Statthaftigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Die gemäß §
173 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin ist nach §
172 Abs.
1 SGG statthaft. Der Beschwerdeausschlussgrund des §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG (in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des
SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 - SGGArbGGÄndG - (BGBl. I S. 444)) greift nicht ein; das Sozialgericht
(SG) Freiburg hat die Ablehnung der Prozesskostenhilfe (PKH) nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der
Klägerin, sondern allein auf die fehlende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung gestützt.
Der Statthaftigkeit der Beschwerde der Klägerin steht auch nicht entgegen, dass der Wert ihres im Klageverfahren S 2 AS 6036/08 geltend gemachten Begehrens die erforderliche Berufungssumme des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG (mehr als 750,00 Euro) voraussichtlich nicht erreichen wird. Entgegen einer verbreiteten Auffassung in der instanzgerichtlichen
Rechtsprechung (vgl. etwa Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 8 AS 4968/08 PKH-B - (unveröffentlicht); Hess. LSG, Beschluss vom 8. Juli 2009 - L 6 AS 174/09 B -; Schlw.-Holst. LSG, Beschluss vom 4. November 2009 - L 9 B 50/09 AS PKH - (beide juris)) kommt eine entsprechende Anwendung des §
127 Abs.
2 Satz 2 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) i.V.m. §
511 ZPO nicht in Betracht (so auch Roller, NZS 2009, 252, 258 f.; Burkiczak, NJW 2010, 407, 408 f.); die Heranziehung dieser letztgenannten Verfahrensregelungen war bereits unter dem bis 31. März 2008 geltenden Rechtsmittelrecht
des
SGG ausgeschlossen (vgl. hierzu eingehend LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Januar 2007 - L 13 AS 4100/06 PKH-B - (juris); zustimmend Leitherer in Meyer-Ladewig u.a.,
SGG, 9. Auflage, §
73a Rdnr. 12b) und bleibt es auch nach der seit 1. April 2008 geltenden neuen Rechtslage. Denn die Rechtsmittelfähigkeit einer
vorinstanzlichen Entscheidung bestimmt sich, wie die differenzierten Vorschriften im Zweiten Abschnitt des Zweiten Teils des
SGG zeigen, grundsätzlich - soweit nicht ausdrücklich anderes geregelt ist - allein nach diesem Gesetz; dies gilt auch für das
Rechtsmittel der Beschwerde, die hinsichtlich ihrer Statthaftigkeit in §
172 SGG eine eigenständige Regelung erfahren hat.
Zwar erachtet der Senat eine entsprechende Heranziehung der die Einschränkung der Beschwerdemöglichkeiten regelnden Vorschriften
des §
172 Abs.
2 und Abs.
3 SGG (in der Fassung des SGGArbGGÄndG) über deren ausdrücklichen Wortlaut hinaus in engen Grenzen für geboten (vgl. Senatsbeschlüsse
vom 29. Juli 2008 - L 7 SO 3120/08 PKH-B - (juris) und vom 17. November 2008 - L 7 AS 2588/08 PKH-B - NZS 2009, 349 (zu §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG); Senatsbeschluss vom 27. Januar 2010 - L 7 R 3206/09 B - (juris) (zu §
172 Abs.
2 SGG für die Sachverständigenablehnung); ähnlich Burkiczak, aaO., 409; zweifelnd Lüdtke in Hk-
SGG, 3. Auflage, §
172 Rdnr. 13). Die analoge Anwendung des §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG auf einen die PKH versagenden Beschluss für ein Verfahren des Eilrechtsschutzes, das mangels Erreichens des erforderlichen
Beschwerdewerts aufgrund des Ausschlussgrundes der genannten Verfahrensvorschrift nicht an das LSG gelangen kann (vgl. zur
Verfassungsmäßigkeit des §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG im Übrigen Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 28. September 2009 - 1 BvR 1943/09 - (juris); ferner Senatsbeschluss vom 15. April 2010 - L 7 SO 1227/10 ER-B - (unveröffentlicht)), hat der Senat damit begründet,
dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren - wie dem über die PKH - grundsätzlich nicht über den Rechtsschutz der Hauptsache
hinausgehen darf und in Konsequenz dessen auch vermieden wird, dass die Vorinstanz und das Rechtsmittelgericht in abgeschlossenen
Hauptsacheverfahren sowie in mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen (vgl. Beschlüsse
vom 29. Juli und 17. November 2008 aaO.). Ein solches unerwünschtes Ergebnis (vgl. auch Bundesgerichtshof BGHZ 162, 230) hätte überdies zur Folge, dass sich die Aufgabe des Rechtsmittelgerichts letztlich auf eine "gutachterliche" Tätigkeit für
die Vorinstanz beschränken müsste; dafür fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis. Die Sachprüfung eines Rechtsmittels darf
ferner nicht von (von den Beteiligten nur begrenzt beeinflussbaren) Zufälligkeiten abhängen, nämlich davon, ob über den Antrag
auf PKH zeitgleich mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entschieden wird - was angesichts der Eilbedürftigkeit dieser
Verfahren regelmäßig der Fall sein wird - oder aber ausnahmsweise der Beschluss über die PKH bereits zuvor ergangen ist (so
indes im Ergebnis LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25. Juni 2008 - L 13 AS 2903/08 PKH-B - (unveröffentlicht) unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. August 1998 - L 13 AL 1142/98 PKH-B - E-LSG B-129 (der allerdings den anders gelagerten Fall einer PKH-Beschwerde bei vom Kläger mangels Anfechtung rechtskräftig
gewordenem klageabweisendem Urteil betraf; vgl. hierzu auch Leitherer, aaO., Rdnr. 12c)).
