Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung; Verweisbarkeit bei einem neurologisch-psychiatrischen Krankheitsbild
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger aufgrund seines Antrags vom 07.05.2004 eine Rente wegen voller oder teilweiser
Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von der Beklagten beanspruchen kann.
Der 1953 geborene Kläger hat eine abgeschlossene Ausbildung als Fleischer, er hat in diesem Beruf nicht gearbeitet. Nach einer
Tätigkeit als Rollomonteur, unterbrochen durch die Ableistung des Wehrdienstes, war der Kläger als Lagerist, Sachbearbeiter
im Postbereich eines Verlages sowie als Liegenschaftsarbeiter beschäftigt. Nach 4 Monaten Arbeitslosigkeit wurde er im Jahre
1990 als Gemeindearbeiter bei der Gemeinde A-Stadt eingestellt, wo er u. a. auch als stellvertretender Klärwächter und Wasserwart
eingesetzt wurde. Seit 30.05.2001 ist der Kläger arbeitsunfähig. Vom 24.12.2001 bis zur Anspruchserschöpfung am 14.10.2003
bezog er Arbeitslosengeld. Der anschließende Antrag auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe wurde wegen fehlender Bedürftigkeit
abgelehnt. Seit diesem Zeitpunkt ist der Kläger ohne Bezug von Arbeitseinkommen oder Sozialleistungen. Das Arbeitsverhältnis
bei der Gemeinde A-Stadt besteht noch fort, wird aber nicht ausgeübt.
Am 06.06.2001 beantragte der Kläger erstmals nach einer stationären Reha-Maßnahme wegen eines am 28.02.2000 erlittenen Bandscheibenvorfalls
an der Halswirbelsäule die Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.07.2001
nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens von Frau Dr.B. vom 27.06.2001 ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde
mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2001 zurückgewiesen. Die hiergegen zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhobene Klage (Az:
S 4 RJ 788/01) wurde am 05.01.2004 zurückgenommen.
Am 07.05.2004 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente nach Durchführung eines stationären Reha-Verfahrens
in der B.-Klinik Bad K. im März/April 2004. Aus dieser Reha-Maßnahme war er wegen einer depressiven Episode als arbeitsunfähig
entlassen worden, jedoch wurde ein Leistungsbild nach erfolgreicher nervenärztlicher Behandlung für den allgemeinen Arbeitsmarkt
im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich gesehen. Die Beklagte lehnte nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen
Gutachtens von Prof. Dr.Dr.N. vom 08.06.2004 den Rentenantrag des Klägers mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.06.2004
ab. Der Kläger könne zwar die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gemeindearbeiter nur noch unter 3 Stunden ausüben, für leichte
bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bestünde jedoch noch ein Leistungsvermögen von mindestens 6 Stunden
täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen. Prof. Dr.Dr.N. gewann in seinem Gutachten den Eindruck einer extremsten
Fixiertheit des Klägers auf vielfältigste Beschwerden bei deutlich resignativ-negativistischer Grundhaltung und vergleichsweise
eher mäßigen Leidensdrucks. Ferner wurde eine narzisstische Persönlichkeitsstörung mit neurotischer Reaktionstendenz sowie
eine mittelgradige Depression festgestellt. Trotzdem sei der Kläger in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im
Umfang von mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Der Gutachter sah darüber hinaus ein noch mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen
für die Tätigkeit als Gemeindearbeiter unter Beachtung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen. Die Beklagte wies
den gegen den Bescheid vom 15.06.2004 erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.10.2004 zurück.
