Nochmalige Auszahlung einer Altersrente wegen behaupteter Fehlüberweisung
Tatbestand:
Der 1947 geborene Kläger, der sich als Rentenberater ausweist (vgl. etwa Schreiben vom 26. Januar 2017, Bl. 29 GA), begehrt
die (nochmalige) Auszahlung der Altersrentenzahlungen für die Monate Juli bis November 2014.
Der Kläger steht seit Jahren im Altersrentenbezug. Bis Juni 2014 überwies im Auftrag des beklagten Rentenversicherungsträgers
entsprechend der gesetzlichen Regelung in §
119 Abs.
1 SGB VI der Rentenservice der Deutschen Post AG (im Folgenden: Rentenservice) die monatlichen Rentenzahlungen auf ein Konto des Klägers
bei der I. Bank. Bei diesem Konto handelte es sich jedenfalls seinerzeit um ein Gemeinschaftskonto, Inhaber waren der Kläger
und seine Ehefrau J. K. (vgl. S. 3 des Schriftsatzes des Klägers vom 28. Dezember 2018, Bl. 138 GA).
Am 28. Mai 2014 ging beim Rentenservice in Berlin eine vom Kläger persönlich am 26. Mai 2014 unterzeichnete Änderungsanzeige
ein (Bl. 719 VV). Mit dieser unter Verwendung des entsprechenden vom Rentenservice herausgegangenen Vordrucks verfassten Anzeige
beantragte der Kläger, die Rentenzahlungen künftig auf das Postbankkonto mit der IBAN-Nr. DE L. zu überweisen.
Dementsprechend überwies der Rentenservice (in Umsetzung einer auf der Grundlage der Änderungsanzeige des Klägers von Seiten
des beklagten Rentenversicherungsträgers am 18. Juni 2014 erstellten Änderungsanweisung, Bl. 851 VV) die monatlichen Rentenzahlungen
für die Monate Juli bis Oktober 2014 in Höhe von jeweils 1.538,02 EUR fristgerecht auf dieses Konto (mit der IBAN-Nr. DE L.).
Mit weiterer Änderungsanzeige vom 4. Oktober 2014 (Bl. 856 VV, Eingang beim Rentenservice ausweislich des Eingangsstempels
am 7. Oktober 2014) wies der Kläger den Rentenservice an, die Rentenzahlungen nunmehr wieder auf sein Konto Nr. M. bei der
N. Bank zu überweisen. Dieser Bitte wurde mit Wirkung ab der (Ende November 2014 fälligen) Rentenzahlung für November 2014
entsprochen.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 (Bl. 852 VV) teilte der Kläger dem Rentenservice mit, dass er seit Ende Mai 2014 keine
Rentenzahlungen erhalten habe. Er bat erneut um Überweisung der Rentenzahlungen auf sein Konto Nr. 2177360500 bei der N. Bank.
Zugleich wies er darauf hin, dass er in den Wintermonaten bis Mai 2015 in Kolumbien wohne.
Der Rentenservice erläuterte daraufhin im Schreiben vom 28. Oktober 2014 (Bl. 853 VV), dass die Rentenzahlungen für die Monate
Juli bis Oktober 2014 jeweils zum Monatsende auf das Konto mit der IBAN-Nr. DE L. überwiesen worden seien.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2014 (Bl. 865 VV) teilte der Kläger dem Rentenservice mit, dass auf seinem Konto Nr. O. keine
Rentenzahlungen eingegangen seien. Ihm würden die Rentenzahlungen für Juli und August 2014 fehlen. Ein Konto mit der IBAN-Nr.
DE L. sei ihm unbekannt.
Mit Email vom 17. Dezember 2014 (Bl. 868 VV) trug er weiter vor, dass er am 26. Mai 2014 bei der Postbank ein Konto mit der
Nr. O. eröffnet habe. Die Veränderungsanzeige vom 26. Mai 2014 habe er nicht unterzeichnet. Auch mit nachfolgendem Schreiben
vom 15. Juni 2015 bestätigte er noch einmal (Bl. 900 VV), dass er die Änderungsanzeige nicht unterzeichnet habe.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 (Bl. 931 VV) hat der Kläger demgegenüber eingeräumt, dass er die Veränderungsanzeige unterzeichnet
habe. Sie sei ihm am 26. Mai 2014 im Zuge der Kontoeröffnung von einem "Bediensteten der Postbank" "zur Unterschrift" vorgelegt
worden. Bei der Unterzeichnung sei die IBAN-Nr. DE L. bereits eingetragen gewesen. Er habe darauf vertraut, dass die in der
Veränderungsanzeige ausgewiesene Bankverbindung mit den Daten des von seiner Seite beantragten neuen Girokontos bei der Postbank
übereinstimmen würden.