Anders als die vorgenannten Fallgestaltungen sind indessen PKH-Gesuche zu behandeln, die sich - wie hier - auf ein in der
Vorinstanz noch anhängiges Klageverfahren beziehen, das hinsichtlich des Werts des Beschwerdegegenstandes und des streitgegenständlichen
Zeitraums der Berufungsbeschränkung des §
144 Abs.
1 SGG unterliegt. Denn mit der fehlenden Berufungsfähigkeit einer in einem solchen Rechtsstreit ergehenden, das Klageverfahren
abschließenden Entscheidung ist nicht - anders als in dem in §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG ausdrücklich geregelten Fall des einstweiligen Rechtsschutzes - eine Unanfechtbarkeit verbunden, weil den Beteiligten das
Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde (§
145 SGG) als prozessuale Möglichkeit zur Durchsetzung der eigenen Rechtsposition verbleibt (vgl. Senatsbeschluss vom 31. März 2009
- L 7 SO 1177/09 PKH-B - (unveröffentlicht); ähnlich LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. März 2010 - L 6 AS 122/10 B - (juris), ferner Bundesfinanzhof BFHE 138, 520). Schon unter diesem Gesichtspunkt vermögen deshalb die obenstehenden Erwägungen zum Grundsatz der Vermeidung divergierender
Entscheidungen in Hauptsache- und Nebenverfahren nicht zu greifen (vgl. hierzu auch BVerfGE 78, 88, 97), sodass der Senat für eine entsprechende Anwendung der vorgenannten Verfahrensregelung bei einer Beschwerde gegen den
die PKH für eine Klage versagenden Beschluss keinen Raum sieht. Der Senat teilt deshalb die in weiten Teilen der instanzgerichtlichen
Rechtsprechung sowie in der Literatur vertretene Auffassung, dass in derartigen Fallgestaltungen der Beschwerde gegen den
die PKH mangels Erfolgsaussicht ablehnenden Beschluss der Ausschlussgrund des §
172 Abs.
3 Nr.
1 SGG nicht entgegensteht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2008 - L 29 B 1004/08 AS PKH -; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 13 AS 3835/08 PKH-B - (beide juris); LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. März 2010 aaO.; Burkiczak, aaO., 408 f.). Die sonach zulässige
Beschwerde der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Sie hat für das Klageverfahren S 2 AS 6036/08 keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Nach §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum
Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des §
114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Dabei sind freilich keine überspannten Anforderungen zu stellen (ständige
Rechtsprechung des Senats unter Verweis auf BVerfGE 81, 347). Eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist regelmäßig zu bejahen, wenn der Ausgang des Klageverfahrens
als offen zu bezeichnen ist. Dies gilt namentlich dann, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einer schwierigen, bislang
höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage abhängt (vgl. BVerfG NJW 1997, 2102; NJW 2004, 1789; Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 62 Nr. 9) oder eine weitere Sachaufklärung, insbesondere durch Beweisaufnahme, ernsthaft
in Betracht kommt (vgl. BVerfG NZS 2002, 420; info also 2006, 279). Freilich darf die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung in das summarische Verfahren der
PKH zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfGE 81, 347, 357).
Unter Beachtung dieser Grundsätze erscheint eine hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Klägerin zu dem hier
maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Beschwerde (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 8.
Januar 2010 - L 7 AS 4696/09 PKH-B -) nicht gegeben. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der streitgegenständliche Zeitraum im Klageverfahren S
2 AS 6036/08 mit Blick auf den den Bescheid vom 13. Oktober 2008 (Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2008) modifizierenden Aufhebungsbescheid
vom 20. Februar 2009 auf die Zeit vom 1. November 2008 bis 31. Januar 2009 beschränken dürfte (vgl. dazu BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 (Rdnr. 30); BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 8 (Rdnr. 10)). Ihr Klagebegehren begründet die Klägerin - soweit ersichtlich - damit, dass die Beklagte
die von ihr monatlich aufzubringenden Abschlagszahlungen für den Strom (laut Rechnung der Energiedienst AG vom 27. November
2008 ab 1. Dezember 2008 monatlich 84,00 Euro) sowie die zum 11. Dezember 2008 fällige Restzahlung von 186,71 Euro abzüglich
eines monatlichen Betrags von 20,74 Euro, wie er nach dem Gerichtsbescheid des SG Frankfurt/Main vom 29. Dezember 2006 (S
58 AS 518/05) bereits in der Regelleistung enthalten sei, zu übernehmen habe. Im Ergebnis macht sie damit für den streitbefangenen Zeitraum
höhere Leistungen für die Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II)), mithin
einen von der Regelleistung und den Leistungen für Mehrbedarfe und Sonderbedarfe abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. hierzu
BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 (jeweils Rdnr. 1); BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 18 (Rdnr. 11)), geltend.
