Versorgung nach dem Impfschadensrecht
Begriff des Impfschadens
Dreigliedrige Kausalkette
Nachweis durch Vollbeweis
Keine Beweiserleichterung beim Primärschaden
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Versorgung nach dem Impfschadensrecht gemäß §§ 60 ff. Infektionsschutzgesetz (IfSG) hat.
Die 1970 geborene Klägerin wurde vom Allgemeinarzt Dr. R. am 06.06.2005 gegen Frühsommer-Menigoencephalitis (FSME) mit dem
Medikament FSME-immun(r) sowie gegen Poliomyelitis, Diphtherie und Tetanus mit dem Kombinationsimpfstoff Revaxis(r) geimpft.
Am 21.07.2005 erfolgte eine weitere FSME-Impfung mit dem gleichen Wirkstoff. Am 29.09.2005 wurde eine Impfung gegen Poliomyelitis
mit IPV Merieux(r) und Diphtherie mit dem Diphtherie-Adsorbat-Impfstoff Behring für Erwachsene(r) durchgeführt. Im Jahr 2006
wurde bei ihr ein Guillain-Barre-Syndrom und danach eine chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie diagnostiziert.
Am 16.05.2013 beantragte sie beim Beklagten formlos Versorgung nach dem IfSG; sie habe eine Schädigung aufgrund einer FSME-Impfung erlitten. Mit Schreiben vom 28.05.2013 legte sie weitere Unterlagen
zur Impfung vor und präzisierte ihren Antrag dahingehend, dass sie die bei ihr vorliegende chronische inflammatorische demyelinisierende
Polyneuropathie auf zwei FSME-Impfungen "am 06.06.2005 und 21.07.2005" zurückführe.
In der Folge holte der Beklagte Unterlagen zu den medizinischen Behandlungen der Klägerin ein und befragte die behandelnden
Ärzte. Dabei berichtete der Allgemeinarzt Dr. R., dass die Klägerin nach der Impfung am 06.06.2005 eine Lokalreaktion beschrieben
habe, die beim Termin am 21.07.2005 bereits abgeklungen sei. Seinen Aufzeichnungen ist erst für den 13.02.2006 eine weitere
Behandlung der Klägerin zu entnehmen, bei der eine Hypertonie und Parästhesien der Daumen und Füße bei seitengleich grober
Kraft festgestellt worden seien. Die Orthopädin Dr. S. teilte am 27.08.2013 mit, dass die Klägerin am 20.02.2006 anamnestisch
angegeben habe, dass "seit ca. zwei Wochen" beide Großzehen wie taub seien und sie nicht mehr richtig gehen könne. Die Klägerin
habe auch Parästhesien der Hände seit zwei bis drei Wochen sowie erhebliche Kopfschmerzen angegeben. In dem in einem früheren
schwerbehindertenrechtlichen Verfahren der Klägerin erstellten Bericht des Nervenarztes R. wurde am 23.11.2006 darauf hingewiesen,
dass sich die Klägerin erstmals am 22.02.2006 vorgestellt und angegeben habe, dass sie "seit etwa sechs Wochen" unter einer
Schwäche und Parästhesien beider Füße und zusätzlich der Hände leide. Einem Abschlussbericht des Krankenhauses H.W. vom 15.03.2006
ist zu entnehmen, dass die Klägerin dort stationär vom 01.03.2006 bis 15.03.2006 behandelt worden ist. Die Klägerin sei -
so der Bericht - wegen "seit mehreren Wochen" bestehenden sensomotorischen Paresen der Beine und Hände eingewiesen worden.
U.a. wurde die Diagnose eines Guillain-Barre-Syndroms gestellt. Dem Abschlussbericht vom 22.05.2006 über den medizinischen
Rehaaufenthalt der Klägerin in der A.-Klinik S-Stadt vom 20.03.2006 bis zum 16.05.2006 ist zu entnehmen, dass die Klägerin
im Rahmen der Eigenanamnese über Schmerzen in den Beinen aufgrund von Fersensporn seit etlichen Jahren berichtet habe. "Im
November" habe das aktuelle Krankheitsgeschehen begonnen mit Einschlafen der Großzehen. Zunehmend habe sie die Kraft in den
Beinen verloren. Das Ganze sei anschließend auf die Hände übergegangen. Es wurde u.a. die Verdachtsdiagnose einer chronischen
inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (Differenzialdiagnose: Verschlechterung des bekannten Guillain-Barre-Syndroms)
gestellt. In einem in einem schwerbehindertenrechtlichen Verfahren erstellten Befundbericht gab der Facharzt für Neurologie
Dr. F. am 17.05.2008 an, dass er die Klägerin seit dem 20.08.2006 wegen der Diagnose einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden
Polyneuropathie behandle. "Seit Februar 2006" lägen eine Schwäche und Gefühlsstörungen zunächst nur in den Beinen, später
auch in den Armen vor. Dem Abschlussbericht der neurologischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums B-Stadt vom
24.10.2007 über eine zweitägige Behandlung im Oktober 2007 ist zu entnehmen, dass die Klägerin dort ein erstmaliges Auftreten
eines Taubheitsgefühls der Unterschenkel mit leichter Schwäche im November 2005 beschrieben habe. Im Bericht der Deutschen
Klinik für Diagnostik, Neurologie, vom 13.02.2008 wird darüber berichtet, dass die Klägerin vom 18.12.2007 bis zum 04.02.2008
tagesklinisch behandelt worden sei. Die Klägerin habe angegeben, "vor etwas mehr als 2 Jahren (11/05)" zunächst eine Taubheit
der Füße bemerkt zu haben. Als Diagnosen wurden genannt eine chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie
und differenzialdiagnostisch ein Guillain-Barre-Syndrom.
Anschließend wurde die Klägerin versorgungsärztlich durch den Neurologen und Sozialmediziner B. im Rahmen einer ambulanten
Untersuchung am 07.11.2013 begutachtet (Gutachten vom 11.11.2013). Die Klägerin habe dabei berichtet, dass es im September
2005 zu einer Erkrankung mit Erschöpfung und Gliederschmerzen gekommen sei. Im November 2005 sei es dann beim Spazierengehen
mit den Hunden bei kalten Außentemperaturen zu einer Schwäche in beiden Beinen gekommen. Im Januar 2006 sei sie bei ihrem
damaligen Hausarzt vorstellig gewesen, der eine verschleppte Grippe und einen sehr hohen Blutdruck festgestellt habe. Während
der sich anschließenden Krankschreibung sei sie bei der Orthopädin Dr. S. und dem Nervenarzt R. gewesen; dort sei der Verdacht
auf eine Polyradikulitis gestellt worden. Der Sachverständige wies darauf hin, dass sich aus den vorliegenden Unterlagen keine
abnormen Impfreaktionen ableiten lassen würden. Die Angaben der Klägerin zu den Ersterscheinungen im November 2005 stünden
in deutlichem Widerspruch zu den früheren Angaben der Klägerin. Es sei von Ersterscheinungen im Januar 2006 und somit einer
Inkubationszeit von einigen Monaten auszugehen, was gegen einen Zusammenhang der FSME-Impfungen mit der chronischen inflammatorischen
demyelinisierenden Polyneuropathie der Klägerin spreche.
Der Neurologe und Psychiater Dr. K. stimmte in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 28.11.2013 dieser Einschätzung
zu. Nach den zeitnahen Unterlagen sei eine angegebene Lokalreaktion nach der Impfung bei der nachfolgenden ärztlichen Vorstellung
wieder abgeklungen gewesen. Die Symptomatik einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie habe sich
erst Anfang 2006, also mehrere Monate nach den FSME-Impfungen vom 06.06.2005 und 21.07.2005 entwickelt. Damit ergebe sich
kein enger zeitlicher Zusammenhang. Dies spreche gegen eine Auslösung der chronisch-entzündlichen Erkrankung durch die Impfungen.
Auch die Versorgungsärztin Dr. L. hat am 23.12.2013 der Beurteilung zugestimmt.
Mit Bescheid vom 16.01.2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem IfSG ab. Die Klägerin führe ihre Erkrankung auf die Impfungen am 06.06.2005 und 21.07.2005 zurück. Die geltend gemachte Gesundheitsstörung
einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie könne aber nicht als Folge einer Schädigung im Sinne
des IfSG anerkannt werden, da der ursächliche Zusammenhang zwischen der Impfung und der Gesundheitsstörung nicht ausreichend wahrscheinlich
sei.
