Rentenversicherung
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Organisatorische Zuordnung zum industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft
Tatbestand:
Der Kläger begehrt - im Wege der Überprüfung - die Feststellung der Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
für die Zeit vom 14. Mai 1973 bis zum 30. Juni 1990.
Der 1947 geborene, also jetzt 69 Jahre alte Kläger, der in der DDR keine Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung
(FZR) gezahlt hat, hat in der Zeit von 1968 bis 1971 die Ingenieurschule für Bauwesen in B absolviert und am 26. März 1971
die Berechtigung erworben, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Nach Tätigkeiten beim VE B sowie der D arbeitete er
ab dem 14. Mai 1973 beim VEB INEX Berlin-Industrieanlagen-Export (im Folgenden: VEB INEX) als Offert-Ingenieur, so auch noch
am 30. Juni 1990.
Mit Bescheid vom 30. November 2004 lehnte es die Beklagte ab, Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der Anlage
1 zum AAÜG festzustellen. Zur Begründung gab sie an, der Kläger sei als Ingenieur für Koordinierung und Offerte nicht im unmittelbaren
Produktionsprozess eingegliedert gewesen bzw. habe trotz seiner "technischen" Qualifikation nicht aktiv den Produktionsprozess
beeinflussen können. Gegen den seinen Widerspruch zurückweisenden Bescheid vom 9. März 2005 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht
Berlin erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 23 R 1787/05 geführt wurde. Die dortige Klage wurde mit Gerichtsbescheid vom 3. Mai 2007 abgewiesen mit der Begründung, die sachliche
Voraussetzung sei nicht erfüllt. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (Az.: L 16 R 755/07) wurde die Berufung im Termin zur Mündlichen Verhandlung vom 2. Juli 2008 zurückgenommen. Mit Eingang bei der Beklagten am
25. August 2010 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag im Hinblick auf die Urteile des Bundessozialgerichtes (BSG) zur sogenannten "leeren Hülle". Er legte verschiedene Bescheinigungen und Verträge bezüglich seines Arbeitsverhältnisses
vor.
Mit Bescheid vom 29. November 2010 hat die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 30. November 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 9. März 2005 mit der Begründung abgelehnt, die Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) seien nicht erfüllt. Der VEB INEX sei kein volkseigener Produktionsbetrieb oder gleichgestellter Betrieb gewesen.
Zur Begründung seines am 14. Dezember 2010 bei der Beklagen eingegangenen Widerspruches hat der Kläger vorgetragen, der Bescheid
sei ihm unbegreiflich. Das BSG habe der Theorie der "leeren Hülle" eine Abfuhr erteilt. Bei ihm lägen alle, die betriebliche, die persönliche und die sachliche
Voraussetzung im Sinne des AAÜG zur Anerkennung seines Antrags vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 2011 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Hauptzweck des VEB INEX sei nicht
die industrielle Produktion von Sachgütern oder die Massenproduktion von Bauwerken gewesen. Der Betrieb sei der Wirtschaftsgruppe
63310 (Projektierung ohne Bauprojektierung) zugeordnet gewesen.
Mit der am 22. März 2011 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur
Begründung hat er ausgeführt, der VEB INEX sei ein Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech gewesen. Die industrielle Produktion
von Industrieanlagen des Schwermaschinenbaus habe dem Betrieb das Gepräge gegeben.
