LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.03.2019 - 1 AL 12/18
Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III für Teilmonate
Maßgeblichkeit der tatsächlichen Dauer der Ausbildung
Die Auffassung, eine Leistungskürzung von Berufsausbildungsbeihilfe habe grundsätzlich nicht stattzufinden, auch wenn die
Ausbildung vor Ablauf des Monats beendet wird, lässt sich mit dem eindeutigen Wortlaut von § 69 Abs. 1 SGB III nicht vereinbaren.
Normenkette: ,
,
,
,
BAföG § 15
Vorinstanzen: SG Mainz S 4 AL 97/17
Tenor 1.
Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2018 wird abgewiesen.
2.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
3.
Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, in welchem Umfang Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) zu erstatten ist, wenn eine Berufsausbildung
während eines laufenden Monats beendet wurde, für den bereits bis zum Monatsende Zahlungen geleistet wurden.
Die 1994 geborene Klägerin begann am 15.11.2013 ein Ausbildungsverhältnis als Zahntechnikerin bei der Firma C D in L. Am 03.12.2013
beantragte sie bei der Beklagten BAB, nachdem sie Ende November 2013 aus der elterlichen Wohnung ausgezogen war und seit dem
01.12.2013 alleine zur Miete wohnte. Gemäß dem Mietvertrag vom 03.12.2013 hatte die Klägerin eine dreimonatige Kündigungsfrist
zu beachten. Mit Bescheid vom 03.02.2014 bewilligte die Beklagte der Klägerin BAB für den Zeitraum vom 01.12.2013 bis 31.05.2015
vorläufig in Höhe von (i.H.v.) monatlich 542,00 EUR. Die Vorläufigkeit wurde dabei mit dem noch nicht vorgelegten Berufsausbildungsvertrag
mit Eintragungsvermerk der Handwerkskammer begründet. Der Bewilligung lag ein durch die Beklagte errechneter Gesamtbedarf
der Klägerin i.H.v. 787,47 EUR zugrunde. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus 572,00 EUR für den Lebensunterhalt (davon
348,00 EUR für den monatlichen Bedarf und 224,00 EUR für die Kosten der Unterkunft, vgl. § 13 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in der Neufassung vom 07.12.2010, BGBl. I S. 1952-1975), einen Bedarf für Fahrtkosten i.H.v. 203,47 EUR (davon 117,87 EUR für Fahrten zur Berufsschule und 85,60 EUR für Familienheimfahrten)
sowie 12,00 EUR für Arbeitskleidung. Dieser Betrag wurde um das berücksichtigungsfähige Einkommen der Klägerin i.H.v. 245,17
EUR gemindert. Im vorläufigen Bewilligungsbescheid wurde darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass Ansprüche auf Leistungen
nicht für den vollen Monat bestehen, für jeden Kalendertag 1/30 des Monatsbetrags angesetzt werde. Im Februar 2014 erhielt
die Klägerin eine Studienplatzzusage für das Fach Zahnmedizin an der Universität M und kündigte deshalb den Ausbildungsvertrag
noch im Rahmen der Probezeit zum 14.02.2014, da so noch eine Kündigung ohne Einhaltung einer Frist und ohne wichtigen Grund
möglich war. Das Ausbildungsverhältnis endete mit Ablauf des 14.02.2014. Dies teilte die Klägerin der Beklagten am 25.02.2014
mit. Die BAB wurde tatsächlich bis Ende Februar 2014 gezahlt.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.05.2014 hob die Beklagte die Bewilligung von BAB ab dem 15.02.2014 auf und
forderte von der Klägerin die Erstattung überzahlter Leistungen für die Zeit vom 15.02.2014 bis 28.02.2014 i.H.v. 289,06 EUR.
Dabei ging die Beklagte davon aus, dass der Klägerin für den Monat Februar 2014 unter Berücksichtigung von § 339 Sozialgesetzbuch Drittes Buch ( SGB III) lediglich 14/30 der monatlich bewilligten BAB zustand. Zur Begründung der Aufhebung wurde unter Hinweis auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und § 330 Abs. 2 SGB III ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Bezug von BAB mit dem Abbruch der Ausbildung entfallen seien. Die Erstattungsforderung
beruhe auf § 50 SGB X. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23.07.2014 als unbegründet zurück.
