Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Betreuung und Versorgung des Hundes eines Nachbarn
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung eines Unfalls des Klägers als Arbeitsunfall.
Der 1947 geborene Kläger führte nach seinen Angaben gegenüber dem Beklagten im Verwaltungsverfahren den Hund "S." seines Nachbarn,
des am 31.08.2005 verstorbenen J. M., aus Gefälligkeit wegen dessen Asthmas unregelmäßig aus. Während des Krankenhausaufenthalts
des J. M. im Zeitraum vom 07.03.2005 bis 18.03.2005 habe er auf den Hund aufpassen sollen.
Als der Kläger am 09.03.2005 "S." ausführte, zerrte dieser derart an der Leine, dass der Kläger ausrutschte und stürzte. Anschließend
wurde der Kläger im Klinikum A-Stadt stationär vom 09.03.2005 bis 15.03.2005 behandelt, wo eine Luxationsfraktur bimall. mit
Syndesmoseruptur und Ruptur Lig. FTA R diagnostiziert und operativ versorgt wurde. Am 18.08.2005 stellte der Kläger bei der
Beklagten Antrag auf Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall. Nachdem der Beklagte Auskünfte vom Kläger, von Fr. A. M.,
die als Anwohnerin zum Unfallort gerufen worden war, und vom Hundehalter J. M. eingeholt hatte, lehnte sie den Antrag des
Klägers mit Bescheid vom 08.12.2005 ab. Der Kläger habe bei dem Unfall nicht zum versicherten Personenkreis im Sinne der gesetzlichen
Unfallversicherung (UV) gehört, da er nicht arbeitnehmerähnlich im Sinne von §
2 Abs
2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) gehandelt habe. Er sei bei seiner Tätigkeit nicht in den Haushalt des Nachbarn eingetreten. Vielmehr sei er entsprechend
einem Auftragsverhältnis als gleichrangiger Vertragspartner tätig gewesen, was vergleichbar mit den Tätigkeiten der Inhaber
von Tierheimen sei. Mit Widerspruch vom 05.01.2006 trug der Kläger insbesondere vor, die Übernahme der Aufsichtspflicht für
den Hund durch ihn sei über übliche Gefälligkeitsverhältnisse unter Nachbarn, Bekannten oder Freunden hinausgegangen und habe
dadurch einen arbeitnehmerähnlichen Einschlag erhalten. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch
des Klägers zurück. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (zuletzt Urteil vom 31.05.2005 - Az:
B 2 U 35/04 R) sei bei der Frage, ob Versicherungsschutz gemäß §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII vorliege, stets abzuwägen, ob es sich um eine unternehmerähnliche Tätigkeit oder um eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit handele.
Nach den aus den Unterlagen ersichtlichen Fakten sei der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht in den Haushalt des J. M. eingegliedert
gewesen, weil der Hund wegen dessen krankheitsbedingter Abwesenheit in den Haushalt des Klägers aufgenommen worden sei. Auch
habe er ganz offensichtlich keine Weisungen des J. M. hinsichtlich der Betreuung des Hundes erhalten und sei in der Art, dem
Umfang und der Ausgestaltung der Betreuung dieses Tieres völlig frei gewesen. Hätte sich der Kläger nicht bereit gefunden,
den Hund des J. M. zu betreuen, hätte dieser - wie nach dem Unfall geschehen - in ein Tierheim gebracht werden müssen. Insbesondere
dies zeige auf, dass der Kläger hier wie ein Betreiber eines Tierheims tätig geworden sei. Eine solche Tätigkeit entbehre
aber der Arbeitnehmerähnlichkeit.
Hiergegen hat der Kläger am 26.04.2006 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Über sein bisheriges Vorbringen hinaus hat der Kläger vorgetragen, er sei für einen fremden Haushalt, nämlich den
des J. M., tätig gewesen. Dies zeige sich daran, dass er neben einer Vergütung von 10,00 EUR pro Tag zusätzlich noch die Kosten
für die Unterbringung und für das Futter des Tieres habe erstattet erhalten sollen. Von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit
könne hier nicht gesprochen werden. Er sei hier gerade nicht wie ein Betreiber eines Tierheims tätig gewesen. Hinsichtlich
der Haltung des Hundes sei er sehr wohl weisungsabhängig gewesen. Dass er im Rahmen der Weisungsgebundenheit gewisse Freiheiten
gehabt habe, sei unumgänglich und für die Einordnung als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit unschädlich. Denn auch eine Person,
die in Heimarbeit tätig sei, sei unstreitig als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren, obwohl sie nicht in den Geschäftsbetrieb
eines anderen eingegliedert sei und ihr ebenfalls im gewissen Umfang Freiheiten zustünden.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2006 hat das SG unter Abänderung der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, den Unfall vom 09.03.2005 als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Der Kläger sei nicht im Rahmen eines durch eine persönliche Abhängigkeit eines Arbeitnehmers gekennzeichneten Beschäftigungsverhältnisses
tätig geworden. Er sei jedoch bei dem Unfall vom 09.03.2005 "wie ein Versicherter" im Sinne von §
2 Abs
2 Satz 1 iVm Abs
1 Nr
1 SGB VII tätig gewesen. Dies sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass er letztendlich eine Hilfeleistung für einen Nachbarn im Rahmen
eines - wie auch von ihm selbst bezeichneten - guten Nachbarschaftsverhältnisses habe leisten wollen. Die Tätigkeit des Klägers
beruhe im vorliegenden Fall nicht auf dieser Sonderbeziehung im Rahmen eines Nachbarschaftsverhältnisses, sondern sei nach
Art und Umfang über die übliche Gefälligkeit hinausgegangen, die unter - auch guten - Nachbarn gewöhnlich erbracht werde.
