Gründe
I.
Die Antragstellerinnen begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Soziale Sicherung (im Folgenden BAS), mit dem es den Schiedsspruch des Landesschiedsamtes über die Festsetzung des Vertragsinhaltes
zur Vergütung der vertragsärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg beanstandet.
Nach mehreren Verhandlungen auf Vorstands- und Fachebene stimmten die Gesamtvertragspartner am 17.10.2019 eine Vergütungsvereinbarung
für das Jahr 2020 ab, die mit Ausnahme der IKK c. von allen Vertragspartnern unterzeichnet wurde. Die IKK c. stellte ihre
Unterzeichnung unter den Vorbehalt einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vergütungsvereinbarung durch das Bundesversicherungsamt
(seit 01.01.2020 BAS). Diese Vorabfrage ergab, dass die Vergütungsvereinbarung nach Einschätzung des BAS in drei Punkten nicht
den Rechtsvorschriften des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch (
SGB V) und dem Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 22.10.2012 entsprach (Punktzahlerhöhung bei besonders förderungswürdigen
Leistungen im Rahmen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung, Umgang mit nicht verbrauchten Restbeträgen aus dem zur Verfügung
gestellten Förderungsbetrag, eingehende Begründung der besonders förderungswürdigen Leistungen entsprechend der Vorgaben des
BewA). Die IKK c. brach daraufhin das Unterschriftsverfahren ab.
Mit Schreiben vom 08.11.2019 beantragte die Antragstellerin zu 2, die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW),
beim Landesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung B. ein Schiedsamtsverfahren nach §
89 Abs.
3 SGB V. Die Antragstellerin zu 2 beantragte zunächst den ursprünglichen Vertragsentwurf festzusetzen. Dem schloss sich die Antragstellerin
zu 1, die AOK B., an. Der Verband der Ersatzkassen, der BKK L. S. (Antragstellerin zu 3), die IKK c., die Sozialversicherung
für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau und die Deutsche Rentenversicherung K. beantragten die Vergütungsvereinbarung auf
Basis der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung unter Berücksichtigung der Kritikpunkte des BAS festzusetzen. Während des
Verfahrens erging der Beschluss des BewA auf seiner 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019, der Kriterien zur Vereinbarung
der Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V enthält. Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 legten daraufhin unter dem 11.12.2019 einen aktualisierten Vertragsentwurf vor.
Aufgrund mündlicher Verhandlung am 17.12.2019 setzte das Landesschiedsamt den von den Antragstellerinnen zu 1 und 2 vorgelegten
Vertragsentwurf vom 11.12.2019 mit Änderungen fest. Zur Begründung gab das Landesschiedsamt an, bei zwei der drei vom BAS
in dessen Schreiben vom 13.11.2019 beanstandeten Punkten der ursprünglichen Vergütungsvereinbarung hätten Antragsteller und
Antragsgegner im Rahmen des Schiedsverfahrens eine Einigung erzielt. Dies betreffe sowohl die Restbeträge aus dem zur Verfügung
gestellten Förderungsbetrag als auch die Begründung der besonders förderungswürdigen Leistungen. Strittig sei geblieben, ob
die Vergütung der besonders förderungswürdigen Leistungen im Rahmen der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) erfolgen könne oder ob es hier zwingend einer extrabudgetären Vergütung bedürfe. Die im Jahre 2020 nicht verbrauchten Mittel
würden zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen der nächsten Vergütungsvereinbarung überführt und bei
der Verständigung über die Höhe der Finanzierung berücksichtigt. Diese Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 des aktualisierten Vertragsentwurfes
belasse den Gesamtvertragspartnern der nächsten Vergütungsvereinbarung in finanzieller Hinsicht noch eine hinreichende Flexibilität.
Die Einwände des BAS gegen die aus seiner Sicht unzureichende Darlegung von Versorgungsmängeln seien jedenfalls mit Inkrafttreten
des aktuellen Beschlusses des BewA in seiner 456. Sitzung zum 01.10.2019 entfallen. Die festgesetzte Vergütungsvereinbarung
für 2020 und dessen Anlagen definiere entsprechend dieses Beschlusses überprüfbare Ziele der einzelnen Förderungsmaßnahmen,
Regelungen zum Förderungszeitraum und zur Bewertung der Zielerreichung. Die Darlegung von Versorgungsmängeln sei hiernach
nicht mehr erforderlich. Das Schiedsamt stütze sich zur Begründung der festgesetzten besonders förderungswürdigen Leistungen
auf die Anlage AS 10 (Anlage 2 zur Niederschrift vom 17.12.2019), die nicht Bestandteil der festgesetzten Vergütungsvereinbarung
2020 sei. Weiter führte das Schiedsamt aus, das
SGB V enthalte keine Vorschrift dahingehend, dass Zuschläge auf den Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen
nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V stets extrabudgetär vergütet werden müssten. Die gesetzlichen Regelungen ließen es zu, Zuschläge für besonders förderungswürdigen
Leistungen entweder im Rahmen der MGV oder extrabudgetär zu vergüten. Durch die Vergütung der besonders förderungswürdigen Leistungen innerhalb der MGV entstünden den Krankenkassen in finanzieller Hinsicht keine Nach-, sondern eher Vorteile. Sofern künftig keine Limitierung
der Fördersumme erfolge, berge die extrabudgetäre Vergütung die Gefahr eines unvorhergesehen starken Wachstums der betreffenden
Ausgaben und damit einer Verletzung der Beitragssatzstabilität. Der Forderung des BAS, dass eine Förderung nach §
87a Abs.
2 SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern erfolgen müsse, trage § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung von 2020 Rechnung. Dort sei vorgesehen, die MGV zu erhöhen, damit die für den bislang extrabudgetär vergüteten hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex (Zuschlag zur
Ziffer 03362 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs <EBM>) aufgewendeten Mittel in die MGV überführt werden und auch zusätzlich zur Verfügung stünden. Diese Regelung sei rechtmäßig und zur Sicherstellung der Finanzierung
des Zuschlags vom Schiedsamt in die Vergütungsvereinbarung übernommen worden.
Die vom Schiedsamt festgesetzte Vergütungsvereinbarung für 2020 (als Anlage zum Gesamtvertrag) gemäß §§
83,
85 Absatz
1 und
2 i.V.m. §
87a SGB V zwischen der Antragstellerin zu 2 (auf der einen Seite) und den Antragstellerinnen zu 1 und 3, dem Verband der Ersatzkassen,
der IKK c., der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau und der Deutsche Rentenversicherung K. (auf der
anderen Seite) enthält u.a. folgende Regelungen:
(...)
§ 4 Vorhersehbare morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV)
(1) Vereinbarter, bereinigter Behandlungsbedarf im Vorjahresquartal
¹Ausgangspunkt der Berechnung kassenspezifischer Behandlungsbedarfe für jedes Abrechnungsquartal des Jahres 2020 ist die Feststellung
des insgesamt für alle Versicherten mit Wohnort im Bezirk der KVBW für das Vorjahresquartal vereinbarten, bereinigten Behandlungsbedarfs.
(...)
¹⁶Aufgrund der Überführung der regionalen Förderzuschläge für hausärztlich geriatrische Leistungen (GOP 99985 lt. § 8 der Vergütungsvereinbarung 2019) in die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung wird der Behandlungsbedarf in den vier Quartalen
des Jahres 2020 um jeweils 10.856.911 Punkte erhöht. (...)
§ 7 Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
(...)
(3) ¹Abweichend von Absatz 2 werden folgende Leistungen mit einem Zuschlag zum regionalen Punktwert vergütet:
1. Leistung des Mammographie-Screenings GOP 01759 EBM mit 1,2378 Cent.
2...
3. Belegärztlichen Leistungen nach Kapitel 36 EBM sowie die Leistungen nach den GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM, sofern sie auf Belegarztschein erbracht werden, mit 1,5250 Cent.
2Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage
7 beigefügt. 3Es wird klargestellt, dass die Zuschläge gemäß Satz 1 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 4 vergütet
werden. (...)
§ 8 Besonders förderungswürdige Leistungen
(1) ¹Zur Finanzierung der besonders förderungswürdigen Leistungen im Jahr 2020 vergüten die Kassen für den Bereich der KVBW
gemeinsam und einheitlich einen Betrag in Höhe von 7,61 Mio. €. 2Die KVBW verwendet diesen Betrag für die in Anlage 4 aufgeführten Leistungen. 3Sollte dieser Betrag im Jahr 2020 nicht ausgeschöpft werden, werden die nicht verbrauchten Mittel zur Finanzierung der besonders
förderungswürdigen Leistungen der nächsten Vergütungsvereinbarung überführt und bei der Verständigung über die Höhe der Finanzierung
berücksichtigt. (...)
§ 9 Besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
¹Auf der Grundlage der Kriterien des BewA vereinbaren die Vertragspartner gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V unter Berücksichtigung von §
83 Abs.
1 Satz 4
SGB V einen Zuschlag auf den regionalen Punktwert gemäß §
2 dieser Vereinbarung auf folgende abgerechnete und anerkannte Gebührenordnungspositionen innerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung. 2Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage
5 beigefügt.
Psychiatrisches Gespräch (...)
Förderung der onkologischen und/oder immunologischen Betreuung (...)
Nicht-ärztliche Praxisassistentinnen (...)
Subkutane Immuntherapie (SCIT) (...)
Radiologie bei onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose gemäß Anlage 7 BMV-Ä in der jeweils gültigen Fassung angepasst an den jeweils gültigen ICD 10 (...)
Hausärztlich geriatrischer Betreuungskomplex (...)
Chronikerpauschale (...)
U3 (...)
§ 10 Besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung
¹Auf der Grundlage der Kriterien des BewA vereinbaren die Vertragspartner gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V unter Berücksichtigung von §
83 Abs.
1 Satz 4
SGB V einen Zuschlag auf den regionalen Punktwert gemäß §
2 dieser Vereinbarung auf folgende abgerechnete und anerkannte Gebührenordnungspositionen außerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung. 2Die überprüfbaren Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen sowie der Zeitraum bis zur Bewertung der Zielerreichung sind als Anlage
6 beigefügt.
Konfirmationsdiagnostik (...)
Osteodensitometrie (...)
Geburtshilfe (...)
Anhang zu Anlage 4 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020
¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem
Förderungsjahr 2020 fest. 2Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.
Bezeichnung
|
Überprüfbares Ziel(e)
|
Pricktest (GOP 99992)
|
1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder
|
|
2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die den Pricktest durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)
|
Besuch im Pflegeheim (GOP 99980)
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1. Reduzierung des Rückgangs der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Pflegeheimbesuche leisten und/oder
|
|
3. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, die Besuche anbieten (Anzahl Besuche pro Arzt/Praxis)
|
Behandlung des diabetischen Fußes (GOP 99984)
|
1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit > 0%)
|
|
2. Vermeidung stationärer Behandlungen (Entwicklung der Anzahl stationärer Aufenthalte je Patient mit Abrechnung dieser GOP)
|
Substitution (GOP 99830)
|
1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, um die insgesamt rückläufige Leistungserbringung zu reduzieren
(Anzahl substituierter Patienten pro Arzt/Praxis) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Substitution leisten
|
Pauschale ärztl. Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V (J.-Diakonie M. ) (GOP 99982A)
|
Behinderte können im Rahmen der Ermächtigung in der Einrichtung weiter versorgt werden.
|
Pauschale ärztl. Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach § 119a SGB V (Epilepsiezentrum K. ) (GOP 99982B)
|
Behinderte können im Rahmen der Ermächtigung in der Einrichtung weiter versorgt werden.
|
Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (GOP 99620)
|
Umsetzung der Landesrahmenvereinbarung.
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Anlage 5 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020
Besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 9
¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem
Förderungsjahr 2020 fest. 2Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.
Bezeichnung
|
Überprüfbare Ziel(e)
|
Psychiatrisches Gespräch (GOP 99996)
|
1. Reduzierung des Rückgangs der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte/Praxen, die Psychiatrische Gespräche anbieten und/oder
|
|
3. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, die Psychiatrische Gespräche anbieten (Anzahl Psychiatrisches Gespräch
pro Arzt/Praxis)
|
Psychiatrisches Gespräch (GOP 99996)
|
1. Reduzierung des Rückgangs der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte/Praxen, die Psychiatrische Gespräche anbieten und/oder
|
|
3. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, die Psychiatrische Gespräche anbieten (Anzahl Psychiatrisches Gespräch
pro Arzt/Praxis)
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Förderung der onkologischen und/oder immunologischen Betreuung (GOP 99983)
|
1. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit insgesamt oder pro Arzt/Praxis und/oder
|
|
2. Vermeidung stationärer Behandlungen (Entwicklung der Anzahl stationärer Aufenthalte je Patient mit Abrechnung dieser GOP)
|
Nichtärztliche Praxisassistentinnen (NäPA) (GOP 99981)
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1. Steigerung der Anzahl der genehmigten NäPA (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1) und/oder
|
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2. Steigerung der Gesamtfallzahl in einer Praxis mit genehmigten NäPA im Verhältnis zu Gesamtfallzahl einer Praxis ohne genehmigte
NäPa
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Subkutane Immuntherapie (SCIT) (GOP 99995, 99991)
|
1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder
|
|
2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine SCIT durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)
|
Radiologie bei onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose gemäß Anlage 7 BMV-Ä in der jeweils gültigen Fassung angepasst an den jeweils gültigen ICD 10 (GOP 99565 bis 99596 99160 bis 99182 99183 bis 99198 99260 bis 99282)
|
1. Reduzierung der Patienten mit Abrechnungen der genannten GOPS bei verschiedenen Praxen (Effizienz der Versorgung) und/oder
|
|
2. Steigerung der genannten GOPs bei Patienten mit entsprechender gesicherter Diagnose pro Behandlungsfall
|
Hausärztlich geriatrischer Betreuungskomplex (GOP 99985)
|
1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit > 0%) und/oder
|
|
2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die einen hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex durchführen (Erweiterung der Angebotsstruktur>
1)
|
Chronikerpauschale (GOP 99957, 99958)
|
1. Prozentuale Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit (Steigerung der Häufigkeit> 0%) und/oder
|
|
2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine Chronikerpauschale abrechnen (Erweiterung der Angebotsstruktur> 1)
|
U3 (GOP 99959)
|
1. Erweiterung des Angebots (Anzahl Ärzte, die U3 abrechnen) und/oder
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|
2. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis (Steigerung der Häufigkeit > 0% pro Arzt/Praxis)
|
Anlage 6 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020
Besonders förderungswürdige Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 10
¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem
Förderungsjahr 2020 fest. 2Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.