Mit Schreiben vom 27.01.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein. Folgende bei ihr aufgetretenen Impfreaktionen hat sie beschrieben:
* Impfung am 06.06.2005: "Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Einstichstelle war heiß und geschwollen. Anmerkung des Arztes: ist
normal." * Impfung am 21.07.2005: "Gelenkschmerzen, Schlappheit, Kopfschmerzen. Arzt: keine Reaktion." Ihr Gesundheitszustand
habe sich von Anfang Juni 2005 bis Februar 2006 schleichend verschlechtert. Die anfänglichen Gelenkschmerzen seien in ein
Kribbeln und Taubheitsgefühl übergegangen, die Schlappheit sei geblieben und durch ständige Müdigkeit ergänzt worden, die
Kopfschmerzen seien permanent geworden. Im Februar 2006 sei die Situation eskaliert und sie habe wegen extrem hohen Blutdrucks
und Schwindels zum Hausarzt müssen. Der habe sie aber wieder nur wegen einer Erkältung krankgeschrieben. Aufgrund eines Termins
beim Orthopäden sei sie wegen des Verdachts auf ein Guillain-Barre-Syndrom ins Krankenhaus H.W. eingewiesen worden. In vielen
Ländern seien FSME-Impfungen aufgrund schwerer Komplikationen zurückgenommen worden. Langzeitstudien würden völlig fehlen.
Gravierend sei die Schwächung des Immunsystems, wie z.B. das Guillain-Barre-Syndrom. Im Arzneimitteltelegramm sei 1995 gemeldet
worden, dass die Impfung Schübe von Autoimmunerkrankungen auslösen könne.
Auf Nachfrage des Beklagten übersandte Dr. R. Kopien seiner Behandlungsunterlagen und erläuterte seinen Eintrag vom 21.07.2005
(Tag der zweiten Impfung) wie folgt: "Die erste Impfung (FSME und Revaxis) erfolgte am 6.6.2005. Bei der zweiten Impfung am
21.7.2005 berichtete die Patientin, daß sie nach der Erstimpfung an einem der Oberarme eine Impfreaktion (lokale Schwellung
und Rötung) bemerkt habe. Diese war am 21.07.2005 wieder abgeklungen." Den übersandten Unterlagen ist weiter zu entnehmen,
dass der nächste Arzttermin, bei dem auch eine Impfung gegen Poliomyelitis und Diphtherie erfolgte, am 29.09.2005 stattfand.
Dabei wurde u.a. wegen Parästhesien der linken Hand der Verdacht auf ein Karpaltunnelsyndrom geäußert und eine Handgelenksbandage
verordnet. Die nächste Behandlung fand im Februar 2016 statt; dabei berichtete die Klägerin über Parästhesien in den Daumen
beidseits und den Füßen, wobei die grobe Kraft nach den Aufzeichnungen von Dr. R. seitengleich war.
Die Fachärztin für Neurologie B. wies in der anschließend eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme von 25.04.2014 darauf
hin, dass die von der Klägerin für die Zeit ab Juni 2005 angegebene Symptomatik sehr unspezifisch sei und nicht als spezifische
Impffolge angesehen werden könne. Der behandelnde Allgemeinarzt habe berichtet, dass es nach den Angaben der Klägerin eine
Lokalreaktion gegeben habe, die beim Termin am 21.07.2005 abgeklungen gewesen sei. Das Auftreten einer vorübergehenden Lokalreaktion
könne nicht belegen, dass die Monate später aufgetretene Symptomatik eines Guillain-Barre-Syndroms hiermit in ursächlichem
Zusammenhang stehe. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie
und den im Sommer 2005 erfolgten Impfungen könne nicht hergestellt werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2014 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Ein Zusammenhang mit den FSME-Impfungen
am 06.06.2005 und 21.07.2005 könne nicht hergestellt werden.
Am 12.06.2014 haben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben.
Mit Schreiben vom 24.09.2014 ist die Klage wie folgt begründet worden: Die bei der Klägerin vorliegende chronische inflammatorische
demyelinisierende Polyneuropathie stelle einen Impfschaden dar. Die Klägerin möchte noch einmal ausführen, dass bereits nach
der ersten Impfung ihr Arm geschwollen gewesen sei und sie Ermüdungserscheinungen gehabt habe. Nach der zweiten Impfung seien
Grippeerscheinungen aufgetreten und neben der Müdigkeit auch vermehrt Kopfschmerzen. Eine deutliche Verschlechterung des Gesundheitszustands
sei schließlich im November erfolgt, hier habe die Klägerin über Gangunsicherheiten geklagt. Die Klägerin habe diese Symptome
jedoch im Zusammenhang mit den Grippeerscheinungen gesehen. Einen Arzt habe sie somit erst Anfang 2006 aufgesucht. Da die
Diagnose nicht von Anfang an eindeutig gestellt habe werden können, habe dies einige Zeit in Anspruch genommen, bis die Diagnose
einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie festgestanden habe. Dass aufgrund der zeitlichen Verzögerung
die Erkrankung nicht mehr als Folge der Impfung anerkannt werden solle, könne die Klägerin unter keinen Umständen nachvollziehen.
Entsprechend den öffentlich zugänglichen Informationen über die Erkrankung entwickle sich diese schleichend, was dazu führe,
dass eine Diagnose nur erschwert möglich sei. Dies sei auch bei der Klägerin der Fall gewesen. Durch den schleichenden Prozess
sei auch die zeitliche Diskrepanz zu erklären; nach Angaben des Klinikums der Universität M-Stadt erreiche die Erkrankung
das Maximum acht Wochen oder später nach Symptombeginn. Die zeitliche Verzögerung dürfe nicht dazu führen, dass ein Kausalzusammenhang
verneint werde.
Anschließend hat das SG ärztliche Unterlagen eingeholt. Einem Gutachten des Neurologen Dr. W. für die deutsche Rentenversicherung vom 25.08.2010
ist zu entnehmen, dass die Klägerin im Rahmen der Eigenanamnese dort berichtet habe, dass sie "Ende 2005, November/Dezember,"
beim Spazierengehen mit den Hunden und beim Treppensteigen ein Schwächegefühl in den Beinen bemerkt habe. Im Februar 2006
sei sie zufälligerweise wegen Gliederschmerzen beim Orthopäden gewesen, der dann die Einweisung in eine neurologische Klinik
veranlasst habe.
Im Auftrag des SG hat der Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Prof. Dr. J. am 01.12.2015 ein Gutachten erstellt.
Er ist darin zu der Einschätzung gekommen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Impfreaktionen nach den Impfungen am 06.06.2005
(lokale Reaktion an der Impfstelle - Schwellung und Rötung -, die bei der zweiten Impfung bereits wieder abgeklungen gewesen
sei) und 27.07.2005 (keine Angaben des impfenden Arztes über eventuelle Nebenwirkungen; die Klägerin habe Grippeerscheinungen
und vermehrte Müdigkeit und Kopfschmerz angegeben) Ausdruck der normalen Auseinandersetzung des Organismus mit dem Impfstoff
seien. Es handle sich um übliche Reaktionen, die zweifellos durch die Impfungen bedingt seien. Impfkomplikationen lägen daher
nicht vor. Im Übrigen sprächen sowohl die gegenwärtigen Kenntnisse über die Pathogenese einer chronischen inflammatorischen
demyelinisierenden Polyneuropathie als auch der zeitliche Verlauf bzw. der große zeitliche Abstand zwischen Impfung und dem
ersten Auftreten von Symptomen gegen einen kausalen Zusammenhang.
Mit Schreiben vom 15.04.2016 haben sich die Bevollmächtigten der Klägerin zum Gutachten geäußert und zudem beantragt, Dr.
H. gemäß §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zu hören.
Dr. H. ist in seinem am 19.08.2016 erstellten Gutachten zu der Einschätzung gekommen, dass die bei der Klägerin vorliegende
chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie mit Wahrscheinlichkeit durch die verabreichte Impfserie im Jahr
2005 ausgelöst worden sei und alternative Ursachen nicht erkennbar seien. Er hat Folgendes ausgeführt:
Nach dem ersten Impftermin am 06.06.2005 sei es zu einer Schwellung der Injektionsstelle und Gelenkschmerzen, Mattigkeit und
Kopfschmerzen gekommen. Wie lange diese Beschwerden genau angehalten hätten, bleibe unklar. Nach der Beschreibung der Klägerin
könne auch gefolgert werden, dass es nicht zum völligen Verschwinden dieser Symptomatik gekommen sei. Ein ähnliches Bild habe
sich nach der zweiten FSME-Impfung am 21.07.2005 ergeben. Wieder seien Beschwerden an der Impfstelle, Müdigkeit und Gelenkschmerzen
aufgetreten. Nach den Schilderungen der Klägerin seien diese Gelenkbeschwerden in ein Kribbeln übergegangen. Im September
2005 habe ein reduzierter Gesundheitszustand mit abnormer Müdigkeit vorgelegen. Über akute Beschwerden nach der IPV/Diphtherie-Impfung
am 29.09.2005 sei nicht berichtet worden, vermutlich sei der Gesundheitszustand aber zum Zeitpunkt dieser Impfung noch reduziert
gewesen. Ab November 2005 sei es zu motorischen Störungen beim Laufen gekommen. In der Folge sei dann im Januar/Februar 2006
die Diagnose einer entzündlichen Erkrankung des peripheren Nervensystems gestellt worden.