Der Kläger habe sich gegenüber seinem Nachbarn nicht nur bereit erklärt, den Hund auszuführen, sondern ihn für ca. eine Woche
zu betreuen. Unter diese Betreuung seien neben dem Ausführen des Hundes auch die Fütterung des Hundes und die Beherbergung
gefallen. Dabei sei davon auszugehen, dass ein mehrfaches Ausführen des Hundes pro Tag (insbesondere zu früher Morgenstunde
und am Abend) sowie auch das mehrfache Füttern pro Tag notwendig sei. Es habe keine unternehmerähnliche Tätigkeit des Klägers
vorgelegen. Er habe weder regelmäßig noch planmäßig die Tätigkeit "Hundeversorgung" in früherer Zeit für den Nachbarn oder
andere im eigenen unternehmerischen Interesse übernommen. Ebenso wenig habe er ein Unternehmerrisiko getragen. Er habe weder
ein wirtschaftliches Interesse bei der Versorgung des Hundes des Nachbarn gehabt - auch wenn er hierfür 10,00 EUR pro Tag
habe erhalten sollen - noch habe sich aus der Übernahme der Versorgung des Hundes für ihn ein Haftungsrisiko gegenüber seinem
Nachbarn ergeben. Unter Berücksichtigung der von Keller (NZS 2001, 192) entwickelten Kriterien komme das SG bei Gesamtwürdigung der Umstände zu dem Ergebnis, dass die Tätigkeit des Klägers eher den Charakter eines Dienstvertrags
als eines Werkvertrags gehabt und damit eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des Klägers vorgelegen habe. Dass der Kläger bei
der Versorgung des Hundes weisungsfrei gewesen sei und eine gewisse Eigenverantwortlichkeit habe aufbringen müssen, stehe
dieser Bewertung nicht entgegen, zumal auch das Fehlen konkreter Weisungen, etwa in Bezug auf die Arbeitszeit, die Wertung
als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nicht ausschließe (Keller, aaO., S.193; ebenso in einem vergleichbaren Sachverhalt BSG
vom 26.04.1990 - 2 RU 39/98). Ebenso wenig stelle der Umstand, dass der Kläger hierbei nicht in den Haushalt seines Nachbarn eingegliedert gewesen sei,
vielmehr den Hund in seinem eigenen Haushalt betreut habe, ein Kriterium für eine unternehmerähnliche Tätigkeit dar. Einer
artgerechten Versorgung des Hundes sei es vielmehr immanent, den Hund in den eigenen Haushalt aufzunehmen und ihn nicht über
längere Tageszeiten alleine in einer Wohnung zu belassen.
Hiergegen richtet sich die beim Bayer. Landessozialgericht am 20.11.2006 eingegangene Berufung des Beklagten. Die Schlussfolgerung
des SG, die Tätigkeit des Klägers habe eher den Charakter eines Dienstvertrags gehabt und damit habe eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit
vorgelegen, sei falsch. Das SG übersehe dabei, dass typische Dienstverträge gerade dann anzunehmen seien, wenn die Dienste in persönlicher, wirtschaftlicher
und sozialer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit geleistet würden, was mithin z.B. in freien Berufen der Fall sei. Dies zeige,
dass qualifizierte Dienste gerade durch Selbstständige (Arzt, Rechtsanwalt, Sonstige) erbracht würden, so dass die Annahme
eines Dienstvertrags grundsätzlich nicht für eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit spreche. Aufgrund folgender Erwägungen sei
hier eher von einer unternehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen:
- Der Hund des Nachbarn sei vom Kläger in dessen Wohnung betreut worden. Arbeitnehmer erbrächten dagegen grundsätzlich ihre
geschuldeten Dienste im fremden Unternehmen, nicht im eigenen (hier: eigener Haushalt).
- Der Kläger sei völlig frei in der Erbringung seiner Dienste gewesen. Insbesondere habe er über Ort, Art und Umfang der Tierbetreuung
(Beherbergung, Ausführen und Füttern des Hundes) selbst bestimmen können. Eine solche (weisungs-)freie Erbringung geschuldeter
Dienste sei nicht typisch für Arbeitnehmer.
- Für die Versorgung des Hundes habe der Kläger 10,00 EUR/Tag erhalten, für zehn Tage also 100,00 EUR, wobei die Futterkosten
vom Hundehalter gesondert zu tragen gewesen seien. Der o.g. Betrag von 10,00 EUR/Tag sei u.E. durchaus als "Pensionspreis"
anzusehen. Angesichts dieser Fakten sei davon auszugehen, dass der Kläger für eine nicht ordnungsgemäße Durchführung der Hundebetreuung
auch zivilrechtlich hätte einstehen müssen. Dies sei ein Indiz für ein unternehmerisches Risiko.