Bezeichnung
|
Überprüfbare Ziel(e)
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Konfirmationsdiagnostik (GOP 99910)
|
Steigerung der Anzahl der Ärzte, die eine Dokumentation an die Trackingzentrale weiterleiten
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Osteodensitometrie (GOP 99911, 99912)
|
1. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die die Genehmigung zur Erbringung der Osteodensitometrie haben und/oder und/oder
|
|
2. Steigerung der Abrechnungshäufigkeit der Osteodensitometrie insgesamt
|
Geburtshilfe (GOP 99956)
|
Erhalt der Anzahl der Belegärzte, die belegärztliche Geburtshilfe anbieten durch Erstattung der tatsächlichen regionalen Kosten
der Haftpflichtversicherung
|
Anlage 7 zur Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung gemäß § 7 Abs. 3
¹Die Gesamtvertragspartner legen zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen einen Zeitraum von vier Jahren ab dem
Förderungsjahr 2020 fest. 2Die Überprüfung erfolgt jeweils im Verhältnis zur Versorgungssituation vor Einführung der Förderung.
Bezeichnung
|
Überprüfbare Ziel(e)
|
Mammographie-Screening (GOP 01759 EBM)
|
1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit der Vakuumbiopsien insgesamt und/oder
|
|
2. Steigerung der Anzahl der Ärzte, die Vakuumbiopsien durchführen
|
Substitution (Abschnitt 1.8 EBM)
|
1. Steigerung der ambulanten Abrechnungshäufigkeit pro Arzt/Praxis, um die insgesamt rückläufige Leistungserbringung zu reduzieren
(Anzahl substituierter Patienten pro Arzt/Praxis) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Anzahl der Ärzte, die Substitution leisten
|
Belegärztliche Leistungen (Kapitel 36 EBM GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM, sofern auf Belegarztschein erbrach)
|
1. Reduzierung des Rückgangs der belegärztlichen Leistungen (Prozentualer Rückgang der Häufigkeit) und/oder
|
|
2. Beibehaltung der Belegärzte und/oder
|
|
3. Steigerung der Belegärztlichen Leistungen pro Arzt/Praxis (Anzahl Belegarztleistungen pro Arzt/Praxis)
|
Gegen den Schiedsspruch vom 17.12.2019 hat keiner der Verfahrensbeteiligten Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 09.04.2020 teilte das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg mit, dass sie nach Prüfung
der Schiedsentscheidung gegenüber den seiner Rechtsaufsicht unterliegenden Kranken- und Ersatzkassen sowie der Antragstellerin
zu 2 die Gesamtvergütungsvereinbarung 2020 nicht beanstande.
Den mit Schiedsspruch festgesetzten Gesamtvergütungsvertrag für 2020 (eingegangenen beim BAS am 18.02.2020) beanstandete das
BAS mit Bescheid vom 14.04.2020 in Bezug auf einzelne Regelungen. Im Einzelnen beanstandete es § 4 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs.
2 Satz 16, § 7 Abs. 3 Ziffer 1 und 3 und Anlage 7 betreffend die Leistungen des Mammographie-Screenings und der belegärztlichen
Leistungen, § 8 und Anlage 4, § 9 und Anlage 5 sowie § 10 und Anlage 6 betreffend die Regelungen zur Förderung der Leistungen
Konfirmationsdiagnostik und Osteodensitometrie. Darüber hinaus beanstandete es § 7 Abs. 2, soweit eine Vergütung unter Anwendung
des beanstandeten § 8 des festgelegten Vertrages geregelt ist. Zur Begründung gab das BAS an, die Regelungen entsprächen nicht
den Anforderungen, die nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V i.V.m. dem Beschluss des BewA vom 25.11.2019 an die Ausgabenbereitstellung zur regionalen Förderung von Leistungen gestellt
werden. Die beanstandeten Ausgabenregelungen seien rechtswidrig. Im Einzelnen wurde ausgeführt:
Die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung sei rechtswidrig, weil der Behandlungsbedarf der MGV unzulässig erhöht werde, um eine Leistungsförderung (Hausärztlicher geriatrischer Betreuungskomplex) zu finanzieren. Die
Anpassung des Behandlungsbedarfs sei jedoch nur auf der Grundlage von Veränderungen des Leistungsumfanges auf der Grundlage
der Leistungsfestlegungen des EBM unter Beachtung der Vorjahresanknüpfung zulässig. Die vorgenommene Steigerung des Behandlungsbedarfes
um insgesamt 43.427.644 Punkte entspreche aber keiner festgestellten Veränderung des Behandlungsbedarfes. Dennoch werde eine
Veränderung basiswirksam etabliert. Die durch die Punktzahlvolumensteigerung zusätzlich bereitgestellten Mittel in Höhe von
4.771.438,67 Mio. € würden nicht rechtskonform verausgabt.
Auch für die übrigen in § 9 der Vergütungsvereinbarung geregelten Zuschläge auf die dort benannten Gebührenpositionen für
Leistungen seien die vereinbarten Ausgaben nicht rechtskonform geregelt. Die Entscheidung des Landesschiedsamtes enthalte
keine Regelungen für die erforderliche Ausgabensteigerung. Da bereits die Finanzierung von Leistungsförderungen in den Honorarvereinbarungen
für die Jahre vor 2020 rechtswidrig durch Anpassungen des Behandlungsbedarfs vorgenommen worden seien und diese noch (weil
basiswirksam) im Punktzahlvolumen aufsetzend auf das Jahr 2019 für die Berechnung der Gesamtvergütung auf Grundlage von §
4 Abs. 1 enthalten seien, sei die Gesamtvergütungsberechnung wegen einer fehlenden adäquaten Bereinigungsregelung rechtswidrig.
Um den Behandlungsbedarf für das Jahr 2020 rechtskonform anzupassen, müsste damit das Punktzahlvolumen um die in den Vorjahren
rechtswidrig für Leistungsförderungen nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V erhöhten Punktzahlmengen verringert werden.
Auch § 8 der Vergütungsvereinbarung sei rechtswidrig, weil nicht berücksichtigt werde, dass sich für die Vereinbarungen zu
Zuschlägen nach §
87a Abs.
2 SGB V eine Basiswirksamkeit verbiete. Es entspreche nicht der gesetzlichen Systematik des §
87a Abs.
2 SGB V, sog. Förderbudgets im Voraus betragsmäßig festzulegen. Die Neufassung des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 räume zwar
die Festlegung von Obergrenzen ein. Diese seien jedoch gem. der Ziffer 4 des Beschlusses zum Einen für jede (jeweilige) Fördermaßnahme
einzeln zu bestimmen, zum Anderen regele das Festlegen einer Obergrenze nur die Begrenzung der möglichen Zuschlagssumme. Für
das Festlegen der verbindlichen, zudem über das Vereinbarungsjahr hinausgehenden Fördergesamtsumme gebe es, keine rechtliche
Grundlage. Es handele sich hierbei nicht um eine Abrechnungsregelung für etwaige Restbeträge. Die Regelung sei vielmehr als
Vergütungszusage auszulegen. Damit sei auch die Vergütungsregelung in § 7 Abs. 2 der Vergütungsvereinbarung rechtswidrig,
weil dort die Anwendung der Zuschläge nach § 8 vorgesehen werde.
§ 10 und Anlage 7 seien rechtswidrig, weil nicht berücksichtigt werde, dass Leistungen, die über die Regelversorgung hinausgingen,
der regionalen Vergütungsvereinbarung auf der Grundlage von §
87a SGB V nicht zugänglich seien, und eine rechtskonforme Ausgabenregelungen an die Zuordnung des Zuschlags nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V auf den Orientierungswert unter transparent dargelegter Zuordnung an GOPen des EBM gebunden sei, deren Leistungslegende die
geförderte Leistung zumindest fakultativ enthalte. Die in § 10 i.V.m. Anlage 7 und in Anlage 2 der Vergütungsvereinbarung
beschriebene Leistung "Konfirmationsdiagnostik" sehe einen Zuschlag zur GOP 20327 des EBM (Hörschwellenbestimmung) vor; ausweislich des beschriebenen Förderungsziels (jedwede Steigerung von Ärzten,
die eine spezielle Dokumentation an die Trackingzentrale an der Universität H. weiterleiten) werde jedoch eine ärztliche Leistung
honoriert, die nicht Gegenstand dieser GOP sei. Für die Förderungen in Anlage 4 Abschnitt 2 der als "Früherkennung und Frühförderung behinderter und von Behinderung
bedrohter Kinder" beschriebenen Leistung fehle ein Bezug zu einer GOP des EBM sowie eine Festlegung zur Höhe des Zuschlags. Mangels Transparenz über die Art der geförderten Leistung sei die Ausgabensteigerung
nicht rechtmäßig. Der Verweis auf "Regelungen der Landesrahmenvereinbarung vom 1. Juni 2014" in den Erläuterungen in Anlage
2 des Gesamtvergütungsvertrages sei nicht ausreichend, um die Anforderungen an die Regelung nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V zu erfüllen. Auch für die Förderungen von Pauschalen für ärztliche Leistungen für Einrichtungen der Behindertenhilfe nach
§
119a SGB V beschränkt auf die konkret benannten Einrichtungen J.-Diakonie M. und Epilepsiezentrum K. werde rechtswidrig keine Zuschlagshöhe
unter Bezugnahme auf eine EBM-Ziffer festgelegt. Bezogen auf die Leistungserbringung in Einrichtungen nach §
119a SGB V sei es zwar möglich, die Vergütung gem. §
120 Abs.
3 SGB V zu pauschalieren. Eine Pauschalierung stehe dann jedoch der Zuschlagssystematik des §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V, der sich auf die Anrechnung bestimmter GOP des EBM beziehe, entgegen. Zudem eröffne die Ermächtigungsgrundlage des §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V zumindest außerhalb der Leistungserbringerförderung auf der Grundlage von Beschlüssen nach §
100 Abs.
1 und
3 SGB V keine Möglichkeit der Förderung einzelner Leistungserbringer.
Die Regelungen des § 7 Abs. 3 Ziffern 1 und 3 und Anlage 7 betreffend die Leistungen des Mammographie-Screenings und der belegärztlichen
Leistungen, § 8 und Anlage 4, § 9 und Anlage 5 sowie § 10 und Anlage 6 betreffend die Förderung der Leistungen "Konfirmationsdiagnostik"
und "Osteodensitometrie" der Anlage 1 zur Niederschrift der Vergütungsvereinbarung entsprächen nicht den Anforderungen des
Beschlusses des BewA vom 25.11.2019. Es bestünden Zweifel, ob die isolierte Betrachtung von Fallzahlen oder der Anzahl abrechnender
Ärzte den Anforderungen des Beschlusses genügten. Eine Verbesserung der Versorgung setze grundsätzlich voraus, dass diese
im Leistungsgeschehen, bspw. durch die Verbesserung des Zugangs zur Leistung ankomme. Die Erbringung einer einzigen zusätzlichen
Leistung im gesamten Evaluationszeitraum (bis 2024) in einer Fachrichtung oder die Steigerung der abrechnenden Ärzte (bspw.
Diabetologen) um einen weiteren Arzt werde den Anforderungen des Beschlusses nicht gerecht. Im Übrigen bedürfe es zur Begründung
jeder Leistungsförderung der Darstellung des Förderzieles. Die Gesamtvergütungsvertragspartner hätten in Anhang zu Anlage
4, und den Anlagen 5, 6 und 7 das Förderziel regelmäßig offengelassen, indem alternativ ("und/oder") die Steigerung der Abrechnungshäufigkeit
bzw. die Steigerung der Anzahl der Ärzte als Ziel ausreiche. Sollte am Ende des Evaluationszeitraums (2024) die Fallzahl sinken,
die Zahl der abrechnenden Ärzte aber um einen Arzt steigen, genüge dies als positives Evaluationsergebnis. Tatsächlich verbessere
sich hierdurch die Versorgung nicht. Diese Evaluationsziele rechtfertigten daher keine Förderung und seien damit rechtswidrig.
Für die Formulierung des Förderziels "Qualitätsveränderung" genüge es nicht, wenn die Fallzahlen oder die Zahl der abrechnenden
Ärzte gesteigert werden. In Bezug auf das Förderziel "Vermeidung stationärer Krankenhausbehandlungen oder unnötige Krankentransporte"
genüge es nicht, schlicht alternativ die Abrechnungshäufigkeit einer bestimmten Leistung im ambulanten Bereich oder die Reduzierung
der Anzahl stationärer Behandlungsfälle je Patient, bei dem die zu fördernde Leistung abgerechnet worden ist, zu betrachten.
