Krankenversicherung
Erstattung der Kosten für eine Brustoperation
Kosten einer selbstbeschafften Leistung
Notwendige Krankenhausbehandlung
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung der Kosten für eine Brustoperation. Mit Schreiben vom 26.06.2013 beantragte die Mutter der 1995
geborenen Klägerin die Kostenübernahme für eine erneute Operation der Brust. Sie trug vor, es sei bereits im Januar 2011 im
Klinikum L-Stadt eine Operation der Brust durchgeführt worden. Damals sei geäußert worden, dass eine weitere Korrektur in
ein bis zwei Jahren erforderlich sei. Die Tochter leide sehr unter der Fehlbildung und sei bereits in psychotherapeutischer
Behandlung. Nach dem vorgelegten Arztbrief vom 24.06.2013 der Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Dr. U.
S., sei wegen tubulärer Brust mit massiver Asymmetrie bei Zustand nach Vor-OP alio loco eine Umformung und Drüsenauffaltung
sowie angleichende Reduktion zur Korrektur notwendig und bei angeborener Missbildung auch medizinisch indiziert. Die rechte
Brust sei nach der Vor-OP alio loco schön umgeformt, allerdings sei hier die Mamillenhernierung noch nicht vollständig behoben.
Die linke Brust zeige eine übermäßige Ptosis im Sinne einer Fehlanlage der unteren Quadranten.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) ein. Dieser führte in seinem Gutachten
nach Aktenlage vom 10.07.2013 aus, dass eine Kostenübernahme nicht empfohlen werden könne. Bei der Klägerin sei im Jahr 2011
bei ausgeprägter tubulärer Fehlbildung der Brust rechts und einer Ptosis links bei leichter Asymmetrie im Klinikum L-Stadt
eine operative Korrektur beiderseits durchgeführt worden. Die beschriebenen Befunde ließen sich unter Berücksichtigung der
vorliegenden aussagekräftigen Fotodokumentation nur zum Teil nachvollziehen. Die jetzt beschriebene Asymmetrie und Ptose seien
nur gering; die tubuläre Brust sei nicht mehr vorhanden. Mit Bescheid vom 11.07.2013 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme
für die geplante Operation unter Hinweis auf die MDK-Beurteilung ab. Die Klägerin erhob am 25.07.2013 Widerspruch und legte
einen Arztbrief des Klinikums L-Stadt vom 02.08.2013 vor, wonach es im postoperativen Verlauf nach Operation im Januar 2011
zu einer Dellenbildung im unteren Brustpol bzw. nach wie vor nicht optimaler Volumenkorrektion im unteren Brustpol gekommen
sei und die linke Mamille deutlich größer sei als die rechte. Die Klägerin habe massive psychische Probleme und sei mittlerweile
in Therapie. Sie wünsche dringend eine nochmalige Korrektur der Mammae, was unter begleitender Psychotherapie durchaus medizinisch
zu vertreten sei. Der MDK nahm hierzu am 29.08.2013 Stellung. Entsprechend der Fotodokumentation finde sich ein Z.n. Korrektur-OP
bei tubulärer Brustanlage mit Neoimplantation der Mamillen, wobei die linke Mamille ca. 2 cm tiefer stehe bei gleichgroßen
Mamillen. Das Brustvolumen entspreche dem Habitus der Versicherten und liege innerhalb der anatomischen Variationsbreite mit
einer leichten Asymmetrie zugunsten der linken Seite mit leichter Ptosis mammae. Eine tubuläre Fehlanlage sei nach Korrektur-OP
nicht mehr vorhanden. Eine Krankheit im Sinne des
SGB V liege entsprechend der Begutachtungsrichtlinie bzw. der vorgenannten Asymmetrie nicht vor, da die größere Brust nicht mehr
als 150 % des Volumens der kleineren Brust aufweise. Auch bestehe keine erhebliche Störung des äußeren Erscheinungsbildes,
wobei vom bekleideten Zustand auszugehen sei. Eine psychische Problematik sei fachärztlich zu behandeln. Die Klägerin legte
weiter eine Bescheinigung der Psychologischen Psychotherapeutin S. A. vom 07.10.2013 vor, nach der der Verdacht einer mittelgradigen
depressiven Episode bestehe und die Klägerin in psychotherapeutischer Behandlung sei. Es sei wichtig, dass die Klägerin die
Therapie fortführe, um ihren Leidensdruck zu vermindern. Der MDK nahm hierzu am 21.10.2013 Stellung und blieb bei seiner bisherigen