- Nachdem der Kläger verunglückt gewesen sei, habe er den Hund in die Obhut eines Tierschutzvereins verbracht und damit für
eine ordnungsgemäße Weiterversorgung des Hundes gesorgt. Arbeitnehmer seien dagegen nicht verpflichtet, im Falle ihres Ausfalls
(z.B. durch Krankheit) für einen Ersatz zu sorgen. Diese Obliegenheiten träfen vielmehr Unternehmer, die sich zur Erbringung
von Diensten verpflichtet hätten.
Zur Berufungserwiderung trägt der Kläger insbesondere vor, dass er etwa für einen Zeitraum von drei Monaten vor dem Unfall
täglich für J. M. warme Mahlzeiten zubereitet und ihn auf seinen Wunsch hin bei Spaziergängen und auch Lokalbesuchen begleitet
habe, da dieser aufgrund stellenweise auftretender Atemnot Angst um seine Gesundheit gehabt habe und nicht habe alleine sein
wollen. Gerade diese Dienstleistungen könnten keine andere Beurteilung rechtfertigen, als dass er arbeitnehmerähnlich im Sinne
der Vorschrift des §
2 Abs
2 SGB VII tätig geworden sei. Er habe hierbei nicht ansatzweise unternehmerähnlich gehandelt, da vorliegend die Herbeiführung eines
vereinbarten gegenständlich fassbaren Arbeitsergebnisses nicht geschuldet gewesen sei, was die Annahme eines Werkvertrags
ausschließe. Die Argumentation des Beklagten, dass die Annahme eines Dienstvertrags grundsätzlich nicht für eine arbeitnehmerähnliche
Tätigkeit sprechen könne, gehe fehl. Denn gerade arbeitnehmerähnliche Personen würden gemäß der Legaldefinition des § 5 Abs 1 Satz 2 Arbeitsgerichtsgesetz als wirtschaftlich abhängig und unselbstständig angesehen, auch wenn die Arbeitsleistung weisungsfrei und persönlich selbstständig
erbracht werde. Diese könnten entweder aufgrund eines Dienstvertrags oder aufgrund eines Werkvertrags tätig werden. Hier sei
es allerdings so, dass die von ihm verrichteten Tätigkeiten lediglich im Rahmen eines Dienstvertrags erbracht werden könnten,
da es an einem greifbaren Arbeitsergebnis mangele. An den vom BSG in seiner Entscheidung vom 26.04.1990 (Az: 2 RU 39/89) entwickelten Kriterien fehle es vorliegend. Er habe weder mehrfach derartige Tätigkeiten im eigenen unternehmerischen Interesse
für andere bzw. mehrere Auftraggeber ausgeführt noch Aufträge hierfür gesucht, sondern lediglich die soziale Not einer hilfebedürftigen
Person erkannt und diese - soweit er gekonnt habe - unterstützt. Auch sei bereits durch das BSG entschieden, dass eine Eingliederung
in das Fremdunternehmen ebenso wenig erforderlich sei wie die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer
(BSG, aaO.). Der Erfüllungsort der Arbeitsleistung müsse nicht zwingend der Unternehmenssitz sein. Es sei durchaus möglich,
die Arbeitsleistung auch von zuhause aus in einem sogenannten "Home-Office" zu erbringen. Schließlich sei er nicht verpflichtet
gewesen, den Hund in die Obhut eines Tierschutzvereins zu verbringen. Dies sei allein eine weitere Gefälligkeitshandlung gewesen,
die er im Interesse des J. M. erbracht habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 hat der Kläger eine Kopie des notariell beglaubigten Testaments des J. M. vom
10.12.2004 sowie den Testamentsnachtrag vom 14.07.2005 vorgelegt. Der Senat hat den Kläger in den mündlichen Verhandlungen
vom 19.05.2009 und 29.07.2009 befragt.
Zur weiteren Berufungsbegründung trägt der Beklagte über sein bisheriges Vorbringen hinaus vor, dass ein - wie im Arbeitsverhältnis
oder in einer arbeitnehmerähnlichen Beziehung bestehendes - Über-/Unterordnungsverhältnis im Sinne eines Arbeitgeber-/Arbeitnehmerverhältnisses
nicht erkennbar sei. Sowohl der Hundehalter wie auch der Kläger hätten sich auf gleicher Augenhöhe gegenüber gestanden, was
durch das fehlende Direktionsrecht des Hundehalters seinen Ausdruck finde. Nach dem Testament vom 10.12.2004 sei dem Kläger
bekannt gewesen, dass er einen Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR erhalte, wenn er für den Hund des J. M. bis zu dessen Lebensende
sorge, falls das Tier beim Tod des J. M. noch lebe. Der Kläger habe somit ein überragendes eigenwirtschaftliches Interesse
an der Betreuung des Hundes gehabt, um sich den avisierten Betrag zu sichern. Dies zeige sich auch darin, dass der Kläger
im Termin vom 19.05.2009 angegeben habe, dass er den Hund im Hinblick auf dieses Vermächtnis öfters, mindestens dreimal pro
Tag, ausgeführt habe. Da auch die Interessenlage des Leistungserbringers wesentlich zu beachten sei (s. Urteil des Landessozialgerichts
-LSG- NRW vom 09.03.2005 - Az: L 17 U 81/04), könne nicht von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Als wesentlicher Antrieb für die erbrachte Leistung
(Versorgung des Hundes) dürfe hier wohl das zu erwartende Vermögen - neben dem guten nachbarschaftlichen Verhältnis - angesehen
werden. Unabhängig davon werde auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2008 (Az: L 31 U 479/08) hingewiesen, wo ausgeführt werde, dass der Unternehmerbegriff des
SGB VII das bloße Halten eines Hundes zum privaten Vergnügen nicht umfasse. Das Füttern und Tränken eines Tieres könne nicht dem
Unternehmen "Haushalt" zugerechnet werden.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 29.09.2006 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Beklagten
vom 08.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2006 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 29.09.2006 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist auch im Übrigen zulässig (§§
143,144,151
Sozialgerichtsgesetz -
SGG -).