Die Beklagte hat auf die "Systematik der Volkswirtschaftszweige", herausgegeben von der Staatlichen Zentralverwaltung für
Statistik (Ausgabe 1985), verwiesen. Der VEB INEX sei als Generalprojektant und Hauptlieferant für Industrieanlagen gegründet
worden. Laut Statut vom 2. November 1967 sei er Generallieferant für den Export von Industrieanlagen gewesen. Er habe Unterlagen
für die Vorbereitung und Durchführung von Investitionen erarbeitet und geliefert. Nach der Betriebschronik 1974 habe der Betrieb
Projektierungsaufgaben für Rekonstruktionen, Erweiterungen und Industrieneubauten durchgeführt. Seit 1968 sei er Generalauftragnehmer
(GAN) für die Vorbereitung und Durchführung volkswirtschaftlich wichtiger Investitionsvorhaben gewesen. Der Betrieb habe als
Generallieferant den Export kompletter Industrieanlagen übernommen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1987 sei der VEB INEX dem VEB
Schwermaschinenbau-Kombinat "Ernst Thälmann" (SKET) zugeordnet worden. Ab dem 1. Januar 1988 sei die Umbenennung in "VEB Entstaubungs-
und Industrieanlagenbau INEX Berlin" (Registereintragung) erfolgt. Laut Kombinatsstatut vom 21. September 1988, dort Artikel
5 Ziffer 2, habe der Betrieb die Tätigkeit als General- bzw. Hauptauftragnehmer ausgeübt. Im gleichen Umfang sei er Generallieferant
für den Anlagenexport gewesen. Die Nachfolgeeinrichtung (I GmbH) habe Leistungen für die Vorbereitung und Durchführung jeder
Art von Investitionen und der damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben einschließlich Beratung, Planung, Engineering, Projektmanagement,
Aufbau, Montage und Inbetriebsetzung erbracht. Die Beklagte legte den den Betrieb betreffenden Auszug aus dem Register der
volkseigenen Wirtschaft vor sowie das Statut des VEB INEX vom 2. November 1967, das Statut des VEB SKET vom 21. September
1988 sowie weitere den Betrieb betreffende Unterlagen, auf die Bezug genommen wird.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat das Bundesarchiv am 23. Januar 2012 mitgeteilt, dass es keine Unterlagen den VEB INEX betreffend
besitze. Auch das Landesarchiv Berlin und das Brandenburgische Landeshauptarchiv teilten am 19. April 2012 bzw. 6. Juni 2012
mit, dass ihnen relevante Unterlagen für den VEB INEX nicht vorlägen. Der Kläger legte ein Schreiben der I GmbH von November
1999 vor, in dem der hiesige Zeuge Dipl. Ing. Dr. R angab, dass der VEB INEX Berlin ein Anlagenbauunternehmen gewesen sei
und in seiner Geschichte mehr als 200 Industriebetriebe weltweit gebaut habe. Die INEX sei als Generallieferant stets General-Contractor
für die Turn-Key-Lieferung von Anlagen gewesen, habe den gesamten Einkauf, die Schnittstellenplanung im Basic- und Detail-Engineering
sowie das Projektmanagement ausgeführt.
Die Firma R L teilte am 25. Juli 2012 mit, dass Unterlagen für den ehemaligen VEB INEX nicht hätten ermittelt werden können.
Mit Urteil vom 10. März 2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die betrieblichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
Bei dem VEB INEX handele es sich nicht um einen produzierenden Betrieb im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Er habe nicht den Hauptzweck der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern verfolgt.
Aufgabe des VEB INEX sei nach der Werbung "INEX Leistungen" die technisch-ökonomische Beratung, Ausarbeitung von Studien,
Vergabe von Lizenzen, Projektierung, Lieferung von Maschinen und Ausrüstungen für den Produktionsprozess sowie aller Ver-
und Entsorgungsanlagen, Montage, Inbetriebsetzung, Ausbildung und Qualifizierung des ingenieurtechnischen und Bedienungspersonales
in Einrichtungen der DDR, technische Hilfe sowie Service und Kundendienst gewesen. Nach der Einführung des Betriebsdirektors
P in der Broschüre "VEB INEX Berlin 1954-1974" sei der VEB INEX Generalauftragnehmer für die Vorbereitung und Durchführung
von Investitionsvorhaben gewesen und habe als Generalprojektant und Generallieferant die Aufgabe gehabt, komplette Industrieanlagen
zu exportieren. Auch der im Handelsregister eingetragene Unternehmensgegenstand der I GmbH aufgrund des Gesellschaftsvertrages
vom 15. Juni 1990, mit dem der VEB in eine GmbH umfirmiert worden sei, bestätige, dass Hauptzweck nicht die standardisierte
Massenproduktion von Sachgütern gewesen sei, sondern die Erbringung von Dienstleistungen. Als Unternehmensgegenstand werde
festgehalten: die Erbringung aller Leistungen für die Vorbereitung und Durchführung jeder Art von Investitionen und der damit
im Zusammenhang stehenden Aufgaben im Ganzen oder teilweise einschließlich Beratung, Planung, Engineering, Projektmanagement,
Aufbau, Montage, Inbetriebsetzung, Gewährung technischer Hilfe, Ausbildung von Personal, Service, Lieferung von Ersatzteilen
sowie die Anbahnung, der Abschluss und die Abwicklung der dazu notwendigen Geschäftsoperationen des Kaufs, Verkaufs, Vertriebs,
Exports, Imports, Mietung und Vermietung und zur Gewährung oder Entgegennahme von Dienstleistungen. Der VEB sei einem volkseigenen
Betrieb auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die AVItech vom 24. Mai 1951, Gesetzblatt
der DDR 1951, Seite 487 (im Folgenden: 2. DB) gleichgestellt gewesen.