Nachfragen des Rentenservices bei der Postbank ergaben im Mai 2015, dass die Rentenzahlungen für die Monate Juli bis Oktober
2014 auf das Konto mit der IBAN-Nr. DE L. gutgeschrieben worden sind. Inhaberin dieses Kontos ist allerdings nicht der Kläger,
sondern seine Ehefrau J. K. (Bl. 894 VV).
Am 2. Mai 2016 hat der Kläger Klage auf Auszahlung der Rentenbeträge für die Monate Juli bis Oktober 2014 erhoben. Die Beklagte
habe für diese vier Monate die Rentenzahlungen nicht auf das "korrekte Konto" überwiesen.
Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass der "Postangestellte" versehentlich in dem Formular für die Änderungsanzeige
die Bankverbindung seiner Ehefrau eingetragen habe, zumal beide Eheleute beim gemeinsamen Aufsuchen der Post am 26. Mai 2014
jeweils ein eigenes Girokonto bei der Postbank eröffnet hätten.
Da er persönlich an einer armbetonten Halbseitenschwäche leide, habe er sich beim Ausfüllen der Änderungsanzeige der Hilfe
des "Bediensteten der Postbank" bedient (vgl. Schreiben vom 26. Januar 2017, Bl. 30 GA). Demnach habe die Beklagte die Fehlüberweisung
zu vertreten.
Mit Telefax vom 13. Juli 2017 (Bl. 55 GA) hat der Kläger persönlich geltend gemacht, dass sein damaliger Bevollmächtigter
den Sachverhalt "komplett falsch geschildert" habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2017, dem Kläger zugestellt am 8. November 2017, hat das Sozialgericht Bremen die Klage
abgewiesen. Die Beklagte habe die streitbetroffenen Rentenzahlungen auf das vom Kläger benannte Girokonto überwiesen. Es wäre
Obliegenheit des Klägers gewesen, die von seiner Seite der Beklagten bzw. dem Rentenservice übermittelten Angaben betreffend
seine Bankverbindung auf deren Richtigkeit hin zu überprüfen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 13. November 2017. Der Kläger macht geltend, dass er mit seiner Ehefrau
J. K. im kolumbianischen P. über eine gemeinsame Eigentumswohnung verfüge, wobei sie jedoch seit 2012 innerhalb dieser Wohnung
in getrennten Räumen leben würden.
Im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Änderungsanzeige vom 26. Mai 2014 sei das Formblatt bereits mit Zahlen ausgefüllt gewesen,
nicht hingegen mit Namen. Die Nummer des an jenem Tag erst neu zu eröffnenden Kontos sei ihm noch gar nicht bekannt gewesen.
Die im Ergebnis bewirkten Zahlungen an seine Ehefrau müsse er sich nicht zurechnen lassen. Der "Bedienstete des Renten-Service
der Deutschen Post AG" sei bei der "Vorbereitung des Formblatts" offenbar davon ausgegangen, dass es sich bei der eingetragenen
Kontonummer um die Nummer des neu eröffneten Kontos des Klägers handele.
Nach §
119 Abs.
4 SGB VI werde der Träger der Rentenversicherung von seiner Verantwortung gegenüber dem Versicherten nicht durch Handlungen des Rentenservices
entbunden.
Der Kläger regt eine Beiladung der Deutschen Post AG an und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bremen vom 13. Oktober 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
für die Monate Juli 2014 bis Oktober 2014 die in diesen vier Monaten fällig gewordenen Altersrenten in Höhe von monatlich
1.538,02 Euro, insgesamt also 6.135,08 Euro, nebst Zinsen in Höhe von jeweils fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz auf
einen Betrag von 1.538,02 Euro seit dem 1. August 2014, auf einen weiteren Betrag von 1.538,02 Euro seit dem 1. September
2014, auf einen weiteren Betrag von 1.538,02 Euro seit dem 1. Oktober 2014 und auf einen weiteren Betrag von 1.538,02 Euro
seit dem 1. November 2014 auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine (nochmalige) Auszahlung der Altersrentenzahlungen für die Monate Juli bis November
2014.
1. Nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens muss der Senat davon ausgehen, dass der Kläger die streitbetroffenen Altersrentenzahlungen
für die Monate Juli bis November 2014 bereits erhalten hat. Die streitbetroffenen vier Monate umfassenden Rentenauszahlungen
sind vom Rentenservice der Deutschen Post AG auf das Postbankkonto mit der IBAN-Nr. DE L. überwiesen worden. Dessen Inhaber
ist allerdings nicht der Kläger, sondern seine Ehefrau. Dies schließt natürlich schon im Ausgangspunkt nicht aus, dass der
Kläger gleichwohl die streitbetroffenen Rentenzahlungen erhalten hat.
Zum einen ist die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass die Ehefrau angesichts ihrer (augenscheinlich) fehlenden materiell-rechtlichen
Berechtigung zum Empfang der für den Kläger bestimmten Altersrentenzahlungen die dem Kläger zustehenden Rentenzahlungen schlicht
und einfach an diesen (sei es im Wege der Überweisung oder auch in bar) weitergeleitet hat. Zum anderen kommt auch die Möglichkeit
in Betracht, dass sich der Kläger mit seiner Ehefrau angesichts ihrer fehlenden materiell-rechtlichen Berechtigung zum Empfang
der für den Kläger bestimmten Altersrentenzahlungen mit einer Verrechnung der auf dem Konto der Ehefrau eingegangenen Zahlbeträge
mit anderen Ansprüchen der Ehefrau gegen den Kläger (etwa auf Unterhaltszahlungen, auf Beteiligung an den Kosten der gemeinsamen
Eigentumswohnung im kolumbischen P., auf Beteiligung an den Kosten gemeinsamer Unternehmungen o.ä.) verständigt hat.
Bezeichnenderweise gingen die für den Kläger bestimmten Rentenzahlungen bis Juni 2014 noch auf ein gemeinsames Konto der Eheleute
ein, ohne dass Schwierigkeiten bei der Zuordnung der eingehenden Gutschriften an den jeweils betroffenen Ehegatten von Seiten
des Klägers aufgezeigt oder anderweitig erkennbar geworden sind.
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Eheleute seit 2012 innerhalb dieser Eigentumswohnung im kolumbischen P. in getrennten
Räumen leben würden, ist dieser Vortrag im vorliegenden Zusammenhang ohne ausschlaggebende Relevanz. Schon im Ausgangspunkt
können sehr unterschiedliche Ausprägungen eines "getrennten" Lebens von Eheleuten innerhalb einer Wohnung in Betracht kommen.
Im vorliegenden Fall hat das angeführte "Getrenntleben" den Kläger und seine Ehefrau augenscheinlich weder an der Beibehaltung
eines Gemeinschaftskontos auch für Rentenzahlungen jedenfalls bis Sommer 2014 noch an einem gemeinsamen Besuch einer Postbankfiliale
in dem von der gemeinsamen Eigentumswohnung mehr als 10.000 km entfernt gelegenen Q. am 26. Mai 2014 gehindert.
Überdies sind natürlich im Regelfall auch getrennt lebende Eheleute noch zu sachgerechten Lösungen in der Lage. Dies gilt
im besonderen Maße, soweit es nur um die Korrektur von augenscheinlichen Fehlüberweisungen geht. Die Bereitschaft zu sachgerechten
Kooperation wird im Alltag auch dadurch gefördert, dass einem sich sachwidrig verweigernden Betroffenen auch eine Inanspruchnahme
im gerichtlichen Wege zum Ausgleich einer durch die Fehlüberweisung bedingten ungerechtfertigten Bereicherung im Sinne des
§
812 BGB mit den damit verbundenen weiteren Gerichts- und Anwaltskosten droht.
Der Kläger trägt gleichwohl vor, dass er die streitbetroffenen vier Rentenzahlungen "nicht erhalten" habe (vgl. in diesem
Sinne insbesondere die - sich auffälligerweise allerdings nur auf die Rentenzahlungen für die Monate Juli und August 2014
und nicht auch auf die ebenfalls im vorliegenden Rechtsstreit eingeklagten Rentenzahlungen für die Monate September und Oktober
2014 beziehenden - Ausführungen des Klägers im Schreiben vom 4. Dezember 2014, Bl. 870 ff. VV).
