e.V. vom 21.06.2007. Das von der Bundesagentur beschriebene
Stellenprofil im Innendienst eines Maschinenringes mit weitestgehend organisatorischen und koordinatorischen Tätigkeiten sei
weder in der Praxis vorhanden, noch könne es von ihm bedient werden. Eine Einarbeitungszeit von drei Monaten sei insbesondere
wegen des notwendigen Erlernens der speziellen EDV-Software nicht ausreichend. Hierfür seien mindestens sechs bis zwölf Monate
erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.04.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22.01.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf den Antrag vom 06.02.2003 Rente wegen Erwerbsminderung
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 27.04.2007 zurückzuweisen.
Die berufskundliche Stellungnahme habe genügend lnformationen über den lnhalt der Tätigkeit eines Mitarbeiters in Maschinenringen
oder Betriebshilfediensten sowie die Verfügbarkeit von entsprechenden Arbeitsplätzen ergeben, um eine Verweisung des Klägers
auf diese Tätigkeit zu begründen. Die Auskunft des Maschinenringes U. e.V. könne sich lediglich auf die künftige Entwicklung
im eigenen Einzugsgebiet beziehen. Der Kläger müsse sich aber auf Tätigkeiten im gesamten Bundesgebiet verweisen lassen. Die
Dauer der geltend gemachten Einarbeitungszeit in die vorhandene EDV-Software erscheine als zu lang.
Der Senat hat ärztliche Befundberichte über den Kläger eingeholt (Dr. L. und Dr. B.), die Akten der Beklagten sowie der LBG beigezogen und den Arbeitsmediziner, Internisten und Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S. mit der Erstellung eines
Gutachtens beauftragt. Dieser hat mit Gutachten vom 27.11.2008 folgende Gesundheitsstörungen beim Kläger festgestellt:
1. Leichtgradiges Asthma bronchiale mit leichter bronchialer Hyperreagibilität bei allergi scher Sensibilisierung gegenüber
Hausstaubmilben und geringer Sensibilisierung gegenüber Getreideschädlingen, Schaben und Weizenmehl.
2. Mediolateraler Bandscheibenvorfall L5/S1, Bandscheibenvorfall L4/L5 mit Fußheberparese, Zustand nach Exzision von Bandscheibe
und freiem Sequester L4/L5 rechts im Dezember 2007.
Der Kläger könne täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten. Zumutbar seien leichte Arbeiten im Wechsel der Haltung, aber
überwiegend im Sitzen. Arbeiten im Freien und in geschlossenen Räumen seien möglich, nicht aber bei Kälte im Freien. Zu Vermeiden
seien Arbeiten in Wechselschicht, bei Nacht sowie Arbeiten mit Zwangshaltungen, z.B. Heben, Tragen und Bewegen von Lasten,
Arbeiten im Bücken, im Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten. Ebenfalls nicht zumutbar seien Tätigkeiten bei Kälte und
starken Temperaturschwankungen sowie Zugluft und Nässe, aber auch die Exposition gegenüber Stäuben, Gasen, atemwegsreizenden
Dämpfen, Rauchen und inhalativen Reizstoffen.
Zu dem Gutachten hat sich die Beklagte geäußert. Weiter sei von einem 6-stündigen Leistungsvermögen auszugehen. Hinsichtlich
des leichtgradigen Asthma bronchiale mit Hyperreagibilität bei allergischer Sensibilisierung sei eine entscheidende Verschlimmerung
nicht festgestellt worden. Bezüglich des hinzugetretenen Bandscheibenvorfalls L4/L5 und nachfolgender Operation resultierten
nur qualitative Funktionseinschränkungen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und den Inhalt der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat mit Urteil vom 27.04.2007 zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 10.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22.01.2004 abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung oder hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die Ansprüche bestimmen sich nach den §§
43 Abs
1 und Abs
2,
240 Abs
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI), die neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§
50 Abs
1,
51 Abs
1 SGB VI) das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in
den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit voraussetzen ("Drei-Fünftel-Belegung", §