Die Berufung ist auch begründet.
Zu Unrecht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.9.2006 den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 08.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids
vom 24.03.2006 verurteilt, den Unfall vom 09.03.2005 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Denn der Kläger stand bei dem Unfall
vom 09.03.2005 nicht unter dem Schutz der UV.
Nach §
8 Abs
1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte in diesem Sinne sind dabei u.a. nach §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII Beschäftigte sowie nach §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII Personen, die wie nach Abs
1 Nr
1 SGB VII Versicherte tätig werden.
Beschäftigte nach §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII sind alle Personen, die im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig werden. Ein Beschäftigungsverhältnis
in diesem Sinne ist gemäß §
7 Abs
1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) definiert als nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß §
7 Abs
1 Satz 2
SGB IV bilden Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers. Hauptmerkmal der Nichtselbständigkeit ist dabei die persönliche Abhängigkeit, die sich vor allem in der
organisatorischen Eingliederung der Arbeitstätigkeit in einen (fremden) Betrieb sowie in der Weisungsgebundenheit hinsichtlich
Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit gegenüber dem Direktionsrecht des Arbeitgebers ausdrückt. Daneben können
auch weitere Kriterien wie die fehlende Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft (BSGE 45, 199, 200 = SozR 2200 § 1227 Nr 8), das Vorhandensein eines Vorgesetzten, der das Arbeitsverhältnis regelt, die Fremdbestimmtheit
des Arbeitsortes, der fehlende Einfluss auf die Willensbildung im Betrieb und weitere Kriterien Anhaltspunkte für das Vorliegen
eines Beschäftigungsverhältnisses bieten.
Die Voraussetzungen des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII liegen im vorliegenden Fall nicht vor, denn der Kläger ist nicht im Rahmen eines durch eine persönliche Abhängigkeit von
einem Arbeitgeber gekennzeichneten Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden.
Zur Überzeugung des Senats steht auch fest, dass der Kläger bei dem Unfall vom 09.03.2005 nicht "wie ein Versicherter" iS
des §
2 Abs
2 Satz 1 iVm Abs
1 Nr
1 SGB VII tätig geworden ist.
Die Frage, ob eine Person "wie ein Beschäftigter" tätig geworden ist, richtet sich nach dem Wortlaut der Formulierung im Kern
nach den Kriterien für eine Beschäftigung. §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII will jedoch - ebenso wie die Vorgängerregelung des § 539 Abs 2
Reichsversicherungsordnung (
RVO) - aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewähren, wenn die Voraussetzungen
eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind. Voraussetzung hierfür ist, dass bei einer ggf. nur vorübergehenden
Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist, weil eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem
Wert vorliegt, die einem fremden Unternehmen dienen soll (Handlungstendenz) und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des
Unternehmers entspricht und zwar unter solchen Umständen, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich
sind und nicht auf einer Sonderbeziehung, z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied, beruhen (st.Rspr: BSGE 5, 168; BSG vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - und - B 2 U 33/01; BSG vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R; Wiester in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2005, § 2 RdNr
804 ff mwN).
Wie ein nach §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII Beschäftigter kann eine Person nur tätig werden, die Arbeiten verrichtet, die ihrer Art nach von Personen ausgeübt werden
könnten, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen (BSG SozR 2200 § 539 Nr
93). Dieses Tatbestandsmerkmal ist in den letzten Jahrzehnten nach der Zahl der Fallgestaltungen, in denen §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII (= § 539 Abs 2
RVO) maßgebend werden konnte, in seiner Bedeutung wesentlich zurückgegangen. Denn nahezu fast alle Tätigkeiten - wie auch die
hier in Rede stehende Tätigkeit der Betreuung einschließlich Versorgung des Hundes - kann faktisch auch aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses
verrichtet werden (s. Krasney "Die "Wie-Beschäftigten" nach §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII" in NZS Heft 12/1999, S. 577 ff, 579 mwN zur Frage, inwieweit diese Voraussetzung dem Grunde nach weiterhin gerechtfertigt
ist).
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Anwendbarkeit des §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Halten eines Hundes kein "Unternehmen" iS des §
121 Abs
1 SGB VII sei und das Füttern und Tränken des Tieres nicht dem Unternehmen "Haushalt" zugerechnet werden könne (s. hierzu LSG Berlin-Brandenburg
vom 18.12.2008 - L 31 U 479/08).
Durch das 6. Änderungsgesetz zur
RVO war die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf Beschäftigte bestimmter Betriebe grundsätzlich beseitigt worden, sodass
nunmehr auch ein Versicherungsschutz "wie ein Beschäftigter" in allen Unternehmen bestehen konnte.
