Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ab dem 18. Juni 2003.
Der im Libanon geborene Kläger lebt seit 1990 in der Bundesrepublik Deutschland. Er bezog von der Beklagten bis zum 24. Dezember
2002 Arbeitslosengeld und anschließend bis zum 14. April 2003 Arbeitslosenhilfe nach einem Bemessungsentgelt von 215 € in
Höhe eines täglichen (erhöhten) Leistungssatzes von 9,70 € unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe D. Am 18. April 2003
beantragte er die Fortzahlung der Arbeitslosenhilfe, diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juni 2003 mangels
Bedürftigkeit aufgrund der Einkünfte der Ehefrau ab.
Am 13. Juni 2003 beantragte der Kläger die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach
§
57 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB III). In seinem Antrag erklärte er, bestätigt durch seine Unterschriften mit Datum vom 18. Juni 2003, er werde am gleichen Tage
(18. Juni 2003) eine selbstständige Tätigkeit in Vollzeit (40 Stunden/wöchentlich) mit einem italienischen Imbiss/Restaurant/Pizzeria
aufnehmen. Ferner erklärte er, in der Vergangenheit nicht selbstständig tätig gewesen zu sein. Seinem Antrag fügte er eine
Kopie der Gewerbeanmeldung beim Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin vom 30. Mai 2003 bei; in dieser Gewerbeanmeldung
war als Datum des Beginns der angemeldeten Tätigkeit der 10. Juni 2003 genannt. Ferner war dem Antrag eine vorläufige Erlaubnis
dieses Bezirksamtes vom 30. Mai 2003 nach § 11 Abs. 1 des Gaststättengesetzes für den Zeitraum vom 10. Juni 2003 bis zum 9.
September 2003 beigefügt. Schließlich reichte der Kläger eine Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer zu Berlin über
die Unterrichtung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes vom 5. Juni 2003 ein. Das Gewerbe meldete er ausweislich der
Bescheinigung das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf vom 12. November 2004 schließlich zum 15. November 2004 wieder ab.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Überbrückungsgeld ab. Überbrückungsgeld
könne nach §
57 SGB III nur gewährt werden, wenn der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitslosengeld- oder Arbeitslosenhilfebezug stehe. Der Antrag auf
Arbeitslosenhilfe vom 18. April 2003 sei jedoch wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt worden; der Kläger stehe somit nicht
im Leistungsbezug.
Hiergegen erhob der Kläger am 24. Juli 2003 mit der Begründung Widerspruch, er habe noch bis zum 15. April 2003 im Leistungsbezug
gestanden. Ein erneuter Antrag auf Arbeitslosenhilfe sei nur wegen der fehlenden Bedürftigkeit abgelehnt worden. Er sei daher
grundsätzlich leistungsberechtigt gewesen; lediglich das Einkommen der Ehefrau habe einer Leistungsgewährung entgegengestanden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 10. Juni 2004 zurück. Zwischen dem Tag des letzten Leistungsbezuges
(14. April 2003) und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit (am 18. Juni 2003) bestehe kein enger zeitlicher Zusammenhang
im Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 15. Juli 2004 bei dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben. Bereits mit Mietvertrag
vom 15. Mai 2003 habe er die Gaststättenräume zum 1. Juni 2003 angemietet. Seit Anfang Mai 2003 sei er damit befasst gewesen,
die Gaststättenräume für den beabsichtigten Betrieb herzurichten. Der enge zeitliche Zusammenhang dürfe nicht starr auf einen
Monat beschränkt werden. Im Übrigen stelle §
57 Abs.
2 SGB III darauf ab, ob Entgeltersatzleistungen nach dem
SGB III bezogen worden seien oder ein Anspruch hierauf bestanden habe. Ein solcher Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe jedoch grundsätzlich
noch bis zum 31. Mai 2003 bestanden. Arbeitslosenhilfe sei nur deshalb nicht gezahlt worden, weil das Einkommen der Ehefrau
Berücksichtigung gefunden habe.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 14. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2004 aufzuheben,
hilfsweise die angefochtenen Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des
Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen.