Das SG Würzburg hat nach Beiziehung der ärztlichen Befundberichte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr.S. sowie
ein orthopädisches Gutachten von Dr.H. eingeholt. Dr.S. kam in seinem Gutachten vom 27.05.2006 zu folgenden Diagnosen:
1. Z.n. Laminektomie HWK 5/6 rechtsseitig 8/00 mit schmerzhafter Einschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit
2. geringe Gefühlsstörung der rechten Hand bei Carpaltunnelsyndrom beidseits (neurometrisch rein sensibles Defizit)
3. Cervicocephalgie mit passagerer Sehstörung, fraglich migränoider Komponente mit Übelkeit und Ruhebedürfnis
4. Lumbalgien mit L5-Reizsymptomatik links
5. Tinnitus rechtes Ohr
6. Angstschwindel
7. rezidivierende Oberbauchbeschwerden bei gastroskopisch nachgewiesener Refluxoesophagitis
8. depressiv gefärbte Anpassungsstörung an die Diagnosen 1.-7., unter laufender antidepressiver Medikation in nur leichter
Ausprägung.
Trotz dieser Erkrankungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung
qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens 6-stündig auszuüben. Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung
wie Fließbandarbeit bei Wechselschicht, Arbeiten an laufenden Maschinen, Arbeiten mit besonderer Belastung des Bewegungs-
und Stützsystems, Überkopfarbeiten, häufiges Heben und Tragen von Lasten, Bücken und Zwangshaltungen sowie häufiges Steigen
seien nicht mehr möglich. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben. Gegenüber den Untersuchungsergebnissen von Prof. Dr.Dr.N.
sei keine wesentliche Verschlechterung oder Verbesserung eingetreten.
Dr.H. kam in seinem orthopädischen Fachgutachten vom 24.07.2006 zu folgenden Diagnosen:
1. Chronisches Cervicalsyndrom bei degenerativen Veränderungen mit Einengung der Nervenaustrittslöcher in den Segmenten C4/C5,
C5/C6 bei mittelgradiger Funktionseinschränkung. Zur Zeit keine aktuelle Nervenwurzelreiz-symptomatik.
2. Rotatorenmanschettensyndrom, rechts links, bei röntgenologischem Anhalt für knöcherne Impingementsymptomatik (Engpasssyndrom
der Supraspinatussehne im Gleitweg).
3. Rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei anamnestisch im MRT nachgewiesenem Bandscheibenvorfall L5/S1 bei röntgenologischer
Degeneration der kleinen Wirbelgelenke ohne aktuelle Nervenwurzelreizbeschwerden bei mittelgradiger Funktionseinschränkung.
4. Leichte endgradige Rotationseinschränkung der linken Hüfte bei initialen degenerativen Veränderungen bei nur leichter Funktionseinschränkung.
5. Beginnende Arthrose der Großzehengrundgelenke bei leichtem Hohl-Spreizfuß mit nur leichten funktionellen Einschränkungen.
6. Carpaltunnelsyndrom beidseits.
7. Chronisches cervicales Schmerzsyndrom bei somatoformer Schmerzstörung (übernommene neurologisch-nervenärztliche Diagnose)
8. Rezidivierende depressive Episoden (übernommene nervenärztliche Diagnose).
9. Tinnitus.
Der Gutachter wies darauf hin, dass die Beurteilung des rein körperlichen Befundes des Haltungs- und Bewegungsapparates dadurch
erschwert sei, dass eine ausgeprägte Überlagerung aufgrund der beschriebenen somatoformen Schmerzstörungen und den rezidivierenden
depressiven Episoden stattfinde. Dies zeige sich insbesondere bei der Funktionsuntersuchung der Halswirbelsäule und beider
Schultergelenke. Gleichwohl könne der Kläger unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten noch mindestens 6-stündig unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen ausüben.