Bei dieser Ausgangslage hat der Senat (anknüpfend an einen nach damaligen Sach- und Streitstand unterbreiteten Vergleichsvorschlag)
den Kläger mit Verfügung vom 4. März 2019 aufgefordert, zu versichern, dass er die vom Rentenservice der Deutschen Post AG
im Auftrag der Beklagten für den Monat Oktober 2014 auf das Konto mit der IBAN-Nr. DE L., überwiesene Rentenzahlung persönlich
nie erhalten hat und dass er persönlich durch diese Rentenzahlung auch nicht in der Form bereichert worden ist, dass diese
Zahlung mit gegen ihn bestehende Ansprüche seiner Ehefrau verrechnet worden ist.
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Kläger sich geweigert hat, eine solche Versicherung abzugeben. Sein Prozessbevollmächtigter
stand und steht im Emailkontakt mit dem Kläger. Er hat die Verfügung des Senates vom 4. März 2019 an den Kläger per Email
weitergeleitet, der Kläger hat hierzu den Angaben seines Bevollmächtigten zufolge umgehend ebenfalls per Email Stellung genommen.
Noch am Tag vor der mündlichen Verhandlung hat der Kläger seinem Bevollmächtigten eine das vorliegende Verfahren betreffende
Email übermittelt. Der Emailkontakt war auch in den Tagen vor dem Termin der mündlichen Verhandlung jedenfalls so intensiv,
dass nach dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten auch Einzelheiten des am 26. März 2019 per Telefax übermittelten sich insbesondere
mit Einzelheiten der Antragsformulierung befassenden Schriftsatzes zwischen dem Bevollmächtigten und dem Kläger "abgestimmt"
werden konnten.
Die angesprochene vom Senat angeforderte Versicherung ist jedoch nicht abgegeben worden. Die entsprechende Erörterung in der
mündlichen Verhandlung hat zu dem Ergebnis geführt, dass von Seiten des Bevollmächtigten die Abgabe einer solchen Versicherung
im Namen des Klägers explizit abgelehnt worden ist. Dabei sind nicht einmal ansatzweise spezifische nachvollziehbare Gründe
für die Nichtabgabe einer solchen Versicherung von Seiten des Bevollmächtigten angeführt worden. Damit kann als Erklärung
bei lebensnaher Würdigung des Sachverhalts nur in Betracht gezogen werden, dass der Kläger die angeforderte Versicherung nicht
abgeben wollte, weil sie wahrheitswidrig gewesen wäre.
Dementsprechend steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger die Rentenzahlung für den Monat Oktober 2014 persönlich
(durch Weiterleitung des Betrages durch seine Ehefrau) erhalten hat oder dass er jedenfalls persönlich durch diese Rentenzahlung
in der Form bereichert worden ist, dass diese Zahlung einvernehmlich mit gegen ihn bestehenden Ansprüchen seiner Ehefrau verrechnet
worden ist.
Ausgehend von einer persönlichen Bereicherung durch die Rentenzahlung für den Monat Oktober 2014 fehlt es zugleich an einer
nachvollziehbaren Erklärung dafür, weshalb nicht gleichermaßen auch die für den Kläger bestimmten Rentenzahlungen für die
Monate Juli bis September 2014 auch diesen persönlich auf einem der angesprochenen Wege im wirtschaftlichen Ergebnis erreicht
haben sollten.
In der gebotenen Gesamtwürdigung unter Einbeziehung auch der nicht einmal ansatzweise in nachvollziehbarer Form begründeten
Weigerung zur Abgabe der vom Senat erbetenen Versicherung und auch unter Berücksichtigung des anfänglichen augenscheinlich
wahrheitswidrigen Vortrages des Klägers (in der Email vom 17. Dezember 2014, Bl. 868 VV, und im nachfolgendem Schreiben vom
15. Juni 2015, Bl. 900 VV), wonach er die Änderungsanzeige vom 26. Mai 2014 nicht unterzeichnet habe, steht ausgehend von
der dargelegten Ausgangslage zur Überzeugung des Senates fest, dass der Kläger auch die Rentenzahlungen für die Monate Juli
bis September 2014 persönlich (durch Weiterleitung des Betrages durch seine Ehefrau) erhalten hat oder dass er jedenfalls
persönlich durch diese Rentenzahlung in der Form bereichert worden ist, dass diese Zahlung mit gegen ihn bestehende Ansprüche
seiner Ehefrau einvernehmlich verrechnet worden ist.