Bei den lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle und den zeitgleich auftretenden systemischen Beschwerden wie Kopfschmerzen,
Gelenkschmerzen und Mattigkeit handle es sich um bekannte und häufige Impfreaktionen. Die Grenze zur Impfkomplikation werde
bei der Klägerin durch die lange Dauer dieser Beschwerden, den Übergang der Gelenkschmerzen in Missempfindungen, die lang
anhaltende abnorme Mattigkeit und schließlich mit der Diagnosestellung der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden
Polyneuropathie überschritten. Die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie sei eine bekannte und schwerwiegende
Impfkomplikation und könne im Fall der Klägerin durch die zwei FSME-Impfungen, die Revaxis-Impfung und die Diphtherie-Impfung
bzw. die Kombination aller dieser Impfungen ausgelöst worden sein.
Zu den am 06.06.2005, 21.07.2005 und 29.09.2005 verwendeten Impfstoffen hat Dr. H. auf Folgendes hingewiesen: * Bei dem FSME-Impfstoff
handle es sich um einen sogenannten inaktivierten adjuvantierten Impfstoff. Um eine gute Immunreaktion zu erzeugen, seien
die Virusbestandteile an 1 mg Aluminiumhydroxid als Immunverstärker (Adjuvans) adsorbiert. In der Fachinformation zum Impfstoff
werde darauf hingewiesen, dass in (sehr) seltenen Fällen Nervenentzündungen bzw. entzündliche Reaktionen des Gehirns auftreten
könnten. * Der Impfstoff Revaxis sei ein inaktivierter Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus, der Aluminiumhydroxid als Adjuvans
in einer Menge von 0,35 mg enthalte. In klinischen Studien sei am häufigsten über lokale Nebenwirkungen an der Injektionsstelle
berichtet worden. Diese würden in der Regel innerhalb von 48 Stunden nach der Impfung auftreten und ein bis zwei Tage anhalten.
In der Fachinformation werde darauf hingewiesen, dass als sehr seltene Nebenwirkung Erkrankungen des Nervensystems, u.a. das
Guillain-Barre-Syndrom, auftreten könnten. * Der Diphtherie-Impfstoff (Impfung am 29.09.2005) enthalte ebenfalls Aluminiumhydroxid
als Adjuvans und zusätzlich Thiomersal. Die Fachinformation von 2006 weise u.a. in Einzelfällen auf Erkrankungen des zentralen
oder peripheren Nervensystems (u.a ... Guillain-Barre-Syndrom) und Entzündungen des peripheren Nervensystems als unerwünschte
Nebenwirkungen hin. In der Fachinformation zum Diphtherie-Impfstoff werde auf unerwünschte Wirkungen des Nervensystems hingewiesen,
u.a. auf vorübergehende leichte Parästhesien. Diese Ausführungen würden klar zeigen, dass eine autoimmunvermittelte Polyneuritits,
wie sie bei der Klägerin vorliege, als seltene Impfkomplikation der Adjuvantien der Impfstoffe (im Fall der Klägerin: FSME-Impfstoff,
Revaxis und der Diphtherie-Impfstoff) bekannt und in den Fachinformation aller Produkte als seltene Komplikation auch beschrieben
sei. In der Folge hat Dr. H. auf medizinische Veröffentlichungen hingewiesen, wonach das Adjuvans das Risiko der Entstehung
einer Autoimmunerkrankung erhöhe. Sein Fazit sei, dass nach FSME-Impfungen Autoimmunerkrankungen des zentralen und peripheren
Nervensystems bei disponierten Personen auftreten würden. Auch Thiomersal sei als Auslöser autoimmuner Reaktionen bekannt.
Zur Bewertung des kausalen Zusammenhangs zwischen den verabreichten Impfungen im Jahr 2005 und der chronischen inflammatorischen
demyelinisierenden Polyneuropathie der Klägerin hat der Sachverständige Folgendes ausgeführt: Von entscheidender Bedeutung
sei die Frage nach dem ersten Auftreten von Symptomen der Erkrankung. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der ersten
Impfung mit dem FSME-Impfstoff und Revaxis sei im Bereich der FSME-Impfstelle eine Schwellung aufgetreten und es sei zu einer
Impfreaktion mit Kopfschmerzen und Gelenkschmerzen gekommen. Die Klägerin habe die folgende Zeit als eine beschrieben, in
der sich ihr Gesundheitszustand schleichend verschlechtert habe. Die Gelenkschmerzen seien in Kribbeln und Taubheitsgefühl
übergegangen, ohne dass sich der Zeitpunkt des Beginns exakt festlegen lasse. Nach der zweiten FSME-Impfung am 21.07.2005
sei es wieder zu Gelenkschmerzen, Schlappheit und Kopfschmerzen gekommen. Am 29.09.2005 seien dann mit dem IPV-Impfstoff und
dem Diphtherie-Impfstoff die letzten Impfungen verabreicht worden. Ab November 2005 sei in mehreren ärztlichen Berichten erstmals
die muskuläre Schwäche beim Spazierengehen beschrieben worden. Somit liege ein dokumentierter Beginn der Erkrankung wenige
Wochen nach der Diphtherie-Impfung vor. Die Beschreibung der Erkrankung durch die Klägerin lege einen früheren Beginn mit
schleichendem Verlauf und ohne diesbezügliche ärztliche Konsultation nahe. Eine chronische inflammatorische demyelinisierende
Polyneuropathie sei eine Erkrankung, bis zu deren Diagnosestellung oft mehrere Monate vergehen würden. Im September 2005 habe
nach dem Bericht von Herrn B. eine Episode mit unklaren Gliederschmerzen und unnatürlicher Erschöpfung vorgelegen. Für demyelinisierende
Erkrankungen des peripheren und zentralen Nervensystems durch eine autoimmune Attacke werde für einen Zusammenhang mit einer
verabreichten Impfung derzeit ein plausibles Zeitintervall von bis zu 42 Tagen angesehen. Da man die genauen immunologischen
Abläufe nicht kenne, orientiere man sich an empirischen Daten. Shoenfeld et alt. seien sogar der Ansicht, dass für Autoimmunerkrankungen
nach Impfungen auch Intervalle von mehreren Monaten nicht unplausibel seien. Die unerwünschte Reaktion einer immunologisch
vermittelten Entzündung des peripheren Nervensystems im Sinne einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie
nach der FSME-Impfung, der Diphtherie-Monoimpfung und der Kombinationsimpfung mit Revaxis sei als bekannt zu betrachten. Besonderes
Potenzial bezüglich der Auslösung autoimmuner Komplikationen komme im Fall der Klägerin sicherlich der verwendeten Diphtherie-Impfung
zu, die mit dem Konservierungsmittel Thiomersal eine zusätzliche Komponente mit autoimmunem Auslösepotenzial beinhalte. Alternative
Ursachen im Sinn von nachgewiesenen Infektionen oder anderen immunmodulationen Ereignissen seien in den Akten nicht dokumentiert.
Das Kriterium des gesicherten Zusammenhangs im WHO-Algorithmus verlange einen positiven Expositionsversuch, der in Anbetracht
der Schwere der Erkrankung bei der Klägerin nicht vertretbar sei. Somit seien im Fall der Klägerin die Kriterien erfüllt,
die von der WHO für die Feststellung eines wahrscheinlichen Zusammenhangs gefordert würden, welche seien: 1. plausibles zeitliches
Intervall, 2. plausible Hypothese zur Pathophysiologie und Bekanntheit der Reaktion und 3. keine anderen möglichen Auslöser
einer Autoimmunreaktion im plausiblen Zeitintervall.
Zu der nach deutschem Impfschadensrecht erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs hat sich der Sachverständige
kritisch geäußert. Eine Kausalitätsbewertung dahingehend, dass die Kausalität dann wahrscheinlich sei, wenn wenigstens mehr
für als gegen sie spreche, sei durchaus problematisch und bei vielen komplexen Verdachtsfällen von unerwünschten Wirkungen
von Impfstoffen nicht wirklich anwendbar. Wenn man sich wissenschaftlich wirklich mit den Abläufen einer Impfkomplikation
befasse, sei die Forderung nach einer gesundheitlichen Primärschädigung in Form einer unüblichen Impfreaktion sehr problematisch
und entspreche keinesfalls dem aktuellen Kenntnisstand über immunologisch vermittelte Impfkomplikationen. Gerade die von Shoenfeld
et alt. etablierten Fälle würden eben keine unmittelbar erkennbare Primärschädigung vermitteln, sondern nach einem symptomfreien
Zeitintervall mit schleichendem Beginn einer schweren Erkrankung, bis zu deren Diagnosestellung dann wieder einige Zeit vergehe,
verlaufen.