Auf Antrag des Klägers wurde sodann ein psychiatrisches Gutachten von Dr.K. eingeholt, der in seinem Gutachten vom 16.02.2007
ebenfalls zu der Erkenntnis kam, dass dem Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter
Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens 6-stündig täglich zumutbar seien. Bei identischen Diagnosen
wie die Gutachter Dr.H. und Dr.S. kommt Dr.K. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Befindlichkeit des Klägers ganz
wesentlich bestimmt werde durch gestörte Leibgefühle i.S. diffuser Somatisierungsstörungen sowie durch eine Anomalie des Gemüts-
und Willenslebens als Variante menschlichen Daseins, die dem Normalen stets ähnlich bleibe. Die objektiv nachgewiesenen neurologischen
Befunde wirkten sich jedoch auf die Erwerbsfähigkeit nicht wesentlich aus, so dass eine mindestens 6-stündige Tätigkeit unter
Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen dem Kläger zuzumuten sei. Gegenüber der Begutachtung von Prof. Dr.Dr.N. vom
08.06.2004 sei keine wesentliche Verschlechterung oder Verbesserung eingetreten. Die Beurteilung durch Dr.S. und Dr.H. werde
geteilt. Es werde vorgeschlagen, dass der Kläger ein psychosomatisches Heilverfahren mit einer ermutigenden Verhaltenstherapie,
einer leichten thymoleptischen Behandlung und roborienden und physikalischen Behandlungsmaßnahmen vornehmen sollte, um ihn
in die Lage zu versetzen, seine Befindlichkeitsstörungen besser zu bewältigen.
Das SG hat daraufhin mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 06.06.2007 die Klage gegen den Bescheid vom 15.06.2004 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 01.10.2004 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Kläger zwar seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gemeindearbeiter nach den vorliegenden Gutachten nur
noch unter 3 Stunden ausüben könne, er jedoch unter Beachtung der Gutachten von Prof. Dr.Dr.N., Dr.S., Dr.H. und Dr.K. insgesamt
noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen
mindestens 6-stündig zu verrichten. Ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach
§
240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) stehe dem Kläger nicht zu, da er über keinen Berufsschutz verfüge. Den erlernten Beruf als Fleischer habe er nicht ausgeübt.
Die diversen anderen Tätigkeiten, zuletzt die Tätigkeit als Gemeindearbeiter, seien ungelernte bzw. angelernte Tätigkeiten.
Der Kläger sei in Lohngruppe II des Tarifvertrages eingestuft gewesen, die Höhe der Vergütung zum Ende seiner Tätigkeit im
Jahr 2000 sei Folge eines Bewährungsaufstiegs. Unter Berücksichtigung des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG)
sei der Kläger auf alle angelernten bzw. ungelernten Tätigkeiten zu verweisen.
Zur Begründung der am 04.07.2007 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt der Kläger vor, dass er nach dem
Reha-Entlassungsbericht der Klinik Bad K. über den stationären Aufenthalt vom 07.08. bis 04.09.2007 als arbeitsunfähig entlassen
worden sei sowie mit dem Leistungsbild eines Gemeindearbeiters unter 3 Stunden täglich. Damit lägen die Voraussetzungen einer
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Er genieße Berufsschutz, da er über 10 Jahre lang Facharbeitertätigkeiten
als Gemeindefacharbeiter ausgeübt habe und deshalb auch wie ein Facharbeiter bezahlt worden sei.
Der Senat hat nach Beiziehung der Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.C. und Dr.S. ein nervenärztliches Gutachten von
Dr.D. eingeholt, der im Gutachten vom 15.06.2009 zu folgenden Diagnosen kommt:
- Diffuse Somatisierungsstörung, wobei neuroleptisch bedingte Nebenwirkungen eine Rolle als Auslöser spielen sowie
- Dysthymie.
Es handle sich um echte seelische Krankheitsbilder mit Krankheitswert, die der Kläger nur teilweise unter eigener zumutbarer
Willensanstrengung überwinden könne, jedoch vermutlich mit nervenfachärztlicher Hilfe. Der Kläger sei in der Lage, eine mindestens
6-stündige Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, wobei es sich um leichte Tätigkeiten im Sitzen, Stehen
und in wechselnder Stellung handeln sollte. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, wie
Arbeit auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr, Arbeit an laufenden Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen
sowie Spät-, Früh- und Nachtschicht. Der Kläger sei nicht in der Lage, sich auf Tätigkeiten umstellen zu können, die nicht
von einfachster Art seien, sondern eine Einarbeitung bzw. betriebliche Anleitung erforderten und durchschnittliche Anforderungen
an die geistige und psychische Belastbarkeit stellen würden. Es sei eine wesentliche Besserung des Gesamtbefindens zu erwarten,
wenn mit der Neuroleptikatherapie aufgehört werde. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 06.06.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15.06.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 01.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung,
hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem frühest möglichen Zeitpunkt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 06.06.2007 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des Zentrums Bayern
Familie und Soziales (Az: ...) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Urteil des SG Würzburg vom 06.06.2007 ist zulässig (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG-), jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 06.06.2007 die Klage gegen den Bescheid vom 15.06.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 01.10.2004 abgewiesen, da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
nach §
43 SGB VI hat. Auch ein Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI kommt mangels Berufsschutz nicht in Betracht.