Einschätzung. Die psychische Problematik sei psychotherapeutisch zu behandeln. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013 wurde
der Widerspruch zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.11.2013 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Sie habe erhebliche Schwierigkeiten, sich anschauen zu lassen, es bestehe ein erheblicher Leidensdruck. Die Asymmetrie
der Brüste sei eine körperliche Anomalität, die eine Teilhabe am öffentlichen Leben erschwere. Aus diesem Grund bestehe bei
der Klägerin der Verdacht auf eine mittelgradig depressive Episode. Im Übrigen sei die erste Operation erstattet worden. Es
stehe daher außer Frage, dass die operative Korrektur medizinisch notwendig gewesen sei. Im postoperativen Verlauf sei es
zu einer nicht seltenen Dellenbildung bzw. nicht optimalen Volumenkorrektur gekommen. Die Beseitigung dieser Folgen sei Bestandteil
der Gesamtbehandlung. Sie sei medizinisch indiziert.
Das SG hat Beweis erhoben durch Beauftragung des Gutachters Dr. A., der sein Gutachten vom 13.08.2014 nach ambulanter Untersuchung
der Klägerin erstattet hat. Er hat zusammenfassend ausgeführt, dass bei der Klägerin eine leichte Mamillenhernierung rechts,
eine leichte Ptosis links und eine leichte Asymmetrie der Brüste bestehe. Der gegenwärtige Befund der Brust stelle aber keine
Krankheit im Sinne des
SGB V dar, es bestehe kein regelwidriger Körperzustand. Es handele sich um eine Normvariante ohne große Diskrepanz zwischen Brustgröße
und -form. Aus kosmetischen Gründen und nach bereits erfolgter Korrektur der Brust könne der Wunsch auf Vervollkommnung nachvollzogen
werden. Die vorhandene Selbstwertproblematik bedürfe vorrangig einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Begutachtung
und Behandlung. Ein Aufenthalt in einer psychsomatischen Klinik sei geplant.
Die Klägerin hat einen Entlassungsbericht der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinik W., vorgelegt,
in der sie vom 21.08.2014 bis 21.10.2014 wegen depressiver Störung behandelt worden ist. Der MDK hat sich am 16.12.2014 hierzu
geäußert und ausgeführt, eine Erkrankung der Brust im Sinne des
SGB V sei nicht gegeben. Es sei bei der psychischen Belastung bzw. Erkrankung der Klägerin nachvollziehbar, dass sie sich eine
erneute Korrektur wünsche. Dieser Wunsch stelle keine medizinische Indikation dar.
Mit Urteil vom 15.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 11.07.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.10.2013
sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach §
27 Abs.1 S.1 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm sei ein regelwidriger, vom
Leitbild eines gesunden Menschen abweichender Körper- und Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedürfe oder den Betroffenen
arbeitsunfähig mache. Krankheitswert im Rechtssinne komme nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich sei vielmehr,
dass der Versicherte in seiner Körperfunktion beeinträchtigt werde oder dass er an der Abweichung vom Regelfall leide, die
entstellend wirke. Vorliegend sei die Klägerin weder in einer Körperfunktion dadurch beeinträchtigt, dass eine leichte Asymmetrie
der Brüste hinsichtlich des Volumens und der Mamillen bestehe, noch wirke diese anatomische Abweichung entstellend. Die Kammer
folge insoweit den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Gutachters Dr. A., wonach bei der Klägerin kein krankhafter
Befund im Sinne des
SGB V vorliege und es sich nicht um einen regelwidrigen Körperzustand handle. Es fänden sich keine besonderes ungleichen Brüste
oder schweren Formveränderungen der Brüste. Es handle sich um eine Normvariante ohne große Diskrepanz zwischen Brustgröße
und -form. Die Größe der Brust selbst oder die Ptosis stellten keine Erkrankung dar. Auch die Brustdrüse selbst sei symptomfrei.