Gegen das am 17. März 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. April 2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg
eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass hochkomplexe Industrieanlagen nicht in gleicher Stückzahl produziert werden
könnten wie kleinteilige Konsumgüter. Trotzdem handele es sich um Massenproduktion. In den letzten Jahren des Bestehens des
Betriebes VEB INEX (1985-1990), habe der VEB ca. 1000 Entstaubungsanlagen hergestellt. Außerdem seien ca. 200 Industriebetriebe
hergestellt worden. Insbesondere unterfalle vorliegend auch die stattgefundene Montage der Anlagen als Teilherstellungsschritt
der industriellen Massenproduktion. Falle die Montage in einem Betrieb an, der die Bauteile im Wege industrieller Massenproduktion
selbst herstelle, könne auch der Zusammenbau dieser Teile zum fertigen Produkt seinerseits Teil der industriellen Produktion
sein (Hinweis auf die Urteile des BSG Az.: 5 RS 7/10 R und B 5 RS 1/11 R).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. März 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2010 in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 1. März 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Rücknahme des Bescheides vom 30.
November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2005 die Anwendbarkeit des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes sowie die Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz und der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte für
die Zeit vom 14. Mai 1973 bis 30. Juni 1990 festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die ihres Erachtens zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Entgegen der klägerischen
Behauptung handele es sich keinesfalls um einen Produktionsdurchführungsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung AVItech. Auch
die behauptete massenhafte serielle Herstellung von Industrieanlagen entsprechend der Produktpalette des Betriebes sei durch
nichts bewiesen. Der Betrieb habe vielmehr als Generalauftragnehmer individuell auf spezifische Kundenwünsche ausgerichtete
Industrieanlagen gefertigt. Eine potentielle Unbegrenztheit der Produktion in einem standardisierten und automatisierten Verfahren,
wie von der jüngsten Rechtsprechung des BSG gefordert (z.B. B 5 RS 5/11 R), sei indes nicht erkennbar. Entsprechend seiner Aufgabe als Generallieferant habe der VEB INEX die Industrieanlagen dann
auch als letzten Schritt in die Hände der Investitionsauftraggeber übergeben.
Der Kläger hat eine Erklärung des Dipl.-Ing. J vom 7. Dezember 2014 eingereicht. Dieser war im Jahr 1990 Betriebsdirektor
des VEB INEX. Ab 1985 habe der VEB INEX die Aufgabe als Hauptauftragnehmer für Filter und Entstaubungsanlagen erhalten. Im
Zeitraum bis 1990 seien ca. 1000 Entstaubungsanlagen errichtet worden. Ab dem 1. Januar 1987 sei der VEB INEX Berlin dem SKET
unterstellt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Erklärung vom 7. Dezember 2014 verwiesen.
In einem Erörterungstermin am 6. September 2016 hat der Kläger angegeben, dass die Entstaubungsanlagen als wesentlicher weiterer
Geschäftszweig im Jahr 1985 hinzugekommen seien. Er persönlich habe keine Entstaubungsanlagen hergestellt, der Betrieb habe
es aber getan. Eine Entstaubungsanlage könne sehr groß sein, zum Beispiel so groß wie das halbe Gebäude des Landessozialgerichts.
Es seien Teile im Betriebshof in der K Straße gefertigt worden, aber auch noch vor Ort auf der Baustelle. Dort seien insbesondere
Endarbeiten vorgenommen und Prüfarbeiten durchgeführt worden. Es sei jeweils nach Werkstandards gearbeitet worden, das heißt,
es sei genau vorgegeben gewesen, wie bestimmte Teile zu fertigen gewesen seien.
Der Kläger hat den Feststellungsbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2002 für einen seiner Kollegen vorgelegt. In diesem
wurde die Zeit vom 16. August 1966 bis zum 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zur AVItech festgestellt.
Die Berichterstatterin hat in einem Erörterungstermin vom 21. April 2017 den Dipl. Ing. Dr. R, der im Februar 1990 als Direktor
zum VEB INEX gekommen war, als Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Erörterungstermins
vom 21. April 2017 verwiesen.