Hinsichtlich des Förderziels "Reduzierung von bestehenden oder sich abzeichnenden Versorgungsmängeln" werde nicht zu jeder
Leistungsförderung die Versorgungssituation dargelegt. Im Einzelnen mangele es an einer hinreichenden Begründung der Förderungswürdigkeit
der im Gesamtvergütungsvertrag vorgesehenen 20 Leistungsarten für Förderungszuschläge nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V aus folgenden Gründen:
Die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einem Pricktest mehr als im Jahr vor Einführung der Förderung sei marginal
und deshalb als willkürlich zu bewerten (Anhang 4 zu Anlage 4 bzgl. Pricktest GOP 99992 als Zuschlag zur GOP 30111 EBM). Auch die Veränderung bei den abgerechneten Hausbesuchen sei marginal und daher als willkürlich zu bewertende
Veränderung ungeeignet, um rechtskonform die Förderziele zu rechtfertigen (Anhang 4 zu Anlage 4 bzgl. Besuch im Pflegeheim
GOP 99980 als Zuschlag zur GOP 01410 oder 01413 EBM). Zudem passten die dargelegten Zahlen zum Versorgungsmangel in der hausärztlichen Versorgung nicht
zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt
sei oder drohe. Das Förderziel für die Behandlung des diabetischen Fußes ("Verbesserung der Ergebnisqualität und/oder Vermeidung
von stationären Behandlungen"; GOP 99984 als Zuschlag auf die GOP 02311 EBM) werde als erreicht angesehen, wenn eine Behandlung mehr abgerechnet werde. Dabei werde die Entwicklung der Anzahl
der stationären Aufenthalte betrachtet. Eine Betrachtung des Anlasses des stationären Aufenthaltes (ggf. Geburt oder Unfall)
erfolge nicht. Auch werde keine konkrete Fallzahl bzgl. der Vermeidung der stationären Behandlungen festgelegt, sodass es
deshalb bereits an der Überprüfbarkeit dieses Zieles mangele. Hinsichtlich der Substitution (GOP 99830 als Zuschlag bei mindestens 50 abgerechneten GOP des Abschnittes 1.8 EBM) sei bereits die genaue Anforderung an die Voraussetzung für die Zuschlagszahlung unklar. Zudem sei
auch das in der Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes dargelegte Förderziel, die Angebotssteigerung größerer Substitutionspraxen
im Hinblick auf eine größere Patientenzahl auszuweiten, mit den für die Bewertung der Zielerreichung festgelegten Indikatoren
im Anhang zu Anlage 4 des Gesamtvergütungsvertrages nicht kompatibel. Für die Förderungen gem. Abschnitt 2 zu Anlage 4 der
Anlage 1 des Gesamtvergütungsvertrages (GOP 9982A, 9982B und 99620 ohne Bezugnahme auf den EBM) würden keine überprüfbaren Ziele benannt. Die Darlegungen im Anhang zu
Anlage 4 des Gesamtvergütungsvertrages beschrieben lediglich völlig unspezifisch eine mögliche Weiterversorgung oder die Umsetzung
der Landesrahmenvereinbarung. In Bezug auf die Förderung von psychiatrischen Gesprächen (GOP 99996 als Zuschlag auf die GOP 14220, 14221, 14222, 21220 oder 21221 EBM) fehle es an einer schlüssigen und dem Versorgungskontext entsprechenden Darlegung,
welche überprüfbaren Verbesserungen in der Versorgung der Versicherten erreicht werden sollen. Das Förderziel für die onkologische
und/oder immunologische Betreuung (GOP 99983 als Zuschlag auf die GOP 01510, 01511 oder 01512 EBM) werde als erreicht angesehen, wenn eine Behandlung mehr abgerechnet werde. Dabei werde die Entwicklung
der Anzahl der stationären Aufenthalte betrachtet. Eine Betrachtung des Anlasses des stationären Aufenthaltes (ggf. Geburt
oder Unfall) erfolge nicht. Auch werde keine konkrete Fallzahl bzgl. der Vermeidung der stationären Behandlungen festgelegt,
sodass es deshalb bereits an der Überprüfbarkeit dieses Zieles mangele. In Bezug auf nichtärztliche Praxisassistentinnen (Näpa)
(GOP 99981 als Zuschlag zur GOP 03060 EBM) sei das vereinbarte Förderziel von einer einzigen zusätzlichen Näpa marginal und daher willkürlich. Zur Bewertung
der Steigerung der Gesamtfallzahl in Praxen mit NäPa sei nicht ausreichend konkret und damit intransparent in Bezug auf die
Messbarkeit eines Förderzieles dargelegt, wie der Vergleich durchgeführt werden solle. Die Gesamtfallzahl von Arztpraxen hänge
von verschiedensten Faktoren ab. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen passe zudem nicht zum aktuellen Stand
der Bedarfsplanung (12.02.2020) nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei oder drohe. Trotz
rechnerisch guter Versorgungslage die Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung (nur) in Teilgebieten
zu begründen, genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. In Bezug auf die Subkutane Immuntherapie
(SCIT) (GOP 99995 und 99991 als Zuschläge zu GOP'en 30130 und 30131 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einem SCIT mehr marginal und deshalb als willkürlich
zu bewerten. Es fehle zudem die Darlegung, worauf sich eine als Versorgungsmangel angenommene Diskrepanz zwischen Patientenzahlen
und Abrechnungshäufigkeit der SCIT überhaupt stütze. Bei der Darlegung des Versorgungsmangels bleibe unberücksichtigt, dass
die Patienten ggf. die alternative sublinguale Therapie (SLIT) für Allergiker nutzten. Der dargelegte Rückgang der Abrechnungshäufigkeit
von 2009-2012 liefere im Übrigen auch für das Jahr 2020 keine Grundlage für die Förderungswürdigkeit einer Leistung. Das Erreichen
des Förderziels, die Belastung der onkologischen Patienten mit gesicherter Diagnose durch Radiologietermine bei verschiedenen
Praxen zu reduzieren (GOP 9565- 99596, 99160-99198 und 99260-99282 als Zuschläge zu Leistungen der Abschnitte 34.2 bis 34.4), werde entgegen der Vereinbarung
nicht durch eine Reduzierung der Patienten mit Abrechnung der genannten GOP bei verschiedenen Praxen nachgewiesen. Die isolierte Betrachtung der Reduzierung der Patienten mit Abrechnung von GOP von verschiedenen Praxen gebe keinen Aufschluss darüber, ob die Leistungen stattdessen gebündelt in einer Praxis erfolgten.
Die Darlegung mangelnder Arbeitskapazitäten stehe im Übrigen im Widerspruch zum im aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020)
ausgewiesenen Versorgungsgrad der Radiologen, der vielfach deutlich im Überversorgungsbereich liege. Eine Begründung der Förderwürdigkeit
aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten trotz rechnerisch guter bis sehr guter Versorgungslage genüge
den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. In Bezug auf den hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplex
(GOP 99985 als Zuschlag zur GOP 03362 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einer zusätzlichen Leistung marginal und deshalb als willkürlich
zu bewerten. Zudem blieben die Auswirkungen der mit der Einführung des GKV-TSVG in §
87a Abs.
3 SGB V eingeführten Ausbudgetierung der Leistungen für Neupatienten unberücksichtigt. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen
passten zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung
festgestellt sei, oder drohe. Eine Begründung der Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten
trotz rechnerisch guter bis sehr guter Versorgungslage genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht.
Hinsichtlich der Chronikerpauschale (GOP 99957 und 99958 als Zuschlag zu den GOP 03220 oder 04220 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung von nur einer zusätzlichen Leistung marginal und deshalb
als willkürlich zu bewerten. Die dargelegten Zahlen zur Situation der Hausarztpraxen passten zudem nicht zum aktuellen Stand
der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach der im Bereich der Hausärzte keine Unterversorgung festgestellt sei, oder drohe. Eine
Begründung der Förderwürdigkeit aller Leistungen wegen unzureichender Versorgung in Teilgebieten trotz rechnerisch guter bis
sehr guter Versorgungslage genüge den Anforderungen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 nicht. Die Förderung einer Leistung
wegen behaupteter unzureichender Vergütung sei nicht zulässig. Zudem handele es sich bei den zur Förderung vorgesehenen Leistungen
bereits um Zuschläge, mit denen die Behandlung von chronisch erkrankten Versicherten auf der Grundlage des EBM zusätzlich
vergütet werde. In Bezug auf die Leistung U3 (GOP 99959 als Zuschlag zur GOP 01713 EBM) sei die als Förderziel beschriebene Abrechnung der Leistung durch einen weiteren Leistungserbringer marginal und
deshalb als willkürlich zu bewerten. Der Festlegung von überprüfbaren Zielen entspreche es zudem nicht, eine Bewertung ohne
Einbeziehung der Auswirkungen durch die mit Einführung des GKV-TSVG vorgesehenen Zuschläge nach Wartezeitlänge oder in §
87a Absatz
3 Satz 5 Nr.
5 SGB V vorgesehenen extrabudgetären Vergütung von Leistungen (hier regelmäßig mit abgerechnete Grundpauschalen) im Behandlungsfall
bei Neupatientinnen und Neupatienten einzubeziehen. Die in Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes dargelegten Zahlen
zur Situation der Kinder- und Jugendarztpraxen passten zudem nicht zum aktuellen Stand der Bedarfsplanung (12.02.2020), nach
der im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin keine Unterversorgung festgestellt sei oder drohe. Zur Erreichung des Förderziels
in Bezug auf die Konfirmationsdiagnostik (GOP 99910 als Zuschlag zur GOP 20327 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Dokumentation an die Trackingzentrale weiterleite. Mit
dieser Steigerungsquote könne keine Verbesserung der Versorgung bewertet werden. Zudem komme es nicht auf die Weiterleitung,
sondern auf die Durchführung der Dokumentation an. Auch zur Erreichung des Förderziels in Bezug auf die Osteodensitometrie
(GOP 9911 und 9912 als Zuschlag zu den GOP 34600 und 34601 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Genehmigung zur Durchführung der Osteodensitometrie
habe. Mit dieser Steigerungsquote könne keine Verbesserung der Versorgung bewerten werden. In Anlage 2 zur Entscheidung des
Landesschiedsamtes werde zudem ein unzulässiger Zusammenhang zwischen der Anzahl der an Osteoporose erkrankten Menschen und
der Anzahl der Osteodensitometrie-Leistungen hergestellt. Es werde nicht berücksichtigt, dass die Osteodensitometrie nur bei
bestimmten Indikationen erbracht werden dürfe. Die Osteodensitometrie sei im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausdrücklich
keine Früherkennungsleistung. Eine als unzureichend empfundene Vergütung sei kein zulässiger Grund für eine Leistungsförderung.
Zur Erreichung des Förderziels in Bezug auf die Leistung des Mammographie-Screenings (hier: Vakuumstanzbiopsie - Zuschlag
zur GOP 01759 EBM) genüge nach der Vereinbarung ein weiterer Arzt, der die Biopsie durchführe. Mit dieser Steigerungsquote könne
keine Verbesserung der Versorgung bewerten werden. Die Darlegung in Anlage 2 zur Entscheidung des Landesschiedsamtes verweise
zudem auf eine Restkomponente aus einem Förderprogramm. Es sei nicht transparent erkennbar, inwieweit hier eine beschlusskonforme
Zielfestlegung erfolgt ist. Mit der Förderung von belegärztlichen Leistungen (Zuschlag zu den Leistungen in Kapitel 36 EBM
und zu den GOP 13311, 17370, 08410 bis 08416 EBM bei Erbringung durch Belegärzte) wollten die Vertragspartner offenbar Versorgungsdefiziten
in der belegärztlichen Versorgung in einzelnen Regionen begegnen. Bei der Überprüfung der Zielerreichung werde die Versorgung
aber nicht regional betrachtet, so dass die Ziele nicht evaluiert werden könnten.
Im Rahmen seines Entschließungsermessens und unter Berücksichtigung des Opportunitätsprinzips, welches dem BAS als Aufsichtsbehörde
das Recht einräume, im Einzelfall von einer Beanstandung abzusehen, habe sich das BAS entschlossen, den Rechtsverstoß nicht
zu tolerieren. Als Rechtsaufsichtsbehörde sehe es sich in der Pflicht, auf eine transparent an §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V und an den bundeseinheitlich geltenden Kriterien des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 ausgerichteten Bereitstellung von
Ausgaben für Leistungsförderungen hinzuwirken. Die Gestaltungsspielräume der regionalen Gesamtvertragspartner für Ausgaben
im Rahmen dieser Ermächtigungsgrundlage seien durch die gesetzlichen Vorgaben zur Systematik der Bereitstellung von Mitteln
zur Leistungsförderung und die Vorgaben der Selbstverwaltung auf Bundesebene begrenzt. Die Neufassung des Beschlusses des
BewA vorn 25.11.2019 bewirke gegenüber dem bisherigen Beschluss vom 22.10.2012 zwar, dass ein bestehender Versorgungsmangel
nicht mehr ausschließliche Voraussetzung für eine Leistungsförderung sei, sondern eine Förderung bereits zulässig sei, wenn
ein Versorgungsmangel drohe oder eine Qualitätsverbesserung der Versichertenversorgung beabsichtigt sei. Dennoch seien für
die erweiterten Gestaltungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten weiterhin zwingend die bundeseinheitlichen
Kriterien des BewA zu beachten. Für eine Bewertung, ob eine Leistungsförderung dazu geeignet sei, eine Verbesserung in der
Versorgung der Versicherten zu erreichen, bedürfe es nach Ziffer 5 des Beschlusses des BewA vorn 25.11.2019 der Festlegung
von konkreten Förderzielen, die geeignet seien, eine Versorgungsverbesserung zu erreichen. Die Ziele müssten ferner überprüfbar
sein. Im Rahmen der Ermessensentscheidung habe das BAS das Interesse der Gesamtvertragspartner an der Umsetzung des Vertrages
berücksichtigt. Das Volumen des Gesamtvergütungsvertrages betrage laut Auskunft des vdek zur Kalkulation vom 05.03.2020 insgesamt
ca. 4,656 Mrd. €. Das Vergütungsvolumen der förderungswürdigen Leistungen betrage danach lediglich ca. 73,7 Mio. €. Mit dem
verbleibenden Finanzvolumen sei eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen gewährleistet.
Dem Interesse der Vertragsparteien an einer Umsetzung des Vertrages stünde das öffentliche Interesse gegenüber, die paritätisch
erhobenen Beitragsgelder und den Bundeszuschuss unter Beachtung der im Gesetz und durch die gemeinsame Selbstverwaltung auf
Bundesebene begrenzten Gestaltungsspielräume auszugeben. Eine rechtmäßige und wirtschaftliche Mittelverwendung sei Grundvoraussetzung
für die Einhaltung der Beitragssatzstabilität nach §
71 Abs.
1 SGB V. Eine Mittelverwendung unter Missachtung der Grenzen der Selbstverwaltung verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot und
sei rechtswidrig. Das öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen Mittelverwendung überwiege gegenüber dem Interesse der
Gesamtvertragspartner in Baden-Württemberg an einer Umsetzung der beanstandeten Vertragsregelungen. Der Beanstandungsbescheid
sei auch verhältnismäßig, da keine milderen Mittel zur Behebung des rechtswidrigen Zustandes ersichtlich seien. Die Fortführung
des aufsichtsrechtlichen Dialogs sei aussichtslos.
Am 23.04.2020 beantragte die Antragstellerin zu 2 beim BAS die sofortige Vollziehung des Beanstandungsbescheides auszusetzen.
Der Bescheid sei rechtswidrig. Die beanstandeten Regelungen der vom Landesschiedsamt festgesetzten Vergütungsvereinbarung
seien rechtmäßig. Die Aufrechterhaltung der gesetzlich geregelten sofortigen Vollziehbarkeit des Beanstandungsbescheides sei
jedenfalls deshalb nicht gerechtfertigt, weil das Selbstverwaltungsrecht der an der Vereinbarung beteiligten Selbstverwaltungskörperschaften
ebenso wenig wie der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht nach den in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) entwickelten Maßstäben beachtet worden seien. Unabhängig davon drohten durch den sofortigen Entzug finanzieller Mittel in
Höhe von rd. 75 Mio. € zu Lasten der Vertragsärzte in Baden-Württemberg bei Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehbarkeit
schwerwiegende Versorgungsmängel im Land zu entstehen, die auch und gerade in Zeiten der Corona-Krise nicht hinnehmbar seien.
Der vom BAS angewandte Maßstab des prozentualen Verhältnisses des Fördervolumens zur Gesamtvergütung sei verfehlt. Das BAS
habe nicht beachtet, dass die konkret geförderten Leistungen nicht von allen Vertragsärzten und dazu in ganz unterschiedlichem
und teilweise in sehr erheblichem Umfang erbracht würden. Es seien mehr als 6.000 Ärzte in Baden-Württemberg, also ungefähr
25 % der Ärzteschaft mit durchschnittlich mehr als 10.000,00 € pro Jahr (im Maximum 114.020,00 €) durch den Wegfall der strittigen
Förderungen betroffen. Die individuelle Betroffenheit dieser Ärzte werde beispielhaft an drei anonymisierten Fällen aufgezeigt.