Eine medizinische Indikation für eine weitere Brust-Operation sei vorliegend also nicht gegeben.
Die noch vorliegende leichte Asymmetrie der Brüste bewirke auch keine äußerliche Entstellung, die den Bedarf nach einer operativen
Korrektur der Brüste begründen könne. Um eine Entstellung annehmen zu können, genüge nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) nicht jede Anomalität. Vielmehr müsse es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen
der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit auslöse und damit zugleich erwarten lasse, dass die Betroffene ständig viele
Blicke auf sich ziehe, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werde und sich deshalb aus dem Leben der Gemeinschaft zurückzuziehen
und zu vereinsamen drohe, so dass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet sei. Die körperliche Auffälligkeit müsse
von so beachtlicher Erheblichkeit sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi im
"Vorbeigehen" bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses Anderer auf den Betroffenen führe. Auch diese Voraussetzungen
lägen zur Überzeugung der Kammer bei der Klägerin nicht vor, da die Brust in der Regel durch Kleidung bedeckt sei bzw. sich
im Alltag die Asymmetrie der Brüste durch Prothesen, die auch unter dem Badeanzug getragen werden könnten, verdecken ließe.
Auch die bei der Klägerin zweifellos vorliegende psychische Belastung rechtfertige keinen operativen Eingriff zu Lasten der
gesetzlichen Krankenkasse. Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden
beeinflussen sollten, seien nach der Rechtsprechung des BSG nicht als Behandlung im Sinne von §
27 SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen. Dies beruhe in der Sache vor allem auf den
Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren
Erfolgsprognose sowie darauf, dass Eingriffe in den gesunden Körper zur mittelbaren Beeinflussung eines psychischen Leidens
mit Rücksicht auf die damit verbundenen Risiken besonderer Rechtfertigung bedürften. Vorliegend seien zwar psychische Probleme
der Klägerin ganz offensichtlich vorhanden, worauf diese aber beruhten und ob diese durch eine weitere Brustkorrektur tatsächlich
beeinflussbar wären, sei völlig ungewiss.
Am 31.08.2015 hat die Klägerin beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) gegen das Urteil Berufung eingelegt. Sie hat darauf
hingewiesen, dass es um die Fortführung einer begonnenen Behandlung gehe, deren Erfolg noch nicht ganz eingetreten sei. Es
sei von Anfang an festgestanden, dass mehrere Eingriffe notwendig seien. Die Kosten für die Operation im Januar 2011 wegen
ausgeprägter tubulärer Fehlbildung der rechten Mamma seien von der Beklagten getragen worden. Wie es nicht selten sei, sei
es im postoperativen Verlauf zu einer Dellenbildung im unteren Brustpol und einer nicht optimalen Volumenkorrektur gekommen.
Die linke Mamille sei deutlich größer als die rechte. Außerdem sei es zu Narbenhypertrophien gekommen. Die Klägerin habe weiterhin
einen großen Leidensdruck. Die Klägerin hat einen Befundbericht der Frau Dr. S. vom 20.10.2015 vorgelegt, nach dem eine Form-
und Volumenasymmetrie bestehe. Die linke Brust sei ca. 100 ccm größer, die Mamille sei größer und stehe ca. 2 cm tiefer. Die
Mamille rechts sei verformt bei restbestehender Mamillenhernierung. Es sei ein Versatz nach kopfwärts, eine Verkleinerung
beider Mamillen, rechts mit Korrektur der Hernie und eine Umformung der linken Brust sowie eine Implantateinlage notwendig.
Weiter hat die Klägerin ein Schreiben der Beklagten vom 07.09.2010, nach dem die Kosten für eine Korrektur-OP getragen werden,
und die Aufnahmen vor dem geplanten Eingriff im Januar 2016 vorgelegt.