Die Vorgutachten hat Dr. H. wie folgt gewürdigt: * Herr B. habe im versorgungsärztlichen Gutachten nur die FSME-Impfung diskutiert,
nicht aber die weiteren verabreichten Impfungen. Aktuelle Forschung zu Impfungen und Autoimmunerkrankungen werde nicht vorgestellt.
Die Stellungnahme sei daher nicht geeignet, eine korrekte Bewertung der Abläufe im Fall der Kläger zu ermöglichen. * Der sozialgerichtliche
Gutachter Prof. Dr. J. habe in seinem Gutachten Arbeiten nicht erwähnt, die schwere unerwünschte neurologische Wirkungen der
FSME-Impfung belegen würden. Große Vorsicht sei bei der Interpretation der von Prof. Dr. J. zitierten Studien der Hersteller
geboten, da diese Studien nur veröffentlicht würden, wenn sich die Hersteller hiervon einen Vorteil versprächen. Prof. Dr.
J. behaupte, die Arbeiten von Shoenfeld et alt. zur Autoimmunität und Adjuvantien in Impfstoffen würden lediglich eine Hypothese
darstellen, die bis heute nicht wirklich bewiesen worden sei. Allerdings unternehme der Gutachter auch nicht den Versuch,
diese Hypothese kritisch zu prüfen und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Aufgrund der dargelegten Schwächen sei das Gutachten
von Prof. Dr. J. ungeeignet, den Fall korrekt zu bewerten.
Der Beklagte hat mit einer 13-seitigen versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.09.2016 durch den Neurologen Dr. K. erläutert,
warum dem Gutachten des Dr. H. aus seiner Sicht nicht zu folgen sei. Der Symptombeginn der Erkrankung der Klägerin könne nicht
vor Januar 2006 datiert werden. Die später gemachten Ausführungen der Klägerin zu einem deutlich früheren Symptombeginn seien
erst im Verlauf des IfSG-Verfahrens getätigt worden, während die zeitnah dokumentierten Befunde andere Informationen liefern würden. Im Hinblick auf
die angeschuldigten Impfungen bestehe somit ein Zeitintervall von ca. sieben bzw. fünfeinhalb Monaten von der Impfung bis
zum Krankheitsbeginn der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie. Die Entwicklung einer autoimmunologisch
bedingten Polyneuritis mit einem derartigen zeitlichen Abstand zu einer eventuellen Antigenpräsentation im Rahmen einer Impfung
sei jedoch bereits aus pathophysiologischen Gründen nicht plausibel. Bei Fällen eines Guillain-Barre-Syndroms, in denen eine
vorauslaufende Infektion dokumentiert sei, würden diese Infektionen den ersten Symptomen der neurologischen Krankheit um nicht
länger als vier Wochen vorausgehen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass Evidenzen für das Auftreten einer chronischen
inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie als Folge einer Impfung nicht vorlägen. Fälle einer zeitlichen Assoziation
einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie mit einer Impfung gegen FSME seien bislang überhaupt
nicht beschrieben. Die Ausführungen von Dr. H. zur Toxizität von in Impfstoffen enthaltenen Aluminiumverbindungen entsprächen
nicht dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft. Abschließend hat Dr. K. darauf hingewiesen, dass Nebenwirkungen in
den vor dem Jahr 2001 verwendeten FSME-Impfstoffen noch verhältnismäßig häufig gewesen seien, seitdem aber der Impfstoff als
sicher betrachtet werden könne. Unabhängige Postmarketingsanalysen mit Beobachtung von mehr als 5 Millionen Impfdosen hätten
kein potentielles Impfrisiko erkennen lassen.
Mit Urteil vom 06.12.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klageabweisung hat das SG damit begründet, dass eine Impfkomplikation im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung nicht nachgewiesen sei. Die Rötung
an der Stelle der Impfung gehe über das Ausmaß einer normalen Impfreaktion nicht hinaus. Auf Unstimmigkeiten bei der Schilderung
der Klägerin über Art und Ausmaß der Komplikationen hat das SG hingewiesen. Das SG hat auch keinen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung der Klägerin gesehen.
Gegen das am 20.12.2016 zugestellte Urteil haben die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 03.01.2016 Berufung beim
Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Mit Schreiben vom 28.03.2017 haben sie den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. J. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt
und zudem die Berufung wie folgt begründet: Im Urteil des SG fehle der Hinweis auf die Impfung vom 29.09.2005. Die Aussage im Tatbestand des Urteils, die Klägerin habe bei der Untersuchung
durch die Orthopädin Dr. S. am 20.02.2006 angegeben, seit 2 bis 3 Wochen Parästhesien in den Händen zu haben, sei so nicht
richtig. Sie habe bereits beim Hausarzt Dr. R. am 21.07.2005 derartige Beschwerden (linke Hand) vorgebracht. Wenn der Klägerin
bei der Untersuchung durch den Gutachter im Verwaltungsverfahren zur Last gelegt werde, dass ihre Angaben im Widerspruch zu
denen im Rahmen der Untersuchung bei der ersten Behandlung im Krankenhaus H.W. stünden, sei dies falsch. Die Aussage, dass
Ersterscheinungen erst im Jahr 2006 aufgetreten seien, sei bereits durch die vorher gemachten Untersuchungen und Arzttermine
widerlegt. Eine chronisch-inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie entwickle sich langsam und erreiche ihr Maximum
definitionsgemäß acht Wochen oder später nach Symptombeginn. U.a. komme es zu symmetrischen Lähmungen und Sensibilitätsstörungen.
Wenn der Hausarzt für den 21.07.2005 berichtet habe, dass die Impfreaktion wieder abgeklungen gewesen sei, sei demgegenüber
darauf hinzuweisen, dass bereits am 21.07.2005 die auftretende Parese dokumentiert sei. Dr. H. habe aus den Unterlagen ablesen
können, dass die Beschwerden eindeutig ab dem 21.07.2005 beschrieben und dokumentiert seien. Die versorgungsärztliche Stellungnahme
des Dr. K. sei unrichtig. Beispielsweise ergebe sich aus Studien, dass Aluminium in Impfstoffen das Autismus-Risiko erhöhe.
Impfungen würden zudem das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen, was auch darin seine Bestätigung finde, dass impfbedingte
Autoimmunerkrankungen nunmehr unter der Bezeichnung "ASIA" zusammengefasst würden. Unerwünschte Nebenwirkung der FSME-Impfung
sei u.a. das Guillain-Barre-Syndrom, dessen chronische Verlaufsform die chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie
sei. Sofern im Urteil des SG davon ausgegangen worden sei, dass Unstimmigkeiten in den Ausführungen der Klägerin hinsichtlich einer Impfkomplikation gegeben
seien, entspreche dies nicht der Wahrheit. Tatsächlich hätten die Paresen in der linken Hand begonnen und sich im Laufe der
Zeit bis zum 29.09.2005 auf beide Hände ausgebreitet. Es werde angeregt, im Rahmen der Ermittlungen von Amts wegen ein weiteres
Gutachten einzuholen.
Den Befangenheitsantrag gegen den erstinstanzlichen Sachverständigen Prof. Dr. J. hat der Senat mit Beschluss vom 05.05.2017
als unzulässig verworfen und ergänzend darauf hingewiesen, dass der Befangenheitsantrag auch in der Sache keinen Erfolg haben
könnte.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils vom 06.12.2016 sowie des Bescheids vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
16.05.2014 den Beklagten zu verurteilen, die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyradikuloneuropathie als Impfschädigung
anzuerkennen und ab 01.05.2013 Versorgung nach einem GdS von 80 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind die Akten des SG sowie die Verwaltungsakten des Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte,
die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagte hat es zu Recht, wie es auch das SG bestätigt hat, abgelehnt, bei der Klägerin einen Impfschaden anzuerkennen und Versorgung zuzusprechen.
Der Bescheid vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2014 ist formell und materiell rechtmäßig
und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG liegen nicht vor, weil es vorliegend schon am Nachweis des Primärschadens, also einer Impfkomplikation, fehlt.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.05.2014, mit dem
der Antrag auf Entschädigung wegen eines Impfschadens infolge der Impfungen am 06.06.2005 (gegen Frühsommer-Menigoencephalitis
(FSME) mit dem Impfstoff FSME-immun(r) sowie gegen Poliomyelitis, Diphtherie und Tetanus mit dem Kombinationsimpfstoff Revaxis(r))
und am 21.07.2005 (FSME-Impfung mit dem Impfstoff FSME-immun(r)) abgelehnt worden ist. Die Impfung am 29.09.2005 ist hingegen
nicht Streitgegenstand, da dazu der Beklagte - dem Antrag der Klägerin folgend - in den angefochtenen Bescheiden keine Regelung
getroffen hat.