Ausgehend von einer Weiterleitung oder jedenfalls einer durch eine Verrechnung der streitbetroffenen Rentenzahlungen mit Gegenansprüchen
der Ehefrau gegen den Kläger fortbestehenden persönlichen Bereicherung stellt sich das Verlangen des Klägers auf nochmalige
Auszahlung der streitbetroffenen Rentenzahlungen jedenfalls als treuwidrig dar (entsprechend BGH, Urteil vom 14. Juli 2008
- II ZR 132/07 -, NJW-RR 2008, 1512, Rn. 19; vgl. zum Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens unter Berücksichtigung des §
242 BGB auch BSG, U.v. 19. Oktober 2000 - B 10 LW 21/99 R - SozR 3-5868 § 21 Nr. 2).
2. Darüber hinaus muss der Kläger die durch den Rentenservice der Deutschen Post AG bewirkten Überweisungen der Rentenzahlbeträge
für die Monate Juli bis Oktober 2014 auf das Postbankkonto mit der IBAN-Nr. DE L. auch deshalb gegen sich gelten lassen, weil
er selbst den Rentenservice angewiesen hat, die Rentenzahlungen auf eben dieses Konto zu überweisen.
Laufende Rentenzahlungen und andere Geldleistungen sind von Seiten der Sozialleistungsträger entsprechend §
47 SGB I im Regelfall durch Überweisungen zu erbringen. Dies setzt zwangsläufig voraus, dass der Versicherte dem Sozialleistungsträger
seine Bankverbindung mitteilt, und zwar natürlich die zutreffende. Nur der Versicherte (und nicht etwa der Sozialleistungsträger)
weiß (jedenfalls im Regelfall), bei welchen Banken der Versicherte welche Konten unterhält.
Im automatisierten Bankverkehr werden Überweisungen seit inzwischen vielen Jahren allein anhand der jeweils angegebenen Kontonummer
durchgeführt. Für die am Überweisungsverkehr beteiligten Banken gibt es - entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in § 675r
BGB - keine Pflicht mehr zum Abgleich zwischen Kontonummer und Empfängernamen (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss
vom 27. Januar 2012 - 5 U 4/12 - juris).
Dies bedeutet für das Verhältnis zwischen Versicherten und Sozialleistungsträger natürlich zugleich, dass der Versicherte
sich darüber im Klaren sein muss, dass die Überweisung auch dann auf ein von ihm angegebenes Konto durchgeführt wird, wenn
dieses nicht sein eigenes sein sollte. Der Sozialleistungsträger kann im Regelfall eine Diskrepanz zwischen dem Versicherten
und dem Inhaber des von Seiten des Versicherten benannten Kontos nicht erkennen; im Bankverkehr wird gar nicht mehr überprüft,
ob der Kontoinhaber und der auf der Überweisung ggfs. vermerkte Empfänger der Zahlung übereinstimmen.
Der Leistungsträger ist im Regelfall verpflichtet, dem Wunsch des Leistungsberechtigten zu folgen und die Überweisung einer
Geldleistung auf das vom Berechtigten ausdrücklich genannte Bankkonto vorzunehmen (BSG, Urteil vom 14. August 2003 - B 13 RJ 11/03 R -, SozR 4-7610 § 362 Nr 1).
Diese Grundsätze gelten auch für die Mitteilung einer Kontoänderung. Teilt ein Gläubiger die Eröffnung eines neuen Kontos
mit und wünscht er die Zahlung noch ausstehender Beträge ausschließlich auf das neue Konto, so hat der Schuldner dem im Regelfall
Folge zu leisten, auch wenn das ursprünglich genannte Konto noch (übergangsweise) weitergeführt wird. Liegt kein Ausnahmetatbestand
vor, kommt der Überweisung des geschuldeten Zahlbetrages auf das ursprünglich genannte Konto keine Tilgungswirkung zu (BSG, Urteil vom 14. August 2003 - B 13 RJ 11/03 R -, SozR 4-7610 § 362 Nr 1, Rn. 20).
Für dieses Ergebnis spricht auch die Vorschrift des §
33 SGB I. Danach sind, wenn die Rechte oder Pflichten nach Art und Umfang nicht im Einzelnen bestimmt sind, bei ihrer Ausgestaltung
die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen
Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten
und Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind (BSG, Urteil vom 14. August 2003 - B 13 RJ 11/03 R -, SozR 4-7610 § 362 Nr 1, Rn. 21).