In diesen Fällen liege der Anteil des Zuschlagsvolumens am Gesamthonorar zwischen 9,44 und 10,27 %. Das Verhältnis Zuschlagsvolumen
zum durchschnittlichen Jahresüberschuss einer Praxis in der Versorgungsregion Süd im Jahr 2017 (Quelle Zipp-Bericht 2018)
betrage zwischen 40 und 60 %. Ziehe man den Tarifvertrag für medizinische Fachangestellte heran, entspreche das Zuschlagsvolumen
jeweils grob dem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von zwei medizinischen Fachangestellten. Die Beispiele stünden für
hunderte Praxen in Baden-Württemberg. Der Wegfall dieser Gelder würde ganz offensichtlich zu erheblichen Verwerfungen in deren
Praxisstruktur führen sowie darüber hinaus bestehende Versorgungsstrukturen erheblich gefährden. Darüber hinaus drohten Versorgungsmängel,
weil nicht nur 75 Mio. € zukünftiges Fördervolumen verloren gingen, sondern möglicherweise mehr als 300 Mio. € bisher von
den Krankenkassen in die Etablierung dieser Strukturen investierten Gelder. In Bezug auf die Förderung der Pflegeheimbesuche
sei - besonders in Zeiten der Corona-Krise - zu befürchten, dass die Bereitschaft der Ärzte noch mehr sinke, wenn der ökonomische
Anreiz wegfallen würde und gleichzeitig der Trend zur Reduzierung von hausärztlichen Arbeitszeitkapazitäten weitergehe. Es
sei denklogisch, dass diese Ärzte bei Wegfall der Förderung ihre Praxisstruktur umstellen werden und dies zu Lasten der Pflegeheimbewohner
gehe. Hinsichtlich der Förderung belegärztlicher Leistungen sei zu befürchten, dass immer weniger Mediziner belegärztlich
tätig seien. Leidtragende seien die Patienten, vor allem in ländlichen Regionen. Die mittlerweile immer mehr verringerte Anzahl
der Fachärzte für Psychiatrie würde bei Abschaffung der Förderung psychiatrischer Gespräche dem ökonomischen Druck folgen
und noch mehr auf die - besser vergüteten - psychotherapeutischen Leistungen umstellen. Gerade aus Sicht dieser schwer erkrankten
Patienten, welche aufgrund der Kontaktreduzierungen in Zeiten der Corona-Krise besonders betroffen seien, stelle die sich
ergebende Erschwernis, ein psychiatrisches Gespräch zu bekommen, bei gleichzeitig erwartetem Mehrbedarf aufgrund der Corona-Krise,
eine besondere Gefahr dar.
Mit Bescheid vom 29.04.2020 lehnte das BAS diesen Antrag ab. Eine Interessenabwägung ergebe, dass das Aussetzungsinteresse
der KV hinter dem von Gesetzes wegen angeordneten Vollziehungsinteresse zurücktrete. Nach dem Willen des Gesetzgebers verhindere
eine Beanstandung das Inkrafttreten der als rechtswidrig beanstandeten Vereinbarung. Die gesetzliche Reglung über das Entfallen
der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs habe der Gesetzgeber sowohl in Kenntnis des jeweiligen Selbstverwaltungsrechtes
der Träger mittelbarer Staatsverwaltung als auch im Wissen der entwickelten Rechtsprechung des BSG zur Ausübung einer maßvollen Rechtsaufsicht getroffen. Die unmittelbare Wirkung einer Beanstandung dürfe deshalb nur in Ausnahmefällen
ausgesetzt werden. Ausreichend schwerwiegende Gründe, die einen solchen Ausnahmefall rechtfertigten, könnten für den konkreten
Einzelfall zum aktuellen Zeitpunkt nicht angenommen werden. An der Rechtmäßigkeit des Beanstandungsbescheids bestünden keine
ernstlichen Zweifel. Eine ausnahmsweise Aussetzung der sofortigen Vollziehung komme auch nicht aufgrund der im Antrag aufgezeigten
individuellen finanziellen Betroffenheit einzelner Vertragsärzte in Betracht. Die besondere individuelle Betroffenheit der
einzelnen Vertragsärzte und die Dringlichkeit der Vermeidung des Eintretens eines als erheblich eingestuften irreparablen
Schadens sei nicht nachvollziehbar dargelegt.
Am 20.04.2020 haben die Antragstellerinnen zu 1 und 2 Klage gegen den Beanstandungsbescheid vom 14.04.2020 beim Landessozialgericht
(LSG) Baden-Württemberg erhoben (L 5 KA 1255/20 KL). Die Antragstellerin zu 3 ist am 05.05.2020 dem Verfahren beigetreten.
Am 30.04.2020 haben die Antragstellerinnen einstweiligen Rechtsschutz beim LSG Baden-Württemberg beantragt. Zur Begründung
ihres Antrags führen die Antragstellerinnen aus, die Beanstandungsentscheidung des BAS sei offensichtlich rechtswidrig. Die
Rechtswidrigkeit ergebe sich bereits aus der ermessensfehlerhaften Nichtbeachtung des Grundsatzes der maßvollen Ausübung der
Rechtsaufsicht, verbunden mit der Belassung einer Einschätzungsprärogative der Vertragsparteien, sowie aus der Nichtberücksichtigung
des Selbstverwaltungsrechts und des vertraglichen Gestaltungsspielraums der Vertragsparteien und des an deren Stelle tretenden
Landesschiedsamtes. Denn nach der Rechtsprechung des BSG sei es aufgrund dieser Vorgaben der Rechtsaufsicht grundsätzlich verwehrt, mit aufsichtsrechtlichen Mitteln ihre Rechtsauffassung
durchzusetzen, sofern dem Rechtsfragen zugrunde lägen, die bislang weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger
Weise beantwortet hätten. Diese Voraussetzungen wahre die Antragsgegnerin nicht. Denn die Beanstandungen beträfen vorwiegend
die Anwendung der Neuregelungen des BewA aus der 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019 betreffend die Anforderungen an Zuschläge
nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V, deren Auslegung noch ungeklärt sei und zu denen erst recht keine Rechtsprechung vorliege. Dass die Voraussetzungen für eine
vollziehbare Beanstandung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung oder Klärung der Rechtsfragen in der Rechtsprechung nicht
erfüllt seien, werde auch dadurch augenfällig, dass die für die Antragstellerinnen zuständige Aufsichtsbehörde, das Ministerium
für Soziales und Integration Baden-Württemberg, im Gegensatz zur Antragsgegnerin nach Prüfung entschieden habe, den Schiedsspruch
nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht sowie das Verbot, weder durch das Gesetz noch
durch die Rechtsprechung eindeutig beantwortete Rechtsfragen zum Gegenstand aufsichtsrechtlicher Beanstandungen zu machen,
gelte erst recht für Entscheidungen des Landesschiedsamtes. Denn das Landesschiedsamt trete bei der Festsetzung der streitigen
Teile der Vergütungsvereinbarung an die Stelle der Vertragspartner. Insoweit sei nicht nur das Selbstverwaltungsrecht der
an der Vereinbarung der Vergütung beteiligten Selbstverwaltungskörperschaften zu respektieren, sondern auch der vertragliche
Gestaltungsspielraum bei der Vereinbarung zu beachten. Davon, dass diese Anforderungen mit dem Beanstandungsbescheid gewahrt
würden, könne nicht ansatzweise die Rede sein. Die Antragsgegnerin könne keine einzige höchstrichterliche Entscheidung oder
auch nur gefestigte instanzgerichtliche Rechtsprechung anführen, aus der sich die behauptete Rechtswidrigkeit der Festsetzungen
des Landesschiedsamtes ergeben würde. Erst recht könne die Antragsgegnerin nicht geltend machen, dass sich die Rechtsauffassungen,
auf die sie ihre Beanstandung stützt, eindeutig aus den normativen Regelungen ergäben. Dies sei weder für die gesetzlichen
Regelungen noch für deren untergesetzliche Konkretisierung durch den Beschluss des BewA in der 456. Sitzung auch nur im Ansatz
ersichtlich. Mit dem Beschluss des BewA seien vielmehr die untergesetzlichen Anforderungen an die Förderung von Leistungen
nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V grundlegend geändert worden. Es handele sich insoweit um Neuregelungen, deren Auslegung schwierig sei und zu der erst recht
keine Rechtsprechung vorliege.
Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen aufsichtsrechtliche Beanstandungen durch §
89 Abs.
10 Satz 8
SGB V ändere als prozessuale Regelung des vorläufigen Rechtsschutzes nichts an diesen Anforderungen an die materielle Rechtmäßigkeit
der Beanstandung einer Vereinbarung der gemeinsamen Selbstverwaltung durch die Rechtsaufsichtsbehörde.
Unabhängig davon sei die Beanstandungsverfügung aber auch deshalb rechtswidrig, weil mit ihr die Grenzen der Rechtsaufsicht
überschritten würden und tatsächlich eine Fachaufsicht ausgeübt werde. Die Antragsgegnerin beachte nicht die dem Landesschiedsamt,
das an die Stelle der Vertragspartner trete, zu belassende Einschätzungsprärogative und den vertraglichen Gestaltungsspielraum
nach §
87a Abs.
2 SGB V. Nach der Rechtsprechung des BSG sei das Handeln oder das Unterlassen eines Versicherungsträgers und damit hier des Landesschiedsamtes nicht beanstandungsfähig,
wenn es sich im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren bewege. Dass die Grenze des rechtlich Vertretbaren durch die Festsetzungen
des Schiedsspruchs überschritten und damit auch unter Berücksichtigung des Spielraums der Vertragspartner bzw. des Landesschiedsamts
eine Beanstandung zulässig wäre, sei nicht ansatzweise dargetan. Vielmehr überschreite die Antragsgegnerin mit ihren mehrseitigen
Ausführungen, mit denen sie die Förderfähigkeit gleichsam jeder einzelnen Leistung aufgrund ihrer eigenen Auffassung in Abrede
stelle, die Grenzen der Rechtsaufsicht und übe in Wahrheit eine Fachaufsicht aus. Denn die Antragsgegnerin setze ihre eigene
Beurteilung der Förderungsfähigkeit an die Stelle derjenigen der Vertragsparteien und des Landesschiedsamts. Jedenfalls sei
nicht erkennbar, dass bei einer Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Vertragspartner und des vertraglichen Gestaltungsspielraums
mit den Regelungen zu den förderungsfähigen Leistungen die Grenzen des Vertretbaren überschritten würden. Da sich die Antragsgegnerin
nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung jedoch bei ihren Beanstandungen auf eindeutige Rechtsverstöße beschränken müsse,
sei ihre Beanstandung ihrerseits ermessensfehlerhaft und rechtswidrig.
Zudem lägen die behaupteten Rechtsverstöße der festgesetzten Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020 nicht vor. Entgegen
der Auffassung der Antragsgegnerin sei die in § 4 Abs. 2 Satz 16 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung geregelte Erhöhung der MGV aufgrund der Rücküberführung der weiterhin besonders geförderten hausärztlichen geriatrischen Leistungen in die MGV rechtmäßig. Auch die Finanzierung für die übrigen in § 9 der Vereinbarung enthaltenen Zuschläge gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 sei nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin weise im Beanstandungsbescheid
selbst darauf hin, dass eine Förderung nach §
87a Abs.
2 SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern finanziert werden müsse, damit die Finanzierung nicht zulasten derjenigen Leistungen
gehe, mit denen der Behandlungsbedarf finanziert werden soll. Genau deshalb werde durch § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vereinbarung die MGV um diejenigen Mittel erhöht, die bislang für die extrabudgetäre Vergütung des hausärztlich geriatrischen Betreuungskomplexes
aufgewendet worden seien, indem der Behandlungsbedarf für das Jahr 2020 gesteigert werde. Es handele sich nicht um eine unzulässige
Erhöhung des MGV-Behandlungsbedarfs, sondern um die finanzierungsseitigen Folgen des Wechsels dieser weiterhin besonderen Leistung vom EGV- in den MGV-Bereich. Dass die Erhöhung der MGV zur Förderung einer Leistung mit einem Punktwertzuschlag innerhalb der MGV zulässig sei, ergebe sich auch eindeutig aus der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG (unter Verweis auf BT-Drs. 17/6906, 62). Bei den in § 9 genannten Leistungen handele es sich um Leistungen, die nicht erstmalig 2020 innerhalb der MGV eine besondere Förderung erhalten würden. Da die Vertragspartner sich über die Fortsetzung der Förderung innerhalb der MGV für das Jahr 2020 einig gewesen seien und das Landesschiedsamt diesem Wunsch gefolgt sei, habe hierfür keine einmalige Erhöhung
der MGV für das Jahr 2020 erfolgen müssen. Das Argument der Antragsgegnerin, die Förderung der anderen Leistungen nach § 9 der Vereinbarung
sei bereits in den Vorjahren rechtswidrig erfolgt und aus diesem Grund sei die Punktzahlmenge nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V vom Landesschiedsamt fehlerhaft festgelegt und zu verringern, sei unzulässig, weil die Antragsgegnerin nicht im Rahmen der
aufsichtsrechtlichen Prüfung der Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2020 rückwirkend die nicht beanstandete Vergütungsvereinbarung
für das Jahr 2019 überprüfen und diese zur Grundlage einer Beanstandung im Jahre 2020 machen könne. Zudem argumentiere sie
widersprüchlich, wenn die Kürzung des Behandlungsbedarfs ohne gesetzliche Grundlage aufgrund vermeintlich rechtswidriger Zuschläge
in der Vergangenheit zulässig sein solle. Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Vergütung besonders förderungswürdiger
Leistungen innerhalb der MGV per se rechtswidrig sei und zwingend extrabudgetär erfolgen müsse, sei unzutreffend. Das BSG habe bereits entschieden, dass Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen innerhalb der MGV zulässig seien (unter Verweis auf B 6 KA 28/11 R). Die Gesetzessystematik und der Sinn und Zweck der Fördermöglichkeit bestätigten die Zulässigkeit der Vergütung besonders
förderungswürdiger Leistungen innerhalb der MGV. Außerdem folge die Zulässigkeit, Leistungen innerhalb der MGV zu fördern, eindeutig aus der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG (unter Verweis auf BT-Drs. 17/6906, S. 62). Durch § 8 Abs. 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung werde entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht das Prinzip der jahresbezogenen
Vereinbarung der Vergütung verletzt. Es sei unverständlich, wie die Antragsgegnerin zu der Annahme gelange, § 8 Abs. 1 Satz
3 sei eine Finanzierungszusage zugunsten besonders förderungswürdiger Leistungen nach §
87a Abs.
2 SGB V im Jahr 2021. §
8 Abs.
1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung sehe lediglich vor, dass sich die Vertragsparteien im Falle der Nichtausschöpfung des Betrages
im Jahr 2020 über die weitere Verwendung der Mittel verständigen werden. Diese Beanstandung sei besonders befremdlich, weil
die Vertragsparteien bzw. das Landesschiedsamt der Antragsgegnerin bei dieser Regelung entgegengekommen seien und diese in
der mündlichen Verhandlung vor dem Landesschiedsamt - so war jedenfalls das Verständnis der Antragstellerinnen und des Landesschiedsamts
- signalisiert hatte, diesen Punkt zu akzeptieren. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin seien auch die Regelungen über
die Zuschläge für besonders forderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m.
Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 rechtmäßig. Das Landesschiedsamt habe die Vorgaben des BewA in seiner 456. Sitzung mit
Wirkung zum 01.10.2019 für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern
gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V beachtet. Die Beanstandung der vom Landesschiedsamt in den Anhängen zu Anlage 4 und den in Anlagen 5 bis 7 geregelten Förderziele,
die nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums von den Parteien zu evaluieren seien, beruhe auf einem verfehlten Verständnis des
für die Festlegung besonders förderungswürdiger Leistungen maßgeblichen Beschlusses des BewA. Nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V sei eine besondere Leistungsförderung für den gesamten KV-Bezirk zulässig und nicht auf Planungsbezirke beschränkt, bei denen
ein lokaler Versorgungsbedarf bestehe, die unterversorgt seien oder denen eine Unterversorgung drohe. Die Förderung habe auf
Grundlage der Kriterien zu erfolgen, die der BewA festlege. Diese seien für den Geltungszeitraum der beanstandeten Vereinbarung
die Vorgaben des mit Wirkung zum 01.10.2019 in Kraft getretenen Beschlusses des BewA. Der zuvor maßgebliche Beschluss des
BewA vom 22.10.2012, der maßgeblich für die Intervention der Antragsgegnerin und die Notwendigkeit der Anrufung des Landesschiedsamtes
gewesen sei, sei überholt. Voraussetzung für die Förderung sei danach, dass der Punktwertzuschlag zu einer Veränderung in
Art oder Häufigkeit der Erbringung der Leistung und damit zu einer Verbesserung der Versorgung führe. Die Fördervoraussetzungen
seien weit gefasst und nicht abschließend, wie sich insbesondere aus den entscheidungserheblichen Gründen ergebe. Wenn die
Fördervoraussetzungen vorlägen, sei eine besondere Förderung durch Gewährung eines Punktwertzuschlags nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V möglich. Die Festlegung von überprüfbaren Zielen der einzelnen Fördermaßnahmen sei hiervon zu trennen. Diese hätten die Parteien
nach Nr. 5 des Beschlusses zwar vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festzulegen. Die Erfüllung der festgelegten Ziele
sei aber ebenso wenig eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Zuschlagsvereinbarung wie die Details der später durchzuführenden
Evaluation sowie die sich hieraus ergebenden Folgen für eine mögliche künftige Förderung der Leistung. Der Beschluss des BewA
fordere lediglich, dass das das Ergebnis der Evaluation bei der Entscheidung über zukünftige Fördermaßnahmen von den Gesamtvertragspartnern
zu berücksichtigen sei. Die mit dem Schiedsspruch festgesetzte Vergütungsvereinbarung erfülle diese Vorgaben. Deren Anlagen
und Anhänge enthielten zu den geförderten Leistungen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festgesetzte, überprüfbare Ziele.
Dazu sei ein vierjähriger Zeitraum zur Bewertung der Zielerreichung der Fördermaßnahmen ab dem Förderjahr 2020 festgelegt
worden. Damit seien die Vorgaben nach Nr. 5 des Beschlusses des BewA erfüllt. Eine Verpflichtung, die Fördervoraussetzungen
in der Vergütungsvereinbarung darzulegen, bestünde nach dem Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung nicht. Das Landesschiedsamt
habe sich aber die Gründe der Vertragsparteien zur Förderung der einzelnen Leistungen zu eigen gemacht (Anlage 2 zur Niederschrift),
sodass der Schiedsspruch ordnungsgemäß begründet sei. Die in der Vereinbarung zu treffende Festlegung überprüfbarer Ziele
der Fördermaßnahmen nach Ziff. 5 des Beschlusses eröffne der Aufsichtsbehörde keine inhaltliche Vollkontrolle über die Zieldefinition
der Vertragsparteien und damit des Landesschiedsamtes, solange diese auf die Verbesserung der Versorgung i.S. der Ziff. 2
des Beschlusses des BewA in der 456. Sitzung gerichtet seien. Mit ihren Ausführungen dazu, dass eine quantitative Leistungssteigerung
als im Rahmen der Evaluation zu überprüfendes Ziel unzulässig sei, missachte die Antragsgegnerin die Einschätzungsprärogative
der Vertragsparteien und setze ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle derjenigen der Vertragspartner. Hierbei handele es
sich um die unzulässige Ausübung von Fachaufsicht. Im Übrigen verkenne die Antragsgegnerin, dass nach dem Beschluss des BewA
die Vertragsparteien die Evaluation nach Ablauf des festgelegten Evaluationszeitraums vornehmen und dabei die Zielerreichung
zu bewerten hätten. Im Einzelnen sei es zulässig, als zu evaluierendes Förderziel die Steigerung der Abrechnungshäufigkeit
oder der Anzahl der abrechnenden Leistungserbringer festzusetzen. Es gebe keine Vorgaben, wie umfassend diese Steigerung ausfallen
solle, zumal an die Zielerreichung bzw. -verfehlung keine zwingenden Konsequenzen geknüpft seien. Das Landesschiedsamt habe
auch entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin in keinem der Fälle das Förderziel offen gelassen. In den angeführten Fällen
seien vielmehr zwei Förderziele definiert worden, bei denen im Rahmen der Evaluation untersucht werden werde, ob sie kumulativ,
alternativ oder gar nicht erreicht worden seien. Dieses Ergebnis würden die Vertragsparteien bei der Prüfung der Wirkungen
der Förderung bewerten und bei der Entscheidung über künftige Fördermaßnahmen berücksichtigen, wie dies Nr. 5 des Beschlusses
des BewA verlange. Außerdem sei es für die Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V nicht erforderlich, dass die Zuschläge tatsächlich zur Steigerung des Behandlungserfolgs, zur Vermeidung stationärer Behandlung
oder unnötiger Krankentransporte oder zur Reduzierung bzw. Vermeidung bestehender bzw. sich abzeichnender Versorgungsmängel
führen "müssten". Der Beschluss verwende die Formulierung "kann". Auch hierin zeige sich, dass die Vertragsparteien bzw. im
Fall der Nichteinigung das an deren Stelle tretende Landesschiedsamt eine umfassende Einschätzungsprärogative hinsichtlich
der Verbesserung der Versorgung der Versicherten durch Gewährung der Punktwertzuschläge zukomme. Anders ließe sich nicht erklären,
weshalb die Parteien Förderziele festzulegen hätten, anhand derer die Wirkungen der Fördermaßnahmen nach einem bestimmten
Zeitraum evaluiert werden müssten. Die Festsetzung von Punktewertzuschlägen auf Einzelleistungen sei unabhängig davon möglich,
ob die Förderziele erreicht würden oder nicht. Es bestünde auch keine Rückzahlungsverpflichtung oder ähnliches, wenn sich
später herausstelle, dass dies nicht der Fall sei. Ebenso wenig seien an die Erfüllung oder Nichterfüllung der Zielvorgaben
verbindlichen Konsequenzen geknüpft, die in der streitgegenständlichen Vereinbarung enthalten sein müssten. Der BewA habe
lediglich festgelegt, dass die Vertragsparteien nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums die Erfüllung oder Verfehlung des Förderziels
bei der Entscheidung über die künftige Förderung von Einzelleistungen zu berücksichtigen hätten. Es sei ihnen, wenn sie dies
für sinnvoll hielten, nicht verwehrt, eine Leistung erneut besonders zu fördern, auch wenn die aufgestellten Ziele nicht erreicht
worden sein. Deshalb seien sämtliche Beanstandungen der Antragsgegnerin zu vermeintlichen unzureichenden Förderzielen unbeachtlich,
da der Beschluss des BewA keine derartigen Vorgaben enthalte (im Einzelnen ausführend, s. Bl. 19 bis 31 der Gerichtsakte).
Unabhängig davon, dass die Beanstandungen mangels Rechtsverletzungen sachlich nicht berechtigt seien, sei der Bescheid jedenfalls
deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft gehandelt und die in der Rechtsprechung des BSG an die aufsichtsrechtliche Prüfung von Entscheidungen der Selbstverwaltung entwickelten Anforderungen nicht beachtet habe.
Im Übrigen überwiege aber auch bei einer von den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache unabhängigen Interessenabwägung
das Aussetzungsinteresse der Antragstellerinnen das Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin. Die Folgen, die eintreten würden,
wenn die beanstandeten Regelungen des Schiedsspruchs nicht in Kraft treten könnten und die Förderungen von Leistungen unterblieben,
seien gravierend. Wie sich aus dem Antrag der Antragstellerin zu 2 auf Aussetzung der Vollziehung ergebe, würden im Falle
der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung finanzielle Mittel in Höhe von rund 75 Mio. € für die Sicherstellung der
vertragsärztlichen Versorgung in Baden-Württemberg nicht mehr zur Verfügung stehen. Betroffen seien - anders als von der Antragsgegnerin
in der Beanstandungsverfügung durch den Vergleich mit der Höhe der Gesamtvergütung und dem angegebenen vermeintlich geringen
Prozentsatz, den die unterbliebene Förderung ausmachte, suggeriere - aber nicht alle Ärzte gleichmäßig, sondern ein Teil spezialisierter
Vertragsärzte, die zudem regional unterschiedlich verteilt seien. Es seien ca. 25 % der Ärzte betroffen und es drohten Honorare
in Höhe von durchschnittlich mehr als 10.000,00 € pro Jahr verloren zu gehen. Für zahlreiche Ärzte seien die Auswirkungen
jedoch deutlich stärker und machten ca. 10 % des Gesamthonorarumsatzes und bis zu 60% des durchschnittlichen Jahresüberschusses
aus. Wegen der finanziellen Auswirkungen und der Betroffenheit einzelner Praxen werde auf das ZI Praxis Panel verwiesen. Die
Antragsgegnerin verkenne, dass die Förderung von Leistungen gegenüber einer rein kostendeckenden Kalkulation, wie sie im Grundsatz
dem EBM zugrunde liege, die Zuschläge, die zu entfallen drohten, gerade einen Anreiz für die Erbringung der Leistungen bieten
sollen. Aus diesem Grund wirke sich der Wegfall der Zuschläge naturgemäß auch überproportional auf den Praxisüberschuss der
betroffenen Ärzte aus. Es drohten etablierte Versorgungsstrukturen zusammenzubrechen - mit erheblichen nachteiligen Folgen
für die Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Baden-Württemberg. Die von der Antragstellerin zu 2 in ihrem Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung dargestellten Beispiele der Förderung von Pflegeheimbesuchen, der Förderung belegärztlicher Leistungen
sowie der Förderung psychiatrischer Gespräche verdeutlichten dies eindrucksvoll. Während die Folgen im Fall der Nichtanordnung
der aufschiebenden Wirkung der Klage gravierend wären, weil auch im Fall des Erfolgs der Klage im Hauptsacheverfahren die
Versorgungsstrukturen in Baden-Württemberg irreparabel zerstört wären, seien die Folgen, die im Fall der Anordnung der aufschiebenden
Wirkung eintreten würden, wenn später die Klage in der Hauptsache keinen Erfolg hätte, gering. Denn in diesem Fall müsste
die Antragstellerin zu 2 die zu Unrecht gezahlten Vergütungen gegebenenfalls bei ihren Mitgliedern zurückfordern. Dies lasse
sich über einen Vorbehalt in der Honorarabrechnung unter Hinweis auf den laufenden Rechtsstreit realisieren und sei in der
vertragsärztlichen Versorgung ein etabliertes Verfahren.
Die Sache sei eilbedürftig. Sollte die aufschiebende Wirkung nicht bis zum 25.05.2020 angeordnet werden, müsse die Antragstellerin
zu 2 in der anstehenden EDV-gestützten Abrechnung die von der Beanstandung betroffenen Förderungen auf Null setzen. Damit
entstünde den betroffenen Vertragsätzten ein erheblicher Liquiditätsverlust, der zu den Honorarrückgängen aufgrund unterbliebener
Arztbesuche infolge der Corona-Krise hinzutrete.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (L 5 KA 1255/20 KL) gegen den Bescheid vom 14.04.2020 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Zur Begründung ihres Antrags trägt die Antragsgegnerin vor, ihr Bescheid vom 14.04.2020 sei offensichtlich rechtmäßig. Insoweit
verweise sie auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und im Ablehnungsbescheid vom 29.04.2020.
Ergänzend führt sie aus, durch die rechtswidrige Förderung der Zuschläge innerhalb des Behandlungsbedarfs in Form einer Erhöhung
des Punktzahlvolumens (§ 4 Abs. 2 Satz 16 sowie § 9 der Vergütungsvereinbarung) würde neben der unzulässigen Erhöhung der
Leistungsmenge rechtswidrig eine Basiswirksamkeit und eine Vorjahresanknüpfung der Zuschläge für förderungswürdige Leistungen
etabliert. Für das Zuschlagssystem des §
87a Abs.
2 SGB V gelte jedoch nicht das Prinzip der Vorjahresanknüpfung, wie das BSG bereits für Zuschläge auf den Orientierungswert entschieden habe (B 6 KA 14/16 R, B 6 KA 5/16 R). Entgegen den Ausführungen der Antragstellerinnen ergebe sich die Zulässigkeit der Erhöhung des Behandlungsbedarfs zur Förderung
von Zuschlägen für förderungswürdige Leistungen nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V innerhalb des Behandlungsbedarfs nicht aus der Gesetzesbegründung. Die Antragstellerinnen berücksichtigten zudem nicht, dass
die §§
82,
83 SGB V nicht alleine den Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner festlegten, sondern dieser durch bundesrechtliche Vorgaben
begrenzt sei (unter Verweis auf B 6 KA 12/16 R). Hinsichtlich der Regelung in § 8 Abs. 1 Satz 3 der Vergütungsvereinbarung habe sie entgegen der Darstellung der Antragstellerinnen
in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesschiedsamt am 17.12.2019 keine "Tolerierungszusage" erteilt. Die Regelung verstoße
gegen die Plicht der Gesamtvertragspartner, die Regelungen zur Höhe der Orientierungswerte in Abhängigkeit von Zuschlägen
nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V jahresbezogen festzulegen. Nach Ablauf jedes Vereinbarungsjahres sei eine neue Vereinbarung zu §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V im Rahmen des folgenden Gesamtvergütungsvertrages zu schließen. Durch die genannte Regelung komme es im konkreten Fall jedoch
zu einer unzulässigen teilweisen Vorwegnahme der Verhandlung für die Vergütungsvereinbarung für das Jahr 2021. Hinsichtlich
der Regelungen über die Zuschläge für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage
4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m. Anlage 6 der Vergütungsvereinbarung gingen die Antragstellerinnen in ihren Ausführungen
im Ergebnis nahezu von einer voraussetzungsfreien Leistungsförderung aus. Konsequenz dieser radikalen Sichtweise sei, dass
ein aufsichtsfreier Raum von erheblicher Größenordnung (aktuell ein Finanzvolumen i.H.v. ca. 74 Mio. € betreffend) entstünde.