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK vom 08.02.2016 übersandt. Der MDK hat in seinem Gutachten ausgeführt, es sei im vorliegenden
Fall bei Brustimplantataufbau beidseits mit Asymmetrieausgleich und Brustwarzenkorrektur am 11.01.2016 von einer kosmetischen
Indikation auszugehen. Ein krankheitswertig-entstellender Befund wie vom BSG definiert als ein in dem Maße auffälliger körperlicher Befund, dass bereits in alltäglichen Situationen bei flüchtigem Vorbeigehen
Betroffenheit und vermehrte Neugier bei unbeteiligten Dritten ausgelöst werde, könne hier nicht unterstellt werden. Zu den
präoperativen Aufnahmen vom 19.11.2015, die dem MDK zur Begutachtung vorgelegt worden sind, hat dieser ausgeführt, dass beidseits
reizlos verheilte periareoläre Narben und links eine diskrete Ptosis vorlägen, die Mamille links stehe ca. 1 cm tiefer als
rechts. Es liege weder eine Entstellung im Sinne der BSG-Rechtsprechung noch ein Missverhältnis zur Statur vor. Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin einen Abdruck einer Rechnung
der Chirurgie am B. vom 14.01.2016 über einen am 11.01.2016 durchgeführten Eingriff einschließlich Narkose in Höhe von 5.067,70
Euro vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 26.07.2017 hat die Klägerin angegeben, seit der zweiten Operation nicht mehr in psychotherapeutischer
Behandlung zu sein. Man verstehe nicht, dass die teureren Kosten der Psychotherapie übernommen, die Kosten für eine zweite
Operation hingegen nicht erstattet würden. Die Mutter der Klägerin hat nochmals geschildert, dass vor der ersten Operation
davon ausgegangen worden sei, dass mindestens noch eine weitere Operation notwendig sein würde. Dies im Hinblick auf das Alter
der Klägerin, bei der mit fünfzehn Jahren die Brust noch nicht abschließend entwickelt gewesen sei. Der Senat hat darauf hingewiesen,
dass sich für einen Behandlungszyklus aus den Unterlagen keine Anhaltspunkte ergäben, auch die ärztlichen Berichte sprächen
nicht für einen Behandlungsplan. Auf die Niederschrift zur Sitzung wird verwiesen.
Der Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 15.07.2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 30.10.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten in Höhe von 5.067,70 Euro für die am 11.01.2016 durchgeführte
Korrektur der Mammae zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf die Erstattung der Kosten für die zwischenzeitlich
am 11.01.2016 durchgeführte Korrektur der Mammae nicht zu.
Als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten kommt allein §
13 Abs.3 S.1
SGB V in Betracht. Konnte danach die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung
zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von
der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.
Mit dem SG geht der Senat davon aus, dass vorliegend die Voraussetzungen des §
13 Abs.3 S.1
SGB V nicht erfüllt sind. Der Senat schließt sich den Ausführungen des SG insoweit an, §
153 Abs.2
SGG. Der Leistungsanspruch scheitert daran, dass der Klägerin ein Anspruch auf die von ihr begehrten Leistungen nicht zusteht.
Der Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass
die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung
zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 8/12 R). Ein Leistungsanspruch ergibt sich nicht aus §
27 Abs.1
SGB V. Nach §
27 Abs.1 S.1
SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Zu Recht ist das SG unter Berücksichtigung des gerichtlichen Gutachtens von Dr. A. zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin weder in einer
Körperfunktion beeinträchtigt ist noch an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt, so dass eine Erkrankung
im Sinne des
SGB V nicht vorliegt.
Maßgeblich für die Beurteilung ist der Befund, der dem Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine zweite Operation
zugrunde liegt. Für das vorliegende Verfahren kommt es daher auf die der im Januar 2011 durchgeführten Operation zugrunde
liegende Indikation sowie den Verlauf und Erfolg der ersten Operation nicht an. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung
am 26.07.2017 vorgetragen hat, der erste Eingriff sei bei der damals fünfzehn Jahre alten Klägerin durchgeführt worden, bei
der die Brust noch nicht abschließend entwickelt gewesen sei, spielt das für die vorliegende Prüfung keine Rolle.