Das Begehren der Klägerin beurteilt sich nach dem IfSG, weil der Antrag vom 16.05.2013 zu einem Zeitpunkt gestellt worden ist, als das - das BSeuchG ohne Übergangsvorschrift ablösende
(vgl. Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz zur Neuordnung seuchenrechtlicher Vorschriften vom 20.07.2000, BGBl. I, S. 1045) - IfSG (seit dem 01.01.2001) in Kraft war (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 20.07.2005, B 9a/9 VJ 2/04 R).
Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält, wer durch eine Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die 1. von einer zuständigen
Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen wurde, 2. auf Grund dieses Gesetzes angeordnet wurde,
3. gesetzlich vorgeschrieben war oder 4. auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften
durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, nach der Schutzimpfung wegen des Impfschadens im Sinne
des § 2 Nr. 11 IfSG oder in dessen entsprechender Anwendung bei einer anderen Maßnahme wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen
der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit das IfSG nichts Abweichendes bestimmt.
Der Impfschaden wird in § 2 Nr. 11 IfSG definiert als die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden
gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung, wobei ein Impfschaden auch vorliegt, wenn mit vermehrungsfähigen Erregern
geimpft wurde und eine andere als die geimpfte Person geschädigt wurde.
Die Anerkennung als Impfschaden setzt eine dreigliedrige Kausalkette voraus (ständige Rspr., vgl. zum gleichgelagerten Recht
der Soldatenversorgung: BSG, Urteile vom 25.03.2004, B 9 VS 1/02 R, und vom 16.12.2014, B 9 V 3/13 R): Ein schädigender Vorgang in Form einer "Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe", die die
genannten Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfüllen muss (1. Glied), muss zu einer "gesundheitlichen Schädigung" (2. Glied), also einem Primärschaden (d.h. einer Impfkomplikation)
geführt haben, die wiederum den "Impfschaden", d.h. die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, also den Folgeschaden (3. Glied)
bedingt.
Neben einer "Schutzimpfung oder einer anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe", die die genannten Voraussetzungen des
§ 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfüllen muss (1. Glied), müssen die "gesundheitliche Schädigung" (2. Glied) als Primärschädigung, d.h. die Impfkomplikation,
und der "Impfschaden" (3. Glied), d.h. die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, also der Folgeschaden, vorliegen. Diese
drei Glieder der Kausalkette müssen - auch im Impfschadensrecht - im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit,
nachgewiesen sein (ständige Rspr., vgl. z.B. BSG, Urteile vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R, und vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R; Hessisches LSG, Urteil vom 26.06.2014, L 1 VE 12/09; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01.07.2016, L 13 VJ 19/15). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses
des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, 9/9a RV 1/92).
Sofern demgegenüber der 15. Senat des Bayer. LSG in seinem Urteil vom 31.07.2012, L 15 VJ 9/09, zur Frage des Primärschadens ausgeführt hat "Der Betroffene muss zweitens eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben
(auch wenn diese vielleicht nicht eindeutig zu identifizieren und zeitlich zu fixieren sein mag); dabei muss es im haftungsbegründenden
Tatbestand unabdingbar zu einer gesundheitlichen Schädigung (= Primärschädigung) gekommen sein, rein wirtschaftliche Nachteile
genügen insoweit nicht. Zum haftungsbegründenden Tatbestand gehört auch, dass die Primärschädigung im Sinn von § 2 Nr. 11 IfSG über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgeht." und weiter "Es wäre allerdings realitätsfremd, in jedem impfschadensrechtlichen
Fall zu verlangen, es müsse eine deutlich wahrnehmbare und fixierbare Primärschädigung festgestellt werden. Allgemein dient
die Dreigliedrigkeit dazu, bestimmte Geschehnisabläufe bereits auf einer Vorstufe der Prüfung "auszusondern" und das Fehlen
kausaler Zusammenhänge leichter erkennen zu können. Je mehr sich die Kausalitätsprüfung in gedankliche Zwischenschritte "zerlegen"
lässt, desto objektivierbarer kann der Geschehnisablauf rechtlich aufgearbeitet werden (vgl. Kunze, Kausalität in der gesetzlichen
Unfallversicherung, VSSR 2005, S. 299 (302)). Diese Differenzierung ist aber dann nicht möglich, wenn die Schädigung, also der (erste) Eingriff in das Rechtsgut
der körperlichen Unversehrtheit, nicht deutlich zu Tage tritt, sondern wie hier im Verborgenen erfolgt (a.A. wohl Meßling
in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 1. Auflage 2012, § 60 IfSG, Rn. 62). Zweifellos ist in solchen Fällen die Wahrscheinlichkeitsbeurteilung schwieriger, weil sich der Verursachungspfad
nicht klar abzeichnet. Dennoch darf nicht per se wegen der Nichterkennbarkeit einer Primärschädigung am Rechtsgut der körperlichen
Gesundheit die Wahrscheinlichkeit des kausalen Zusammenhangs negiert werden. Vielmehr muss der Zusammenhang zwischen Impfung
und manifestiertem Gesundheitsschaden in einer einzigen gedanklichen "Etappe" beurteilt werden (vgl. LSG Bayern, Breithaupt
2012, S. 51 (56)).", kann der Senat dem nicht folgen. Denn damit verzichtet der 15. Senat auf das Erfordernis des Vollbeweises
beim Primärschaden. Wenn der 15. Senat die Anforderungen an den Nachweis des Vollbeweises in der vorgenannten Entscheidung
durch den Hinweis "Sehr wichtige "Mosaiksteine" sind dabei die mehr oder weniger zeitnah zur Impfung beim Kläger beobachtete
Symptomatik, das allgemein auftretende Bild eines Impfschadens mit einer Beteiligung eines peripheren Nerven, die Ätiologie
des beim Kläger vorhandenen Krankheitsbilds, die Pathogenese in Bezug auf mögliche Alternativursachen." relativiert und letztlich
in Frage stellt, steht dies nicht in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben und der klaren obergerichtlichen und höchstrichterlichen
Rechtsprechung. Ob der 15. Senat dieser Entscheidung auch heute noch folgen würde, steht im Übrigen in Frage (vgl. Urteil
des 15. Senats vom 11.07.2017, L 15 VJ 6/14, in dem die Frage ausdrücklich offen gelassen worden ist, inwiefern der Primärschaden nachgewiesen sein muss).
So geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Primärschaden im Vollbeweis nachgewiesen sein muss. Es hat im Urteil vom
07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R, Folgendes ausgeführt: "Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in
Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog Vollbeweis
- feststehen müssen und allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge der Beweismaßstab der
Wahrscheinlichkeit ausreicht (s § 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht
nicht aus (s BSGE 60, 58 = SozR 3850 § 51 Nr 9; Rohr/Sträßer/Dahm, aaO Anm 11 mwN). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten
Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes
Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit
auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind."
Genauso ist die Rechtsprechung im wesensverwandten Rechtsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch dort ist der Nachweis
des unmittelbar nach dem schädigenden Vorgang vorliegenden Gesundheitsschadens, dort auch "Erstschaden" genannt, im Vollbeweis
zu führen. So hat das BSG in zwei Urteilen vom 24.07.2012, B 2 U 9/11 R und B 2 U 23/11 R, jeweils formuliert: "Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise
dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad
des Vollbeweises) festgestellt sein."
Eine irgendwie geartete Beweiserleichterung beim Primärschaden, wie es der 15. Senat des Bayer. LSG im oben aufgezeigten Urteil
mit der Beurteilung "des Zusammenhangs zwischen Impfung und manifestiertem Gesundheitsschaden in einer einzigen gedanklichen
Etappe" anhand von "Mosaiksteinen", die den Nachweis des Primärschadens im Vollbeweis als "realitätsfremd" und damit verzichtbar
erscheinen lassen sollen, getan hat, ist damit nicht vereinbar. Soweit die Entscheidung des 15. Senats offenbar von dem Unbehagen
getragen worden ist, "bestimmte Geschehnisabläufe bereits auf einer Vorstufe der Prüfung" - gemeint ist vor der Prüfung der
Kausalität - "auszusondern", kann der Senat dieses Unbehagen auch in der Sache nicht nachvollziehen. Gerade im Bereich des
Impfschadensrechts stehen oft Erkrankungen im Raum, die in einem mehr oder weniger weiten zeitlichen Zusammenhang mit einer
Impfung aufgetreten sind, für die es aber schwer ist, eine Erklärung zu finden, entweder weil die Ursache der Erkrankung an
sich schwer oder kaum zu klären ist oder weil für die Auslösung der Erkrankung auch andere Ursachen außerhalb der Impfung
denkbar sind; denn eine Impfung ist typischerweise nicht mit einem massiven Eingriff in die körperliche Unversehrtheit verbunden,
sondern stellt regelmäßig eine Belastung dar, wie sie auch im täglichen Leben vorkommen kann, ohne dass dies dem Betroffenen
als besonders belastend auffallen würde. Würde angesichts des aufgezeigten Dilemmas auf den Nachweis des Primärschadens, der
zumindest plausibel belegt, dass der Körper auf die Impfung unüblich stark reagiert hat und daher eine impfuntypische Beeinflussung
des Gesundheitszustands naheliegt, verzichtet, würde damit die vom Gesetzgeber verlangte Nachweisführung massiv erleichtert
und zu Gunsten kranker Menschen eine Entschädigung ermöglicht, die der Gesetzgeber lediglich für Fälle vorgesehen hat, in
denen der Zusammenhang nur unter vergleichsweise strengen, so aber vom Gesetzgeber gewollten Voraussetzungen festgestellt
werden kann. Sollte der Gesetzgeber die Anerkennung eines Impfschadens auch unter reduzierten Beweisanforderungen zulassen
wollen, müsste er die gesetzlichen Vorgaben ändern. Eine Korrektur im Wege der Rechtsprechung hingegen würde gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz
des Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz verstoßen.
Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache nach den allgemeinen Regeln der Beweislast
zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs auf ihr Vorliegen stützt.
Demgegenüber reicht es für den zweifachen ursächlichen Zusammenhang der drei Glieder der Kausalkette nach § 61 Satz 1 IfSG aus, wenn dieser jeweils mit Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Die Beweisanforderung der Wahrscheinlichkeit gilt sowohl für
den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, B 9 VS 2/98 R - in Aufgabe der früheren Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 24.09.1992, 9a RV 31/90, die für den Bereich der haftungsbegründenden Kausalität noch den Vollbeweis vorausgesetzt
hat) als auch den der haftungsausfüllenden Kausalität. Dies entspricht den Beweisanforderungen auch in anderen Bereichen der
sozialen Entschädigung oder Sozialversicherung, insbesondere der wesensverwandten gesetzlichen Unfallversicherung.
Eine potentielle, versorgungsrechtlich geschützte Ursache begründet dann einen wahrscheinlichen Zusammenhang, wenn ihr nach
sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt
(vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977, 10 RV 15/77), also mehr für als gegen einen Kausalzusammenhang spricht (vgl. BSG, Urteile vom 19.08.1981, 9 RVi 5/80, vom 26.06.1985, 9a RVi 3/83, vom 19.03.1986, 9a RVi 2/84, vom 27.08.1998, B 9 VJ 2/97 R, und vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R). Oft wird diese Wahrscheinlichkeit auch als hinreichende Wahrscheinlichkeit bezeichnet, wobei das Wort "hinreichend" nur
der Verdeutlichung dient (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./ Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
128, Rdnr. 3c). Nicht ausreichend ist dagegen eine bloße - abstrakte oder konkrete - Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs
(vgl. BSG, Urteile vom 26.11.1968, 9 RV 610/66, und vom 07.04.2011, B 9 VJ 1/10 R).
Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, so sind sie nach der versorgungsrechtlichen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 08.08.1974, 10 RV 209/73) rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs
"annähernd gleichwertig" sind. Während die ständige unfallversicherungsrechtliche Rechtsprechung (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, und vom 30.01.2007, B 2 U 8/06 R) demgegenüber den Begriff der "annähernden Gleichwertigkeit" für nicht geeignet zur Abgrenzung hält, da er einen objektiven
Maßstab vermissen lasse und missverständlich sei, und eine versicherte Ursache dann als rechtlich wesentlich ansieht, wenn
nicht eine alternative unversicherte Ursache von überragender Bedeutung ist, hat der für das soziale Entschädigungsrecht zuständige
9. Senat des BSG in seinem Urteil vom 16.12.2014, B 9 V 6/13 R, zur annähernden Gleichwertigkeit Folgendes ausgeführt: "Kommt einem der Umstände gegenüber anderen indessen eine überragende
Bedeutung zu, so ist dieser Umstand allein Ursache im Rechtssinne. Bei mehr als zwei Teilursachen ist die annähernd gleichwertige
Bedeutung des schädigenden Vorgangs für den Eintritt des Erfolgs entscheidend. Haben also neben einer Verfolgungsmaßnahme
mehrere weitere Umstände zum Eintritt einer Schädigungsfolge beigetragen, ist die Verfolgungsmaßnahme versorgungsrechtlich
nur dann im Rechtssinne wesentlich und die Schädigungsfolge der Verfolgungsmaßnahme zuzurechnen, wenn sie in ihrer Bedeutung
und Tragweite für den Eintritt des Erfolges - verglichen mit den mehreren übrigen Umständen - annähernd gleichwertig ist.
Das ist dann der Fall, wenn die Verfolgungsmaßnahme in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges allein
mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Umstände zusammen."
Von einer annähernden Gleichwertigkeit einer versorgungs- und damit auch impfschadensrechtlich geschützten Ursache kann daher
- im Gegensatz zu der für den Betroffenen günstigeren unfallversicherungsrechtlichen Rechtsprechung - nur dann ausgegangen
werden, wenn ihre Bedeutung gleich viel oder mehr Gewicht hat als die der andere(n) Ursache(n) (zusammen).
Die Entscheidung darüber, welche Bedingungen im Rechtssinn als Ursache oder Mitursache zu gelten haben und welche nicht, ist
im jeweiligen Einzelfall aus der Auffassung des praktischen Lebens abzuleiten (vgl. BSG, Urteil vom 12.06.2001, B 9 V 5/00 R).
Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen
zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Gesundheitsschäden zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R).
Kann eine Aussage zu einem (hinreichend) wahrscheinlichen Zusammenhang nur deshalb nicht getroffen werden, weil über die Ursache
des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kommt die sogenannte Kannversorgung gemäß
§ 61 Satz 2 IfSG in Betracht. Von Ungewissheit ist dann auszugehen, wenn es keine einheitliche, sondern verschiedene ärztliche Lehrmeinungen
gibt, wobei nach der Rechtsprechung des BSG von der Beurteilung auf dem Boden der "Schulmedizin" (gemeint ist damit der allgemein anerkannte Stand der medizinischen
Wissenschaft) auszugehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.08.1998, B 9 VJ 2/97 R). Aber auch bei der Kannversorgung reicht allein die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs oder die Nichtausschließbarkeit
des Ursachenzusammenhangs nicht aus. Es muss vielmehr wenigstens eine wissenschaftliche Lehrmeinung geben, die die (hinreichende)
Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs positiv vertritt; das BSG spricht hier auch von der "guten Möglichkeit" eines Zusammenhangs (vgl. BSG, Urteile vom 12.12.1995, 9 RV 17/94, und vom 17.07.2008, B 9/9a VS 5/06). In einem solchen Fall liegt eine Schädigungsfolge dann vor, wenn bei Zugrundelegung
der wenigstens einen wissenschaftlichen Lehrmeinung nach deren Kriterien die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs
nachgewiesen ist (vgl. Bayer. LSG, Urteile vom 19.11.2014, L 15 VS 19/11, vom 21.04.2015, L 15 VH 1/12, vom 15.12.2015, L 15 VS 19/09, und vom 26.01.2016, L 15 VK 1/12). Existiert eine solche Meinung überhaupt nicht, fehlt es an der erforderlichen Wahrscheinlichkeit
nicht infolge einer Ungewissheit; denn alle Meinungen stimmen dann darin überein, dass ein Zusammenhang nicht hergestellt
werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.1993, 9/9a RV 41/92).
Lässt sich der Zusammenhang nicht (hinreichend) wahrscheinlich machen und auch nicht über die Kannversorgung herstellen, geht
die Nichterweislichkeit einer Tatsache nach den allgemeinen Beweislastgrundsätzen zu Lasten dessen, der sich zur Begründung
seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf das Vorliegen des Zusammenhangs stützen möchte, also des Anspruchsstellers.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall schon eine Impfkomplikation (Primärschaden, 2. Glied der Kausalkette)
nach den Impfungen vom 06.06.2005 und 21.07.2005 nicht nachgewiesen. Dabei stützt sich der Senat auf die vorliegenden ärztlichen
Berichte und Aufzeichnungen, insbesondere des impfenden Hausarztes, und die Einschätzungen sämtlicher Sachverständiger und
Versorgungsärzte, die sich mit dieser Frage im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens befasst haben.
Nach der ersten Impfung am 06.06.2005 hat es bei der Klägerin nur eine lokale Impfreaktion gegeben, die dem entspricht, was
bei einer derartigen Impfung üblich und zu erwarten ist. Nach den eigenen Angaben der Klägerin gegenüber ihrem Hausarzt am
21.07.2005 war diese typische Impfreaktion bis zum 21.07.2005 wieder abgeklungen. Dr. R. hat am 21.07.2005 weder atypische
Befunde erhoben noch Angaben der Klägerin vermerkt, die auf eine atypische Impfreaktion hindeuten würden.
