Grundsicherung für Arbeitsuchende; Kostenrecht - Vergütung; beigeordneter Rechtsanwalt; endgültige Festsetzung; keine Bindung
an die Höhe des gewährten Vorschusses
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere, aus der Staatskasse aufzubringende Vergütung für seine Tätigkeit als beigeordneter
Rechtsanwalt auf Grund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Verfahren S 2 AS 156/12 vor dem Sozialgericht (SG) Fulda.
Im Ausgangsverfahren vor dem SG machten die dortigen fünf Kläger die Erstattung notwendiger Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung in mehreren
Widerspruchsverfahren (bei notwendiger Hinzuziehung des Beschwerdeführers als Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren) geltend:
Der im Ausgangsverfahren beklagte Landkreis hatte über drei Widersprüche der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger des Ausgangsverfahrens,
die allesamt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) betrafen, einheitlich durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 entschieden und dabei eine Kostenübernahme abgelehnt.
Der Beschwerdeführer erhob daraufhin durch Schriftsatz vom 5. Juli 2012 für die Kläger im Ausgangsverfahren Klage und begründete
diese, wobei sich die inhaltlichen Ausführungen rund zwei Seiten einnahmen; unter dem 3. September 2012 duplizierte er kurz
auf die Klageerwiderung. Mit Schreiben vom 16. Januar 2013 reagierte er sodann auf einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag
vom 3. Januar 2013 und unterbreitete unter dem 20. Februar 2013 für die Kläger ein etwas abgewandeltes Vergleichsangebot,
das der Beklagte annahm. Nach diesem durch das SG mit Beschluss vom 22. März 2013 festgestellten Vergleich hatte der Beklagte des Ausgangsverfahrens den Klägern jeweils ein
Fünftel der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten sowohl in den drei Widerspruchsverfahren als auch
im Klageverfahren selbst zu erstatten.
Bereits im Verlauf des Ausgangsverfahrens hatte das SG den Klägern mit Wirkung ab 5. Juli 2012, also dem Tag der Klageerhebung, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers
gewährt (Beschluss vom 10. September 2012). Der Beschwerdeführer hatte danach gegenüber der Staatskasse einen Kostenvorschuss
geltend gemacht (Schreiben vom 10. November 2012), den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle antragsgemäß am 15. November
2012 in Höhe von 468,86 Euro festgesetzt hatte.
Nach Abschluss des Ausgangsverfahrens hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Juni 2013 die endgültige Festsetzung seiner
aus der Staatskasse zu vergütenden Gebühren und Auslagen beantragt, und zwar wie folgt:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG
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170,00 Euro
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Mehrvertretungszuschlag, Nr. 1008 VV RVG
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204,00 Euro
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Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG
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190,00 Euro
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Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG
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20,00 Euro
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Zwischensumme
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584,00 Euro
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19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG
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110,96 Euro
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abzüglich Vorschusszahlung
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-468,86 Euro
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Gesamtbetrag
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226,10 Euro.
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Demgegenüber hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unter dem 13. Juni 2013 die Vergütung nur in Höhe von insgesamt 360,00
Euro festgesetzt und dem folgende Berechnung zugrunde gelegt:
Verfahrensgebühr incl. Mehrvertretungszuschlag
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220,00 Euro
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Einigungsgebühr
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120,00 Euro
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Pauschale für Post- und Telekommunikation
|
20,00 Euro
|
Zwischensumme
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360,00 Euro
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19 % Umsatzsteuer
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68,40 Euro
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abzüglich Vorschusszahlung
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-468,86 Euro
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Gesamtbetrag
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-40,46 Euro.
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Zur Begründung der Absetzungen hat er im Wesentlichen ausgeführt, die angesetzten Gebühren seien unbillig. Es handele sich
um eine unterdurchschnittlich bedeutende Angelegenheit, da ausschließlich um die Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren
gestritten worden sei. Im Rahmen der Gesamtabwägung nach § 14 RVG werde von Gebühren in Höhe von ca. 60 % der jeweiligen Mittelgebühr ausgegangen.