Im Übrigen ergibt sich für den erneuten Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, dass es sich bei der nunmehr im Januar
2016 durchgeführten Korrektur-OP um die Fortführung einer begonnen Behandlung handle, deren Erfolg noch nicht ganz eingetreten
sei, man sei auch wegen des Alters der Klägerin bei der Erstoperation von Anfang davon ausgegangen, dass mindestens noch eine
weitere Operation notwendig sein würde, aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen und Gutachten keinerlei Anhalt. Weder hat
die Beklagte im Rahmen der Kostenübernahmeerklärung vom 07.09.2010 sich bereit erklärt, die Kosten für mehrere Eingriffe im
Rahmen eines Behandlungszyklus zu übernehmen. Sie hat der Mutter der Klägerin vielmehr mitgeteilt, dass die Kosten für einen
operativen Eingriff auf der Grundlage einer Einzelfallentscheidung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht übernommen würden.
Auch das Klinikum L-Stadt, wo die Klägerin sich im Januar 2011 zur ersten Korrekturoperation bei ausgeprägter tubulärer Fehlbildung
vorgestellt hatte, geht in seinem Schreiben vom 02.08.2013 offensichtlich nicht davon aus, dass von Anfang an festgestanden
habe, dass ein weiterer Eingriff notwendig sei. Vielmehr wird in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Klägerin aufgrund
des postoperativen Befundes eine nochmalige Korrektur der Brust wünsche, was medizinisch zu vertreten sei.
Die Klägerin hat sich zu der von ihr gewünschten Korrekturoperation auch nicht im Sinne eines Behandlungsplans in dem Klinikum
vorgestellt, das die Operation 2011 durchgeführt hatte, sondern sich an eine Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie
gewendet. Auch aus deren Arztbriefen und Stellungnahmen ergibt sich gerade nicht, dass die von ihr vorgeschlagene und letztlich
auch ausgeführte zweite Korrekturoperation notwendiger zweiter Teil der im Jahr 2011 durchgeführten Operation und damit Teil
eines Behandlungszyklus sei.
Bezüglich der Beurteilung der Frage, ob eine Krankheit im Sinne des
SGB V vorliegt, folgt der Senat wie auch das SG den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Gutachters Dr. A., der sein Gutachten vom 13.08.2014 nach ambulanter Untersuchung
der Klägerin erstattet hat. Er hat zusammenfassend ausgeführt, dass die bei der Klägerin bestehende leichte Mamillenhernierung
rechts, leichte Ptosis links und leichte Asymmetrie der Brüste keine Krankheit im Sinne des
SGB V darstelle und ein regelwidriger Körperzustand nicht bestehe, auch wenn der Wunsch nach Vervollkommnung aus kosmetischen Gründen
und nach bereits erfolgter Korrektur der Brust nachvollzogen werden könne. Es fänden sich keine besonderes ungleichen Brüste
oder schweren Formveränderungen der Brüste. Es handle sich um eine Normvariante ohne große Diskrepanz zwischen Brustgröße
und -form. Die Größe der Brust selbst oder die Ptosis stellten keine Erkrankung dar. Auch die Brustdrüse selbst sei symptomfrei.
Eine medizinische Indikation für eine weitere Brust-Operation sei vorliegend also nicht gegeben. Das SG hat zu Recht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R) ausgeführt, dass nicht jede Anomalität genügt, um von einer Entstellung ausgehen zu können. Vielmehr muss es sich um eine
erhebliche Auffälligkeit handeln, die auch zur Überzeugung des Senats nicht vorliegt.
Auch die im Berufungsverfahren durchgeführte erneute Begutachtung durch den MDK führt zu keinem anderen Ergebnis. Der MDK
hat in seinem Gutachten vielmehr ausgeführt, es sei im vorliegenden Fall bei Brustimplantataufbau beidseits mit Asymmetrieausgleich
und Brustwarzenkorrektur am 11.01.2016 von einer kosmetischen Indikation auszugehen. Ein krankheitswertig-entstellender Befund
wie vom BSG definiert als ein in dem Maße auffälliger körperlicher Befund, dass bereits in alltäglichen Situationen bei flüchtigem Vorbeigehen
Betroffenheit und vermehrte Neugier bei unbeteiligten Dritten ausgelöst werde, könne hier nicht unterstellt werden. Die im
Berufungsverfahren vorgelegten präoperativen Aufnahmen vom 19.11.2015 zeigen nach den Ausführungen des MDK beidseits reizlos
verheilte periareoläre Narben und links eine diskrete Ptosis, die Mamille links stehe ca. 1 cm tiefer als rechts. Es liege
weder eine Entstellung im Sinne der BSG-Rechtsprechung noch ein Missverhältnis zur Statur vor. Soweit die Klägerin auch im Berufungsverfahren vorträgt, sie habe
auch nach dem ersten Eingriff im Jahr 2011 einen großen Leidensdruck und erhebliche psychische Probleme gehabt, führt auch
dies nicht zu einer anderen Beurteilung.