Auch nach der zweiten Impfung am 21.07.2005 sind nach den vorliegenden Arzt- und Klinikberichten keine Befunde erhoben worden,
die auf eine unübliche Impfreaktion der Klägerin hinweisen würden.
Wenn die Klägerin erst während des Verfahrens nach dem IfSG, also viele Jahren nach den Impfungen, behauptet, sie hätte sowohl nach der ersten als auch nach der zweiten Impfung erhebliche
und anhaltende Nebenwirkungen verspürt und zudem eine schleichende Verschlechterung des Gesundheitszustands bemerkt, sind
dies Behauptungen der Klägerin, die durch keinerlei objektiven Tatsachen oder Befunde gestützt werden; sie sind offensichtlich
unter dem Eindruck des impfschadensrechtlichen Verfahrens erfolgt und stehen zudem in Widerspruch zu zeitnahen Angaben der
Klägerin. Der Senat kann den Angaben der Klägerin, sie habe nach den Impfungen erhebliche und anhaltende Nebenwirkungen verspürt
und zudem eine schleichende Verschlechterung des Gesundheitszustands beobachtet, keinen Glauben schenken. Es ist auffällig,
dass die Klägerin ihre Angaben zum Beschwerdebeginn im Laufe des Verfahrens immer mehr hin zu einem immer früheren Beginn,
wie er für die Geltendmachung ihres Begehrens hilfreich sein könnte, angepasst hat. Dass diese im Laufe des Verfahrens modifizierten
Angaben der Klägerin nicht den Tatsachen entsprechen oder sich zumindest nicht nachweisen lassen, ergibt sich für den Senat
aus den ersten und damit zu den Impfungen zeitlich am nächsten erfolgten Angaben der Klägerin im Februar 2006. So hat sie
bei den 20.02.2006 bzw. 22.02.2006 stattgefundenen Behandlungen lediglich von Beschwerden berichtet, die vor etwa zwei bzw.
sechs Wochen begonnen hätten. Ein Auftreten von Gesundheitsstörungen, die über eine übliche Impfreaktion hinausgehen würde,
noch im Jahr 2005, geschweige denn zeitnah nach den beiden Impfungen im Juni und Juli 2005, ist damit für den Senat nicht
im Vollbeweis nachgewiesen. Wenn die Klägerin später anderes behauptet, erscheint dies nicht glaubhaft.
Sofern die Klägerin zuletzt in der Berufungsbegründung und auch wieder in der mündlichen Verhandlung die Behauptung aufgestellt
hat, dass bei der zweiten Impfung am 21.07.2005 bereits eine Parese und damit aus ihrer Sicht eine Impfkomplikation vorgelegen
habe und dies der von ihr benannte Gutachter Dr. H. auch so als belegt angesehen habe, ist diese Behauptung durch nichts nachgewiesen
und findet auch im Gutachten des Dr. H. keine Bestätigung. Die Behandlungsunterlagen des Hausarztes enthalten lediglich den
Hinweis darauf, dass die Klägerin am 29.09.2005, nicht schon am 21.07.2005, eine Parästhesie der linken Hand angegeben habe,
dafür die Diagnose z.B. eines Karpaltunnelsyndroms gestellt und ihr eine Handgelenksbandagen verordnet worden sei. Eine von
der Klägerin behauptete Parästhesie der linken Hand schon am 21.07.2005 und eine Ausdehnung auf beide Hände bis zum 29.09.2005
stehen daher in Widerspruch zu den ärztlichen Aufzeichnungen des behandelnden Arztes Dr. R ... Obwohl die am 29.09.2005 erfolgten
Angaben zu einer Parästhesie der linken Hand allen Gutachtern bekannt waren, hat keiner der Sachverständigen darin eine (potentielle)
Impfkomplikation gesehen, auch nicht der von der Klägerin gemäß §
109 SGG benannte Dr. H ... Weitere ärztliche Befunde, die im Jahr 2005 potentielle Impfreaktionen belegen würden, gibt es nicht.
Die Klägerin begab sich erst im Februar 2006 wieder in ärztliche Behandlung. Es spricht daher alles dafür, dass die von der
Klägerin am 29.09.2005 geschilderte Parästhesie einer Hand lediglich eine vorübergehende Erscheinung war, die mit einer Handbandage
adäquat behandelt worden ist mit der Folge, dass die Beschwerden vollständig, zumindest aber weitgehend wieder verschwunden
sind. Dass diese Gefühlsstörung an der linken Hand im September 2005 nicht im Zusammenhang mit den Impfungen und dem später
diagnostizierten Guillain-Barre-Syndrom bzw. der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie steht, wovon
ersichtlich auch die beiden gerichtlichen Gutachter ausgegangen sind, ergibt sich schon daraus, dass es sich nur um eine einseitige,
nicht aber symmetrische, also beide Hände betreffende Gefühlsstörung gehandelt hat, wie sie typisch für das Guillain-Barre-Syndrom
und danach eine chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie wäre. Zudem ergibt sich auch aus den eigenen
Angaben der Klägerin, dass sich diese Gefühlsstörung wieder vollständig zurückgebildet hat. So hat die Klägerin bei späteren
ärztlichen Untersuchungen wiederholt angegeben, dass die Gefühlsstörungen zuerst in den Füßen und dann in den Händen aufgetreten
seien. Die einmalig diagnostizierte einseitige Gefühlsstörung in der linken Hand im September 2005 muss sich daher wieder
vollständig oder zumindest weitestgehend zurückgebildet haben. Eine schleichende Verschlimmerung, wie sie die Klägerin später
behauptet hat, ist daher durch ihre eigenen Angaben widerlegt. Eine Impfkomplikation sieht der Senat in Übereinstimmung mit
den Sachverständigen nicht.
Wenn der von der Klägerin benannte Gutachter Dr. H. demgegenüber wegen des ihm von der Klägerin geschilderten, nicht aber
durch objektive Befunde belegten Verlaufs der Erkrankung vom Nachweis einer entsprechenden Primärschädigung ausgeht, ist dies
nicht nachvollziehbar. Dr. H. hat selbst darauf hingewiesen, dass nach den streitgegenständlichen Impfungen lediglich übliche
Impfreaktionen aufgetreten seien. Nach seinem eigenen Vortrag kann daher nicht von einer Impfkomplikation, wie sie Voraussetzung
für die Herstellung des 2. Glieds der impfschadensrechtlichen Kausalkette ist, ausgegangen werden. Ganz offensichtlich hat
er sich, wenn er dann gleichwohl einen Impfschaden annimmt, allein auf die späteren - unbewiesenen und mit den zeitnahen Angaben
der Klägerin nicht kompatiblen - Angaben der Klägerin gestützt. Sofern die Klägerin demgegenüber meint, Dr. H. habe in den
Unterlagen objektive Befunde als Bestätigung des von ihr behaupteten Verlaufs gefunden, irrt sie. Dr. H. hat lediglich die
Angaben wiederholt, die die Klägerin gemacht hat, ohne dass die Richtigkeit dieser Angaben bewiesen wäre. Wenn Dr. H. auf
S. 19 seines Gutachtens ausführt, "im September 2005 lag nach dem Bericht von Herrn B. eine Episode mit unklaren Gliederschmerzen
und unnatürlicher Erschöpfung vor", stellt diese Feststellung eine eklatante Verdrehung der Tatsachen dar und kann nur als
eindeutiger Beleg für ein nicht nur unwissenschaftliches, sondern sogar unseriöses Vorgehen des Dr. H. gewertet werden. Denn
im Gutachten des Versorgungsarztes B. vom 07.11.2013 weist dieser auf S. 5 ausdrücklich darauf hin, dass die Klägerin bei
seiner Untersuchung "berichtet" habe, im September 2005 einen Erschöpfungstatbestand entwickelt zu haben, diese Angabe aber
"in deutlichem Widerspruch" zu den Angaben der Klägerin bei zeitnahen Behandlungen stehe - so Herr B. nur 7 Zeilen weiter
unten! Für den Senat lässt sich diese - für die Klägerin vermeintlich hilfreiche - Verdrehung der Tatsachen nicht mit einer
Nachlässigkeit des Gutachters erklären, sondern kann nur als Beleg für eine bewusst-manipulative Gutachtenserstellung gewertet
werden, die eine Verwertbarkeit von Gutachten dieses Arztes grundsätzlich in Frage stellt. Diese Bedenken gegenüber der gutachtlichen
Arbeitsweise des Dr. H. werden noch dadurch verstärkt, das Dr. H. - dem geschilderten Schema folgend - die (unrichtige) Feststellung
trifft, dass erstmals im November 2005 in mehreren ärztlichen Berichten eine muskuläre Schwäche der Klägerin beim Gehen beschrieben
worden sei. Tatsächlich gibt es aber keinen einzigen ärztlichen Bericht, in dem eine solche Schwäche bereits im November 2005
beschrieben worden wäre. Vielmehr gibt es nur ärztliche Berichte aus dem Jahr 2006 und später darüber, dass die Klägerin angegeben
habe, im November 2005 unter einer solchen Schwäche gelitten zu haben. Auch hier stellt sich wieder die Frage, ob nicht von
einem bewusst manipulativen Vorgehen des Dr. H. ausgegangen werden muss. Von einem dokumentierten Beginn der Erkrankung wenige
Wochen nach der (zudem nicht streitgegenständlichen) Impfung vom 29.09.2005 kann daher entgegen den anders lautenden Ausführungen
des Dr. H. keine Rede sein.