Der Beschwerdeführer hat daraufhin am 28. Juni 2013 Erinnerung eingelegt. Bei der Verfahrensgebühr sei zumindest von einer
Mittelgebühr auszugehen. Die Bedeutung der Angelegenheit sei überdurchschnittlich gewesen, da Grundsicherungsleistungen nach
dem SGB II im Streit gestanden hätten und es also um das absolute Existenzminimum seiner Mandantschaft gegangen sei. Die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse der Mandantschaft seien unterdurchschnittlich gewesen, der Umfang der Tätigkeit jedoch zumindest
durchschnittlich: Es sei eine Klageschrift gefertigt und in drei Bände Akteneinsicht genommen worden. Auch die Schwierigkeit
und Intensität der anwaltlichen Tätigkeit seien zumindest durchschnittlich gewesen. Im vorliegenden Fall habe er sich umfangreich
mit der Rechtmäßigkeit der Leistungen auseinandersetzen müssen. Zudem sei das Gericht bereits im Rahmen der Vorschusszahlung
von einer Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr ausgegangen und habe sich daher bezüglich der Gebührenhöhe festgelegt.
Der Antragsgegner hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass vorliegend nur um die Kosten des Vorverfahrens gestritten worden
sei. Auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeiten sei nicht so gestaltet gewesen, dass er insgesamt als durchschnittlich einzuordnen
wäre. Die rechtliche Schwierigkeit sowie die Anzahl der vorhandenen Rechtsprobleme seien definitiv nicht als durchschnittlich
zu qualifizieren.
Das SG hat die Erinnerung durch Beschluss vom 10. Juli 2014 zurückgewiesen. Die Vergütungsfestsetzung des Urkundsbeamten sei nicht
zu beanstanden. Gem. § 45 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhalte der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung, die er sonst von seinem
Mandanten verlangen könnte, aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59 RVG) nichts anderes bestimmt sei. Er könne dabei nach § 48 Abs. 1 RVG sämtliche Gebühren und Auslagen beanspruchen, die sich aus seiner Tätigkeit ab dem Wirksamwerden seiner Beiordnung ergäben.
Die Höhe der Rahmengebühr bestimme sich nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem
Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren sei das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Sei die Gebühr von einem Dritten
zu ersetzen, sei die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei (Satz 4), wobei ihm
nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zustehe. Unbilligkeit liege vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung seines Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend berücksichtige. Dabei sei für jede Rahmengebühr
eine eigene Prüfung anhand der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Vor diesem Hintergrund komme die vom Beschwerdeführer begehrte Festsetzung nicht in Betracht, da im Ausgangsverfahren
lediglich die Kosten eines Widerspruchsverfahrens streitgegenständlich gewesen seien. Dies mache die Angelegenheit zu einer
deutlich unterdurchschnittlichen auch für die Kläger des Ausgangsverfahrens, obwohl diese auf die geringen Leistungen nach
dem SGB II angewiesen gewesen seien. Der Tätigkeitsumfang des Beschwerdeführers sei ebenfalls begrenzt gewesen, zumal ein einfachst
strukturierter Sachverhalt zugrunde gelegen habe, der weder durchschnittlicher oder gar besonderer Ermittlungen oder rechtlicher
Bewertung durch den Beschwerdeführer bedurft habe. Haftungsrisiken seien nicht ersichtlich. Damit erweise sich die Festsetzung
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als nicht nur angemessen und ausreichend, sondern sie stelle auch den Höchstbetrag
dar, der hier überhaupt habe gewährt werden können. Daher halte sich die Ermessensausübung durch den Beschwerdeführer auch
nicht im 20%-Toleranzrahmen. Soweit der Beschwerdeführer meine, dass die Vorschussfestsetzung eine letztlich niedrigere Gebührenbestimmung
als die der Vorschussberechnung zugrunde liegende verbiete, irre er. Dem Begriff des Vorschusses immanent sei ein darin enthaltener
Vorbehalt der endgültigen Abrechnung, weshalb ein Rechtsanwalt Nachforderungen stellen, die Staatskasse aber auch eine Rückforderung
und dem vorausgehend eine niedrigere Festsetzung vornehmen könne (Verweis auf Schnapp, in: Schneider/Wolf [Hrsg.], Anwaltkommentar
RVG, 5. Aufl. 2010, § 47 Rn. 191).
Der Beschwerdeführer hat nach Zustellung des Beschlusses bei ihm am 21. Juli 2014 mit Schreiben vom 22. Juli 2014, eingegangen
beim SG am 24. Juli 2014, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die in Höhe der Mittelgebühr beantragte Verfahrensgebühr
sei hier nicht unbillig und damit verbindlich festzusetzen. Bereits im Rahmen der Vorschussfestsetzung sei die Mittelgebühr
durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als angemessen betrachtet worden. Durch die Vorschussfestsetzung binde sich das
Gericht, insbesondere könne eine Festsetzung im Nachhinein nur schwerlich geringer sein. Eine Veränderung "nach unten" finde
nicht statt, da die bereits im Zeitpunkt der Vorschussfestsetzung entstandenen Gebühren nicht verfielen oder nichtig würden.
