Gründe
I.
Die am 00.00.1963 geborene Antragstellerin bewohnt zusammen mit ihrem am 00.00.1947 geborenen Ehemann eine 71,3 m2 große Eigentumswohnung. Im Jahr 2011 hatte das Ehepaar die Wohnung aus Eigenmitteln zu einem Preis von 110.500,00 EUR erworben.
Die Eigentumswohnung ist lastenfrei.
Der Ehemann der Antragstellerin war mit der Firma "B" von 1972 bis 2012 selbständig tätig. Im Jahr 2012 gab er die Firma wegen
Insolvenz auf. Seit dem 01.01.2013 bezieht der Ehemann der Antragstellerin eine Regelaltersrente von 272,10 EUR monatlich.
Er erhält darlehensweise Leistungen nach dem SGB XII im Hinblick auf das Vermögen seiner Ehefrau.
Die Antragstellerin war nach einer Ausbildung zur Werbefachwirtin und einem Studium zur Kommunikationswirtin in der Zeit von
1987 bis 2001 als freie/selbständige Mitarbeiterin tätig. Anschließend war sie im Betrieb ihres Ehemannes ab August 2001 angestellt.
Im Dezember 1986 schloss die Antragstellerin bei der B Lebensversicherung AG eine bis zum 01.01.2017 laufende kapitalbildende
Lebensversicherung ab. Bis zur Beitragsfreistellung der Lebensversicherung mit Wirkung zum 01.07.2012 zahlte die Antragstellerin
Beiträge i.H.v. insgesamt 129.328,74 EUR ein. Nach einer Auskunft der B Lebensversicherung AG belief sich der vorläufige Rückkaufwert
zum 01.07.2012 auf 151.323,46 EUR sowie zum 01.04.2014 auf 168.844,56 EUR. Die Antragstellerin kann bei weiterer Freistellung
von Beitragszahlungen bis zum 01.01.2017 eine beitragsfreie Gesamtleistung i.H.v. insgesamt 212.358,37 EUR bei Vertragsende
erzielen. Nach einer Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung Bund aus dem Jahr 2010 hatte die Antragstellerin zu
diesem Zeitpunkt eine Regelaltersrente i.H.v. monatlich 190,62 EUR zu erwarten.
Die Antragstellerin bezog in der Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2013 Arbeitslosengeld, zuletzt i.H.v. 951,00 EUR monatlich.
In der Zeit vom 01.06.2013 bis zum 30.11.2013 war die Antragstellerin erwerbstätig.
Durch Bescheid vom 13.05.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2014 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung
von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Die Antragstellerin verfüge über
verwertbares Vermögen. Die Verwertung der Lebensversicherung stelle keine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II dar. Die Antragstellerin habe auch keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen ab. Hiergegen
erhob die Antragstellerin am 07.03.2014 Klage (S 22 AS 922/14).
Am 10.02.2014 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Köln einstweiligen Rechtschutz beantragt. Sie hat die Auffassung
vertreten, im Hinblick auf den bei einer vorzeitigen Verwertung der Lebensversicherung eintretenden Verlust von mehr als 40.000,00
EUR sei eine besondere Härte gegeben. Die Lebensversicherung sei für die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen worden, wobei im
Jahr 2011 mehr als 2/3 der Beiträge eingezahlt gewesen seien und nur noch fünf Jahre bis zum Ablauf im Erlebensfall zu warten
seien. Die Lebensversicherung diene zu ihrer Alterssicherung.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise
als Darlehen.