Auch kann die Argumentation des Dr. H. nicht überzeugen, wenn dieser versucht, eine Impfkomplikation daraus herzuleiten, dass
eine impftypische Reaktion länger als normal angehalten habe und daher eine Impfkomplikation vorliege. Ganz abgesehen davon,
dass die Annahme, dass sich aus einer üblichen Impfreaktion eine Impfkomplikation allein durch Zeitablauf entwickeln könne,
für den Senat so nicht nachvollziehbar ist, beruht die Annahme des Dr. H. auch darauf, dass er nicht nachgewiesene und für
den Senat sogar widerlegte Tatsachen als gegeben zu Grunde legt. Denn die Annahme des Dr. H., dass sich die üblichen Impfreaktionen
nicht zurückgebildet, sondern im Laufe der Zeit immer mehr verschlimmert hätten, ist durch keinen einzigen ärztlichen Befund
belegt. Vielmehr ist durch die Angaben der Klägerin am Tag der zweiten Impfung (21.07.2005), wie sie ihr behandelnder Arzt
dokumentiert hat, sogar widerlegt, dass sich die übliche Impfreaktion nicht zurückgebildet hätte. So hat Dr. R. ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass die Klägerin zwar über eine lokale Schwellung und Rötung nach der ersten Impfung berichtet habe,
diese aber am 21.07.2005, also bei der zweiten Impfung, bereits wieder abgeklungen gewesen seien. Insofern sind die Angaben
der Klägerin, die sie im Laufe des Verfahrens und insbesondere auch bei der Begutachtung durch Dr. H. gemacht hat, als unrichtig
widerlegt. Dafür, dass der Beschwerdeverlauf nach der zweiten Impfung anders gewesen wäre als der nach der ersten Impfung,
bei der eine übliche Impfreaktion aufgetreten und - ebenso wie üblich - wieder abgeklungen ist, gibt es keine Belege. Einzig
die Klägerin hat im Laufe des Verfahrens ihre Angaben dahingehend angepasst und modifiziert. Ein derartiger Verlauf würde
auch in Widerspruch stehen zu den ersten, auch schon modifizierten Angaben der Klägerin, wie sie diese im Laufe des Jahres
2006 aufgestellt hat. So hat sie nach den Behandlungen durch den Nervenarzt R. und die Orthopädin Dr. S. angegeben, dass der
Beschwerdebeginn im November 2005 erfolgt sei. Die zuletzt auch bei Dr. H. erfolgte Modifikation des Beschwerdeverlaufs dahingehend,
dass sich bereits ab den Impfungen durchgehend eine Verschlechterung eingestellt hätte, ist damit schon durch die zuvor von
der Klägerin bereits modifizierten Angaben widerlegt. Insgesamt ist der Senat zu der Einschätzung gekommen, dass den Angaben
der Klägerin mit umso größeren Vorbehalten zu begegnen ist, umso später diese gemacht worden sind.
Sofern die Klägerin zuletzt in der mündlichen Verhandlung versucht hat, dem Senat einen früheren Beginn des Krankheitsverlaufs
dadurch zu suggerieren, dass sie angegeben hat, sie gehe grundsätzlich kaum zum Arzt und sei im Februar 2006 erst dann zum
Arzt gegangen, als sie kaum noch hätte laufen können, sind auch diese Angaben der Klägerin durch die vorliegenden ärztlichen
Berichte widerlegt. So ist den Behandlungsunterlagen des Dr. R. zu entnehmen, dass die Klägerin - erstmals nach dem Behandlungstermin
am 29.09.2005 - am 13.02.2006 bei ihm in der Praxis war und dort Parästhesien beider Daumen und der Füße sowie eine Kraftlosigkeit
angegeben habe. Dr. R. hat dabei aber eine seitengleich grobe Kraft festgestellt und keinerlei Befunde beschrieben, die an
ein massiv eingeschränktes Gehvermögen denken lassen könnten.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Anerkennung eines Impfschadens schon daran scheitert, dass sich eine Impfkomplikation
nicht im Vollbeweis nachweisen lässt.
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass auch dann, wenn auf das Erfordernis des Primärschadens
verzichtet würde, was der Senat aus Rechtsgründen nicht für vertretbar hält (vgl. oben), eine Anerkennung als Impfschaden
aus Kausalitätsgründen scheitern würde. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gutachten des Prof. Dr. J., sondern auch aus dem
Gutachten des von der Klägerin benannten Sachverständigen Dr. H.: * Der im erstinstanzlichen Verfahren gehörte Gutachter Prof.
Dr. J. hat ausführlich und überzeugend und unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstands erläutert,
dass das bei der Klägerin vorliegende Krankheitsgeschehen unabhängig von den Impfungen ist. Sowohl die aktuellen Kenntnisse
über die Pathogenese der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie als auch das Wissen über Verträglichkeit
und mögliche Komplikationen nach den durchgeführten Impfungen und schließlich der große zeitliche Abstand zwischen Impfung
und dem ersten Auftreten von Symptomen eines Guillain-Barre-Syndroms bzw. einer chronischen inflammatorischen demyelinisierenden
Polyneuropathie sprechen ganz klar gegen einen kausalen Zusammenhang zwischen den Impfungen und der bei der Klägerin vorliegenden
Erkrankung. Diese Ausführungen des Sachverständigen kann sich der Senat vorbehaltslos zu eigen machen. * Aber auch nach den
Feststellungen im Gutachten des von der Klägerin gemäß §
109 SGG benannten Sachverständigen Dr. H., das nicht nur den bereits aufgezeigten Bedenken begegnet, sondern auch unter massiven
Mängel leidet - beispielsweise legt er nicht den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zu Impfzusatzstoffen zugrunde
(vgl. ausführlich Urteil des Senats vom 18.05.2017, L 20 VJ 5/11 - m.w.N.) und führt seine Beurteilung nicht nach den Maßgaben des deutschen Impfschadensrechts durch, weil er diese Vorgaben
für falsch hält -, müsste der für die Anerkennung eines Impfschadens erforderliche kausale Zusammenhang verneint werden. Zum
einen legt Dr. H. selbst zu Grunde, dass sich nach den impfschadensrechtlichen Anforderungen im deutschen Recht, wie sie ihm
auch im Gutachtensauftrag aufgezeigt worden sind, ein Zusammenhang im vorliegenden Fall nicht herstellen lässt. Er weicht
daher auf Kriterien der WHO aus, die aber nach deutschem Impfschadensrecht unmaßgeblich sind. Zudem - auch dies zeigt er auf
- dürfte auch bei Zugrundelegung der WHO-Anforderungen ein kausaler Zusammenhang nicht bejaht werden, weil der nach den WHO-Kriterien
erforderliche erfolgreiche Expositionsversuch nicht durchgeführt worden ist. Dass aus Rücksicht auf die Gesundheit der Klägerin
von einem derartigen Expositionsversuch im Rahmen der Begutachtung durch Dr. H. abgesehen worden ist, ist für den Senat zwar
verständlich. Gleichwohl kann der Senat nicht nachvollziehen, warum Dr. H. wiederum von den von ihm selbst als maßgeblich
bezeichneten WHO-Kriterien abweicht und trotz nicht vollständiger Erfüllung der von ihm selbst als erforderlich aufgezeigten
Voraussetzungen einen Kausalzusammenhang bejaht. Schließlich weist Dr. H. selbst darauf hin, dass von einem plausiblen Zeitintervall
für den Beginn einer demyelinisierenden Erkrankung des peripheren und zentralen Nervensystems nach einer Impfung nur dann
auszugehen sei, wenn dieses nicht mehr als 42 Tage betrage. Dieses Zeitintervall war nach den Impfungen am 06.06.2005 und
21.07.2005 auch dann weit überschritten, wenn von den - nicht belegten - verhältnismäßig zeitnah zu den Impfungen gemachten
Angaben der Klägerin ausgegangen würde, dass sie im November 2005 erste Gefühlsstörungen an Füßen und Händen gehabt hätte.
Die Berufung kann daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).