Mit Urteil vom 14. September 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Vorliegend seien bereits mehrere Eingangsvoraussetzungen
nicht erfüllt. Überbrückungsgeld nach §
324 Abs.
1 SGB III werde nur auf Antrag gezahlt und dieser sei nicht rechtzeitig gestellt worden. Der Kläger habe sein Gewerbe am 30. Mai 2003
angemeldet und den Antrag auf Überbrückungsgeld erst danach am 18. Juni 2003 und damit nach dem leistungsbegründenden Ereignis
gestellt. Zudem sei die Gewährung von Überbrückungsgeld nur bei einer Existenzgründung möglich und von einer solchen sei nicht
auszugehen, wenn, wie hier, lediglich ein bereits bestehender Betrieb übernommen wird. Schließlich fehle es an dem engen zeitlichen
Zusammenhang in Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III, der nur bei einer Übergangsphase bis zu einem Monat vorliege. Der Leistungsbezug des Klägers habe am 14. April 2003 geendet,
so dass bis zur Anmeldung des Gewerbes am 30. Mai 2003 mehr als ein Monat vergangen sei. Da bereits die Eingangsvoraussetzungen
nicht erfüllt seien, komme es auf die Ausübung pflichtgemäßen Ermessens nicht an.
Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 16. November 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Dezember 2005
Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Rechtsfehlerhaft gehe das Sozialgericht davon aus, dass
der Antrag bereits als verspätet anzusehen sei. Zwar sei der Antrag erst nach dem leistungsbegründenden Ereignis im Sinne
von §
324 Abs.
1 SGB III gestellt worden. Nach §
324 Abs.
2 SGB III könne jedoch auch ein verspäteter Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten zugelassen werden. Eine solche Härte würde hier
eintreten, weil er dann wieder einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe geltend machen müsste. Weiter verstoße es gegen §
57 SGB III, bei Übernahme eines Betriebes nicht von einer Existenzgründung auszugehen. Denn diese Existenzgründung beziehe sich nicht
auf den Betrieb, sondern die Person des Antragstellers. Schließlich habe das Sozialgericht übersehen, dass zur Ermittlung
des engen zeitlichen Zusammenhangs auf den grundsätzlichen Leistungsanspruch auf Arbeitslosenhilfe bis zum 31. Mai 2003 abzustellen
sei. Selbst wenn jedoch auf den letzten Bezug von Arbeitslosenhilfe abgestellt würde, liege allenfalls eine Unterbrechung
von 47 Tagen vor, die noch als enger zeitlicher Zusammenhang im Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III anzunehmen sei. Aus der gegenüber dem Finanzamt Steglitz für das Jahr 2003 vom Kläger abgegebenen Gewinnermittlung ergebe
sich schließlich ein Betriebsbeginn am 10. Juni 2003.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 2005 sowie den Bescheid des Arbeitsamtes Berlin vom 14. Juli 2003 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung
der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
In einer nichtöffentlichen Sitzung des erkennenden Senats am 20. September 2006 hat der Kläger die Überprüfung des Arbeitslosenhilfe
ablehnenden Bescheides vom 13. Juni 2003 beantragt und anschließend diverse Unterlagen zu bestehenden Versicherungen vorgelegt.
Mit Bescheid vom 22. Februar 2007 hat die Beklagte den Überprüfungsantrag abgelehnt und den Bescheid vom 13. Juni 2003 bestätigt.
Auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen verbleibe ein Anrechnungsbetrag vom Einkommen der Ehefrau in Höhe von
101,86 €, welcher höher sei als der Leistungssatz von 67,90 €. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger keinen Widerspruch eingelegt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung nach §
124 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten
und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band Leistungsakten - Kundennummer 933 A 058492 - und 1 Hefter Verwaltungsakten
betreffend Überbrückungsgeld), die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte nach §
124 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach §
143 SGG statthaft.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage
gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2004 ist zulässig,
jedoch unbegründet. Die genannten Bescheide sind rechtmäßig.
Der vom Kläger gestellte Antrag ist nicht begründet, denn, wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, liegen
schon die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Überbrückungsgeld für die hier streitbefangene Zeit ab dem
18. Juni 2003 für die Aufnahme seiner selbständigen Tätigkeit nicht vor.
Soweit die Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit des Klägers vor dem 13. Juni 2003 erfolgte, liegt bereits nicht eine rechtzeitigen
Antragstellung im Sinne von §
324 SGB III vor.
Nach §
324 Abs.
1 Satz 1
SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt
worden sind.
Würde vorliegend nicht auf die vom Kläger selbst bei Antragstellung angegebene Tätigkeitsaufnahme am 18. Juni 2003, sondern
beispielsweise auf die Gewerbeanmeldung (am 30. Mai 2003), die Bescheinigung der Industrie- und Handelskammer nach § 4 Abs.
