Nichtzulassungsbeschwerde
Grundsatzrüge
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen
Weiterentwicklung des Rechts
1. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage,
der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird.
2. Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung nach
§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG prüfen zu können.
3. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit
in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird.
4. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in
welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung
des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint.
5. Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und
die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist; hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung
mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine
ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 19. Juli
2017 wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F. B., B., beizuordnen,
wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 Satz 2
SGG).
Nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist die Revision ua zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Diesen vorliegend allein geltend gemachten
Zulassungsgrund hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage,
der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für
die Revisionszulassung nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG prüfen zu können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand
erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen
Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder
Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl
Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist aufzuzeigen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse
erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16). Hierfür ist eine substantielle Auseinandersetzung mit den einschlägigen oberstgerichtlichen Entscheidungen ebenso
erforderlich wie die Darlegung, dass sich aus diesen keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen
Rechtsfrage ergeben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtet sie
die Frage, "ob die Vorschriften der §§
60 ff.
SGB I auch dann und in welchem Umfang anwendbar sind, wenn bereits spezialgesetzliche Regelungen über besondere Mitwirkungsobliegenheiten
des Pflichtigen existieren, die den Lebenssachverhalt ausdrücklich oder stillschweigend abschließend regeln", bzw in etwas
anderer Formulierung, "ob die §§
60 ff.
SGB I auch dann anzuwenden sind, wenn eine spezialgesetzliche Vorschrift den zu behandelnden Lebenssachverhalt abschließend regelt".
Der Beschwerdebegründung lässt sich zwar noch entnehmen, dass die Frage auf die Anwendung der §§
60 ff
SGB I im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zielt und auch, dass ihre "generelle Anwendbarkeit" der Rechtsprechung des BSG entspricht. Soweit indes geltend gemacht wird, das BSG habe sich nicht eindeutig geäußert, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung,
Erweiterung oder Änderung bereits herausgearbeiteter Rechtsgrundsätze zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich
erscheint. Hierfür genügen weder die in der Frage liegende Wertung, es gebe im SGB II die Anwendung der §§
60 ff
SGB I ausschließende spezielle Vorschriften, noch die in der Begründung formulierte Aussage, die sanktionsbewehrten Vorschriften
über die allgemeine Meldepflicht (§ 59 SGB II iVm §
309 SGB III, §§ 31 ff SGB II) seien solche Vorschriften. Hiermit lässt sich eine grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit einer abstrakten Rechtsfrage schon
deshalb nicht darlegen, weil die Beschwerdebegründung ein Meldeversäumnis durch Nichterscheinen bei einem ärztlichen Untersuchungstermin
gleichsetzt damit, bei einer Untersuchung "nicht richtig" mitzuwirken, und diese nicht eigens argumentativ hergeleitete Gleichsetzung
nach der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerdebegründung nur durch den vom LSG entschiedenen Einzelfall bedingt ist. Zudem
geht die Beschwerdebegründung nicht auf §
37 SGB I näher ein, der das Verhältnis zwischen
SGB I und den übrigen Büchern regelt.
PKH ist der Klägerin nicht zu bewilligen, da ihre Rechtsverfolgung aus den vorstehend genannten Gründen keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
114 ZPO). Da die Klägerin keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch ihr Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen
(§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des §
169 Satz 3
SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§
183,
193 SGG.