43 Abs 1 Satz 1 Nrn 2 und 3, Abs
2 Satz 1 Nrn 2 und 3, §
240 Abs
1 SGB VI). Darüber hinaus muss volle bzw. teilweise Erwerbsminderung oder Berufsun-fähigkeit vorliegen (vgl. §
43 Abs
1 Satz 1 Nr
1, Abs
2 Satz 1 N. 1
SGB VI, §
240 Abs
1 Nr
2 SGB VI).
Dahinstehen kann die Frage, ob der Kläger die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung erfüllt
hat. Im maßgebenden Rahmenzeitraum von fünf Jahren vor dem Rentenantrag oder dem vermeintlichen Eintritt der Erwerbsminderung
hat der Kläger keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Indes ist die Drei-Fünftel-Belegung nicht erfoderlich, wenn die
Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig
erfüllt wäre (vgl. §
43 Abs
5 SGB VI). Es ist davon auszugehen, dass die vom Kläger unter Hinweis auf die Atemwegserkrankung geltend gemachte Erwerbsminderung
aufgrund der von der LBG mit Bescheid vom 06.10.2003 anerkannten Berufskrankheit eingetreten ist. Insoweit kommt eine vorzeitige Wartezeiterfüllung
nach §
53 Abs
1 Satz 1
SGB VI in Betracht.
Jedenfalls kann der Kläger Rente nicht beanspruchen, weil er nicht erwerbsgemindert oder berufsunfähig ist. Voll bzw. teilweise
erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den
üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig
zu sein (§
43 Abs
2 Satz 2, Abs
1 Satz 2
SGB VI). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu
beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der
Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit
zugemutet werden können (§
240 Abs
2 Satz 1 und Satz 2
SGB VI). Gemäß §
240 Abs
2 Satz 4
SGB VI ist nicht berufsunfähig, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage - die Frage, ob hinsichtlich der zumutbaren Tätigkeit tatsächlich ein Arbeitsplatz gefunden werden kann -
nicht zu berücksichtigen.
Nach den sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in den gerichtlichen Verfahren eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten
ist davon auszugehen, dass eine Erwerbsminderung des Klägers iS des §
43 SGB VI nicht vorliegt. Die medizinischen Sachverständigen kommen übereinstimmend und überzeugend zu dem Ergebnis, dass der Kläger
trotz bestehender gesundheitlicher Einschränkungen in der Lage ist, zumimdest leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
für mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Damit liegt weder eine teilweise Erwerbsminderung im Sinne des §
43 Abs
1 Satz 2
SGB VI noch eine volle Erwerbsminderung im Sinne des §
43 Abs
2 Satz 2
SGB VI vor.
Zutreffend hat das SG auch die Voraussetzungen für eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des §
240 SGB VI als nicht erfüllt angesehen. Zwar kann der Kläger seine zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Landwirt nicht
mehr sechs Stunden täglich verrichten. Er kann jedoch auf eine zumutbare Tätigkeit verwiesen werden. Für die Feststellung
des Verweisungsberufes ist dem SG hinsichtlich der Eingruppierung der bisherigen Tätigkeit des Klägers als Facharbeiter zu folgen. Der Kläger hat den anerkannten
Lehrberuf eines Landwirts mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren ausgeübt. Nicht zu berücksichtigen ist die Qualifizierung
zum Landwirtschaftsmeister, da der Kläger nicht entsprechend den erworbenen Fähigkeiten eingesetzt und entlohnt wurde. Unter
Berücksichtigung des Mehrstufenschemas des BSG kann der Kläger demnach nur auf berufliche Tätigkeiten der gleichen Qualifikationsstufe
bzw. auf die nächst niedrigere Stufe, d.h. auf Tätigkeiten mit einer Anlernzeit von wenigsten 3 Monaten verwiesen werden.
Die Verweisung auf ungelernte Tätigkeiten ist hingegen nicht möglich.
Dies zugrunde gelegt ist der Kläger nach Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung seines vorhandenen körperlichen und
geistig/intellektuellen Restleistungsvermögens auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in Maschinenringen oder Betriebshilfediensten
verweisbar.