Die vorgesehene Vernehmung des Dipl. Ing. J, der seit 1988 den VEB INEX Anlagenbau geleitet hatte, konnte wegen Vernehmungsunfähigkeit
des Zeugen nicht stattfinden. Der Senat hat jedoch die Niederschrift über die Zeugenvernehmung von Herrn Dipl. Ing. J vor
dem Sozialgericht Cottbus in dem Verfahren S 11 R 508/06 vom 8. Mai 2008 beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Niederschrift verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten
und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
Die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung
gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). Sie ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. März 2014 und der Bescheid der Beklagten
vom 29. November 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. März 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht
in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 30. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 9. März 2005 und auf Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG und der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz sowie der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte für
die Zeit vom 14. Mai 1973 bis 30. Juni 1990, da sich der Senat nicht die Überzeugung verschaffen konnte, dass der VEB INEX
(zumindest) am 30. Juni 1990 ein Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der Rechtsprechung des BSG war.
Als Rechtsgrundlage für eine Rücknahme des Bescheides vom 30. November 2004 kommt § 44 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 SGB X in Betracht. § 44 Abs. 1 SGB X lautet:
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für
die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich
in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
§ 44 Abs. 2 SGB X lautet:
Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder
teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Vorliegend kommt nur eine Rücknahme gemäß § 44 Absatz 2 SGB X in Betracht, da es sich bei dem zu überprüfenden Bescheid nicht um einen Leistungsbescheid, sondern um einen Feststellungsbescheid
handelt (vgl. für einen ähnlich gelagerten Fall Urteil des BSG vom 15. Juni 2010, Az. B 5 RS 6/09 R, juris Rn. 14 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 4; zuletzt auch Urteil des BSG vom 29. Oktober 2015, Az. B 5 RS 5/14 R, juris Rn. 14). Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften sind jedoch nicht erfüllt. Die Beklagte hat das Recht nicht
unrichtig angewandt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrten Feststellungen, weil nicht nachgewiesen wurde, dass
das AAÜG für ihn anwendbar ist.
Nach seinem § 1 Abs. 1 gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme)
im Beitrittsgebiet (§ 18 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) erworben sind. Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger nicht
erfüllt. Er hatte am 01. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft. Eine Versorgungszusage des Versorgungsträgers ist ihm
nicht erteilt worden. Der Kläger gehörte auch nicht auf Grund einer Einzelentscheidung dem Kreis der Versorgungsberechtigten
an. Auch ist ihm in der DDR keine Versorgung zugesagt worden, die später (rechtswidrig) aufgehoben oder nach den Regeln des
Versorgungssystems entfallen wäre. Der Kläger ist auch nicht entsprechend der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 31/01 R) den Einbezogenen - d.h. denjenigen Personen, die in DDR eine Versorgungszusage tatsächlich erhalten haben - gleichzustellen.
Danach ist § 1 Abs. 1 AAÜG zwar ausdehnend so auszulegen, dass eine Versorgungsanwartschaft auch bei Nicht-Einbezogenen in Betracht kommt, jedoch nur
dann, wenn jemand auf Grund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen fiktiven "Anspruch auf Versorgungszusage" rückschauend
nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nicht, da ihm der Nachweis, dass er am 30. Juni 1990 eine Tätigkeit ausgeübt hat,
auf Grund derer ihm eine Versorgungszusage hätte erteilt werden müssen, nicht gelungen ist. In Betracht käme hier allein eine
Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz (System Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG). Nach den Regelungen dieses Versorgungssystems, nämlich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (Gesetzblatt der DDR I Nr. 93 Seite
844 - im Folgenden: VO AVItech) und der 2. DB hängt ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen)
Voraussetzungen ab. Das System war eingerichtet für
1. Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und
2. die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar
3. in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie- oder des Bauwesens.