Die Annahme, dass eine besondere Leistungsförderung für den gesamten KV-Bereich zulässig und nicht auf Planungsbezirke beschränkt
sei, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf bestehe, die unterversorgt seien oder denen eine Unterversorgung drohe, gehe
fehl. Dies entspreche nicht dem vorrangigen Ziel des Gesetzes, dass auf der regionalen Ebene Planungsbezirke bei der Vereinbarung
oder Festlegung von Leistungsförderungen berücksichtigt werden, die entweder bereits unterversorgt seien, in denen Unterversorgung
drohe oder in denen ein zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf bestehe. Eine Förderung von einzelnen Leistungen gemäß §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V für den gesamten KV-Bereich - wie von den Antragstellerinnen behauptet - könne daher als nicht zulässig erachtet werden,
sofern bereits in einem Planungsbereich die Fördervoraussetzungen unter Ziffer 2 des o.g. Beschlusses des BewA nicht vorlägen.
Ein Versorgungsbedürfnis in lediglich einzelnen Planungsbereichen reiche für eine Förderung von bestimmten Leistungen im gesamten
KV-Bereich nicht aus. Es fehle dann bereits an einem schlüssigen und plausiblen Förderkonzept entsprechend den Voraussetzungen
des Beschlusses des BewA. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die im Beschluss des BewA vom 25.11.2019 genannten
Fördervoraussetzungen nicht abschließend seien. Die Ausführungen des BewA in den entscheidungserheblichen Gründen zum Beschluss
könnten lediglich hilfsweise zur Auslegung der einzelnen Förderziffern herangezogen werden. Dass die Fördertatbestände im
Beschluss des BewA abschließend benannt werden, ergebe sich aus Wortlaut und Sinn und Zweck. In keiner Weise nachvollziehbar
sei auch die Annahme der Antragstellerinnen, dass eine Festlegung von überprüfbaren Förderzielen der einzelnen Fördermaßnahmen
vom Vorliegen der Fördervoraussetzungen zu trennen sei. Vielmehr sei das zu vereinbarende überprüfbare Ziel der Förderung
gemäß Ziffer 5 des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 untrennbar mit den Fördertatbeständen verbunden. Die in dem streitgegenständlichen
Beanstandungsbescheid auf den Seiten 12 ff. im Einzelnen aufgeführten Ziele der jeweiligen förderungswürdigen Leistungen seien
rechtswidrig, da diese keine tauglichen Ziele einer Förderung darstellten und gerade nicht auf eine Verbesserung der Versorgung
der Versicherten i.S.d. des Beschlusses des BewA gerichtet sein könnten. Eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten
über einen Zeitraum von vier Jahren zu rechtfertigen, sofern bereits eine Fallzahl mehr abgerechnet werde (wie dies exemplarisch
bei der geförderten Leistung des Pricktestes vereinbart sei), sei unhaltbar. Die Einschätzungsprärogative und der Gestaltungsspielraum
der Gesamtvertragspartner bzw. des Landesschiedsamtes hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung der Ziele der einzelnen Fördermaßnahme
finde dort seine Grenzen, wo der Sinn und Zweck der Förderung - nämlich die Verbesserung der Versorgung der Versicherten -
nicht mehr erreicht werden könne. Eine Festsetzung von Punktwertzuschlägen auf Einzelleistungen sei nicht möglich, wenn Förderziele
festgelegt würden, die offensichtlich nicht zu einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten führen könnten.
Der Bescheid sei auch nicht rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin ermessensfehlerhaft gehandelt und die in der Rechtsprechung
des BSG an die aufsichtsrechtliche Prüfung von Entscheidungen der Selbstverwaltung entwickelten Anforderungen nicht beachtet habe.
Sie habe bei der Ausübung der Rechtsaufsicht dem Selbstverwaltungsrecht der Träger mittelbarer Staatsverwaltung ausreichend
Rechnung getragen. Insbesondere sei der Grundsatz der maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht von der Antragsgegnerin eingehalten
worden. Die hier streitigen Rechtsfragen seien bereits im Gesetz und im sonstigen für die Versicherungsträger maßgebenden
Recht (untergesetzliche Konkretisierung durch den Beschluss des BewA vom 25.11.2019 - 456. Sitzung) klar und eindeutig beantwortet.
Der Bewertungsspielraum des an die Stelle der regionalen Gesamtvertragspartner tretenden Landesschiedsamtes ende, wenn dieses
gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen habe, die diesen Spielraum einengten oder ausschlössen. Die bundeseinheitlichen
Kriterien des BewA seien zwingend zu beachten. Eine abweichende Entscheidung der Aufsichtsbehörde der Antragstellerinnen stünde
dem nicht entgegen. Darüber hinaus bestünde hier die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte besondere Rechtfertigung
für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten. Die Grenzen des Beschlusses des BewA vom 25.11.2019 würden offensichtlich nicht
eingehalten. Eine besondere Rechtfertigung für ein aufsichtsrechtliches Einschreiten liege darüber hinaus in dem ganz erheblichen
Umfang, den die finanziellen Auswirkungen der beanstandeten Rechtsverstöße annähmen (ca. 74 Mio. €). Ohne die Beanstandung
würden damit ganz erhebliche, durch Beiträge insbesondere von Versicherten und Arbeitgebern sowie durch Steuerzuschüsse aufgebrachte
Mittel der Krankenkassen auf rechtswidriger vertraglicher Grundlage verausgabt. Die Grenzen der Rechtsaufsicht seien eingehalten
worden, da der Beurteilungsspielraum bzw. die Einschätzungsprärogative des an die Stelle der Gesamtvertragspartner tretenden
Landesschiedsamtes beachtet worden sei. Fachaufsichtsrechtliche Erwägungen seien nicht getroffen worden. Die Beanstandung
ziele auf die Nichtbeachtung der nach Gesetz und sonstigem Recht geltenden Regeln für die Vereinbarung der vertragsärztlichen
Vergütung. Die Einschätzungsprärogative und der Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner bzw. des Landesschiedsamtes
hinsichtlich der Auswahl und Ausgestaltung der Ziele der einzelnen Fördermaßnahme finde dort sein Grenzen, wo der Sinn und
Zweck der Förderung - nämlich die Verbesserung der Versorgung der Versicherten - nicht mehr erreicht werden könne. Es werde
sich von Seiten der Antragsgegnerin gerade nicht angemaßt, konkrete Förderziele vorzugeben. Im Ergebnis liege eine rechtlich
nicht mehr vertretbare Entscheidung des an die Stelle der Gesamtvertragspartner tretenden Landesschiedsamtes vor.
Darüber hinaus überwiege das Suspensivinteresse der Antragstellerinnen nicht das öffentliche Interesse an dem Vollzug des
Bescheids. Hierbei sei zu beachten, dass von Gesetzes wegen das Vollzugsinteresse vorrangig sei, da der Gesetzgeber die aufschiebende
Wirkung von Klagen gegen Entscheidungen des Schiedsamtes ausgeschlossen habe und für Klagen der Vertragspartner gegen eine
Beanstandung auf diese Regelung verweise. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung müsse daher eine mit gewichtigen Argumenten
zu begründende Ausnahme bleiben. Die Antragstellerinnen hätten keine gewichtigen Argumente vorgetragen, die besondere Umstände
begründen könnten. Weder die vertragsärztliche Versorgung in Baden-Württemberg noch die angemessene Vergütung der Vertragsärzte
seien durch die gesetzlich vorgesehene sofortige Vollziehbarkeit der Beanstandung gefährdet. Zu berücksichtigen sei, dass
die Regelung, dass Klagen gegen die Beanstandung durch die zuständige Aufsichtsbehörde keine aufschiebende Wirkung haben,
erst kürzlich durch das Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG)
angeordnet worden sei. Hätte die Klage gegen eine solche Beanstandung aufschiebende Wirkung hinsichtlich des zugrunde liegenden
Verwaltungsaktes und träte somit eine "vorläufige Wirksamkeit" der eigentlich suspendierten Vergütungsvereinbarung ein, verlöre
das Aufsichtsmittel der Beanstandung insgesamt seine Wirkung. Besonders gewichtige Argumente für eine Anordnung der aufschiebenden
Wirkung seien vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Kernregelungen für die Vergütung
unbeanstandet blieben. Von der Beanstandung erfasst seien lediglich für die Vergütung bestimmter Leistungen vereinbarte Zuschläge
im Umfang von rund 75 Mio. € gegenüber etwa 4,7 Mrd. € Gesamtvergütung. Das entspreche einem Anteil von ca. 1,6 %; zu mehr
als 98 % bliebe das Honorarvolumen also unangetastet. Trotz der Beanstandung von Förderungszuschlägen für bestimmte Leistungen
bleibe weiterhin eine wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen mit dem verbleibenden
Finanzvolumen gewährleistet. Die Antragstellerinnen vermengten bei der Darstellung der Umsatzeinbußen einzelner Beispielspraxen
unterschiedliche Parameter, nämlich Umsätze in konkreten Einzelpraxen einerseits und Überschüsse in Durchschnittspraxen andererseits,
die zusammengenommen keinen sinnvollen Aussagewert ergäben. Sollte es zu einer erheblichen individuellen Betroffenheit einzelner
Vertragsärzte kommen, wäre es die ureigene Aufgabe der Antragstellerin zu 2, etwaige unbillige Härten in Folge eines überproportionalen
Honorarverlusts im Einzelfall gemäß §
87b SGB V im Rahmen der Honorarverteilung aufzufangen. Diese für das Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin zu 2
zentralen Ausführungen seien damit nicht nachvollziehbar. Sofern durch diese Ausführungen eine Existenzgefährdung der Antragstellerin
zu 2 bzw. einzelner Mitglieder dargestellt werden solle, so verfange auch dies nicht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats,
auch in der Hauptsache L 5 KA 1255/20 KL, Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet als Gericht der Hauptsache in erster Instanz gemäß §§
51 Abs.
1 Nr.
2,
29 Abs.
2 Nr.
2,
57a Abs.
3 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Zur Entscheidung ist der für das Vertragsarztrecht zuständige Senat berufen, weil Aufsichtsangelegenheiten, die - wie hier
- das Vertragsarztrecht betreffen, zu den Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gehören (vgl. §
10 Abs.
2 Satz 2 Nr.
2 SGG; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 22).
Im vorliegenden Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz hat der Senat aufgrund der Eilbedürftigkeit der Entscheidung von
einer Beiladung der anderen, an der Vergütungsvereinbarung beteiligten Sozialversicherungsträger abgesehen.
Der Antrag der Antragstellerinnen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin
vom 14.04.2020 ist zulässig und begründet.
1. Nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Widerspruch und Anfechtungsklage haben gemäß §
86a Abs.
1 Satz 1
SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Sie entfällt aber gemäß §
86a Abs.
2 Nr.
4 SGG "in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen".
Die von den Antragstellerinnen erhobene Klage gegen den auf §
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V (in der Fassung des Terminservice- und Versorgungsgesetz - TSVG vom 06.05.2019, BGBl. I 646) gestützten Beanstandungsbescheid
der Antragsgegnerin vom 14.04.2020 hat keine aufschiebende Wirkung. Die Klage ist als Aufsichtsklage im Sinne von §
54 Abs.
3 SGG statthaft. Danach kann eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung
der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, dass die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite. Die Antragstellerinnen
sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und machen geltend, das BAS habe sein Aufsichtsrecht überschritten. Dabei ist
unschädlich, dass das BAS keine Aufsicht über die Antragstellerinnen führt, weil sie keine bundesunmittelbaren Sozialversicherungsträger
sind. Denn das BAS beanstandet die Entscheidung des Schiedsamtes insgesamt und nicht nur im Verhältnis zu den bundesunmittelbaren
Krankenkassen. Die Beanstandung entfaltet damit gegenüber allen Beteiligten des Schiedsamtsverfahrens, also allen Vertragspartnern
der Vergütungsvereinbarung, Wirkung. Die Beanstandung wirkt gegenüber allen Vertragspartnern wie eine Aufsichtsmaßnahme, so
dass sich auch alle Vertragspartner im Wege einer Aufsichtsklage entsprechend §
54 Abs.
3 SGG dagegen wehren können (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2011 - B 6 KA 32/10 R -, in juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 10/99 R -, in juris, Rn. 16). Die Aufsichtsklage ist eine besondere Form der Anfechtungsklage, wenn sie wie vorliegend auf Aufhebung
einer Aufsichtsmaßnahme (hier: Beanstandung) gerichtet ist. Gemäß §
89 Abs.
10 Satz 8 in Verbindung mit Abs.
9 Satz 4
SGB V haben Klagen gegen Beanstandungen der Entscheidungen der Schiedsämter durch die Aufsichtsbehörde keine aufschiebende Wirkung.
2. Die gerichtliche Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG beruht auf einer Abwägung der widerstreitenden Interessen, regelmäßig also des (privaten) Aufschubinteresses des Antragstellers
auf der einen und des (öffentlichen) Vollziehungsinteresses der Behörde bzw. der Allgemeinheit auf der anderen Seite. Da der
vorläufige Rechtsschutz den Hauptsacherechtsschutz sichern soll, sind für diese Interessenabwägung die Erfolgsaussichten des
in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs grundsätzlich, wenngleich nicht stets in jedem Fall, ausschlaggebend; je nach
Fallgestaltung wird das Gericht auch andere Belange zu berücksichtigen haben. Wird der Hauptsacherechtsbehelf aller Voraussicht
nach erfolgreich sein, überwiegt regelmäßig das private Aufschubinteresse des Antragstellers, andernfalls kommt dem öffentlichen
Vollziehungsinteresse regelmäßig der Vorrang zu. Dabei muss das Gericht immer bedenken, welche nachteiligen Folgen dem Antragsteller
aus der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, vor allem für seine grundrechtlich geschützten Rechtspositionen erwachsen
und ob bzw. wie diese ggf. rückgängig gemacht werden können. Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso
weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung
Unabänderliches bewirken. Zu berücksichtigen sind außerdem sondergesetzlich geregelte Prüfungsmaßstäbe, wie das Erfordernis
ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids (bspw.) bei der Anforderung von Beiträgen und sonstigen
öffentlichen Abgaben (§
86a Abs.
2 Satz 3, Abs.
2 Nr.
1 SGG), oder gesetzliche Wertungen, die dem öffentlichen Vollziehungsinteresse im Einzelfall generell den Vorrang einräumen. Letzteres
ist vor allem dann anzunehmen, wenn - wie hier - Widerspruch und Anfechtungsklage (schon) kraft Gesetzes keine aufschiebende
Wirkung haben, der Aufschub der Vollziehung also entgegen §
86a Abs.