Auch im Fall der Mitteilung einer Kontoänderung (wie sie auch im vorliegenden Fall erfolgt ist) greift mithin nach der höchstrichterlichen
Rechtsprechung die Pflicht des Sozialleistungsträgers zur Überweisung der noch zu erbringenden Beträge auf das mitgeteilte
neue Konto ein. Letztlich beinhaltet die Mitteilung einer neuen Bankverbindung auch einen Auftrag zur Überweisung der zu erbringenden
Leistungen auf das neue Konto; auch nach zivilrechtlichen Grundsätzen ist der Auftragnehmer (insoweit also im vorliegenden
Zusammenhang der Sozialleistungsträger) verpflichtet, Weisungen (wie hier in Form der Weisung zur Überweisung auf das neu
mitgeteilte Konto) verlässlich umzusetzen (BGH, Urteil vom 15. 11. 2007 - IX ZR 44/04 - NJW 2008, 1309).
Im vorliegenden Fall wird inzwischen auch von Seiten des Klägers eingeräumt, dass er die fragliche Änderungsanzeige vom 26.
Mai 2014 (Bl. 719 VV) persönlich unterzeichnet hat (vgl. Schreiben vom 30. Oktober 2015, Bl. 931 VV).
In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die in der Änderungsanzeige enthaltenen Angaben betreffend die neue Bankverbindung
von dem Kläger persönlich oder von dem (im Schreiben vom 30. Oktober 2015 angeführten) "Bediensteten der Postbank" eingetragen
worden ist und ob dieser Bedienstete diese Eintragungen ggfs. erst nach Unterzeichnung des Formulars durch den Kläger vorgenommen
haben könnte.
Sollte diese Eintragung erst nach Unterzeichnung des Formulars durch den Kläger vorgenommen worden sein, dann hätte der Kläger
mit der Übergabe des von ihm (unter dieser Annahme zunächst insoweit blanko) unterzeichneten Formulars die Vollmacht zur Vervollständigung
um die seinerzeit noch fehlende neue Bankverbindung erteilt. Etwaige Fehler des von ihm bevollmächtigten Bankanstellten müsste
sich der Kläger als Vollmachtgeber (und nicht etwa die an dem damaligen Vorgang gar nicht beteiligte Beklagte) zurechnen lassen.
Ohnehin ist vorsorglich klarzustellen, dass der Kläger nach eigenem Vortrag am 26. Mai 2014 die Filiale der Postbank in Q.
(R.) aufgesucht hat. Das Privat-, Geschäfts- und Firmenkundengeschäft unter der Marke Postbank ist inzwischen Teil der Deutschen
Bank Privat- und Firmenkundenbank AG (vgl. https://www.postbank.de/postbank/wu profil portraet.html). Schon seit 2012 bestand
ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der damaligen Deutschen Postbank AG als abhängigem Unternehmen und
der DB Finanz-Holding GmbH als herrschendem Unternehmen (vgl. auch bereits die Hinweise des Senates zu diesen allgemeinkundigen
Tatsachen in der Verfügung vom 4. März 2019).
Der Kläger hat die Filiale der Postbank in Q. (R.) mit einem bankspezifischen Anliegen, nämlich der Eröffnung eines Girokontos
bei der Postbank, aufgesucht. Auch unter Zugrundelegung des eigenen Vortrags des Klägers hat der Besuch am 26. Mai 2014 nicht
den Rahmen eines banküblichen Geschäfts verlassen.
Auch unabhängig von der damals noch nicht (vgl. demgegenüber seit 2016 § 20 ZKG) förmlich vorgeschriebenen Unterstützung bei
einem Kontowechsel war es auch seinerzeit schon durchaus üblich, dass Banken wechselwillige Kunden unterstützten, indem sie
beispielsweise diesen bei der Anzeige der neuen Bankverbindung gegenüber Schuldnern und Gläubigern behilflich waren. Dieser
bankübliche Rahmen wurde nicht verlassen, wenn - wie im vorliegenden Fall ausgehend von den eigenen Angaben des Klägers (vgl.
sein Schreiben vom 30. Oktober 2015, Bl. 931 VV) - ein Bankbediensteter den Kläger als Bankkunden dabei unterstützt hat, auch
den Rentenservice über die neue Bankverbindung zu informieren, indem er dem Kunden bei der Ausfüllung des dafür vorgesehenen
Formulars behilflich gewesen ist.
Da der Rahmen einer banküblichen Beratung und Unterstützung auch unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in keiner Weise
überschritten worden ist, ist kein Raum für die Annahme, dass der Postbankmitarbeiter nach eigenem Verständnis oder aus der
Sicht eines verständigen Dritten als Beauftragter des Rentenservice der Deutschen Post AG am 26. Mai 2014 tätig geworden ist.
Solange er aber wie im vorliegenden Fall als Mitarbeiter der Postbank und damit eines privaten Bankunternehmens tätig geworden
ist, fehlt selbst unter der eventuellen Annahme eines Fehlers auf Seiten dieses Postbankmitarbeiters eine Verantwortlichkeit
auf Seiten der an dem Ausfüllen der Änderungsanzeige gar nicht beteiligten Beklagten. Es war vielmehr die eigene Entscheidung
des Klägers, ein Konto bei der Postbank einzurichten und sich der Unterstützung eines Mitarbeiters dieser Bank bei der Ausfüllung
des Formulars über die Anzeige der geänderten Bankverbindung zu bedienen.
Ohnehin hat allerdings auch der Kläger im Schriftsatz vom 28. Dezember 2018 ausgeführt, dass die von ihm unter dem Datum vom
26. Mai 2014 unterzeichnete Änderungsanzeige bei der Unterschriftsleistung bereits "mit Zahlen" ausgefüllt gewesen sei, dies
dürfte dafür sprechen, dass insbesondere auch die 20 Ziffern der neuen Bankverbindung bereits eingetragen gewesen waren (zumal
in dem Formular ansonsten als "Zahlen" nur das Geburtsdatum des Klägers, seine Postrentennummer und das Ausstellungsdatum
aufgeführt werden; die zur vollständig IBAN gehörenden Buchstaben "DE" waren in dem Formularvordruck bereits vorgegeben).
Die Postbank darf ohnehin nicht mit dem Rentenservice der Deutschen Post AG mit Sitz in Berlin verwechselt werden. Dort hat
der Kläger nach eigenem Vortrag nie persönlich vorgesprochen; es ist auch gar nicht ersichtlich, dass es dort Publikumsverkehr
gibt.
3. Ein Anlass für eine Beiladung der Deutschen Post AG nach §
75 Abs.
1 oder Abs.
2 SGG ist nicht ersichtlich.
4. Die - schon mangels einer konkreten Benennung von Beweismitteln und Beweistatsachen keine förmlichen Anträge beinhaltenden
- Beweisanregungen des Klägers geben dem Senat keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen.
Ohnehin brauchen die Sozialgerichte "aufs Geratewohl" gemachten oder "ins Blaue hinein" aufgestellten Tatsachenbehauptung
nicht nachzugehen. Beweisanträge, die so unbestimmt bzw. unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst
die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll bzw. die allein den Zweck haben, dem Beweisführer,
der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen
zu verschaffen, brauchen dem Gericht eine Beweisaufnahme nicht nahezulegen; sie sind als Beweisausforschungs- bzw. -ermittlungsanträge
auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (BSG, U.v. 19. Oktober 2011 - B 13 R 33/11 R -).
Bezeichnenderweise hat sich der Kläger im Schriftsatz vom 11. März 2019 auf das Zeugnis eines (nicht namhaft gemachten) "Bediensteten
der Deutschen Post" berufen (nachdem er selbst im Schreiben vom 30. November 2015, Bl. 931 VV) vorgetragen hatte, dass er
am 26. Mai 2014 mit einem "Bediensteten der Postbank" gesprochen habe), ohne näher zu konkretisieren, für welche Aspekte seines
"Vortrages" (und bezogen auf welche Ausprägung seines im Laufe des Verfahrens gewechselten Vortrages) er sich auf dieses Zeugnis
berufe. Auf Nachfrage des Senatsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung, für den Beweis welcher Tatsache das Zeugnis geltend
gemacht werde, vermochte der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Ergebnis nur mitzuteilen, dass dies von seiner Seite nicht
näher erläutert werden könne.
Die im vorliegenden Fall angefallenen Unterlagen des Rentenservice der Deutschen Post AG sind ohnehin bereits von der Beklagten
beigezogen worden und zu deren - im vorliegenden Gerichtsverfahren vorgelegten (vgl. auch den entsprechenden Hinweis in der
Mitteilung der mündlichen Verhandlung) - Verwaltungsvorgängen genommen worden. Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht gegeben.