Der Kläger erfüllt zwar die ersten beiden Voraussetzungen, nicht erwiesen ist jedoch, dass er auch die dritte erfüllt. Der
Senat konnte sich nicht die Überzeugung verschaffen, dass der Kläger am 30. Juni 1990, also dem letzten Zeitpunkt vor Schließung
der Versorgungssysteme, in einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens tätig war. Das BSG hat entschieden, dass nach den Regelungen des Versorgungssystems der technischen Intelligenz nur solche volkseigenen Betriebe
einbezogen waren, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und deren
Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von
Sachgütern ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 9. April 2002, Az. B 4 RA 41/01 R, dokumentiert in juris und in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Dem hat sich der inzwischen für die Rechtsstreitigkeiten nach dem AAÜG zuständige 5. Senat des BSG angeschlossen. Er hat ausgeführt, dass unter den Begriff der volkseigenen Betriebe der Industrie oder des Bauwesens nur Produktionsdurchführungsbetriebe
fallen, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben (Urteil des BSG vom 19. Juli 2011, Az. B 5 RS 1/11 R. juris Rn. 20). Die Ausführungen der Beklagten, dass es sich bei dem VEB INEX um einen Betrieb handelte, bei dem der Hauptzweck
nicht die Produktion von Sachgütern war, konnten vom Kläger nicht widerlegt werden. Nach dem Statut des VEB SKET, dessen Kombinatsbetrieb
der VEB INEX laut Statut des SKET vom 21. September 1988 (bis zum 27. Februar 1990) war, übte der VEB INEX die Tätigkeit als
General- bzw. Hauptauftragnehmer (GAN bzw. HAN) im Umfang der Nomenklatur der Staatlichen Plankommission aus. Im gleichen
Umfang war er Generallieferant für den Anlagenexport. "Generalauftragnehmer" war in der DDR definiert als auf die Errichtung
kompletter Investitionsvorhaben spezialisierte Betriebe und Kombinate (besonders des Bauwesens bzw. des Maschinen- und Anlagenbaus)
oder Projektierungsbetriebe, denen von den Investitionsauftraggebern die verantwortliche Durchführung von Investitionsvorhaben
auf vertraglicher Basis übertragen wird (Ökonomisches Lexikon der DDR, Verlag die Wirtschaft Berlin, 3. Auflage, 1978, Band
I, Seite 740). Der GAN schließt mit den zu seiner Unterstützung eingesetzten Hauptauftragnehmern bzw. mit am Vorhaben beteiligten
sonstigen Liefer- und Leistungsbetrieben Wirtschaftsverträge über die Koordinierung des Projekts und über die termin- und
qualitätsgerechte Erbringung ihrer Teilleistungen ab. Unter "Hauptauftragnehmer" verstand man spezialisierte Betriebe oder
Kombinate, die bei der Realisierung eines Investitionsvorhabens für die gesamten Bauleistungen oder für die Lieferung und
Montage kompletter Anlagen und Teilanlagen (...) auf der Grundlage vertraglicher Beziehungen mit dem GAN oder bei Fehlen eines
GAN mit dem Investitionsauftraggeber verantwortlich sind. Als HAN kommt immer der Betrieb in Betracht, dessen Leistungsanteil
für das Bauwerk, die Anlage oder Teilanlage produktionsbestimmend ist (Ökonomisches Lexikon der DDR, aaO., Band II, Seite
37). Aus den Unterlagen den VEB INEX betreffend ergibt sich bezüglich der Tätigkeit des VEB INEX seit 1985 und auch noch zu
dem hier (zunächst) in Rede stehenden 30. Juni 1990 folgendes Bild: Bezüglich des Anlagenbaus wurde das Achslagerwerk S wiederaufgebaut,
die Waggonfabrik A erweitert, die 3. Ausbaustufe des Fleisch- und Konservenkombinats U, Mongolei, durchgeführt, bühnentechnische
Anlagen für das Theater R, Bulgarien, und die Staatsoper B erstellt, 24 Lehrwerkstätten in Algerien errichtet und die Großgießerei
für Grau- und Stahlguss in T/Algerien in Betrieb genommen. Außerdem wurden in der Zeit von 1985 bis 1990 ca. 1000 Entstaubungsanlagen
für Heizkessel, Heizhäuser und Entstaubung technologischer Produktionsprozesse realisiert (vgl. INEX Berlin Anlagenbau GmbH,
"Entwicklung des Unternehmens"). Nach den Angaben des ehemaligen Direktors für Anlagenbau des VEB INEX und ehemaligen Geschäftsführers
der INEX Berlin Anlagenbau GmbH, dem Zeugen Dr. Ing. R, von November 1999 war der VEB INEX als Generallieferant stets General-Contractor
[Generalunternehmer] für die turn-key Lieferung [schlüsselfertige Lieferung] von Anlagen, hat den gesamten Einkauf, die Schnittstellenplanung
im basic- und detailengineering [Entwurfs- bzw. Ausführungsplanung] sowie das Projektmanagement ausgeführt. Nach den Angaben
des ehemaligen Betriebsdirektors Dipl. Ing. J vom 7. Dezember 2014, von denen der Senat ausgeht, hatte der VEB INEX folgende
Aufgaben: 1. technische, wirtschaftliche Beratung, Planung, Engineering, Projektierung der Anlagen und Ausrüstungen, 2. Bestellung
der Maschinen, Ausrüstungen einschließlich der Ver- und Entsorgungsanlagen, 3. eigene Fertigung von Zusatz- und Ausrüstungsteilen,
4. Montage und Inbetriebnahme der Maschinen und Ausrüstungen, 5. Ausbildung und Qualifizierung des technischen und Bedienungspersonals.