Nach der berufskundlichen Stellungnahme der Bundesagentur vom 07.08.2006 handelt es sich bei Maschinen- oder Betriebshilferingen
um freiwillige Zusammenschlüsse von Landwirten. Zur Senkung von Maschinenkosten und Erhöhung der Arbeitsproduktivität vermitteln
die Maschinenringe Maschinen, Arbeitsverfahren und Fachkräfte. Aufgabe von Betriebshilferingen ist die Vertretung für die
Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes zu organisieren. Maschinen, Geräte und Arbeitskräfte der Mitglieder werden durch
eine hauptberuflich geführte Zentrale vermittelt. Die Mitarbeiter der Maschinen- und Betriebshilferinge pflegen ständigen
Kontakt mit Landwirten, Firmen, Ämtern und Behörden. Sie geben Auskünfte über technische Neuheiten, Anbaugewohnheiten, Ernteergebnisse,
Ertragslage und Förderungsmöglichkeiten. Neben der Suche nach geeigneten Auftraggebern und Auftragnehmern werden Einsätze
verrechnet. Zur fachlichen Fortbildung der Mitglieder organisieren und führen sie Lehrfahrten, Maschinenvorführungen und Lehrgänge
durch. Sie sind in der Planung, Durchführung und Auswertung der überbetrieblichen Zusammenarbeit tätig. Sie erheben und ordnen
alle wichtigen Daten bei den Mitgliedern, erfassen Angebot und Nachfrage und planen die Arbeiten, die sie laufend telefonisch
oder direkt vermitteln. Sie werten die verzeichneten Einsätze aus. Durch Einzelberatungen, Versammlungen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
erläutern sie Ziele, Bedeutung und Möglichkeiten der Organisation. Die Leitung eines Maschinen- und/oder Betriebshilfedienstes
wird von einem haupt- oder nebenberuflichen Geschäftsführer durchgeführt. Die Mitarbeiter sind im Innen- oder auch Außendienst,
teilweise in Kombination beschäftigt. Nach der berufskundlichen Stellungnahme sind Stellen in nennenswertem Umfang vorhanden.
Der Kläger besitzt aus berufskundlicher Sicht die Voraussetzungen, als Mitarbeiter in einem Maschinenring bzw. Betriebshilfedienst
tätig zu werden. Als gelernter Landwirt mit Fortbildung zum Landwirtschaftmeister in selbständiger Tätigkeit kennt er die
Anforderungen und bringt die notwendigen Grundkenntnisse und -fertigkeiten mit. Die Übernahme von Tätigkeiten auf Facharbeiterniveau
wird nach der berufskundlichen Stellungnahme für möglich angesehen, als Mitarbeiter im Innendienst oder teilweise auch in
Kombination mit Außendiensten (Beratungsaufgaben). Zur Ergänzung ggf. fehlenden Wissens im kaufmännischen oder betriebswirtschaftlichen
und verwaltungsorganisatorischen Bereich ist eine Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausreichend. Insoweit folgt der
Senat nicht der vom Kläger beigebrachten Auskunft des Maschinenringes U. e.V. vom 21.06.2007, nach der eine Einarbeitungszeit
von drei Monaten wegen des Erlernens der speziellen EDV-Software nicht ausreichend sei. Nach der berufskundlichen Stellungnahme,
die mit den genannten Bereichen auch die EDV-Anwendung umfasst, ist für den Kläger eine Einarbeitungszeit von maximal drei
Monaten ausreichend.
Das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers entspricht auch den Anforderungen an die Tätigkeit eines Mitarbeiters in
einem Maschinenring bzw. Betriebshilfedienst.