1 SGG nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall darstellt. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind
deshalb Umstände erforderlich, die die Annahme rechtfertigen, dass im konkrete Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung
ausnahmsweise abzuweichen ist. Dabei sind nur solche Folgen beachtlich, die nicht bereits als regelmäßige Folgen des gesetzlich
angeordneten Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (vgl. BVerfG, Beschl.
v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, in juris).
Davon ausgehend ergibt die Abwägung der widerstreitenden Interessen, dass das Aufschubinteresse der Antragstellerinnen gegenüber
dem Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Nach summarischer Prüfung wird die Klage der Antragstellerinnen gegen
den Beanstandungsbescheid erfolgreich sein (a). Darüber hinaus ergibt eine Folgenabwägung, dass hier Umstände vorliegen, die
es rechtfertigen ausnahmsweise von dem gesetzlich angeordneten Sofortvollzug der Beanstandung abzuweichen (b).
a) Nach summarischer Prüfung wird die Klage der Antragstellerinnen gegen den Beanstandungsbescheid erfolgreich sein.
aa) Die Klage der Antragstellerinnen ist zulässig. Sie können sich - wie oben dargelegt - alle im Wege einer Aufsichtsklage
gegen die Beanstandung zur Wehr setzen. Eines Vorverfahrens bedurfte es nicht (§
89 Abs.
10 Satz 8 in Verbindung mit Abs.
9 Satz 5
SGB V).
bb) Die Klage wird voraussichtlich auch in der Sache Erfolg haben. Nach summarischer Prüfung ist der Beanstandungsbescheid
vom 14.04.2020 rechtswidrig und verletzt die Antragstellerinnen in ihren Rechten.
(1) Es bestehen bereits Zweifel, ob das BAS zur Beanstandung einer Entscheidung des Schiedsamtes dergestalt befugt ist, dass
die Schiedsamtsentscheidung - soweit beanstandet - keine Wirkung entfaltet. Hiervon geht die Antragsgegnerin offenbar aus,
wie sich aus dem angefochtenen Bescheid sowie aus der Entscheidung über den Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung
vom 29.04.2020 ergibt.
Die Antragsgegnerin stützt den Beanstandungsbescheid auf §
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V. Danach können die Aufsichtsbehörden die Entscheidungen bei einem Rechtsverstoß innerhalb von zwei Monaten nach Vorlage beanstanden.
Beanstandungsgegenstand sind Entscheidungen der Schiedsämter über die Vergütung der Leistungen nach §
57 Abs.
1 und
2, den §§
83,
85 und
87a SGB V, die gemäß §
89 Abs.
10 Satz 6
SGB V der jeweiligen zuständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen sind. Mit dem TSVG vom 06.05.2019 (BGBl. I 646) wurde Satz 8 in Abs.
10 hinzugefügt, wonach (in Verbindung mit Abs. 9 Satz 4) Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung keine aufschiebende
Wirkung haben. Eine entsprechende Aufsichtsmaßnahme sieht §
71 Abs.
4 SGB V für die Vereinbarungen über die Vergütung der Leistungen nach §
57 Abs.
1 und
2, §§
83 und
85 SGB V, die ohne Mitwirkung des Schiedsamtes zustande kommen, vor. Mit dem Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen
Krankenversicherung (Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz - GKV-FKG vom 22.03.2020, BGBl. I 604) wurde auch diese Vorschrift um
die Regelung, dass Klagen der Vertragspartner gegen die Beanstandung keine aufschiebende Wirkung haben, ergänzt (§
71 Abs.
4 Satz 3
SGB V). Vereinbarungen nach §
87a SGB V sind von §
71 Abs.
4 SGB V nicht erfasst.
Der Gesetzgeber ergänzte beide Aufsichtsnormen um die Regelungen zum Entfallen der aufschiebenden Wirkung, um "das Inkrafttreten
einer als rechtswidrig beanstandeten Vereinbarung zu verhindern" (BT-Drs. 19/15662, S. 72 zu §
71 SGB V). Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass eine aufsichtsrechtliche Beanstandung ein Wirksamkeitshindernis für die jeweils
beanstandete Vereinbarung bzw. Schiedsamtsentscheidung darstellt und deren Rechtswirkungen im Sinne eines Suspensiveffekts
hindert. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich diese Wirkung indes nicht. Eine "Beanstandung" hat per se keinen rechtsgestaltenden
Charakter, wenn er nicht durch Gesetz angeordnet wird. Dies war in der Vergangenheit auch der Fall. Während des Zeitraums
der strikten Budgetierung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in den Jahren 1993 bis 1995 (§
85 Abs.
3a bis c
SGB V a.F.) sollten Vergütungsvereinbarungen, die aufsichtsrechtlich beanstandet werden, keine Wirksamkeit entfalten, um so möglichen
Budgetüberschreitungen vorbeugen zu können. Der Gesetzgeber sah deshalb in §
71 Abs.
2 Satz 4
SGB V in der Fassung des Art. 33 § 8 Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vor, dass beanstandete Vereinbarungen nicht galten ("Beanstandete Vereinbarungen gelten nicht"). Eine entsprechende Regelung
enthielt §
89 Abs.
5 Satz 7
SGB V in der bis zum 31.12.1995 in Kraft gewesenen Fassung des Art 33 § 9 GSG. Mit Wirkung zum 01.01.1996 hob der Gesetzgeber beide Normen auf. Er hielt es nicht mehr für erforderlich, die vorläufige
Unwirksamkeit von beanstandeten Vergütungsvereinbarungen festzuschreiben (vgl. BT-Drucks 12/3608 S. 158 zu Art 31, zu § 8).
Die vom Gesetzgeber des TSVG und GKV-FKG angenommene Suspensivwirkung der Beanstandung hätte zudem - mangels gesetzlicher
Regelung - einen vertragslosen Zustand zur Folge. Die bis 31.12.1995 geltende Rechtslage regelte hierzu, dass bis zur Behebung
der Beanstandung die bisherigen Vereinbarungen weitergalten (vgl. §
71 Abs.
2 Satz 5 und §
89 Abs.
5 Satz 8
SGB V a.F.). Die Anordnung des Entfallens der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Beanstandung sahen die damaligen Regelungen
nicht vor.
Hätte die Beanstandung einer Schiedsentscheidung nach §
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V die vom Gesetzgeber des TSVG und GKV-FKG angenommene Wirkung im Sinne eines Wirksamkeitshindernisses, käme die Beanstandungsentscheidung
einer Aufhebungsentscheidung gleich. Dies aber wäre verfassungsrechtlich höchst fragwürdig, weil damit eine Bundesoberbehörde
das Recht eingeräumt würde, in die Entscheidung einer Landesbehörde rechtsgestaltend einzugreifen. Die Befugnisse des Bundes
in die landeseigene Ausführung von Bundesgesetzen einzugreifen ist jedoch abschließend in Art.
84 GG geregelt (vgl. Schnapp, NZS 2003, 1, 4; a.A. BSG, Urteil vom 17.08.2011 - B 6 KA 32/10 R -, in juris, Rn.34 f., allerdings zu der ab 01.01.1996 geltenden Fassung des §
89 SGB V, unter dessen Geltung die Beanstandung nach Auffassung des BSG keine suspendierende Wirkung entfaltete).
(2) Darüber hinaus ergibt eine summarische Prüfung, dass die Antragsgegnerin die Grenzen ihrer aufsichtsrechtlichen Befugnisse
nicht eingehalten hat.
(a) Die Aufsichtsbehörden können Schiedsamtsentscheidungen nach §
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V nur "bei einem Rechtsverstoß" beanstanden. Sie sind demnach auf eine Rechtsaufsicht beschränkt. Das bedeutet, dass sie nicht
im Wege einer Fachaufsicht die Zweckmäßigkeit der Entscheidung überprüfen darf. Die Aufsichtsbehörde hat (nur) darüber zu
wachen, dass der Versicherungsträger die Gesetze und das sonstige für ihn maßgebende Recht beachtet; dazu gehört auch die
Beachtung einer gesicherten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37). Bei Ausübung der Rechtsaufsicht muss zugleich dem Selbstverwaltungsrecht des Versicherungsträgers als
Träger mittelbarer Staatsverwaltung Rechnung getragen werden (§ 29 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch <SGB IV>); hierzu
gehört ganz wesentlich die Befugnis der Versicherungsträger, ihre Aufgaben im Rahmen des Gesetzes in eigener Verantwortung
zu erfüllen (§
29 Abs.
3 SGB IV). Einer Aufsichtsbehörde ist es daher grundsätzlich verwehrt, mit aufsichtsrechtlichen Mitteln ihre Rechtsauffassung durchzusetzen,
sofern dem Rechtsfragen zugrunde liegen, die bislang weder das Gesetz noch die Rechtsprechung in eindeutiger Weise beantwortet
haben; in einem solchen Fall bedarf aufsichtsrechtliches Einschreiten einer besonderen Rechtfertigung (BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37). Der Grundsatz einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht gebietet es zudem, dem Versicherungsträger
einen gewissen Beurteilungsspielraum bzw. eine Einschätzungsprärogative zu belassen (BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37; BSG, Urteil vom 28.06.2000 - B 6 KA 64/98 R -, in juris). Daraus folgt, dass Aufsichtsmaßnahmen, die stets eine Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfordern (s. auch
§
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V "kann"), rechtswidrig sind, wenn sich das Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers im Bereich des rechtlich noch
Vertretbaren bewegt (BSG, Urteil vom 21.03.2018 - B 6 KA 59/17 R -, in juris, Rn. 37; BSG, Urteil vom 22.03.2005 - B 1 A 1/03 R -, in juris; siehe auch Engelhard in juris-PK
SGB IV, 3. Aufl 2016, §
89 Rn. 22 ff.).
Ist Gegenstand der aufsichtsrechtlichen Maßnahme ein Vertrag zwischen Selbstverwaltungsträgern hat die Aufsichtsbehörde darüber
hinaus zu berücksichtigen, dass vertragliche Vereinbarungen auf einen Interessenausgleich angelegt sind und Kompromisscharakter
haben. Deshalb unterliegen auch Entscheidungen des Landesschiedsamts, das bei ihrer Entscheidung an die Stelle der Vertragspartner
tritt, nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (stRspr. BSG, Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 29/02 R -, in juris; zuletzt BSG, Urteil vom 04.07.2018 - B 3 KR 21/17 R -, in juris). Sie sind nur daraufhin zu überprüfen, ob sie die grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen und in inhaltlicher
Sicht die zwingenden rechtlichen Vorgaben eingehalten haben. In formeller Hinsicht wird geprüft, ob das Schiedsamt den von
ihm zugrunde gelegten Sachverhalt in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs ermittelt hat und sein Schiedsspruch
die Gründe für das Entscheidungsergebnis ausreichend erkennen lässt. Die inhaltliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob der
vom Schiedsamt zugrunde gelegte Sachverhalt zutrifft und ob das Schiedsamt den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten,
d.h. insbesondere die maßgeblichen Rechtsmaßstäbe beachtet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht kommt den Schiedsämtern bei der Festsetzung des Inhalts der Verträge ein weiter Gestaltungsspielraum
zu; die Vertragsgestaltungsfreiheit, die der gerichtlichen Prüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner
einer im Wege freier Verhandlung erzielten Vereinbarung (BSG, Urteil vom 04.07.2018 - B 3 KR 21/17 R -, in juris). Die Aufsichtsbehörde darf demnach insbesondere nicht ihr Gestaltungsermessen an die Stelle desjenigen der Vertragspartner
bzw. des Schiedsamtes setzen.
(b) Nach summarischer Prüfung überschreitet die Antragsgegnerin diesen aufgezeigten Rahmen bei der Beanstandung der durch
Schiedsentscheidung festgesetzten Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen.
(aa) Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich
vereinbaren gemäß §
87a Abs.
2 Satz 1
SGB V auf der Grundlage des Orientierungswertes gemäß §
87 Abs.
2e SGB V jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres einen Punktwert, der zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr
anzuwenden ist. Sie können dabei einen Zuschlag auf den oder einen Abschlag von dem Orientierungswert vereinbaren, um insbesondere
regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen. Darüber hinaus können sie nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V auf der Grundlage von durch den Bewertungsausschuss festzulegenden Kriterien zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten,
insbesondere in Planungsbereichen, für die Feststellungen nach § 100 Abs. 1 oder Abs. 3 getroffen wurden, Zuschläge auf den
Orientierungswert für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders zu fördernden Leistungserbringern
vereinbaren. Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist gemäß §
87a Abs.
2 Satz 4
SGB V zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. In seiner 456. Sitzung
hat der BewA mit Wirkung zum 01.10.2019 eine Neufassung seines Beschlusses vom 22.10.2012 zur Festlegung von Kriterien zur
Vereinbarung von Zuschlägen auf den Orientierungswert gemäß §
87 Abs.
2e SGB V für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern gemäß
§
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V beschlossen. Nach Ziffer 2 des Beschlusses können die Gesamtvertragspartner gemeinsam und einheitlich die Förderung von Leistungen
des EBM vereinbaren, "soweit Veränderungen in Art oder Häufigkeit der Erbringung zu einer Verbesserung der Versorgung führen.
Eine Verbesserung der Versorgung der Versicherten nach diesem Beschluss liegt dann vor, - wenn im Sinne der Verbesserung der
Struktur-, Prozess- oder Ergebnisqualität der Behandlungserfolg gesteigert werden kann, oder - wenn aufgrund einer Steigerung
oder Beibehaltung der bisherigen Leistungserbringung stationäre Behandlungen oder unnötige Krankentransporte vermieden werden
können, oder - wenn bestehende bzw. sich abzeichnende Versorgungsmängel durch gezielte Förderung reduziert bzw. vermieden
werden können, beispielsweise durch Veränderungen oder Erweiterungen der Angebotsstrukturen." Nach Ziff. 5 des Beschlusses
sind die Wirkungen vereinbarten Fördermaßnahmen "regelmäßig zu überprüfen. Zu diesem Zweck sind durch die Gesamtvertragspartner
überprüfbare Ziele der einzelnen Fördermaßnahmen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme festzulegen."
Die Gesamtvertragspartner sind an diese gesetzlichen Vorgaben gebunden. Auch die im Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung
aufgestellten Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von
besonders förderungswürdigen Leistungserbringern sind verbindlich. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V, wonach die Zuschläge "auf der Grundlage" der vom BewA festgelegten Kriterien vereinbart werden können. Insoweit wird der
Gestaltungsspielraum der Gesamtvertragspartner begrenzt. Darüber hinaus gilt der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allgemein
für die im Vierten Kapitel des
SGB V geregelten Vergütungsvereinbarungen, sofern er nicht explizit durch das Gesetz ausgeschlossen oder relativiert wird (BSG, Urteil vom 10.05.2017 - B 6 KA 5/16 R -, in juris, Rn. 53).