Aufgrund des Hinweises im Antragsformular habe der Klägerin bekannt sein müssen, dass ein Anspruch auf BAB nach Beendigung
des Ausbildungsverhältnisses nicht mehr bestehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 22.08.2014 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Mainz erhoben und dabei ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Daneben hat sie vorgebracht, vor Erlass
des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids nicht angehört worden zu sein. Auch sei die konkrete Rechtsgrundlage im Bescheid
nicht angegeben worden. Schließlich sei nicht nach Fahrt- und Unterkunftskosten auf der einen und dem Grundbedarf für Unterhalts-
und Verpflegungskosten auf der anderen Seite differenziert worden. Schließlich sei sie auch nicht in der Lage, die geforderte
Erstattungssumme zu zahlen.
Mit Urteil vom 19.12.2017 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 06.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2014 dergestalt abgeändert,
dass die Klägerin lediglich 169,46 EUR zu erstatten habe, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der in dem monatlichen Betrag
von 542,00 EUR enthaltene Betrag von 224,00 EUR als Pauschale für Unterkunftskosten sei von der Erstattung ausgeschlossen,
da die Unterkunftskosten bereits am Monatsanfang fällig seien. Die übrigen Bedarfe seien dagegen taggenau zu kürzen gewesen.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung sei § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X. Die Klägerin habe aufgrund der Angaben im Bescheid erkennen müssen, dass ihr BAB-Anspruch grundsätzlich wegfallen würde,
sobald die Ausbildung ende. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Folgen der Beendigung ihrer Ausbildung
inhaltlich nicht hätte erfassen können. Gemäß § 330 Abs. 3 SGB III habe die Beklagte kein Ermessen auszuüben gehabt; auch die Fristen gemäß § 48 Abs. 4 in Verbindung mit (i.V.m.) § 45 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 4 Satz 2 SGB X seien eingehalten worden. Von einer Anhörung habe die Beklagte gemäß § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X absehen können, da sie von den Angaben der Klägerin über die Beendigung des Berufungsausbildungsverhältnisses nicht zu deren
Ungunsten abgewichen sei. Überdies sei ein möglicher Anhörungsmangel mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt worden.
Der Bescheid sei hinreichend bestimmt, da aus der Begründung des Widerspruchsbescheids die wesentlichen Bestandteile der Begründung
eindeutig hervorgingen. Die Erstattungsforderung beruhe auf § 50 Abs. 1 SGB X. Die Beklagte sei auch nicht gehindert gewesen, nach § 48 SGB X vorzugehen, obwohl nur eine vorläufige Bewilligung vorgelegen habe. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das der Beklagten am 26.03.2018 zugestellte Urteil hat diese am 28.03.2018 Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens
hat die Beklagte den Bescheid vom 25.07.2018 erlassen, mit dem sie den Bescheid vom 03.02.2014 und den Bescheid vom 06.05.2014
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2014 abgeändert und die vorläufige Bewilligung für die Zeit vom 01.12.2013
bis zum 14.02.2014 für endgültig erklärt sowie entschieden hat, dass für die Zeit vom 15.02.2014 bis 31.05.2015 kein Anspruch
auf BAB mehr besteht, da ab dem 15.02.2014 die Voraussetzungen für den Bezug von BAB weggefallen seien. Gleichzeitig forderte
die Beklagte gemäß § 328 Abs. 3 SGB III für den Zeitraum vom 15.02.2014 bis 28.02.2014 einen überzahlten Betrag i.H.v. 289,06 EUR zurück. Der Bescheid werde gemäß
§§ 96, 153 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
Nach Auffassung der Beklagten sind bei der Ermittlung der für die Zeit bis zum 14.02.2014 zustehenden Leistungen sämtliche
Bedarfe anteilig unter Beachtung der Regelung des § 339 SGB III zu kürzen. Die in der Literatur vertretene Auffassung, eine Kürzung komme bei Beendigung der Ausbildung während des Monats
gar nicht in Betracht, da BAB stets für einen ganzen Monat geleistet werde, lasse sich mit dem Wortlaut des § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht vereinbaren. In der Literatur vertretene vermittelnde Auffassungen, nach denen Unterkunfts- und Fahrtkosten grundsätzlich