1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes (vom 5. Juni 2003) oder den vom Kläger gegenüber dem Finanzamt Steglitz angegebenen Betriebsbeginn
(10. Juni 2003) als leistungsbegründendes Ereignis abgestellt, so läge eine Antragstellung am 13. Juni 2003 jeweils nach diesem
Datum und wäre damit verspätet.
Eine vom Kläger behauptete unbillige Härte im Sinne von §
324 Abs.
1 Satz 2
SGB III, die zur Zulassung einer verspäteten Antragstellung führen könnte, liegt nicht vor. Eine solche Härte kann weder darin begründet
sein, dass die Frist nur um einige Tage überschritten wurde, noch darin, dass - wie in dem Schriftsatz des Klägers vom 4.
Januar 2006 ausgeführt - "...der Kläger, der zuvor Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe bezog und auch nachfolgend weiterhin
grundsätzlich einen dahingehenden Anspruch besaß, ohne die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit und der hierzu dienenden Unterstützung
durch das zu gewährende Überbrückungsgeld dorthin zurückgefallen wäre."
Wie bei jeder Frist ist grundsätzlich auch eine geringfügige Überschreitung der Frist des §
324 Abs.
1 Satz 1
SGB III schädlich, weil sonst der Zweck der Regelung verfehlt würde.
Durch eine Antragstellung vor dem leistungsbegründenden Ereignis soll zum einen vermieden werden, dass der Antragsteller oder
Dritte Dispositionen treffen, die sich im Nachhinein als schädlich erweisen, weil eine Leistung der Arbeitsförderung nicht
erbracht werden kann. Zum anderen soll zugleich der Arbeitsverwaltung Gelegenheit zur Beratung der Betroffenen und zur Prüfung
von Maßnahmen gegeben werden (Niesel, in Niesel,
SGB III, 4. Aufl., 2007, §
324 Rn. 3 m.w.N.). Letzteres ist gerade im Rahmen einer Ermessensleistung, die bei der Beantragung von Überbrückungsgeld nach
§
57 SGB III grundsätzlich gefordert ist, für die notwendige Entscheidung der Beklagten unabdingbar.
Dass der Kläger im Falle einer Ablehnung sich eventuell veranlasst gesehen hätte, andere Sozialleistungen (beispielsweise
Arbeitslosenhilfe) zu beantragen, vermag ebenfalls keine unbillige Härte zu begründen.
Die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne von §
324 Abs.
1 Satz 2
SGB III kann nur die Ausnahme sein, weil ansonsten das Regel-/Ausnahmeverhältnis dieser Norm ins Gegenteil verkehrt würde. Die Notwendigkeit
der anderweitigen Erlangung finanzieller Mittel zur Deckung des Lebensbedarfes auch durch Beantragung anderer Sozialleistungen
stellt im Falle einer Leistungsversagung nach §
57 SGB III jedoch die Regel und nicht die Ausnahme dar.
Schließlich ist bei der Prüfung, ob eine unbillige Härte im Sinne von §
324 Abs.
1 Satz 2
SGB III vorliegt, auch zu berücksichtigen, ob der Kläger die verspätete Antragstellung zu vertreten hat (Niesel, aaO., § 324 Rn.
9 m.w.N.). Vorliegend wurden weder vom Kläger von ihm nicht zu vertretende Gründe vorgetragen, noch sind solche Gründe für
den Senat ersichtlich, die einer rechtzeitigen Antragstellung entgegenstanden.
Allenfalls dann, wenn als auf die vom Kläger selbst am 18. Juni 2003 für denselben Tag angekündigte Aufnahme der selbstständigen
Tätigkeit als leistungsbegründendes Ereignis abgestellt würde, wäre der Antrag des Klägers vom 13. Juni 2003 rechtzeitig vor
diesem Ereignis gestellt gewesen.
Wird jedoch auf den 18. Juni 2003 abgestellt, so fehlt es an einem engen zeitlichen Zusammenhang im Sinne von §
57 Abs.
2 SGB III.
Nach §
57 Abs.
1 SGB III in der im Jahr 2003 geltenden Fassung können Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit
beenden oder vermeiden, zur Sicherung des Lebensunterhaltes und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung
Überbrückungsgeld erhalten.