Durch Beschluss vom 06.03.2014 hat das Sozialgericht Köln den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf
die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen den am 07.03.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 01.04.2014 Beschwerde eingelegt. Die vorzeitige
Verwertung der Lebensversicherung sei unwirtschaftlich bzw. stelle eine besondere Härte dar. Wenn eine beitragsfreie Garantieleistung
am 01.01.2017 i.H.v. 212.358,37 EUR zur Auszahlung komme, könne durch eine anschließende Verrentung dieses Betrages eine Alterssicherung
erreicht werden. Der mit einer vorzeitigen Kündigung des Lebensversicherungsvertrages verbundene Schaden von ca. 42.000,00
EUR begründe eine besondere Härte. Sie sei bereit, falls der Antragsgegner die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
darlehensweise gewähre, bis zur Höhe der empfangenen Leistungen die Ansprüche gegenüber dem Lebensversicherungsträger abzutreten
sowie das Darlehen zu verzinsen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Nach §
86b Abs.
2 S. 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf
ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (d.h. eines materiellen Anspruchs, für
den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie eines Anordnungsgrundes (Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen
die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit
sind glaubhaft zu machen (§
86 Abs.
2 S. 4
SGG i.V.m. §
920 Abs.
2 ZPO).
Die Antragsstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Das Sozialgericht hat zutreffend einen Anspruch auf
Leistungen zu Sicherung des Lebensunterhalts verneint. Die Antragstellerin ist nicht hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1 SGB II. Sie verfügt über zu berücksichtigendes Vermögen in Form einer Kapitallebensversicherung, das ihren Hilfebedarf deckt. Die
Kapitallebensversicherung ist verwertbar. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die eine Verwertbarkeit - durch vorzeitige
Vertragsauflösung, Beleihung oder Teilverkauf an einen Dritten - unmöglich machen, sind nicht ersichtlich und werden von der
Antragstellerin nicht geltend gemacht (vgl. zum Begriff der Verwertbarkeit eines Vermögens BSG Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R Rn. 22 m.w.N.).
Der Wert der Kapitallebensversicherung in Form des Rückkaufwertes, einschließlich der Überschussbeteiligung übersteigt die
Freibeträge nach § 12 Abs. 2 Nrn. 1, 4 SGB II, die das Sozialgericht zutreffend auf insgesamt 42.800,00 EUR festgesetzt hat, um mehr als das Vierfache. Weitere Freibeträge
i.S.v. § 12 Abs. 2 SGB II sind nicht zu berücksichtigen. Die Versicherung der Antragstellerin erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB II. Es handelt sich weder um bundesrechtlich gefördertes Altersvorsorgevermögen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 2 SGB II noch um eine Versicherung mit einem vereinbarten Verwertungsausschluss i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 SGB II. Auf die Gründe, warum ein Verwertungsausschluss nicht vereinbart worden ist, kommt es nicht an (vgl. BSG Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R, Rn. 22 m.w.N).
Die Verwertung der Lebensversicherung ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte in absehbarer
und angemessener Zeit möglich, so dass der Antragstellerin bereite Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts zur Verfügung
stehen (vgl. zum Erfordernis der Feststellung der zeitlichen Dimension, in der eine Lebensversicherung verwertet werden kann:
BSG Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R, Rn. 32 und 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R, Rn 14). Die Antragstellerin ist dem Vortrag des Antragsgegners im Verfahren S
22 AS 922/14, wonach nach den vorliegenden Unterlagen der Lebensversicherungsvertrag nach § 12 VVG monatlich kündbar und damit die Versicherung innerhalb von einem Monat verwertbar sei, weder im Verfahren S 22 AS 922/14 noch im einstweiligen Rechtschutzverfahren entgegengetreten.
Bei der Kapitallebensversicherung handelt es sich nicht um Schonvermögen i.S.v. § 12 Abs. 3 SGB II.