nicht anteilig zu kürzen seien, während Grundbedarfe für Verpflegung und Unterhalt in der Regel zu kürzen seien, gingen auf
eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zurück (Urteil vom 06.03.1991, 9b/11RAr 105/89, juris) die noch zu § 45 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ergangen sei, der, entgegen dem heute gültigen § 339 Abs. 1 SGB III, keine taggenaue Berechnung der Leistung vorgegeben habe. Auch bestehe kein Bedarf, beim Abbruch der Ausbildung mitten im
Monat, einen Bedarf wie den für Unterkunftsleistungen voll zu belassen. Sofern die Klägerin bedürftig sei, könne sie nach
dem Abbruch der Ausbildung Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beantragen, von denen sie dann nicht mehr ausgeschlossen sei. Die Rechtsprechung des BSG zu § 41 SGB II bestätige ebenfalls, dass eine Aufteilung der Leistungen auf Kalendertage geboten sei. Letztlich sei kein Grund ersichtlich,
§ 339 SGB III für BAB-Leistungen anders auszulegen als § 41 SGB II für Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Berufsausbildungsbeihilfe auch für
die Zeit vom 15.02.2014 bis 28.02.2014 in Höhe von 119,60 EUR zu bewilligen sowie die Erstattung des überzahlten Betrags auf
169,46 EUR zu begrenzen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend und interessengerecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte
der Beklagten. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft. Zwar liegt die Beschwerde der Beklagten mit 119,60 EUR unterhalb des maßgeblichen Beschwerdewerts
gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG), doch hat das SG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Beklagte hat ihre Berufung auch fristgerecht eingelegt.
Dadurch dass die Beklagte mit Bescheid vom 25.07.2018 nach der ursprünglich gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III vorläufigen Regelung im Bescheid vom 03.02.2014 endgültig über die Bewilligung von BAB entschieden hat, entfällt die vorläufige
Leistungsbewilligung, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der endgültige Bescheid ersetzt die vorläufige Regelung
(vgl. Kaminski in, BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB III, Stand: 01.12.2018, § 328 Rn. 15, m.w.N.). Der Bescheid vom 03.02.2014 in der Gestalt des Änderungs- und Erstattungsbescheids vom 06.05.2014 und des
Widerspruchsbescheids vom 23.07.2014 ist nicht (mehr) Streitgegenstand. Diese Bescheide haben sich mit Erlass des Bescheids
vom 25.07.2016 erledigt (vgl. BSG, Urteil vom 23.10.2018, B 11 AL 20/17 R, Rn. 14, m.w.N., juris). Eine vorherige Anhörung war nicht erforderlich, da die Klägerin durch die lediglich vorläufige Leistungsbewilligung
keine Rechtsposition erlangt hat, in die die Beklagte durch die endgültige Entscheidung über die Leistungsbewilligung hätte
eingreifen können (vgl. BSG, Urteil vom 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R, Rn. 17, m.w.N., juris). Der Bescheid vom 03.02.2014 in der Gestalt des Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 06.05.2014
und des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2014, wurde durch die inhaltsgleiche Regelung im Bescheid der Beklagten vom 25.07.2018
ersetzt. Damit wurde der Bescheid vom 25.07.2018 gemäß §§ 96, 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens. Da er den ausgangs angefochtenen Bescheid vom 06.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 23.07.2014 vollständig ersetzt, ist das erstinstanzliche Urteil gegenstandslos geworden. Der Senat entscheidet über den
Bescheid vom 25.07.2018 nunmehr auf Klage. Eines Vorverfahrens und einer (erneuten) erstinstanzlichen Entscheidung bedarf
es nicht (vgl. Klein in: Schlegel/Voelzke, jurisPK- SGG, 1. Aufl. 2017, § 96, Rn. 68, 71, m.w.N; B. Schmitt in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 96, Rn. 5, 7, m.w.N.). Gegenstand der Klage ist eine Änderung des Bescheids vom 25.07.2018 und die Verurteilung der Beklagten
zur Bewilligung von BAB auch für die Zeit vom 15.02.2014 bis 28.02.2014 i.H.v. 119,60 EUR und die Begrenzung der Erstattung
des überzahlten Betrags auf 169,46 EUR.