Nach §
57 Abs.
2 Nr.
1a SGB III in der im Jahre 2003 geltenden Fassung des Zweiten
SGB III- Änderungsgesetzes (Zweites
SGB III- ÄndG) vom 21. Juli 1999 (GBl. 1 S. 1648) und des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job- AQTIV-
Gesetz) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3443) kann Überbrückungsgeld geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen
Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch
bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme
seiner selbstständigen Tätigkeit als Betreiber der Speisewirtschaft ab dem 18. Juni 2003 eine Entgeltersatzleistung nach dem
SGB III bezogen oder einen Anspruch darauf gehabt.
Er bezog vor dem 18. Juni 2003 letztmalig am 14. April 2003 Arbeitslosenhilfe.
Der Kläger hatte bis zur Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit am 18. Juni 2003 auch keinen Anspruch auf die genannten
Entgeltersatzleistungen, da die Voraussetzungen für den Bezug der Entgeltersatzleistungen im Sinne des §
116 Nr. 1 bis 7
SGB III nicht erfüllt waren. Insbesondere bestand auch kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nach § 190
SGB III in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung. Nach § 190 Abs. 1
SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung hatten Anspruch auf Arbeitslosenhilfe Arbeitnehmer, die
1. arbeitslos sind,
2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben,
3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben,
4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer
von insgesamt 21 Wochen erloschen ist und
5. bedürftig sind.
Nach § 193 Abs. 1
SGB III in der hier anzuwendenden bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt
nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen
die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht. Nicht bedürftig ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen
seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen
in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist (§ 193 Abs. 2
SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung).
Entgegen der Ansicht des Klägers ließ somit eine fehlende Bedürftigkeit im Sinne von 193
SGB III a.F. den Anspruch insgesamt entfallen, weil die Bedürftigkeit nach § 190 Abs. 1 Nr.
SGB III a.F. eine Anspruchsvoraussetzung der Arbeitslosenhilfe war.
Zudem ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 31. März 2007, B 11a AL 11/06 R, u.a. in SozR 4 -4300
§ 57 Nr. 2), der der Senat nach eigener Prüfung folgt, maßgeblich auf den Zeitraum zwischen dem tatsächlichen (und nicht einem
möglichen) Leistungsbezug und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit abzustellen. Vorliegend ergibt sich damit aus den
oben genannten Gründen ein Unterbrechungszeitraum vom 14. April 2003 bis zum 18. Juni 2003 und damit eine Unterbrechung von
über zwei Monaten.
Jedenfalls bei einem Zeitraum von über zwei Monaten ist ein enger zeitlicher Zusammenhang im Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III nicht mehr gegeben.
Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 25. Januar 2006 (Az.: L 30 AL 110/05, unter anderem in juris) hierzu schon folgendes ausgeführt:
"Zwar ergibt sich aus dem Gesetz selbst nicht, was unter "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" zu verstehen
ist. Nach der Gesetzesbegründung zu dieser ab 01. August 1999 geltenden Neuregelung durch das Zweite
SGB III- ÄndG (BT- Drucksache 14/873 S. 12) sollte diese Neuregelung der "Klarstellung" dienen, dass zwischen dem vorherigen Leistungsbezug
oder der geförderten Beschäftigung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Übergangszeitraum (etwa ein Monat) liegen
darf.
Nach dem bis zum 31. Juli 1999 geltenden Wortlaut des §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III war ebenso wie nach der Vorgängerregelung des § 55a AFG ein mindestens vierwöchiger Leistungsbezug bzw. eine mindestens vierwöchige Beschäftigung in einer nach dem
SGB III geförderten Maßnahme "bis zur Aufnahme" der selbständigen Tätigkeit oder der Teilnahme an der vorgestalteten Vorbereitungsmaßnahme
erforderlich, so dass der 4-Wochenzeitraum grundsätzlich unmittelbar bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder Vorbereitungsmaßnahme
reichen musste. Das Bundessozialgericht hatte zu der Vorgängerregelung des § 55a AFG ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Überbrückungsgeld nur gewahrt seien, wenn der ruhensbedingte
Abstand zum Vorbezug von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe nicht länger ist als die bei Ablehnung von Arbeitsangeboten
mögliche Sperrzeit (BSG SozR 3- 4100 § 55 a Nr. 4).
Durch die am 01. August 1999 in Kraft getretene Neuregelung des 2.