Diese Angaben decken sich im Wesentlichen mit denen in dem "Bericht zum Geschäftsverlauf und der Lage des umzuwandelnden Betriebes"
vom 23. Mai 1990, ebenfalls erstellt durch den ehemaligen Betriebsdirektor Dip. Ing. J. Danach erstellte der VEB INEX komplette
Industrieanlagen und war darüber hinaus viele Jahre als Generalprojektant an der Vorbereitung und Durchführung wichtiger Investitionen
in den Industriezweigen Maschinenbau, Elektro- und Nachrichtentechnik, Feinmechanik/Optik, der Plastverarbeitung und anderen
Bereichen tätig.
Bei Betrieben, bei denen wie hier eine Vielfältigkeit des Angebots gegeben war, ist das Gepräge durch eine Feststellung der
Tätigkeit des Betriebes, seiner jeweiligen Zugehörigkeit zur industriellen Produktion oder einem anderen Bereich und seines
quantitativen Verhältnisses zueinander nach einem einheitlichen Maßstab festzustellen. Insoweit bietet sich insbesondere ein
Vergleich nach dem jeweiligen Anteil an Aufwand und Umsatz bzw. Ertrag an (Urteil des BSG vom 19. Juli 2011, Az. B 5 RS 1/11 R, juris Rn. 29). Dabei ist hier festzustellen, dass hinsichtlich der eben genannten Punkte 1., 2. und 5. keine Produktion
vorgelegen hat. Zu Punkt 1. war eine der Hauptaufgaben die Projektierung, die aber keine industrielle Massenfertigung darstellte
(vgl. zur Definition der Projektierung das Urteil des BSG vom 07. September 2006 - B 4 RA 39/05 R -, juris Rn. 25). Die Projektierungsaufgabe bestand darin, in allen Kraftanlagen alle Teile, Anlagenteile und Anlagen zu
"bearbeiten", also die "Projektierung der Verteilung, der Erweiterungen und der Neuanlagen einschließlich der Verbesserungsvorschläge"
vorzunehmen. Die Begriffsbestimmung der Projektierungsleistung in der "Verordnung über das Projektierungswesen - Projektierungsverordnung
- vom 20. November 1964 (GBl. der DDR Teil II Nr. 115, S. 909) lautete dahingehend, dass zu den Projektierungsleistungen u.a.
die Ausarbeitung von Aufgabenstellungen, von Projekten, Teilprojekten und Projektteilen, die Koordinierung von kooperierten
Projektierungsleistungen, die Ausarbeitung von Studien und Variantenuntersuchungen gehörten. Nach der Definition im "Ökonomischen
Lexikon" der DDR (3. Aufl. 1979) waren Projektierungen im weiteren Sinn alle Leistungen, die von Projektierungseinrichtungen
insbesondere für die Lösung von Investitionsaufgaben erbracht wurden. Ihr Ergebnis waren Dokumentationen unterschiedlicher
Art. Die Leistungen der Projektierung waren Bestandteil der materiellen Produktionssphäre der Volkswirtschaft. Sie umfassten
im Wesentlichen die Mitwirkung an "grundfondswirtschaftlichen" Untersuchungen (Studien, Variantenuntersuchungen), Aufgabenstellungen
für die Vorbereitung von Investitionen, die Ausarbeitung von Dokumentationen zur Vorbereitung von Investitionsentscheidungen,
die Erarbeitung der Ausführungsprojekte, die Lösung von Aufgaben des "Planes Wissenschaft und Technik", die Vorbereitung von
Reparaturen und die Koordinierung von kooperierten Projektierungsleistungen. In einem engeren Sinn wurde unter Projektierungen
die Ausarbeitung des Investitionsprojekts (Ausführungsobjekts) verstanden (siehe Stichwort: Projektierungseinrichtung).
Auch die unter Punkt 2. genannten Aufgaben waren keine der industriellen Massenproduktion, dienten allerdings möglicherweise
deren Vorbereitung, sofern man annehmen würde, dass es sich bei der Erstellung der Industrie- und Entstaubungsanlagen um Massenproduktion
gehandelt hat.
Die unter Punkt 5. geschilderten Aufgaben stellten sicher keine Massenproduktion dar, sondern gehörten zum Bereich der Ausbildung
im weiteren Sinne. Es sollten die Beschäftigten der Betriebe, an die die Anlagen geliefert wurden, mit deren Funktionsweise
vertraut gemacht werden.
Bezüglich Punkt 4. könnte nach der Rechtsprechung des BSG Produktion vorgelegen haben. Dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend wurde auch in der DDR unter Montage der planmäßige Zusammenbau
von Bauteilen zu einem Endprodukt verstanden. Der Zusammenbau von im Wege industrieller Massenproduktion vorgefertigten Bauteilen
zum fertigen Produkt kann seinerseits Teil der industriellen Produktion einschließlich des Bauwesens sein, wobei unerheblich
ist, ob die Bauteile im eigenen oder einem Drittbetrieb angefertigt worden sind. Von einer industriellen Produktion der Endprodukte
ist dann auszugehen, wenn diese ihrerseits massenhaft hergestellt werden und daher ihr Zusammenbau mehr oder weniger schematisch
anfällt. Unter diesen Voraussetzungen ist insbesondere auch eine größere Produktpalette oder eine Vielzahl potenziell zu verbindender
Einzelteile kein Hindernis, solange das Produkt einer vom Hersteller standardmäßig angebotenen Palette entspricht. Werden
dagegen Gebrauchtteile mit verbaut oder treten individuelle Kundenwünsche, wie der zusätzliche Einbau von besonders gefertigten
Teilen oder der Bau eines zwar aus standardisierten Einzelteilen bestehenden, so aber vom Hersteller nicht vorgesehenen und
allein auf besondere Anforderungen gefertigten Produkts, in den Vordergrund, entfällt der Bezug zur industriellen Massenproduktion
(BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R -, juris Rn. 27).
Nach Auffassung des Senats ist bezüglich der Frage, welchen Anteil die Montage und Erstellung von Anlagen an der Betriebstätigkeit
hatte, zu unterscheiden zwischen dem Industrieanlagenbau und dem Entstaubungsanlagenbau. Es ist äußerst fraglich, ob es sich
bei dem Industrieanlagenbau (ohne die Entstaubungsanlagen) um eine massenhafte Produktion von Sachgütern handelte. Es erscheint
bereits fraglich, ob es sich überhaupt um Serienproduktion handelte. Auch wenn der Zeuge Dr. Ing. R hierzu angegeben hat,
dass zwar keine Anlage mit der anderen identisch gewesen sei, es sich aber trotzdem um Serienproduktion gehandelt habe, so
kann dem der Senat nicht beitreten. Hierzu sind die Anlagen zu groß und zu komplex und auch von ihrer Aufgabe her zu unterschiedlich.
So wurden z.B. ein Hydraulikwerk, ein Schilfzellstoff- und Papierkombinat, ein Fleischkombinat, ein Industriekomplex mit einem
Armaturenwerk, einer Pumpenfabrik und einer zentralen Instandhaltung, eine Grau- und Stahlgießerei und eine Nickelhütte realisiert
sowie bis ins Jahr 1990 eine Waggonfabrik. Es wurden auch keine im Wege industrieller Massenproduktion vorgefertigten Bauteile
verwendet, wie es nach der oben zitierten Rechtsprechung des BSG für die Annahme massenhafter Produktion einer endmontierten Anlage notwendig wäre. Dies ergibt sich aus der Aussage des Zeugen
Dr. Ing. R. Dieser hat angegeben, dass auch die Herstellung von Teilen erfolgte, dies jedoch jeweils vor Ort. Die Teile, die
dort erstellt wurden, wurden entsprechend den Fertigungsunterlagen erstellt, und zwar in einer Werkstatt. Es wurde alles erstellt,
was defizitär, d.h. nicht vorhanden war. Es handelte sich nach seinen Angaben um eine standortspezifische Einzelfertigung.
Bzgl. der erstellten Entstaubungsanlagen kommt am ehesten eine Produktion im Sinne des BSG in Betracht, da diese Anlagen kleiner waren als die erstellten Industrieanlagen, in höherer Stückzahl hergestellt wurden
und auch Kundenwünsche hier nicht eine so große Rolle gespielt haben dürften, weil die angestrebte Funktion, nämlich die Entstaubung,
jeweils die gleiche war, was bei den Industrieanlagen, die unterschiedlichen Zwecken dienten, nicht der Fall war. Auch hier
ist jedoch nicht nachgewiesen, dass es sich um Massenproduktion im Sinne der Rechtsprechung des BSG handelte, denn auch hier wurden, wie auch beim Industrieanlagenbau, keine im Wege industrieller Massenproduktion vorgefertigten
Bauteile verwendet, sondern es handelte sich nach Angaben des Zeugen Dr. Ing. R auch hier um eine standortspezifische Einzelfertigung.
Selbst wenn man bzgl. der Entstaubungsanlagen eine Massenproduktion annehmen wollte, wäre nicht geklärt, welchen Anteil diese
Massenproduktion an den gesamten Aufgaben des VEB INEX gehabt hat. Der vom BSG als Kriterium für die Feststellung dessen, was dem Betrieb seine Gepräge gegeben hat vorgegebene Vergleich nach dem jeweiligen
Anteil an Aufwand und Umsatz bzw. Ertrag ist vorliegend nicht möglich. Der Zeuge Dr. Ing. R konnte, hierzu befragt, diesbezüglich
keine Angaben machen. Er wusste auch nicht, ob es noch entsprechende Unterlagen gibt. Der als Zeuge vorgesehene Dipl. Ing.
J konnte wegen Vernehmungsunfähigkeit hierzu nicht befragt werden. Aus seiner Aussage vor dem Sozialgericht Cottbus vom 8.
Mai 2008 ergibt sich hierzu nichts. Dort ist lediglich angegeben, dass das Verhältnis Entstaubungsanlagenbau einerseits und
Anlagenbau und Anlagenexport andererseits sechzig zu vierzig zugunsten des Entstaubungsanlagenbaus betragen habe. Dies steht
bzw. stünde allerdings nicht im Einklang mit der Angabe von Herrn Dipl. Ing. J in dem "Bericht zum Geschäftsverlauf und der
Lage des umzuwandelnden Betriebes" vom 23. Mai 1990. Dort hatte er angegeben, dass im Jahr 1989 die Kennziffer Warenproduktion
Anlagenbau (ohne Export) das größte Ergebnis erzielt hatte und die Kennziffer "IWP", also industrielle Warenproduktion, ein
sehr viel geringeres. Wenn man davon ausgeht, dass der Entstaubungsanlagenbau in dem IWP enthalten ist, so wäre der Anlagenbau
die größte Kennziffer gewesen.
Ein Indiz dafür, dass es sich bei dem VEB INEX nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie im Sinne der Rechtsprechung
des BSG gehandelt hat ist auch, dass er in der "Systematik der Volkswirtschaftszweige" der Wirtschaftsgruppe 63310 (Projektierung
ohne Bauprojektierung) zugeordnet war.
Auch eine Gleichstellung gemäß § 1 VO-AVItech ist nicht gegeben. Nach § 1 Abs. 2 2. DB waren den volkseigenen Produktionsbetrieben
gleichgestellt:
Wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; Technische Hochschulen;
Technische Schulen; Bauakademien und Bauschulen; Bergakademien und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn,
Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen- Ausleih- Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe
(Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.
Bei dem VEB INEX handelte es sich um keines der aufgezählten Institute und Betriebe. Soweit der VEB INEX auch Projektierung
betrieben hat, ergibt sich daraus ebenfalls keine Gleichstellung. Nach der Rechtsprechung des BSG handelte es sich bei Projektierungsbetrieben nicht um gleichgestellte Betriebe im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB (BSG, Urteil vom 07. September 2006 - B 4 RA 39/05 R -, juris Rn. 25).
Der Senat sieht auch keinen Ansatz für weitere Ermittlungen. Da der Kläger zu beweisen hat, dass der Hauptzweck des VEB INEX
die massenhafte Produktion war und ihm nicht gelungen ist, dies nachzuweisen, ist das AAÜG für ihn nicht anwendbar. Damit sind für ihn für den Zeitraum 14. Mai 1973 bis 30. Juni 1990 nicht gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte
festzustellen.
Soweit für Kollegen des Klägers, die in dem gleichen Betrieb gearbeitet haben, von der Beklagten eine Feststellung von Zeiten
der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem der AVItech vorgenommen wurde, so ändert dies nichts an dem gefundenen Ergebnis. Diese
Feststellung erfolgte möglicherweise zu Unrecht, auf eine Gleichbehandlung im Unrecht kann sich der Kläger jedoch nicht berufen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Sie entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.