Als Unternehmen iS des §
121 Abs
1 SGB VII sind nach der Klammerdefinition der Norm "Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen, Tätigkeiten" zu verstehen. Unternehmer ist
nach §
136 Abs
3 Nr
1 SGB VII derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- und Nachteil gereicht. Nach der dazu bestehenden Rechtsprechung
sollen dem Unternehmensbegriff jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen
einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit, unterfallen; der Begriff des Unternehmens wird definiert
als eine organisatorische, rechtliche, wirtschaftliche, finanzielle und auch soziale Einheit zur regelmäßigen Erledigung bestimmter
Aufgaben (vgl. Jochem Schmitt,
SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, 3.Aufl., §
121 RdNr 4 mwN). Diese Auslegung ist sehr weit gespannt und kann alle sozialtypischen Gestaltungsformen der privaten, insbesondere
persönlichen Lebensführung umfassen. Der Begriff des "Unternehmens" umfasste - und umfasst - somit nicht nur gewerbliche Unternehmen;
auch eine Privatperson konnte - und kann - Unternehmer z.B. gegenüber ihrem Hausangestellten, Gärtner, Chauffeur sein (s.
hierzu Krasney, aaO., S.578). Der Annahme, auch ein privater Haushalt sei ein "Unternehmen" iS des §
121 Abs
1 SGB VII, steht das fehlende Gewinnstreben des privaten Haushalts nicht entgegen, denn ein solches ist nicht erforderlich (s. Leube
in Kater/Leube, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB II, § 136 RdNr 5; Schmitt, aaO., § 136 RdNr 3, jeweils mwN zur Rechtsprechung).
Zu Unrecht reduziert das LSG Berlin-Brandenburg (aaO.) die Frage, ob bei derartigen Fällen ein "Unternehmen" iS des §
121 Abs
1 SGB VII vorliegt, auf das Halten eines Hundes und berücksichtigt dabei nicht, dass das Ausführen/Betreuen/Versorgen eines Hundes
eine Tätigkeit im Rahmen eines privaten Haushalts ist, die jederzeit auch von einem Hausangestellten entweder als Teil der
von diesem zu erledigenden Aufgaben oder ausschließlich im Rahmen eines - u.U. auch nur geringfügigen - Beschäftigungsverhältnisses
gemäß §
8 SGB IV ausgeübt werden kann, soweit die für ein Beschäftigungsverhältnis zu fordernden Kriterien erfüllt sind. Insoweit führt das
LSG Berlin-Brandenburg (aaO.) aus
"... Soweit die Beklagte das Füttern und Tränken des Tieres dem Haushalt der Klägerin zugerechnet hat, der insoweit als Unternehmen
anzusehen wäre, kann der Senat dem nicht folgen, da die Beigeladene hier nicht den Haushalt betreuen sollte, sondern allein
das zum Privatvergnügen gehaltene Tier füttern und tränken sollte ...". Die Eigenschaft als Beschäftigter des Unternehmens
"Privater Haushalt" entfällt jedoch - ebenso wie bei Beschäftigten von anderen Unternehmen - nicht schon deshalb, weil nur
ein Teil der Aufgaben, die im privaten Haushalt anfallen, vom Beschäftigten wahrzunehmen sind bzw. sich der Tätigkeitsbereich
auf eine Aufgabe, hier auf die Betreuung/Versorgung eines Hundes, reduziert (in gleicher Weise ist z.B. auch die Tätigkeit
eines Chauffeurs nur auf einen Teil der Aufgaben des Unternehmens beschränkt). Maßgeblich ist vielmehr, ob die für ein Beschäftigungsverhältnis
zu fordernden Kriterien erfüllt sind. Gleiches muss für den "Wie-Beschäftigten" gelten. Jedenfalls ist kein Grund dafür ersichtlich,
warum die Tätigkeit des Betreuens bzw. Versorgens eines Hundes nicht Bestandteil oder alleinige Aufgabe eines (Haus-)Angestellten
im privaten Unternehmen "Haushalt" sein sollte und die Erstreckung des Versicherungsschutzes auf Angestellte von Privatpersonen,
die allein diese Tätigkeiten ausführen, von vorneherein nicht in Betracht kommen soll.
Zwar ergibt das Gesamtbild der vom Kläger für J. M. erbrachten Tätigkeiten, dass diese über nachbarschaftliche Gefälligkeitshandlungen
deutlich hinausgehen. Daraus ist jedoch im vorliegenden Fall nicht zu folgern, dass diese Tätigkeiten als "Wie-Beschäftigter"
ausgeübt wurden. Denn der Kläger war beim Ausführen des Hundes zum Zeitpunkt des Unfalls am 09.03.2005 nicht "wie ein Versicherter
im Sinne von §
2 Abs
2 Satz 1 iVm Abs
1 Nr
1 SGB VII", sondern "in anderer Funktion bzw. Eigenschaft" tätig, nämlich als ein von J. M. aufgrund eines engen nachbarschaftlichen
Verhältnisses eingesetzter Vermächtnisnehmer gemäß §
1939 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB). Art und Umfang der Tätigkeiten des Klägers für J. M. waren auch durch seine Einsetzung als Vermächtnisnehmer geprägt.