§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II greift zu Gunsten der Antragstellerin nicht ein. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Verwertung der Kapitallebensversicherung
nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Lebensversicherung liegt
vor, wenn der bei ihrer vorzeitigen Auflösung zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert
steht. Das Verhältnis zwischen beiden Werten kommt nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG zum Ausdruck in der Verlustquote bei einem Vergleich zwischen dem gegenwärtigen Verkehrswert (Rückkaufswert der Versicherung,
einschließlich der Überschussbeteiligung abzüglich Kosten der Verwertung) und dem Substanzwert, der sich aus der Summe der
auf den Versicherungsvertrag eingezahlten Beiträge beläuft. Dieser auf die Verlustquote abstellende Maßstab ist für die Beteiligten
praktikabel und entspricht einem allgemein üblichen ökonomischen Kalkül (vgl. hierzu BSG Urteil vom 20.02.2014 - B 14 As 10/13 R, Rn 36 m.w.N.). Danach ist der sich aus der vorzeitigen Auflösung des Versicherungsvertrages
ergebende Verlust im Hinblick auf die prognostizierten Beträge bei regulärem Vertragsende nicht relevant (BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R, Rn 29 m.w.N.). Nach den Angaben der B Lebensversicherung ist der Rückkaufwert der Kapitallebensversicherung höher als
die eingezahlten Beträge.
Die Voraussetzungen des des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II sind ebenfalls nicht erfüllt. Danach sind Sachen oder Rechte als Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung
für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten
Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte auszugehen ist. Maßgebend sind dabei nur
außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 S. 1 SGB II) und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II setzt daher voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und
erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R, Rn. 25 m.w.N.). Insoweit begründet der mit einer vorzeitigen Vertragsauflösung verbundene Verlust allein keine besondere
Härte.
Dahinstehen kann, ob bei der Antragstellerin in Hinblick auf ihre ca. 14-jährige selbständige Tätigkeit eine atypische Erwerbsbiographie
besteht, die zu Lücken im Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt hat und die Notwendigkeit der
Inanspruchnahme einer Lebensversicherung wegen zu erwartender niedriger Rentenansprüche nach sich zieht. Allein eine atypische
Erwerbsbiographie begründet noch keine besondere Härte. Die Privilegierung einer Lebensversicherung im Rahmen des § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II kommt nur in Betracht, wenn die Lebensversicherung tatsächlich zur Altervorsorge bestimmt ist. Daher ist erforderlich, dass
der Leistungsberechtigte das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden
will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R, Rn. 26 m.w.N.). Diese Disposition muss sicherstellen, dass der Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand erheblich erschwert
wird (vgl. BSG Urteile vom 15.08.2008 - B 14/7b AS 68/06 R, Rn. 32 und - B 14 AS 27/07 R, Rn. 46). Weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag der Antragstellerin ergeben sich Anhaltspunkte für eine solche
Disposition. Die Tatsache, dass die Lebensversicherung im Jahr 2017, also bei Vollendung des 54. Lebensjahres der Antragstellerin
fällig wird, spricht vielmehr gegen eine Zweckbestimmung zur Altervorsorge. Eine Zweckbestimmung zur Altersvorsorge wird in
der Rechtsprechung als zweifelhaft angesehen, wenn eine Lebensversicherung bereits erheblich früher als zur üblichen Altersgrenze
fällig gestellt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15. 04.2008 - B 14 AS 27/07 R, Rn 46 zur Fälligkeit im 54. Lebensjahr und vom 07.05.2009 - B 14 AS 35/08 R, Rn. 25). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben
steht und noch Chancen auf einen weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit hat.
Anhaltspunkte für eine kurze Leistungs- bzw Anspruchsdauer, die eine besondere Härte begründen können, wenn bereits bei Antragstellung
die konkret begründete Aussicht bestand, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden, sind nicht
ersichtlich (vgl. BSG Urteile vom 20.02.2014 - B 14 As 10/13 R, Rn 47 und 06.05.2010 - B 14 AS 2/09 R, Rn. 26).
Ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 5 SGB II ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Die Kapitallebensversicherung ist sofort verwertbar. Ihre Verwertung stellt keine
besondere Härte dar. Andere Anspruchsgrundlagen für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen
sehen die Regelungen des SGB II nicht vor. Das von der Antragstellerin begehrte Gewährung eines verzinslichen Darlehens verbunden mit einer teilweisen Abtretung
ihrer Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zu Gunsten des Antragsgegners mag aus ihrer Sicht wirtschaftlich sein, ist jedoch
gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).