Mit dem so verstandenen Begehren vermag die Klägerin indessen im oben bezeichneten Klageverfahren voraussichtlich nicht durchzudringen.
Höchstrichterlich ist bereits geklärt, dass die Kosten für den nicht zur Erzeugung von Heizenergie genutzten Haushaltsstrom
- wie hier - aus der Regelleistung zu decken sind, sodass ein Anspruch auf Erhöhung der Leistungen für die Unterkunft und
Heizung um die Aufwendungen für Strom nicht besteht (vgl. BSGE 102, 274 (Rdnr. 27); ferner BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 5 (jeweils Rdnrn. 21 ff.); BSG, Beschlüsse vom 16. Juli 2009 - B 14 AS 121/08 B - und vom 28. August 2009 - B 8 SO 9/09 B - (beide juris)). Der von der Klägerin herangezogene Gerichtsbescheid des SG
Frankfurt/Main vom 29. Dezember 2006 aaO., der im Übrigen nicht rechtskräftig geworden ist (im Berufungsverfahren zum Hess.
LSG - L 7 AS 240/07 - wurde die Klage nach dem Kenntnisstand des Senats im Jahr 2009 zurückgenommen), ist sonach überholt. Ein höherer Leistungsanspruch
kommt auch nicht mit Blick darauf in Betracht, dass die Beklagte im Bescheid vom 13. Oktober 2008 die Warmwasserpauschale
mit monatlich 6,63 Euro angesetzt hatte; sie hat der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bemessung der Warmwasseranteile
(vgl. BSGE 100, 94 aaO.; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 R - (juris; Rdnrn. 28 ff.); vgl. auch Senatsbeschluss vom 9. November 2009 - L 7 AS 2456/09 ER-B - (unveröffentlicht)) zwischenzeitlich mit ihrem Schreiben vom 3. Mai 2010 an die Klägerin Rechnung getragen und eine
Nachzahlung über 0,90 Euro angeordnet, welche von der Rückforderung aus den Nebenkosten 2008 abgesetzt werde.
Weitere Kosten der Unterkunft und Heizung sind bei der Klägerin, die aufgrund des ihr von ihrem Bruder eingeräumten, dinglich
gesicherten Wohnrechts in der Erdgeschosswohnung des von diesem ererbten Hauses unentgeltlich wohnen kann und nur für die
Nebenkosten (anteilig) aufzukommen hat, im Rahmen der vorliegend gebotenen summarischen Prüfung nicht ersichtlich und von
ihr auch nicht geltend gemacht. Ihre zum SG erhobene Klage (S 14 AS 2864/09) wegen des die oben genannten Nebenkosten für 2008 betreffenden Aufhebungs- und Erstattungsbescheids vom 2. April 2009 (Widerspruchsbescheid
vom 6. Mai 2009) hat die Klägerin am 12. April 2010 zurückgenommen; deshalb bedarf es, zumal die Beklagte mit dem vorbezeichneten
Schreiben vom 3. Mai 2010 eine sich auf die Höhe der Erstattungsforderung zugunsten der Klägerin auswirkende Korrektur der
Warmwasserpauschale vorgenommen hat, im vorliegenden Verfahren über die PKH-Beschwerde keiner näheren Erörterungen dazu, ob
und ggf. inwieweit die vorgenannten Bescheide über §
96 Abs.
1 SGG an sich Gegenstand des Klageverfahrens S 2 AS 6036/08 geworden sein sollten. Verfassungsrecht ist nicht tangiert; die Höhe der Regelleistung (§ 20 SGB II) ist nicht Gegenstand
des genannten Klageverfahrens. Ganz abgesehen davon ist die Vorschrift nach dem Urteil des BVerfG vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - (NJW 2010, 505) derzeit weiterhin anwendbar, sodass insoweit eine Leistungserhöhung ohnehin nicht in Betracht käme (vgl. hierzu auch Beschlüsse
des BVerfG vom 18. Februar 2010 - 1 BvR 1523/08 - und vom 24. März 2010 - 1 BvR 395/09 - (beide juris)).
Nach allem bietet die Rechtsverfolgung der Klägerin im Klageverfahren S 2 AS 6036/08 keine Aussicht auf Erfolg (§
114 ZPO). Auf das Vorliegen der weiteren Bewilligungsvoraussetzungen (§§
115,
121 Abs.
2 ZPO) kommt es deshalb nicht mehr an.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).