Bei der Abgrenzung des "Wie-Beschäftigen" von den "in anderer Eigenschaft oder Funktion" Tätigen ist insbesondere zu prüfen,
ob im Einzelfall Art und Umfang der Tätigkeit noch durch die engen persönlichen Beziehungen geprägt sind oder ob diese Beziehungen
nur der Beweggrund dafür waren, die Tätigkeit "wie ein Beschäftigter" auszuführen (BSG SozR 2200 § 539 Nr 49). Je enger die
persönlichen Beziehungen sind, desto mehr spricht dafür, dass die Tätigkeit durch diese enge Beziehung geprägt wird (BSG vom
20.04.1993 - 2 RU 38/92 - in Fortsetzung von BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 4/89 = SozR 2200 § 539 Nr 134).
Im vorliegenden Fall waren die engen persönlichen Beziehungen des Klägers zu J. M. prägend für die vom Kläger für diesen erbrachten
Tätigkeiten und auch für das Ausführen des Hundes am Unfalltag, das aufgrund der Einsetzung des Klägers als Vermächtnisnehmer
durch J. M. wesentlich im eigenwirtschaftlichen Interesse erfolgte. Eine Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" ist daher auch
nicht aufgrund des vom SG für wesentlich erachteten Gesichtspunkts anzunehmen, dass die Betreuung und Versorgung des Hundes "S." über nachbarschaftliche
Gefälligkeitshandlungen eindeutig hinausgegangen ist.
Dies ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Akteninhalts, insbesondere aus dem Ergebnis der Befragung des Klägers in den
mündlichen Verhandlungen vom 19.05.2009 und 29.07.2009 und dem vom Kläger vorgelegten notariell beglaubigten Testament des
J. M. vom 10.12.2004. Dabei ist nicht nur die zum Unfall unmittelbar führende Tätigkeit, sondern das Gesamtbild der bereits
ausgeführten und beabsichtigten Tätigkeiten des Klägers für J. M. zu würdigen (BSG Urteil vom 26.04.1990 - 2 RU 39/89).
Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 19.05.2009 habe er mit J. M. ein "gutes nachbarschaftliches
Verhältnis" gepflegt. Zumindest seit 2004 habe er dessen Garten gepflegt und täglich mit ihm gemeinsame Spaziergänge unternommen.
Die Hilfeleistungen hätten dann aufgrund der Verschlimmerung des Gesundheitszustands des J. M. öfters stattgefunden. Er habe
für J. M. Besorgungen erledigt und Essen zubereitet. Dies sei unentgeltlich geschehen. Gelegentlich habe er sonntags gemeinsam
mit J. M. ein Restaurant aufgesucht. Mitte Dezember 2004 habe er davon Kenntnis erlangt, dass er im Falle des Ablebens des
Nachbarn in dessen Testament als Betreuer des Hundes "S." eingesetzt worden sei und hierfür eine Entschädigung in Höhe von
10.000,00 EUR erhalten solle. Im Hinblick auf die Einsetzung als Vermächtnisnehmer habe er den Hund öfters ausgeführt, mindestens
dreimal täglich sei er mit dem Hund draußen gewesen. Konkrete Absprachen hätten vor dem Krankenhausaufenthalt des J. M. nicht
stattgefunden. Die Aufnahme des J. M. ins Krankenhaus sei plötzlich erfolgt. Am Tag der Krankenhausaufnahme habe er morgens
den Hund spazieren geführt. Nach der Aufnahme des J. M. habe er den Hund routinemäßig versorgt.
Dieser Darstellung des Klägers ist zu entnehmen, dass sich das Ausführen des Hundes "S." anfänglich aus einer engen nachbarschaftlichen
Beziehung entwickelte, die zunächst von den Hilfeleistungen des Klägers für J. M. aufgrund dieses engen persönlichen Verhältnisses
geprägt war (Essen zubereiten, Besorgungen erledigen, Gartenarbeiten, Hund ausführen). Aufgrund des sich verschlechternden
Gesundheitszustands des J. M. nahmen die Hilfeleistungen zunehmend einen größeren Umfang an. Seit Mitte Dezember 2004, d.h.
seit Kenntniserlangung des Klägers vom Testament des J. M., prägte die Einsetzung des Klägers als Vermächtnisnehmer durch
J. M. wesentlich die persönliche Beziehung des J. M. zum Kläger sowie insbesondere die vom Kläger erbrachten Betreuungs- und
Versorgungsleistungen für den Hund "S.". Denn der Kläger hat nach seinen eigenen Angaben den Hund im Hinblick auf sein Vermächtnis
öfters ausgeführt, nämlich mindestens dreimal am Tag. Aufgrund seiner Routine im Umgang mit dem Hund war er auch in der Lage,
diesen selbstständig und ohne weitere Anweisungen durch J. M. nach dessen unerwarteter Aufnahme ins Krankenhaus zu versorgen.