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat die Bewilligung von BAB mit Bescheid vom 25.07.2018 zu Recht bis
zum 14.02.2014 für endgültig erklärt und von der Klägerin die Erstattung des Anteils der bereits für den Monat Februar 2014
gezahlten Leistungen gemäß einer taggenauen Berechnung aller Leistungsbestandteile gemäß § 339 SGB III verlangt. Der Erstattungsanspruch ergibt sich unmittelbar aus § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III.
Die Klägerin hat ihr Ausbildungsverhältnis mit Ablauf des 14.02.2014 beendet. Anspruch auf BAB besteht gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB III jedoch nur für die Dauer der Berufsausbildung. Dass der Klägerin ab dem 15.02.2014 kein Anspruch auf BAB mehr zusteht, ist
zwischen den Beteiligten grundsätzlich nicht streitig. Vielmehr sind sie unterschiedlicher Auffassung darüber, welche der
bereits bis zum Ende des Leistungsmonats Februar 2014 gewährten Leistungen der BAB durch die Klägerin zu erstatten sind. Nach
einer Ansicht in der Literatur erfolgt die Leistung von BAB stets für einen ganzen Monat, weshalb eine anteilige Kürzung auch
bei Beendigung der Ausbildung während des laufenden Monats ausgeschlossen sei (vgl. Wagner in: Mutschler/Schmidt-de Caluwe/Coseriu,
SGB III, 6. Auflage, § 69 Rn. 8). Dabei wird Bezug genommen auf das Urteil des BSG vom 06.03.1991 (a.a.O.). Daneben wird die Auffassung vertreten, es habe generell eine anteilige Kürzung stattzufinden. Andere
Stimmen in der Literatur vertreten vermittelnde Ansichten, bei denen je nach Art des bewilligten Bedarfs zu differenzieren
sei. Meistens sollen die Unterkunfts- und Fahrtkosten zu Gunsten der Leistungsempfänger nicht anteilig gekürzt werden (zum
Meinungsstand vgl. Brecht-Heitzmann in: Gagel, SGB III, Stand: Dezember 2018, § 69 Rn. 10, m.w.N.). Eine vermittelnde Ansicht hatte auch das SG in der nunmehr gegenstandslos gewordenen Entscheidung vertreten. Dabei ist es von dem Grundsatz ausgegangen, dass der Bedarf
der auszubildenden Personen taggenau nur während der tatsächlichen Dauer der Ausbildung zu berücksichtigen sei. Bei dem Bedarf
für Unterkunft sei jedoch eine Ausnahme zu machen, da Mietkosten in aller Regel monatsweise und zu Beginn des Monats anfielen.
Der Bedarf für Unterkunft falle bereits am Ersten des Monats an, weshalb eine anteilige Kürzung bei Beendigung der Ausbildung
vor Monatsende nicht vorzunehmen sei.