Dr. S. hat beim Kläger sowohl auf internistisch-pneumologischem Fachgebiet als auch von Seiten des Bewegungsapparats für die
Erwerbsfähigkeit wesentliche Gesundheitsstörungen festgestellt:
1. Leichtgradiges Asthma bronchiale mit leichter bronchialer Hyperreagibilität bei allergischer Sensibilisierung gegenüber
Hausstaubmilben und geringer Sensibilisierung gegenüber Getreideschädlingen, Schaben und Weizenmehl 2. Mediolateraler Bandscheibenvorfall
LS/S1, Bandscheibenvorfall L4/L5 mit Fußheberparese, Zustand nach Exzision von Bandscheibe und freiem Sequester L4/L5 rechts
im Dezember 2007
Aus den vorliegenden lungenfachärztlichen Befunden ergibt sich, dass beim Kläger eine bronchiale Hyperreagibilität offensichtlich
in wechselndem Ausmaß vorliegt, aber keine stärker ausgeprägte manifeste Bronchialobstruktion. Diese Befunde begründen keine
quantitative Leistungseinschränkung, jedoch liegt eine deutliche qualitative Leistungseinschränkung vor, so dass Tätigkeiten
mit Einwirkung von chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Arbeitsstoffen oder gegenüber Stäuben, aber auch der Wechsel
von Kälte und Wärme nicht mehr zumutbar sind, da hierdurch bei bestehender bronchialer Hyperreagibilität eine Bronchialobstruktion
ausgelöst werden kann. Berücksichtigt werden muss auch das Allergenspektrum, insbesondere gegenüber Hausstaubmilben und Vorratsmilben.
Der Kläger kann deshalb auch keine Tätigkeit als Landwirt verrichten. Der Kläger leidet darüber hinaus an den Folgen eines
Bandscheibenvorfalls L4/L5, der eine Operation im Dezember 2007 erforderlich machte. Bei der Untersuchung durch Dr. S. fiel
darüber hinaus eine Reflexminderung des Achillessehnenreflexes links im Vergleich zur rechten Seite sowie eine Sensibilitätsminderung
am 1. Strahl des rechten Fußes auf. Diese Sensibilitätsminderung ist noch auf die Folgen des Bandscheibenvorfalls zurückzuführen.
Auch die Fußheberschwäche rechts ist noch Folge des Bandscheibenvorfalls. Die Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit abgelaufenem
Bandscheibenvorfall und Restparese sowie Sensibilitätsstörung führen zu zusätzlichen qualitativen Funktionseinschränkungen,
so dass Tätigkeiten mit besonderer Belastung des Bewegungsapparats nicht möglich sind. lnsbesondere sind Tätigkeiten in Zwangshaltung
zu vermeiden, ebenso wie Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, Arbeiten im Bücken, im Knien sowie auf Leitern und
Gerüsten.
Insgesamt ist der Kläger zur Überzeugung des Senats noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte
Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Zu fordern ist eine Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit
zum Haltungswechsel. Vermieden werden sollen Arbeiten mit Zwangshaltungen, z.B. Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Arbeiten
im Bücken, im Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten. Tätigkeiten an Büromaschinen und Bildschirmgeräten sind möglich. Ebenfalls
vermieden werden müssen Tätigkeiten in Wechselschicht, bei Nacht, bei Kälte und starken Temperaturschwankungen sowie Zugluft
und Nässe, aber auch die Exposition gegenüber Stäuben, Gasen, atemwegsreizenden Dämpfen, Rauchen und inhalativen Reizstoffen.
Diesen Einschränkungen entspricht die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einem Maschinenring bzw. Betriebshilfedienst. Nach der
berufskundlichen Stellungnahme vom 07.08.2006 entspricht die Tätigkeit nahezu einer ausschließlichen Bürotätigkeit. Die Tätigkeiten
können in überwiegend sitzender Körperhaltung erledigt werden, ein Wechsel zu Gehen und Stehen ist möglich. Bei evtl. Außendiensten
ist der Kläger zum Teil Witterungseinflüssen ausgesetzt. Unter Berücksichtigung des Tragens entsprechender (Schutz-)Kleidung
liegen allerdings keine ausgiebigen Expositionen gegenüber Kälte, Nässe, Zugluft oder Temperaturschwankungen vor.
Nachdem der Kläger sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Mitarbeiters in Maschinenringen oder Betriebshilfediensten verwiesen
werden kann, liegen die Voraussetzungen für eine Berufsunfähigkeit iS des §
240 Abs
2 SGB VI nicht vor. Der Kläger hat weder Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente im Sinne des §
43 SGB VI noch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.
Gründe die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.