Somit war die enge persönliche Beziehung zwischen dem Kläger und J. M. nicht nur Beweggrund für die Betreuung und Versorgung
des Hundes "S.", sondern Art und Umfang der Tätigkeiten des Klägers waren durch die enge persönliche Beziehung geprägt (s.
hierzu, Krasney, aaO., S. 581). Dass der Kläger aufgrund des Vermächtnisses im Fall, dass "S." J. M. überlebt, 10.000 Euro
für die Betreuung des Hundes zu erwarten hatte, spricht nicht gegen die Annahme, der Kläger sei "in anderer Funktion oder
Eigenschaft" tätig gewesen. Vielmehr ist die aufgrund des Vermächtnisses zwischen dem Kläger und J. M. geprägte Sonderbeziehung
den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen der aufgrund einer Sonderbeziehung unentgeltlich Tätigen (Gefälligkeitshandlungen
unter Familienangehörigen, Vereinsmitgliedern, Nachbarn, guten Bekannten) gleichzustellen. Maßgeblich ist vielmehr, dass die
tatsächlichen Verhältnisse von dieser "anderen Eigenschaft" wesentlich geprägt waren und der Kläger nicht fremdnützig, sondern
im eigenen wirtschaftlichen Interesse tätig war. Dass die Tätigkeit des Klägers dabei auch fremdnützig war, d.h. auch dem
Interesse des J. M. diente, kann keine andere Beurteilung rechtfertigen. Insoweit kommt es nicht entscheidend darauf an, ob
die zum Unfall führende Verrichtung (hier: Das Ausführen des Hundes) tatsächlich dem Unternehmen (Haushalt des J. M.) gedient
hat, sondern auf die Sicht des Klägers, die sich auf objektive Gegebenheiten stützen kann (s. hierzu Krasney, aaO., S 579),
d.h. im vorliegenden Fall die intensivere Betreuung des Hundes aufgrund des Vermächtnisses.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger - nach seinen glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung
vom 19.05.2009 - etwa drei Wochen vor der Aufnahme des J. M. ins Krankenhaus diesen gebeten hatte, etwas für die Betreuung
des Hundes (Spazierengehen mit dem Hund) zu bezahlen. Dieser hat daraufhin entgegnet, dass man hierüber noch mal reden könne.
Abgesehen davon, dass Entgeltlichkeit der Tätigkeit nicht Voraussetzung für eine Arbeitnehmerähnlichkeit iSd §
2 Abs
2 Nr
1 SGB VII ist (der Versicherungsschutz in der Unfallversicherung wird anders als in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung
nicht davon abhängig gemacht, dass die Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wird, s. Krasney, Wandlungen des Dienstnehmerbegriffs,
in Schrammel (Hrsg), Versicherungs- und Beitragspflicht in der Sozialversicherung, Braumüller, Wien, 1985, S. 1,2), ist die
Aufforderung des Klägers gegenüber J. M., ihn für die Betreuung des Hundes zu entschädigen, nicht als Indiz dafür zu werten,
dass der Kläger eine Vergütung "wie ein Beschäftigter" zu erwarten hatte. Zum einen war die Betreuung bzw. Versorgung des
Hundes zum Zeitpunkt des Unfalls des Klägers - wie auch zuvor - von J. M. tatsächlich nicht vergütet worden. Zum anderen war
eine Vergütung auf der Grundlage eines subordinationsrechtlichen Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem zum
Zeitpunkt des Unfalls auch nicht zwischen dem Kläger und J. M. vereinbart worden.
Dass die Nachbarin des Klägers, Fr. M., diesen - nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 29.07.2009 - im Namen
des J. M. im Krankenhaus besucht und ihm für die Betreuung des Hundes 100,00 EUR gegeben haben soll, ist schon wegen des Zeitpunkts
nach dem Unfallereignis rechtlich ohne Relevanz. Darüber hinaus handelt es sich hierbei nicht um eine Vergütung im Rahmen
eines subordinationsrechtlichen Verhältnisses, sondern um eine "Aufwandsentschädigung" im Rahmen einer gleichgeordneten vertragsähnlichen
Beziehung.
Ein Versicherungsschutz des Klägers als "Wie-Beschäftigter" lässt sich nach Auffassung des Senats auch nicht damit begründen,
dass - wie das SG unter Hinweis auf Keller (in: NZS 4/2001 S. 188 ff, 192) ausführt - die Tätigkeit des Klägers im vorliegenden Fall eher den
Charakter eines Dienstvertrags als eines Werkvertrags gehabt haben solle und damit eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vorgelegen
habe.
Insoweit unterscheidet Keller (aaO.), ob eine Tätigkeit eher dienstvertragsähnlich oder eher werkvertragsähnlich ist. Für
die Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit iS von §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII stellt er darauf ab, ob bei entgeltlicher Ausführung der betreffenden Tätigkeit mit Rechtsbindungswillen unter ansonsten
gleichen Umständen ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorliegen würde, wobei er als Abgrenzungskriterien im Einzelnen
die Ausführung der Tätigkeit alleine oder zusammen mit anderen, das Vorhandensein spezifischer Fachkenntnisse, das Fehlen
von konkreten Anweisungen, die Art der zu erledigenden Tätigkeit, die Modalitäten der Bezahlung der Tätigkeit u.a. nennt.
Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien ist das SG bei Gesamtwürdigung der Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tätigkeit des Klägers im vorliegenden Fall eher den Charakter
einer Tätigkeit aufgrund eines Dienstvertrags als eines Werkvertrags hatte und damit eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit des
Klägers vorlag.