Dieser Einschätzung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Auffassung, eine Leistungskürzung habe grundsätzlich nicht
stattzufinden, auch wenn die Ausbildung vor Ablauf des Monats beendet wird, lässt sich mit dem eindeutigen Wortlaut von §
69 Abs. 1 SGB III nicht vereinbaren. In der maßgebenden Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 13/4941, S. 167) ist ferner ausgeführt, dass unter
Dauer der beruflichen Ausbildung nicht die vorgeschriebene Ausbildungszeit, sondern vielmehr die tatsächliche Dauer der Ausbildung
zu verstehen ist. Bei beispielsweise vorzeitigem Abschluss der Ausbildung ende die Förderung mit dem Ablauf des Tages, an
dem die Prüfung bestanden worden sei. Abweichend von § 15 BAföG wird in § 69 Abs. 1 SGB III der Anspruch nicht mit dem Monatsbeginn verknüpft und damit erkennbar eine andere Regelung getroffen als in § 15 BAföG. Auch den vermittelnden Auffassungen, die eine taggenaue Kürzung nicht generell, jedoch hinsichtlich einzelner Leistungsbestandteile,
insbesondere wegen der Kosten der Unterkunft, ablehnen, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Zwar trifft es zu, dass
Mietkosten regelmäßig zu Beginn eines Monats und dann auch für den gesamten Monat anfallen. Dies rechtfertigt es jedoch zur
Überzeugung des Senats nicht, diese Kosten von einer taggenauen Leistungsbewilligung und Abrechnung auszunehmen. Es besteht
lediglich ein Leistungsanspruch für die konkrete Dauer der Ausbildung. Das Urteil des BSG vom 06.03.1991 (a.a.O.), das zur Begründung der jeweiligen vermittelnden Meinungen herangezogen wird, erging zu § 45 AFG, der gerade keine taggenaue Leistungsgewährung vorgab. Mit Einführung des § 339 SGB III zum 01.01.1998 wurde die taggenaue Berechnung der Leistungen eingeführt, die auch für die BAB gilt. Insofern trifft die im
Urteil des BSG vom 06.03.1991 (a.a.O., Rn. 10) getroffene Aussage, dass gesetzlich nicht geregelt sei, ob Pauschbeträge auf Tage umzurechnen
sind, so nicht mehr zu. Bei einer taggenauen Leistungsbestimmung und -gewährung kann dies zur Überzeugung des Senats nur einheitlich
für alle Leistungsbestandteile gelten. Eine Argumentation, wonach die Miete in der Regel zu Beginn des Monats fällig wird
und demnach bei Entfall der Leistungsvoraussetzungen die darauf entfallenen Leistungsanteile nicht zu kürzen seien, stellt
sich als Billigkeitserwägung dar. Mit einer derartigen Argumentation ließe sich auch erwägen, ob nicht auch die bewilligten
Leistungen bis zum Ablauf der entsprechend maßgeblichen Kündigungsfrist noch zu belassen wären, denn diese weiter anfallenden
Unterkunftskosten stehen in der Regel ebenfalls bereits zum Zeitpunkt einer vorzeitigen Ausbildungsbeendigung fest. Dies wird
jedoch erkennbar von keiner der vorzitierten Auffassungen vertreten. Es besteht vorliegend kein Anlass, von den eindeutigen
Regelungen in §§ 69 Abs. 1 Satz 1, 339 SGB III bezüglich der Kosten der Unterkunft oder anderer Leistungsbestandteile abzuweichen. Zu Recht hat die Beklagte auch darauf
hingewiesen, dass das BSG im Anwendungsbereich des § 41 SGB II, der inhaltlich der Regelung des § 339 SGB III entspricht, anerkannt hat, dass Leistungen auf Kalendertage aufgeteilt werden. Dabei hat das BSG (Urteil vom 07.05.2009, B 14 AS 13/08 R, juris) entschieden, dass Leistungen, soweit sie nicht für einen vollen Monat zustehen und nur anteilig erbracht werden,
auch die Kosten der Unterkunft umfassen. Es ist kein Grund gegeben, entsprechende Sachverhalte im Bereich des BAB abweichend
zu behandeln.Demnach hat die Klägerin unter Berücksichtigung von §§ 69 Abs. 1 Satz 1, 339 SGB III keinen Anspruch auf Bewilligung von BAB oder Teilen davon für die Zeit vom 15.02.2014 bis 28.02.2014. Für die Zeit vom 01.02.2014
bis 14.02.2014 hat sie Anspruch auf 14/30 der vollen monatlichen Leistung i.H.v. 542,00 EUR (252,94 EUR). Den übrigen Teil
der monatlichen Leistung i.H.v. 289,06 EUR hat sie gemäß § 328 Abs. 3 SGB III zu erstatten. Die Beklagte hatte bei der Rückforderung kein Ermessen auszuüben und die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz
berufen (vgl. Düe in: Brand, SGB III, 8. Auflage 2018, § 328, Rn. 27, m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
|