Gemäß §
43 Abs
1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung
haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß §
43 Abs
1 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach §
43 Abs
2 Satz 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch mindestens im Umfang von 6 Stunden
täglich zu verrichten. Der Senat stützt dabei seine Überzeugung auf die vorliegenden Gutachten von Prof. Dr.Dr.N. im Verwaltungsverfahren,
auf die Gutachten Dr.S., Dr.H. und Dr.K. im sozialgerichtlichen Verfahren sowie auf das vom Senat eingeholte nervenfachärztliche
Gutachten von Dr.D ... Die Gutachter kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass der Kläger die zuletzt ausgeübte Tätigkeit
als Gemeindearbeiter nur noch im Umfang von unter 3 Stunden ausüben kann, jedoch für leichte bis teilweise mittelschwere Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich zur Verfügung steht. Die im Verfahren eingeholten
ärztlichen Sachverständigengutachten stimmen sowohl hinsichtlich der Diagnosen der vorliegenden Erkrankungen bzw. Behinderungen,
aber auch hinsichtlich der daraus folgenden Funktionseinschränkungen weitestgehend überein. Dies gilt sowohl für die von Amts
wegen nach §
106 SGG eingeholten neurologisch-psychiatri-schen Gutachten von Prof. Dr.Dr.N., Dr.S. und Dr. D. und auch für das auf Antrag des
Klägers nach §
109 SGG eingeholte Gutachten von Dr.K. als auch für die orthopädischen Gutachten von Frau Dr. B. und Herrn Dr.H ... Die beim Kläger
bestehenden Beeinträchtigungen auf orthopädischem Gebiet infolge des Bandscheibenvorfalls im Bereich der Halswirbelsäule und
der Lendenwirbelsäule bedingen gegenwärtig keine nachweisbaren neurologischen Ausfälle, die zu einer quantitativen Minderung
des Leistungsvermögen führen, sondern bedingen qualitative Leistungsminderungen dahingehend, dass schwere Tätigkeiten grundsätzlich
und auch Tätigkeiten in Zwangshaltungen unter Heben und Tragen schwerer Lasten nicht mehr möglich sind. Die beim Kläger des
Weiteren überwiegend bestehenden Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet, nämlich die Somatisierungsstörung sowie die depressive
Erkrankung, bedingen ebenfalls keine quantitative Leistungsminderung, sondern nur qualitative Leistungseinschränkungen. Dabei
ist zu beachten, dass eine nachhaltige psychotherapeutische bzw. psychiatrische Behandlung bislang nicht stattfindet, sondern
im Gegenteil erhebliche Gesundheitsstörungen des Klägers nach Ansicht des Gutachters Dr.D. auf eine falsche Medikation zurückzuführen
sind. Der gerichtliche Sachverständige Dr. D. weist ausdrücklich darauf hin, dass die Behandlung mit Neuroleptika bekanntermaßen
zu Krankheitsbildern wie dem Tremor, Schweißausbrüchen, Dysphorie und Depression führt, die auch beim Kläger in erheblichem
Ausmaß zu beobachten seien. Eine Änderung der Medikation wäre hier dringend angezeigt, die bislang jedoch noch nicht erfolgt
ist. Die neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen gehen im Hinblick auf die depressive Erkrankung entweder vom Vorliegen
einer leichten, insbesondere reaktiven Depression aus, für die sich ein organisches Korrelat nicht finden lässt bzw. von einer
Dysthymie. Leichte Depressionen bzw. Dysthymie bedingen aber keine quantitative Leistungsminderung, sondern führen rentenrechtlich
lediglich zu qualitativen Leistungsminderungen. Der Kläger kann deshalb nur noch leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ausüben,
Tätigkeiten an unfallgefährdeten Arbeitsplätzen, wie Arbeit auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr, Arbeiten an laufenden
Maschinen, Tätigkeiten unter ungünstigen Witterungseinflüssen sowie Spät-, Früh- und Nachtschicht sind dem Kläger nicht mehr
zuzumuten. Unter Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen ist der Kläger jedoch noch in der Lage, mindestens