Der Senat stimmt mit dem Beklagten vielmehr darin überein, dass die Schlussfolgerung, die Tätigkeit des Klägers habe eher
den Charakter eines Dienstvertrags gehabt und damit habe eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit vorgelegen, rechtlich nicht zulässig
ist. Denn Charakteristikum eines Dienstvertrags ist die Leistung von Diensten in persönlicher, wirtschaftlicher und sozialer
Selbstständigkeit und Unabhängigkeit, was z.B. in freien Berufen der Fall ist. Somit wird der Dienstverpflichtete als Selbstständiger
tätig, was der Annahme eines arbeitnehmerähnlich Tätigen gerade widerspricht. Dem steht nicht entgegen, dass von den für eine
Arbeitnehmertätigkeit sprechenden Kriterien beim "Wie-Beschäftigten" Abstriche zu machen sind. Maßgeblich ist vielmehr- und
dies spricht gegen eine Tätigkeit als "Wie-Beschäftigter" - dass der Dienstverpflichtete seine Leistung im eigenen wirtschaftlichen
Interesse erbringt, d.h. die Tätigkeit seinem eigenen Interesse als Selbstständiger bzw. Unternehmer dient. Hinzu kommt, dass
der Dienstverpflichtete frei von Weisungen - wie sie ein Beschäftigungsverhältnis charakterisieren - ist. So unterscheidet
sich das Arbeitsverhältnis vom Dienstverhältnis durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der Dienstverpflichtete
gegenüber seinem Vertragspartner befindet. Zwar ist für die Anwendbarkeit des §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII - wie bereits dargelegt - nicht Voraussetzung, dass die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit verrichtet wird, für die Weisungsgebundenheit
hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Art der Ausführung charakteristisch ist (BSG vom 27.11.1986 - 2 RU 13/86, BAGUV - RdSchr: 15/87 (Gründe) = HV-INFO 1987, 347i - 351, USK 86204 zur Anwendbarkeit des §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII trotz Fehlens konkreter Weisungen in Bezug auf die Arbeitszeit). Dies ist wegen des Wortlauts des §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII und auch deshalb gerechtfertigt, weil bei einer Beschäftigung das Weisungsrecht erheblich eingeschränkt sein kann. Ein Umkehrschluss
dahingehend, dass eine Berücksichtigung des Kriteriums Weisungsgebundenheit bzw. subordinationsrechtliches Verhältnis im Rahmen
einer Gesamtwürdigung bei der Prüfung des §
2 Abs
2 SGB VII deshalb grundsätzlich ausgeschlossen wäre, ist jedoch rechtlich nicht zulässig. Vielmehr sind die für eine Beschäftigung
geltenden Kriterien im Sinne des §
7 SGB IV bei einer Gesamtwürdigung nicht unberücksichtigt zu lassen und die übergeordnete Systematik ist nicht zu vernachlässigen.
Zur Überzeugung des Senats haben vielmehr die vom BSG in ständiger Rechtsprechung (BSGE 5, 168; BSG vom 25.08.1970 - 2 RU 51/68 = BSGE 31, 257, 277; BSG vom 13.08.2002 - B 2 U 29/01 R - und B 2 U 33/01 R; BSG vom 31.05.2005 - B 2 U 35/09 R) entwickelten Kriterien nach wie vor uneingeschränkte Gültigkeit. Danach muss es sich - wie bereits dargelegt - um eine ernstliche,
einem fremden Unternehmen dienende, dem Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit handeln, die ungeachtet des Beweggrunds
des Tätigwerdens nach Art und Umständen sonst von einer Person verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt
zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis steht (BSG vom 17.03.1992 - 2 RU 22/91 -) und nicht auf einer Sonderbeziehung (z.B. als Familienangehöriger oder Vereinsmitglied) beruht.
Letztlich kommt es im vorliegenden auf die von Keller für maßgeblich erachteten Gleichstellungskriterien einer Dienstvertragsähnlichkeit
mit einer Arbeitnehmerähnlichkeit jedoch nicht an, denn der Kläger hat hier - wie bereits dargelegt - aufgrund seiner Einsetzung
als Vermächtnisnehmer im Rahmen einer engen persönlichen Beziehung die Betreuung einschließlich Versorgung des Hundes durchgeführt
und nicht aufgrund eines Dienstvertrags bzw. aufgrund dienstvertragsähnlicher tatsächlicher Verhältnisse.
Gegen die Annahme, der Kläger habe den Hund "S." als "Wie-Beschäftigter" ausgeführt, spricht auch der Schutzzweck des
SGB VII. Dieses Gesetz privilegiert besondere, in §
2 SGB VII aufgeführte rechtliche oder soziale Verhältnisse durch eine gesetzliche Versicherung der in diesen besonderen Verhältnissen
tätigen Personen. Diesen besonderen, als schutzwürdig erkannten Rechtsverhältnissen steht eine - sich aus einem engen nachbarschaftlichen
Verhältnis entwickelnde - persönliche Beziehung als Vermächtnisnehmer des Hundehalters, die die tatsächlichen Verhältnisse
bei der Betreuung/Versorgung des Hundes geprägt hat, nicht gleich. Andernfalls wäre eine Abgrenzung des Anwendungsbereichs
des §
2 Abs
2 Satz 1
SGB VII iS des Schutzzwecks dieser Norm nicht mehr möglich (s. zur Problematik auch Landgericht Stendal vom 25.03.2004 - 22 S 185/03 - zur Frage der Beschäftigteneigenschaft desjenigen, der im schlichten nachbarschaftlichen Gefälligkeitsverhältnis den Hund
des Nachbarn ausführt).
Nach alledem war auf die Berufung des Beklagten der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 29.09.2006 aufzuheben
und die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 08.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2006 abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG.