Gründe:
I.
Antragsgegner und Beigeladener streiten darüber, wer von ihnen für die Erbringung von Leistungen für die Antragstellerin zuständig
ist.
Die am 28. Juli 2016 in B geborene Antragstellerin verfügte über eine erstmals am 10. Juli 2017 ausgestellte und bis 9. Juli
2018 gültige Fiktionsbescheinigung, nach der ihr Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthaltG) als erlaubt galt. Sie ist die Tochter des 1971 geborenen H El-N und der 1984 geborenen N E, die zwei weitere
2010 und 2013 geborene Kinder haben, die sämtlich l Staatsangehörige sind und die in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dem
Vater der Antragstellerin, der über eine bis 1. Oktober 2020 gültige Fiktionsbescheinigung mit der Nebenbestimmung "Erwerbstätigkeit
gestattet" verfügt, wurden regelmäßig und zuletzt durch Bescheid vom 18. Januar 2018 für den Zeitraum vom 1. Februar 2018
bis 31. Januar 2019 Leistungen durch den Antragsgegner nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch, Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) bewilligt. Der Mutter und den Geschwistern der Antragstellerin, die eine Duldung besitzen, waren durch das Bezirksamt N
von B zuletzt durch Bescheid vom 9. Januar 2018 Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz (
AsylbLG) bewilligt worden.
Für die Antragstellerin waren für die Zeit bis einschließlich Januar 2018 jeweils Leistungen nach dem SGB II durch den Antragsgegner bewilligt worden, dies zuletzt durch an ihren Vater gerichteten Bescheid vom 25. November 2017, in
dem sie als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt worden war. Auf den Weiterbewilligungsantrag des Vaters hin bewilligte
der Antragsgegner mit dem bereits genannten Bescheid vom 18. Januar 2018 Leistungen lediglich für ihn, den Vater. Für die
Antragstellerin führte der Antragsgegner aus, dass aufgrund der Fiktionsbescheinigung für die Zeit vom 1. Februar 2018 "bis
9. Juli 2018" gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nummer 3 SGB II (Ausschluss für Leistungsberechtigte nach §
1 AsylbLG) kein Anspruch auf Leistungen bestehe. Eine Berücksichtigung der Antragstellerin für die Zeit ab 10. Juli 2018 erfolgte dabei
auch ausweislich der Berechnung nicht. Für die zuvor für die Antragstellerin erbrachten Leistungen machte der Antragsgegner
einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen geltend.
Mit Eingang am 8. Mai 2018 beantragte die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
durch die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung vorläufiger Leistungen in Höhe von 80 % des einschlägigen Regelbedarfes
zur Existenzsicherung, "mithin 192 Euro monatlich".
Das Gericht hat durch Beschluss vom 28. Mai 2018 das Land Berlin, vertreten durch das Bezirksamt T- von Berlin, gemäß §
75 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zum Verfahren beigeladen. Durch Beschluss vom 14. Juni 2018 hat es den Beigeladenen verpflichtet, der Antragstellerin für
den Zeitraum vom 8. Mai 2018 bis einschließlich September 2018 monatlich 212,20 Euro zu gewähren, dies für Mai 2018 anteilig.
Der Anspruch ergebe sich aus §
1 Abs.
1 Nr.
6 AsylbLG, wonach minderjährige Kinder von Personen, die eine Duldung nach § 60 a Ausländergesetz hätten, leistungsberechtigt nach §
1 AsylbLG seien.
Gegen diesen ihm am 22. Juni 2018 zugegangenen Beschluss wendet sich der Beigeladene mit der am 28. Juni 2018 eingegangenen
Beschwerde. Er trägt vor, dass die Antragstellerin ihre Fiktionsbescheinigung aus dem Aufenthaltstitel des Vaters ableite.
Von Leistungen nach dem
AsylbLG sei sie wie auch ihr Vater ausgeschlossen. Dies ergebe sich für die Antragstellerin auch aus §
1 Abs.
2 AsylbLG. Auch nach dem Rundschreiben I Nr. 06/2007 über die Umsetzung des §
1 AsylbLG und des § 23 SGB XII vom 14. Mai 2014, zuletzt geändert mit Schreiben vom 26. Mai 2015, Abschnitt 1, 1.8, ergäbe sich die Zuständigkeit des Antragsgegners.
Der Beigeladene beantragt,
den Beschluss aufzuheben und den Antrag gegenüber ihm, den Beigeladenen, abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Der Antragsgegner trägt vor,
die Rechtsauffassung des Sozialgerichts im Hinblick auf das Nichtbestehen eines Anspruches der Antragstellerin nach dem SGB II zu teilen.
Mit Bescheid vom 10. Juni 2018 hat das Bezirksamt N von B für die Mutter und die Geschwister der Antragstellerin die Leistungen
nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz mit Ablauf des 31. Juli 2018 eingestellt, da diese zum Stichtag 1. August 2018 seit mindestens 18 Monaten über eine Aufenthaltserlaubnis
nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz verfügten und daher nicht mehr dem Personenkreis nach dem
AsylbLG zuzuordnen seien. Mit Bescheid vom 27. Juli 2018 hat der Antragsgegner daraufhin unter teilweiser Abänderung des Bescheides
vom 18. Januar 2018 der Mutter und den Geschwistern der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Die Antragstellerin findet in dem Bescheid keine Erwähnung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den
sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den des Verwaltungsvorgangs des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Beigeladenen ist zulässig (§
172 Sozialgerichtsgesetz -
SGG) und begründet. Der Beigeladene wendet sich allein gegen seine Verpflichtung zur Gewährung von Leistungen anstelle des Antragsgegners,
während die grundsätzliche Verpflichtung, der Antragstellerin Leistungen zu erbringen, weder von ihm noch vom Antragsgegner
in Abrede gestellt wird.
Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist weiterhin der Antragsgegner zur Leistung
verpflichtet, dies auf der Grundlage der §§ 7 Abs. 2 Satz 1, 19 Abs. 2 Satz 2, 23 SGB II. Deren Voraussetzungen sind sämtlich erfüllt. Insbesondere ist die Antragstellerin bei der vorliegend allein gebotenen summarischen
Prüfung nicht nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II von Leistungen ausgeschlossen, wonach Leistungsberechtigte nach § 1 AylbLG von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen sind. Die Antragstellerin verfügt über eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach, wenn ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung
eines Aufenthaltstitels beantragt, sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt gilt. Aufgrund dieser
Fiktionsbescheinigung ist die Antragstellerin zunächst nicht leistungsberechtigt nach §
1 Abs.
1 Nr.
1 bis 5 oder Nr.
7 AsylbLG.
Die Antragstellerin ist entgegen den erstinstanzlichen Ausführungen auch nicht gemäß §
1 Abs.
1 Nr.
6 AsylbLG über ihre Mutter nach dem
AsylbLG leistungsberechtigt bzw. sie ist jedenfalls nicht aufgrund einer solchen Leistungsberechtigung von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Den Ausführungen des Beigeladenen konnte zwar bei der gebotenen summarischen Prüfung insoweit nicht gefolgt
werden, dass die Antragstellerin bereits nach §
1 Abs.
2 AsylbLG von Leistungen nach diesem Gesetz ausgeschlossen sei, weil es sich bei der genannten Fiktionsbescheinigung nicht um einen
Aufenthaltstitel handelt, den diese Norm aber voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 2002, Az. 1 C 6/01, Rn 21 mwN, Beschluss vom 21. Oktober 1996, Az. 1 B 113/96, jeweils zitiert nach juris, Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, § 81 Rn 6, mwN.). Auch den vom Beigeladenen in Bezug genommenen Ausführungen der Senatsverwaltung vermochte das Gericht im Hinblick
auf die Leistungsansprüche in Fällen wie dem vorliegenden keine zwingenden Aussagen zu entnehmen. Vorliegend war jedoch zu
berücksichtigen, dass Vater und Mutter der Antragstellerin nach unterschiedlichen Leistungsgesetzen anspruchsberechtigt sind.
Zwar sind nach §
1 Abs.
1 Nr.
6 AsylbLG auch u.a. minderjährige Kinder der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen - wozu die Mutter der Antragstellerin gem. §
1 Abs.
1 Nr.
4 AsylbLG gehört - leistungsberechtigt, ohne dass sie selbst die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Allerdings richtet sich die
Leistungsberechtigung in Fällen wie dem vorliegenden, in denen den unterschiedlich leistungsberechtigten Eltern die Personensorge
und damit das Aufenthaltsbestimmungsrecht für einen Antragsteller gemeinsam obliegen, nach dem leistungsrechtlich privilegierten
Elternteil und damit nach dem Anspruch des Leistungsberechtigten nach dem SGB II (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. März 2014, Az. L 19 AS 73/14 B ER, m.w.N., zitiert nach Juris; Hohm in Gemeinschaftskommentar zum
AsylbLG, Band I, §
1 Rn. 86; im Ergebnis ebenso SG Hildesheim Beschluss vom 11.05.2011 - S 42 AY 21/11 ER).
Der Senat hat im Rahmen der bei Unsicherheiten zum Anordnungsanspruch gebotenen Interessenabwägung zudem berücksichtigt, dass
dem Antragsgegner, sollte sich herausstellen, dass nicht er, sondern der Asylbewerberleistungsträger zuständig ist, gegen
diesen ein Erstattungsanspruch zusteht. Diese Prüfung muss allerdings endgültig einem ggf. durchzuführenden Hauptsache- oder
Erstattungsverfahren vorbehalten bleiben.
Für die Zeit ab 1. August 2018 besteht die Zuständigkeit des Antragsgegners ohnehin aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen
Einstellung der Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz auch hinsichtlich der Mutter der Antragstellerin mit Bescheid des Beigeladenen vom 10. Juni 2018.
Dass erstinstanzlich mehr zugesprochen wurde als beantragt worden war, nämlich in vermeintlich voller Höhe statt der beantragten
auf 80 Prozent abgesenkten Leistungshöhe, wirkt sich bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht aus, weil trotz der mit
Bescheid der Familienkasse vom 5. Dezember 2017 erfolgten Einstellung der Kindergeldzahlung ab November 2017 erstinstanzlich
Kindergeld als Einkommen in Abzug gebracht worden ist. Letztlich waren höhere Leistungen aber auch weder beantragt noch mit
der Beschwerde geltend gemacht worden, so dass die Klärung der Frage, ob Kindergeld ggf. aufgrund weiterer Bescheide doch
weiterhin gezahlt worden ist, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG. Hier war auch nicht weiter zu differenzieren. Im Bescheid vom 18. Januar 2018 sind Ausführungen zur Begründung der Ablehnung
für die Antragstellerin lediglich für die Zeit bis 9. Juli 2018, dem Datum des Auslaufens der Fiktionsbescheinigung, enthalten.
Spätestens im Rahmen des Erlasses des Bescheides vom 27. Juli 2018 hätte es auf der Hand gelegen, auch für die Antragstellerin
Leistungen zu erbringen, was unterblieb.
Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, war abzulehnen, weil sie
aufgrund der vorstehenden Kostenentscheidung gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf vollständige Erstattung ihrer außergerichtlichen
Kosten des Beschwerdeverfahrens besitzt und sie deshalb nicht bedürftig im Sinne des §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
114 S. 1
ZPO ist.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).