6 Stunden täglich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, so dass weder eine volle
noch eine teilweise Erwerbsminderung im Sinne des §
43 SGB VI vorliegt.
Auch ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI kommt nicht in Betracht. Zwar fällt der Kläger noch unter die Regelung des §
240 SGB VI, weil er vor dem 02.01.1961 geboren ist. Er kann auch seine zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit als Gemeindearbeiter
nach den vorliegenden ärztlichen Gutachten nur noch unter 3 Stunden täglich ausüben, weil es sich hierbei zeitweise um schwere
Tätigkeiten gehandelt hat, die dem Kläger aufgrund der orthopädischen Befunde nicht mehr zumutbar sind. Gleichwohl hat er
keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI, da die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Gemeindearbeiter keinen Berufsschutz begründet. Die Einstellung erfolgte in Tarifgruppe
II des Bezirkstarifvertrages zum BMG, d.h. einfache angelernte Tätigkeiten. Der Umstand, dass der Kläger den zuletzt ausgeübten Beruf als Gemeindearbeiter vor
Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Jahre 2001 ca. 10 Jahre verrichtet hatte, vermag für sich allein betrachtet eine qualitative
Höherbewertung im Rahmen des Mehrstufenschemas des BSG nicht zu begründen. Nach Auskunft des Arbeitgebers des Klägers stellt
die zuletzt erfolgte Vergütung nach Tarifgruppe IV zwar eine Vergütung für Facharbeitertätigkeiten dar, diese beruht aber
ausschließlich auf dem Bewährungsaufstieg durch Zeitablauf. Eine qualitative Änderung der vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten
war damit nicht verbunden. Der Kläger gab im laufenden Verfahren selbst an, dass z. B. die Übertragung der Aufsicht über die
Kläranlage an seiner fehlenden Qualifikation scheiterte und er nur vertretungsweise dort tätig sein durfte, falls der Kollege
urlaubs- oder krankheitsbedingt gefehlt habe. Die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit des Klägers ist unter Beachtung
des Mehrstufenschemas des BSG dem Bereich der angelernten Tätigkeiten zuzuordnen (BSGE 51, 135, 138; Niesel, in KassKomm, §
240 SGB VI, Rdnr 58 m. w. N.), so dass der Kläger auf alle angelernten, aber eben auch auf den gesamten Bereich der ungelernten Tätigkeiten
verwiesen werden kann. Soweit der gerichtliche Sachverständige Dr. D. in seinem Gutachten vom 15.06.2009 darauf hinweist,
dass der Kläger nicht in der Lage sei, sich auf Tätigkeiten umstellen zu können, die nicht einfachster Art seien, sondern
eine Einarbeitung bzw. betriebliche Anleitung erforderten und durchschnittliche Anforderungen an die geistige und psychische
Belastbarkeit stellten, bedingt dies weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungshindernisse, die unter Berücksichtigung
der Rechtsprechung des BSG die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit durch die Beklagte erforderlich machen würde
(vgl. zum sog. Verschlossenheitskatalog BSG, Großer Senat vom 19.12.1996 (BSGE 80, 24)) noch kann von einer generellen Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ausgegangen werden, da gerade im Bereich der ungelernten
Tätigkeiten, auf die der Kläger sozial zumutbar verwiesen werden kann, eine Vielzahl von Tätigkeiten einfachster Art zu finden
ist. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes einfachster Art kann der Kläger unter Beachtung
qualitativer Leistungseinschränkungen noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich verrichten, so dass ein Anspruch auf
eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach §
240 SGB VI nicht in Betracht kommt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.