Im hiesigen Fall seien nach der Festsetzung des Vorschusses weitere Stellungnahmen gefertigt und der Vergleichsabschluss vorbereitet
worden. Hinsichtlich der Einigungsgebühr hat der Beschwerdeführer insbesondere ausgeführt, der Vergleich sei letztlich in
der seinerseits vorgeschlagenen Form abgeschlossen worden. Die Gebühr sei dabei grundsätzlich in Anlehnung an die Verfahrensgebühr
festzusetzen, so dass auch insofern - wie bei dieser - die Mittelgebühr angemessen sei.
Das SG hat der Beschwerde unter nochmaliger Auseinandersetzung mit dem Argument, das Gericht sei durch die Vorschussfestsetzung
gebunden, nicht abgeholfen (und dabei zusätzlich auf Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 47 Rn. 10 und Ebert, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 47 Rn. 14 f. verwiesen) und die Beschwerde dem Hessischen Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 28.
Juli 2014).
Der Beschwerdeführer hat zu deren Begründung ergänzend insbesondere noch vorgetragen, hinsichtlich der Verfahrensgebühr sei
die von ihm beantragte Mittelgebühr i.H.v. 170,00 Euro (zzgl. der Erhöhungsgebühr) nicht zu beanstanden. Für Normalfälle bzw.
Durchschnittsfälle, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebe, sei
die Mittelgebühr zugrunde zu legen. Das Ausgangsverfahren werde als Normalfall angesehen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit seien von durchschnittlicher Art gewesen. Bezüglich der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die
Kläger werde auf die Rechtsprechung des Sozialgerichtes Nordhausen verwiesen (Beschluss vom 19. Januar 2015, Az. S 22 SF 1
98/1 2 E); hier führe das Gericht Folgendes aus: "Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 1. September 2009) komme im Bereich des Grundsicherungsrechts allenfalls einstelligen monatlichen Euro-Beträgen
für einen kurzen streitigen Zeitraum von längstens sechs Monaten eine allenfalls durchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung
zu." Dies bedeute, dass bei höheren Beträgen bereits von einer überdurchschnittlichen Bedeutung ausgegangen werden müsse.
Vorliegend sei für die Kläger im Wege des Widerspruchsverfahrens ein Nachzahlungsbetrag i.H.v. 437,67 Euro erzielt worden,
so dass von einer überdurchschnittlichen Bedeutung für die Kläger ausgegangen werden müsse. Auch der Umfang der anwaltlichen
Tätigkeit sei als überdurchschnittlich anzusehen. Vorliegend seien eine vierseitige Klageschrift sowie weitere Stellungahmen
gefertigt und ein Vergleich ausgearbeitet worden. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit werde durch das Gericht bereits bei
einer zweiseitigen Klageschrift sowie drei weiteren Schriftsätzen auch mit standardisierten Texten als durchschnittlich angesehen
(Beschluss des Sozialgerichtes Nordhausen vom 14. Januar 2015, SF 26/12 E) Auch die Einigungsgebühr sei in Höhe der Mittelgebühr
angefallen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei bei dieser Gebühr von lediglich unterdurchschnittlicher Bedeutung. Es
handele sich insoweit um eine Erfolgsgebühr. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des SG Nordhausen vom 15. September
2014 (Az.: S 14 SF 971/11 E) hingewiesen. Das hiesige Verfahren sei durch einen schriftlich ausgearbeiteten Vergleich beendet worden.
Er beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 10. Juli 2014 aufzuheben und die Vergütung für seine Tätigkeit als beigeordneter
Rechtsanwalt im Verfahren S 2 AS 156/12 vor dem dortigen Sozialgericht auf insgesamt 694,96 Euro - abzüglich des bereits erhaltenen Vorschusses - festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Erinnerungs-
und Beschwerdeverfahrens sowie die Gerichtsakte des Rechtsstreits S 2 AS 156/12 des Sozialgerichts Fulda - einschließlich des Kostenhefts -, die bei der Entscheidung vorlagen, Bezug genommen.
II.
Über die Beschwerde entscheidet der Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter
(§§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 33 Abs. 8 Satz 3 RVG), nachdem der Einzelrichter das Verfahren auf den Senat übertragen hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 33 Abs. 8 Satz 2 RVG): Die Sache hat im Hinblick auf die Frage, ob die endgültige Festsetzung der von der Staatskasse geschuldeten Vergütung hinter
einem dem beigeordneten Rechtsanwalt gewährten Vorschuss zurückbleiben darf, grundsätzliche Bedeutung, nachdem jedenfalls
für den Zuständigkeitsbereich des Hessischen Landessozialgerichts eine Entscheidung hierzu nicht vorliegt und auch im Übrigen
zumindest veröffentlichte Erscheinungen hierzu aus jüngerer Zeit selten sind.
Die gemäß §§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Die Vergütungsfestsetzung durch den Urkundsbeamten vom 13. Juni 2013 und der mit dieser
übereinstimmende Beschluss des SG vom 10. Juli 2014 sind nicht zu beanstanden; ein über den Betrag von 428,40 Euro hinausgehender Vergütungsanspruch (inkl.
Umsatzsteuer) des Beschwerdeführers besteht nicht.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht durfte das SG über die Festsetzung entscheiden, ohne zuvor nach § 14 Abs. 2 S. 1 RVG ein Gutachten beim Vorstand der Rechtsanwaltskammer einholen zu müssen. Die Regelung ist nur im Rechtsstreit unmittelbar
zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten anwendbar, nicht dagegen im Verhältnis des im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beigeordneten Anwalts und der Staatskasse (vgl. nur Bay. LSG, Beschl. v. 1. März 2011 - L 15 SF 204/09 B E m.w.N.).
In der Sache sind angesichts des Zeitpunkts der Auftragserteilung an den Beschwerdeführer zur Durchführung des Ausgangsverfahrens
bzw. von dessen Beiordnung vorliegend das RVG und das zugehörige Gebührenverzeichnis (VV RVG) noch in ihrer bis 31. Juli 2013, also bis zu den Reformen durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom
23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586) geltenden Fassung (a.F.) anzuwenden, soweit diese von der jetzigen abweicht (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG). Dabei sind im vorliegenden Verfahren unstreitig (nur) die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG a.F. einschließlich der Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG, die Einigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG a.F. sowie die Post- und Telekommunikationspauschale (Nr. 7002 VV RVG) und die Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) angefallen. Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält diese im Umfang seiner Beiordnung aus der Landeskasse (§§ 45 Abs. 1, 48 Abs. 1 RVG).
Die Höhe der Gebühren richtet sich nach den §§ 3, 14 RVG: Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier (vgl. §§
183,
197 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) - das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anwendbar ist, Rahmengebühren. Innerhalb des durch den jeweiligen Tatbestand des Vergütungsverzeichnisses vorgegebenen
Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der
Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Beteiligten, dem er beigeordnet ist, sowie
von dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und des Haftungsrisikos nach billigem Ermessen (vgl. die nicht abschließende
Aufzählung der maßgeblichen Umstände in § 14 Abs. 1 S. 1 und S. 3 RVG).
Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie
unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG); dabei kann offenbleiben kann, ob diese Vorschrift im Verhältnis der Beteiligten überhaupt anwendbar ist, ob also die Staatskasse
als Vergütungsschuldnerin nach § 55 RVG a.F. als Dritte im Sinne der Vorschrift anzusehen ist. Jedenfalls nämlich hat der Gesetzgeber dem Rechtsanwalt ein Beurteilungs-
und Entscheidungsvorrecht eingeräumt, und zwar entweder über den erwähnten § 14 Abs. 1 S. 1 und S. 4 RVG oder - soweit man diesen nicht für anwendbar, sondern eine Gleichstellung der Staatskasse mit dem Auftraggeber für geboten
hält - über §
315 Abs.
1, Abs.
3 S. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches. Dementsprechend - und angesichts der erheblichen Unschärfen, die notwendig mit der Anwendung der Kriterien des § 14 RVG einhergehen - ist dem Rechtsanwalt bei der Bestimmung der Gebühr ein Spielraum einzuräumen und die verlangte Gebühr erst
bei Überschreiten einer Toleranzgrenze von 20 % nicht mehr maßgeblich (vgl. für viele BSG, Urtl. v. 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30; BGH, Urtl. v. 30. Oktober 2006 VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420).
Um andererseits eine gewisse Transparenz und Vergleichbarkeit der Beurteilung zu ermöglichen, ist bei der Bestimmung der Gebühr
grundsätzlich von der sogenannten Mittelgebühr auszugehen, mit der die Tätigkeit eines Rechtanwaltes in einem Durchschnittsfall
angemessen abgegolten wird; sie greift also ein, wenn die Tätigkeit bezogen auf die maßgeblichen und in § 14 RVG beispielhaft aufgeführten Kriterien als durchschnittlich anzusehen ist (vgl. zu den Prüfungsschritten nach § 14 RVG für den Bereich des SGB II ausführlich BSG, Urt. v. 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30). Ob ein derartiger Durchschnittsfall vorliegt, ergibt sich aus einem Vergleich des konkreten Verfahrens mit sonstigen sozialrechtlichen
Streitverfahren und ist in einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden; zu Recht hat es vielmehr sowohl die Verfahrens- wie die Einigungsgebühr nicht in der beantragten Höhe
festgesetzt.
Bei der Verfahrensgebühr handelt es sich um eine Gebühr, mit der die gesamte prozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwaltes abgegolten
wird, für die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz keine sonstige Gebühr vorsieht. Sie entsteht für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandaten
und umfasst u. a. die Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage durch den Rechtsanwalt - ggf. auch unter Auswertung von Rechtsprechung
und Literatur -, die im Zusammenhang mit dem Verfahren notwendigen Besprechungen und den Schriftwechsel des Rechtsanwaltes
mit dem Auftraggeber und dem Gericht sowie ggf. mit Dritten, ferner die Mitwirkung bei der Auswahl und Beschaffung von Beweismitteln,
die Sammlung und den Vortrag des aus der Sicht des Rechtsanwaltes rechtlich relevanten Stoffs sowie das Anbieten von Beweismitteln
(vgl. BT-Drucksache 15/1971, S. 210).
Dabei gibt VV RVG Nr. 3103 a.F. für die Verfahrensgebühr einen Rahmen von 20,00 Euro bis 320,00 Euro vor, wenn der Anwalt - wie hier - schon
im Vorverfahren tätig war; die Mittelgebühr beträgt demnach 170,00 Euro. Die Bestimmung in dieser Höhe war im konkreten Fall
jedoch unbillig bzw. widersprach billigem Ermessen, so dass der Urkundsbeamte die Bestimmung durch den Erinnerungsführer bei
der Festsetzung nicht zu übernehmen hatte. Ausschlaggebend hierfür ist insbesondere, dass die anwaltliche Tätigkeit hinsichtlich
ihres Umfangs und ihrer Schwierigkeit, aber auch ihrer Bedeutung erheblich hinter der in einem Verfahren vor dem SG im Durchschnitt anfallenden zurückblieb.
Der Umfang der Tätigkeit wird im Wesentlichen durch die zeitliche Inanspruchnahme des Anwalts bestimmt, ihre Schwierigkeit
ist anhand der Intensität und der Komplexität der Tätigkeit zu bewerten (vgl. nochmals für viele BSG, Urt. v. 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, BSGE 104, 30; aus der Senatsrspr. z.B. Beschl. v. 6. Juni 2014 - L 2 SF 14/13 E). Der Umfang ist vorliegend deutlich unterdurchschnittlich: Der Beschwerdeführer hat durch Schriftsatz vom 5. Juli 2012
für die Kläger des Ausgangsverfahrens Klage erhoben (und Prozesskostenhilfe beantragt, wobei er die Erklärung zu den persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnissen mit den entsprechenden Unterlagen mit Schriftsatz vom 27. Juli 2012 nachgereicht hat) und
diese begründet, wobei die inhaltlichen Ausführungen rund zwei Seiten umfassen, sowie mit Schreiben vom 3. September 2012
auf die Klageerwiderung kurz dupliziert - die weiteren Schreiben stehen dann schon im Kontext der Vergleichsverhandlungen
-, wobei seine Tätigkeit auch in diesem Zusammenhang nach Umfang (und Schwierigkeit) deutlich hinter einer durchschnittlichen
Klagebegründung und den üblicherweise im Verlauf eines Verfahrens erforderlichen Stellungnahmen zurückblieb. Dabei kommt es
selbstverständlich nicht formal auf die Anzahl der insoweit benötigten Seiten an: Allerdings ist ein Klageverfahren, bei dem
der Anwalt für die Begründung und weitere Stellungnahmen - bei gleicher inhaltlicher Qualität und Dichte - z.B. sechs, zehn
oder noch mehr Seiten benötigt, regelmäßig nach Umfang (und Schwierigkeit) aufwändiger als ein Verfahren, bei dem sich inhaltlichen
Ausführungen zur Begründung des klägerischen Begehrens auf insgesamt zwei bis drei Seiten beschränken können.
Vor allem aber handelte es sich um ein überschaubaren Sachverhalt, da - anders als der Beschwerdeführer ausgeführt hat - im
Ausgangsverfahren gerade nicht um Grundsicherungsleistungen und deren Rechtmäßigkeit gestritten wurde, sondern um die Kostenerstattung
im Widerspruchsverfahren. Insoweit ist auch nicht plausibel, warum der Beschwerdeführer - wie von ihm geltend gemacht - im
hiesigen Zusammenhang drei Bände mit Verwaltungsakten hätte durchsehen müssen; vielmehr war ihm der Sachverhalt auf Grund
der vorangegangenen Vertretung in den Widerspruchsverfahren wegen der Leistungsansprüche vertraut; im hiesigen Verfahren kam
es (nur noch) auf die Frage an, ob in den Widerspruchsverfahren von einem teilweisen Obsiegen auszugehen und ob die Hinzuziehung
eines Bevollmächtigten notwendig war. Insoweit hatte der Beschwerdeführer erhebliche Synergieeffekte (vgl. allg. zur Berücksichtigung
von Synergieeffekten Straßfeld, SGb 2008, 705, 708; für die Annahme geringerer Schwierigkeit, wenn Sachverhalt und rechtliche Probleme bereits in vorangegangenen Rechtszügen,
an denen der Anwalt beteiligt war, erörtert wurden: Senat, Beschl. v. 6. Juni 2014 - L 2 SF 14/13 E). Die allein auf der Grundlage von § 63 SGB X zu diskutierende Frage nach der Kostenerstattung (und in diesem Rahmen der Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt hinzuziehen)
selbst warf keine Probleme auf, die - im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Verfahren - nach Umfang und Schwierigkeit
auch nur annähernd als durchschnittlich angesehen werden könnten.
Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger des Ausgangsverfahrens war anders als der Beschwerdeführer meint - jedenfalls
nicht überdurchschnittlich, handelte es sich doch gerade nicht um die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II selbst. Insofern stand auch nicht etwa die Sicherung des Existenzminimums im Raum, sondern streitig war die Erstattungsfähigkeit
der in den vorangegangenen Widerspruchsverfahren angefallenen Kosten. Demgegenüber war auf die eingeschränkten finanziellen
Verhältnisse der Kläger des Ausgangsverfahrens Rücksicht zu nehmen, wobei hier anders als beim Streit um aktuell benötigte
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende - keine Kompensation dieser Kriterien (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, B 4 AS 21/09 R; OLG Thüringen, Beschluss vom 2. Februar 2005, 9 Verg 6/04, JurBüro 2005, 303, 305 f.) eintreten konnte.
Das nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG zu berücksichtigende Haftungsrisiko ist ebenso wenig wie sonstige Gesichtspunkte geeignet, eine über den festgesetzten Betrag
hinausgehende Gebühr zu rechtfertigen.
Auch kann sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen, die endgültige Festsetzung dürfe hinter dem ihm zugebilligten Vorschuss
nicht zurückbleiben.
Schon dem Begriff des Vorschusses ist die Vorläufigkeit der damit verbundenen Berechnung immanent. Er steht unter dem Vorbehalt
der endgültigen Gebührenfestsetzung nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens der jeweiligen Instanz. Daher kommt - regelmäßig
sogar bei sehr langer Dauer des gerichtlichen Verfahrens - ein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsanwalts darauf, einen einmal
erhaltenen Vorschuss nicht zurückzahlen zu müssen, nicht in Betracht (vgl. ebs. OVG Lüneburg, JurBüro 1991, 1348 und Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 47 RVG Rn. 8 sowie die bereits vom SG zitierten Nachweise). Soweit der Beschwerdeführer aus der Formulierung in § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG, dass Vorschüsse für die entstandenen Gebühren (und die voraussichtlich entstehenden Auslagen) gefordert werden könnten,
ableiten will, dass durch die Vorschussbewilligung eine Selbstbindung des Gerichts eintrete und die endgültige Festsetzung
hinter dem Vorschuss nicht zurückbleiben dürfe, folgt der Senat dem nicht: Aus der erwähnten Formulierung ergibt sich eine
Beschränkung nur dahin, dass die Gebühr, für die ein Vorschuss verlangt wird, dem Grunde nach entstanden sein muss.
Im Übrigen müsste die vom Beschwerdeführer angenommene Selbstbindung durch die Vorschusszahlung nahezu zwangsläufig zu einem
äußerst restriktiven Vorgehen der Urkundsbeamten bei der Bemessung des Vorschusses führen, das wenig sachgerecht und im Übrigen
kaum im Interesse der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwälte wäre: Gerade wenn die Prozesskostenhilfe der
gesetzlichen Konzeption entsprechend in einem frühen Stadium des Verfahrens (beantragt und) gewährt und unmittelbar anschließend
ein Vorschuss bewilligt wird, müsste der Urkundsbeamte diesen sehr niedrig ansetzen, weil zu Beginn des Verfahrens regelmäßig
anhand der Kriterien aus § 14 RVG kaum mehr als die Mindestgebühr zu rechtfertigen sein wird; auf die zukünftig zu erwartende Entwicklung dürfte der Urkundsbeamte,
wenn eine Rückforderung ausgeschlossen wäre, keine Rücksicht nehmen, weil niemals ganz sicher feststeht, ob das Verfahren
nicht doch - aus welchen Gründen auch immer - schnell wieder beendet wird. Dagegen erlaubt eine Rückforderungsmöglichkeit
den Urkundsbeamten, den im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG angemessenen Vorschuss regelmäßig in Höhe der Mittelgebühr anzunehmen und erst bei der endgültigen Festsetzung die Bewertungskriterien
des § 14 RVG im Einzelnen in die Beurteilung einfließen zu lassen und auf dieser Grundlage u.U. auch zu einer hinter der Mittelgebühr
zurückbleibenden Gebühr zu gelangen.
Die Bestimmung der streitigen Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr, wie der Beschwerdeführer sie vorgenommen hat, erscheint
nach allem unbillig. Deren Festsetzung durch den Urkundsbeamten und dementsprechend durch das SG mit einem Betrag von 220,00 Euro (einschließlich der Erhöhungsgebühr) ist dagegen nicht zu beanstanden.
Ähnliches gilt für die Einigungsgebühr. Hier ist nach VV RVG Nr. 1006 a.F. von einem Rahmen von 30,00 bis 350,00 Euro auszugehen, die Mittelgebühr, die der Beschwerdeführer geltend gemacht
hat, beträgt demnach 190,00 Euro; auch diese erscheint jedoch bei einer Bemessung anhand der Kriterien des § 14 RVG nicht gerechtfertigt.
Zwar ist die Einigung im Ausgangsverfahren nicht sofort durch beiderseitige Zustimmung zum gerichtlichen Vergleichsvorschlag,
sondern erst auf der Grundlage eines diesen etwas modifizierenden Vorschlags des Beschwerdeführers zustande gekommen; das
ändert aber nichts daran, dass eine Gebührenfestsetzung in Höhe der Mittelgebühr unbillig erscheinen muss: Von Bedeutung ist
hier vor allem die sehr überschaubare Schwierigkeit, da nur ein Problem, nämlich die Kostenfrage im Widerspruchsverfahren
(und im diesbezüglichen gerichtlichen Verfahren), in eine Einigung umzusetzen war. Rückwirkungen auf Probleme zwischen den
Beteiligten oder auf zukünftige Entwicklungen waren nicht zu bedenken, Berechnungen nicht anzustellen, nachdem im Vergleich
nur eine Kostenquote festgeschrieben wurde. Hinsichtlich der Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger des Ausgangsverfahrens
und deren wirtschaftliche Verhältnisse kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Insgesamt ist daher auch die Festsetzung der Einigungsgebühr in Höhe von 120,00 Euro nicht zu beanstanden.
Die weiteren Beträge, also die Post- und Telekommunikationspauschale und die Berücksichtigung der Mehrwertsteuer, sind zwischen
den Beteiligen zu Recht nicht streitig.
Im Übrigen wird ergänzend auf die zutreffende Begründung des angegriffenen Beschlusses Bezug genommen.
Die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG); einer ausdrücklichen Entscheidung über die Kosten bedarf es daher nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).