SGB III- ÄndG ist die genannte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der der ruhensbedingte Abstand zum Vorbezug von Entgeltersatzleistungen
nicht länger als die Sperrzeit bei Ablehnung von Arbeitsangeboten sein dürfte (BSG SozR 3- 4100 § 55 a Nr. 4), gegenstandslos
geworden. Aus diesem Grunde wird auch die Auffassung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 14. März 2001- L 6 AL 1340/00- in E- LSG AL -226) angesichts des ab 01. August 1999 geltenden Wortlautes des Abs. 2 Nr. 1 und der Gesetzesbegründung als
viel zu weitgehend und mit der im Jahr 2003 geltenden Regelung als nicht vereinbar angesehen. Die Neuregelung in §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III macht nur dann einen Sinn, wenn man unter "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme" nicht einen nicht näher definierten
unbestimmten Zeitraum versteht, sondern einen solchen von höchstens einem Monat (in diesem Sinne Link, in Eicher/Schlegel,
SGB III, §
57 Rz. 59 ff)."
Im anschließenden Revisionsverfahren hat der 11. Senat des Bundessozialgerichts in seiner bereits oben erwähnten Entscheidung
(Urteil vom 31. März 2007, B 11a AL 11/06 R) offen gelassen, ob er diesem Verständnis der Regelung folgt. Der Senat sieht
daher grundsätzlich keine Veranlassung, seine Rechtsansicht zu revidieren.
Selbst wenn jedoch ein fester zeitlicher Rahmen von einem Monat nicht als Grundlage für die Frage genommen würde, ob ein enger
zeitlicher Zusammenhang im Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III besteht, so ist aus den oben genannten Gründen jedenfalls bei einer Unterbrechung von über zwei Monaten ein solcher enger
zeitlicher Zusammenhang nicht mehr gegeben. Hierfür spricht neben der bereits erwähnten Entstehungsgeschichte letztlich entscheidend
auch der Wortlaut und der Zweck der Regelung.
Durch die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Sicherung des Lebensunterhalts kann die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit
schon nach dem Wortlaut des §
57 Abs.
1 SGB III nur dann gefördert werden, wenn durch die Aufnahme dieser selbstständigen Tätigkeit Arbeitslosigkeit voraussichtlich nachhaltig
(vgl. §
57 Abs.
2 Nr.
2 SGB III) beendet oder vermieden wird. In der wirtschaftlich schwierigen Anfangsphase, in der noch keine vollen Einnahmen zu erwarten
sind, sollte durch die Gewährung von Überbrückungsgeld der Lebensunterhalt des Arbeitslosen gesichert werden. Hierdurch sollte
erreicht werden, dass mehr Arbeitslose den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Denn die Aufnahme einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit durch einen Arbeitslosen trägt ebenso zur Entlastung des Arbeitsmarktes bei wie die Vermittlung in eine abhängige
Beschäftigung (Stratmann, in Niesel,
SGB III, 2. Aufl., 2002, §
57 Rn. 1 m. w. N.).
Bei der Ermessensausübung ist allerdings nach der eindeutigen Zielsetzung des Gesetzgebers fiskalischen Gesichtspunkten vorrangige
Bedeutung zu verschaffen (Stratmann, aaO., Rn. 2), was nach Ansicht des Senats bereits daraus folgt, dass auch von der Arbeitsverwaltung
bei ihrer Entscheidung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. §
69 Abs.
2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch-
SGB IV) zu berücksichtigen sind. Mit anderen Worten soll die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbstständigen
Tätigkeit durch die Arbeitsverwaltung im Verhältnis zu den zu erwartenden finanziellen Entlastungen der Solidargemeinschaft
durch die Aufnahme dieser selbstständigen Tätigkeit stehen.
In diesem Lichte erklärt sich auch zwanglos die Leistungsvoraussetzung des "engen zeitlichen Zusammenhangs" zwischen dem Leistungsbezug
und der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit im Sinne von §
57 Abs.
2 Nr.
1 SGB III. Nur wenn die Beklagte im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit oder zumindest noch kurz davor Leistungen erbracht oder hierauf
zumindest ein Anspruch bestanden hat, kann davon ausgegangen werden, dass durch die Gewährung von Überbrückungsgeld der Arbeitsmarkt
und damit auch finanziell die Solidargemeinschaft entlastet wird.
Eine solche Situation war vorliegend nach Ablauf von über zwei Monaten seit dem letzten Leistungsbezug nicht mehr gegeben.
Wie bereits dargestellt, bestand zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten insbesondere kein Anspruch mehr auf Arbeitslosenhilfe.
Eine nachhaltige finanzielle Entlastung der Solidargemeinschaft konnte daher zu diesem Zeitpunkt durch die Gewährung von Überbrückungsgeld
nicht mehr erreicht werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2.
SGG nicht vorliegen.