Die psychische Belastung der Klägerin rechtfertigt keinen operativen Eingriff auf Kosten der GKV. Psychische Leiden können
einen Anspruch auf eine Brustkorrektur-Operation grundsätzlich nicht begründen. Die Krankenkassen sind weder nach dem
SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit
verfügbar ist. Operationen am - krankenversicherungsrechtlich gesehen - gesunden Körper, die psychische Leiden beeinflussen
sollen, sind nicht als "Behandlung" im Sinne von §
27 Abs.1
SGB V zu werten, sondern vielmehr der Eigenverantwortung der Versicherten zugewiesen (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R).
Bei der Klägerin liegen, wie sich bereits aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Arztbrief des Klinikums L-Stadt vom
02.08.2013 und der Stellungnahme des MDK vom 29.08.2013 ergibt, massive psychische Probleme vor. Sowohl das Klinikum L-Stadt
als auch der MDK vertraten die Auffassung, dass diese psychischen Probleme fachärztlich bzw. psychotherapeutisch zu behandeln
sind. Aus einer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Psychologischen Psychotherapeutin S. A. vom 07.10.2013
ergibt sich, dass bei der Klägerin der Verdacht einer mittelgradigen depressiven Episode bestehe und die Klägerin in psychotherapeutischer
Behandlung sei. Es sei wichtig, dass die Klägerin die Therapie fortführe, um ihren Leidensdruck zu vermindern. Auch der gerichtliche
Gutachter Dr. A. hat in seinem Gutachten vom 13.08.2014 nach ambulanter Untersuchung der Klägerin ausgeführt, die vorhandene
Selbstwertproblematik bedürfe vorrangig einer psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Begutachtung und Behandlung. Ein
Aufenthalt in einer psychsomatischen Klinik sei geplant. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde ein Entlassungsbericht der Klinik
für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Klinik W., vorgelegt, in der die Klägerin vom 21.08.2014 bis 21.10.2014 wegen
depressiver Störung behandelt wurde.
Die von der Klägerin vorgetragenen psychischen Beschwerden sind also mehrfach bestätigt und der vom Klinikum L-Stadt, dem
MDK und insbesondere dem gerichtlichen Gutachter Dr. A. und der behandelnden Psychologischen Psychotherapeutin S. A. empfohlenen
psychotherapeutischen Therapie sowie einer stationären Behandlung in der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Klinik W., zugeführt worden. Die Durchführung einer Korrektur-OP der Mammae zur Behandlung der psychischen Beschwerden haben
weder die Gutachter noch die behandelnde Psychologische Psychotherapeutin noch die Klinik für psychosomatische Medizin und
Psychotherapie, Klinik W., und zuletzt auch nicht die behandelnde Fachärztin für Plastische Chirurgie, die die Korrektur-OP
durchgeführt hat, empfohlen. Ob die operative Korrektur der Mammae - wie von der Klägerin vorgetragen, die mitgeteilt hat,
dass seit der zweiten Operation keine Psychotherapie mehr erforderlich sei - sich positiv auf die psychische Erkrankung der
Klägerin ausgewirkt hat, kann daher dahinstehen, denn mit der zweiten Operation wurde nicht gezielt gegen die eigentliche
Krankheit selbst vorgegangen und es sollte nach der Darstellung der behandelnden Ärzte auch gerade nicht nur mittelbar die
Besserung eines an sich einem anderen Bereich zugehörigen gesundheitlichen Defizits erreicht werden. Das psychische Leiden
der Klägerin konnte daher den streitigen Anspruch auf eine Operation zur Brustkorrektur nicht begründen. Es spielt daher auch
keine Rolle, welche Kosten die psychotherapeutische Behandlung der Klägerin verursacht hat, diese ist nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß §
160 Abs.2 Nr.1 und 2
SGG liegen nicht vor.