(bb) Nach summarischer Prüfung beachten die von der Antragsgegnerin beanstandeten Regelungen der durch Schiedsspruch festgesetzten
Vergütungsvereinbarung diese rechtlichen Vorgaben; jedenfalls sind sie rechtlich vertretbar und damit grundsätzlich der Rechtsaufsicht
entzogen.
(aaa) Die Erhöhung der MGV (§ 4 Abs. 2 Satz 16 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung) sowie die Förderung von Leistungen innerhalb der MGV gemäß § 9 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung hält sich an die gesetzlichen Vorgaben und berücksichtigt entgegen der Auffassung
der Antragsgegnerin die Berechnungssystematik der Gesamtvergütung.
Nach §
87a Abs.
3 SGB V vereinbaren die Gesamtvertragspartner für das Folgejahr die von den Krankenkassen mit befreiender Wirkung an die jeweilige
Kassenärztliche Vereinigung zu zahlenden morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen. Hierzu vereinbaren sie als Punktzahlvolumen
auf der Grundlage des EBM den mit der Zahl und der Morbiditätsstruktur der Versicherten verbundenen Behandlungsbedarf und
bewerten diesen mit dem nach Abs. 2 Satz 1 vereinbarten Punktwert in €; der vereinbarte Behandlungsbedarf gilt als notwendige
medizinische Versorgung gemäß §
71 Abs.
1 Satz 1
SGB V. Die in diesen Regelungen zum Ausdruck kommende Trennung der Vereinbarung des Behandlungsbedarfs von der Vereinbarung des
Punktwerts wird durch die beanstandeten Regelungen in der Vergütungsvereinbarung nicht verletzt. Die Erhöhung des Punktzahlvolumens
für die Förderzuschläge für hausärztlich geriatrische Leistungen in § 4 Abs. 2 Satz 16 der Vergütungsvereinbarung ist dem
Umstand geschuldet, dass die Vereinbarung eine Vergütung der förderungswürdigen Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten
Gesamtvergütung vorsieht, die Förderzuschläge für die hausärztlich geriatrischen Leistungen aber im Jahr 2019 außerhalb der
Gesamtvergütung vergütet wurden. Hinsichtlich der übrigen Förderzuschläge, die bereits im vergangenen Jahr innerhalb der Gesamtvergütung
vergütet wurde, ist dies aufgrund der Vorjahresanknüpfung der Vereinbarung des Behandlungsbedarfs nicht erforderlich. Eine
unzulässige Vorjahresanknüpfung des Zuschlags auf den Orientierungswert folgt daraus nicht. Wie das BSG zu den Zuschlägen nach §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V entschieden hat, gilt der Grundsatz der sog. Vorjahresanknüpfung für die Vereinbarung von Zu- und Abschlägen nicht (BSG, Urteil vom 10.05.2017 - B 6 KA 5/16 R -, in juris, Rn. 45). Unabhängig von der Frage, ob dies auch für die Zuschläge nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V gilt, bezieht sich die Nichtgeltung des Grundsatzes der Vorjahresanknüpfung nur auf die Preiskomponente.
Es ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch zulässig, Leistungen innerhalb der MGV mit einem Zuschlag auf den Punktwert zu fördern. Das Gesetz enthält keine Bestimmungen dazu, dass nur Leistungen außerhalb
der MGV förderungsfähig sind. Auch die Finanzierung der vereinbarten Zuschläge ist nicht geregelt. Im Katalog der zwingend extrabudgetär
zu vergütenden Leistungen (§
87a Abs.
3 Satz 5
SGB V) sind die Zuschläge nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V nicht aufgeführt. Darüber hinaus "können" nach §
87a Abs.
3 Satz 6
SGB V weitere Leistungen außerhalb der MGV vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen. Eine Verpflichtung hierzu besteht indes nicht. Die gesetzlichen
Regelungen stehen mithin einer Vergütung der Förderleistungen nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V innerhalb der MGV nicht entgegen. Soweit sich die Gesamtvertragspartner für diesen Weg entscheiden, ist aber zwingend erforderlich, auch den
Behandlungsbedarf für diese Leistungen, also die Mengenkomponente, in die Vereinbarung der MGV miteinfließen zu lassen. Andernfalls ginge die Finanzierung zu Lasten der nicht geförderten Leistungen. Die Antragsgegnerin
weist selbst darauf hin, dass eine Förderung nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V aus zusätzlich bereitgestellten Geldern finanziert werden muss, damit die Finanzierung nicht zulasten der übrigen MGV-Leistungen geht. Die Festlegung von Zuschlägen darf auch nicht zu Lasten der medizinisch notwendigen Versorgung der Versicherten
gehen (vgl. §
87a Abs.
2 Satz 4
SGB V). Auch der Gesetzgeber sieht deshalb die Notwendigkeit einer "ausgabenwirksamen" Anhebung der Gesamtvergütung (s. BT-Drs.
17/6906, S. 62). Die bloße Finanzierung des Zuschlags auf den Orientierungswert durch eine Zuschlagssumme wäre für MGV-Leistungen nicht "ausgabenwirksam", wenn die Basisvergütung (Behandlungsbedarf x regionaler Punktwert) in der MGV fehlen würde. Das Schiedsamt weist in der Begründung seiner Entscheidung außerdem zu Recht darauf hin, dass eine Vergütung
innerhalb der MGV einer unkontrollierten Mengenausweitung entgegenwirkt und damit im Vergleich zur extrabudgetären Vergütung die Beitragssatzstabilität
befördert.
(bbb) Der von der Antragsgegnerin beanstandete § 8 Abs. 1 Satz 3 der durch den Schiedsspruch festgesetzten Vergütungsvereinbarung
enthält keinerlei Vereinbarungen über Zuschläge auf den Orientierungswert nach §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V oder sonstige Komponenten der Gesamtvergütung und verstößt deshalb nach summarischer Prüfung auch nicht gegen die gesetzlichen
Regelungen in §
87a Abs.
2 und
3 SGB V, wonach Punktwert und Behandlungsbedarf jeweils jährlich zu vereinbaren sind. Allein die zur Finanzierung bereitstehenden
Mittel werden thematisiert, wobei die Überführung von nicht verbrauchten Restbeträgen und die Berücksichtigung bei der Verständigung
über die Finanzierung der Förderung in der nächsten Vergütungsvereinbarung ersichtlich dazu dient, eine Rückzahlung der quartalsweisen
Abschlagszahlungen im Fall der Nichtausschöpfung der Fördermittel zu vermeiden und eine Verrechnung mit künftigen Fördermitteln
vorzunehmen. Eine Förderzusage kann hierin entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht gesehen werden.
(ccc) Nach summarischer Prüfung sind auch die durch Schiedsspruch festgesetzten Regelungen über die Zuschläge für besonders
förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie § 10 i.V.m.
Anlage 6 der festgesetzten Vergütungsvereinbarung nicht zu beanstanden.
Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin ist die Vereinbarung von Zuschlägen für besonders förderungswürdige Leistungen nach
§
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V nicht beschränkt auf Planungsbezirke, bei denen ein lokaler Versorgungsbedarf besteht, die unterversorgt sind oder denen
eine Unterversorgung droht. Der Gesetzeswortlaut steht einer Leistungsförderung für den gesamten KV-Bezirk nicht entgegen.
Die Planungsbereiche, für die Feststellungen nach § 100 Abs. 1 oder Abs. 3 getroffen wurden, werden lediglich beispielshaft
genannt ("insbesondere"). Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs soll der mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz vom
22.12.2011 (BGBl I S. 2983) eingefügte §
87a Abs.
2 Satz 3
SGB V "vor allem" dazu dienen, die Möglichkeiten zur Steuerung des Niederlassungsverhaltens über Vergütungsanreize zu erweitern
(BT-Drs. 17/6906 S. 62). Dem steht aber nicht entgegen, Förderzuschläge auch für Leistungen, die in überversorgten Planungsbereichen
oder im gesamtem KV-Bereich erbracht werden, zu vereinbaren. Der Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung sieht demgemäß
auch keine Beschränkung der Förderkriterien auf unterversorgte oder von Unterversorgung bedrohte Gebiete vor. Als Kriterium
für eine Versorgungsverbesserung wird vielmehr auch die Verbesserung der Qualität der Leistung genannt (Ziff. 2, 1. Fallgruppe),
die unabhängig vom Versorgungsgrad des Planungsbereichs als Förderkriterium in Betracht kommen kann. Entsprechendes gilt für
das Förderkriterium "Vermeidung stationärer Behandlungen" (Ziff. 2, 2. Fallgruppe). Darüber hinaus macht auch die Förderung
bestimmter Leistungen in überversorgten Gebieten Sinn, wenn etwa die dort niedergelassenen Ärzte Schwerpunkte gesetzt haben,
die zur Folge haben, dass einzelne Leistungen ihres Fachgebiets bei der Leistungserbringung zu stark in den Hintergrund treten.
Für die Entscheidungen, ob ("kann") und für welche Planungsbereiche Förderungen vereinbart werden, ist den Vertragspartnern
ein weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen. Einer Rechtsaufsicht sind diese Entscheidungen grundsätzlich nicht zugänglich.
Nur soweit die gesetzlichen Vorgaben oder die Kriterien des BewA nicht beachtet werden, unterliegen die Entscheidungen einer
Rechtskontrolle. Nach summarischer Prüfung haben die Vertragspartner bzw. das Schiedsamt mit den Regelungen über die Zuschläge
für besonders förderungswürdige Leistungen in § 7 Abs. 3 i.V.m. Anlage 7, § 8 i.V.m. Anlage 4 und § 9 i.V.m. Anlage 5 sowie
§ 10 i.V.m. Anlage 6 der Vergütungsvereinbarung den gesetzlichen und untergesetzlichen Vorgaben entsprochen.
Voraussetzung für die Förderung von Leistungen ist nach den im Beschluss des BewA in seiner 456. Sitzung aufgestellten Kriterien,
dass die Förderung von Leistungen des EBM zu "Veränderungen in Art oder Häufigkeit der Erbringung zu einer Verbesserung der
Versorgung führen". Wann eine Verbesserung der Versorgung vorliegt, legt Ziff. 2 Satz 2 des Beschlusses durch die Benennung
von drei Fallgruppen fest. Danach wird von einer Verbesserung der Versorgung ausgegangen, wenn im Sinne der Verbesserung der
Struktur-, Prozess- oder Ergebnisqualität der Behandlungserfolg gesteigert werden kann (Fallgruppe 1), oder wenn aufgrund
einer Steigerung oder Beibehaltung der bisherigen Leistungserbringung stationäre Behandlungen oder unnötige Krankentransporte
vermieden werden können (Fallgruppe 2), oder wenn bestehende bzw. sich abzeichnende Versorgungsmängel durch gezielte Förderung
reduziert bzw. vermieden werden können, beispielsweise durch Veränderungen oder Erweiterungen der Angebotsstrukturen (Fallgruppe
3). Die Heranziehung der entscheidungserheblichen Gründe des Beschlusses ergibt, dass hinsichtlich der Fallgruppe 2 weitere
Tatbestände, bei denen Maßnahmen für eine Steigerung oder Sicherung der Inanspruchnahme in Betracht kommen, erlaubt sind (die
Erhöhung der Compliance der Patienten oder die Verbesserung der Koordination oder der Effizienz der Versorgung). Eine Verpflichtung
der Vertragsparteien zur Begründung der Förderungen in der Vereinbarung sieht der Beschluss des BewA nicht vor.
Die Vergütungsvereinbarung enthält in ihren Anlagen zu den geförderten Leistungen vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme
festgesetzte, überprüfbare Ziele. Das Förderziel einer im Einzelnen festgelegten Steigerung der Häufigkeit der Abrechnung
der geförderten Leistungen lässt sich ohne Weiteres nach Ablauf des Förderzeitraums (2024) überprüfen. Weitere Anforderungen
stellt der Beschluss des BewA nicht auf. Ziff. 5 des Beschlusses verlangt lediglich, dass zum Zwecke der Überprüfung und Bewertung
der Wirkungen der vereinbarten Fördermaßnahmen durch die Gesamtvertragspartner "überprüfbare Ziele" der einzelnen Fördermaßnahmen
"vor Beginn der jeweiligen Fördermaßnahme" festzulegen sind. Zudem verkennt die Antragsgegnerin, dass auch schon in geringen
Steigerungen der Häufigkeit von Leistungen ein Förderziel liegen kann. Im Fall rückläufiger Leistungen kann es als Ziel sogar
genügen, dass die Häufigkeit beibehalten bleibt und nicht weiter absinkt.
(c) Insgesamt ergibt somit die summarische Prüfung, dass die Antragsgegnerin die im Tenor ihres Bescheids vom 14.04.2020 genannten
Regelungen der mit Schiedsspruch festgesetzten Vergütungsvereinbarung zu Unrecht beanstandet. Die von ihr aufgezeigten Rechtsverstöße
liegen nicht vor. Jedenfalls sind die beanstandeten Regelungen rechtlich vertretbar und damit der Rechtsaufsicht entzogen.
Ob darüber hinaus Fehler bei der Ausübung des der Antragsgegnerin durch §
89 Abs.
10 Satz 7
SGB V eingeräumten Aufsichtsermessens vorliegen, kann vor diesem Hintergrund dahin gestellt bleiben.
b) Der Bescheid der Antragsgegnerin erweist sich somit nach summarischer Prüfung als rechtswidrig. Die Klage der Antragstellerinnen
wird daher voraussichtlich erfolgreich sein. Die Abwägung der der widerstreitenden Interessen ergibt vor diesem Hintergrund,
dass das Aufschubinteresse der Antragstellerinnen gegenüber dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt. Aber selbst
für den Fall, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bezeichnen wäre, weil bislang in der Rechtsprechung ungeklärte
Rechtsfragen zu entscheiden sein werden, fiele die Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen aus.
Bei der Abwägung der Interessen ist - wie oben bereits aufgezeigt - zu berücksichtigen, dass sich der Gesetzgeber mit der
Anordnung des Entfallens der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Beanstandungen für den Sofortvollzug entschieden hat.
Es sind deshalb Umstände erforderlich, die die Annahme rechtfertigen, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung
ausnahmsweise abzuweichen ist. Dabei sind nur solche Folgen beachtlich, die nicht bereits als regelmäßige Folgen des gesetzlich
angeordneten Sofortvollzugs in der gesetzgeberischen Grundentscheidung Berücksichtigung gefunden haben (vgl. BVerfG, Beschl.
v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 -, in juris). Mit der Anordnung des Sofortvollzugs bezweckte der Gesetzgeber, das Inkrafttreten einer als rechtswidrig beanstandeten
Vergütungsvereinbarung zu verhindern, da andernfalls das Aufsichtsmittel "Beanstandung" insgesamt "seine Wirkung verlieren"
würde (BT-Drs. 19/15662, S. 72 zu §
71 SGB V). Die mit dem Sofortvollzug verbundene, vom Gesetzgeber bezweckte, regelmäßige Folge, dass eine Vergütungsvereinbarung ganz
oder teilweise nicht in Kraft treten und deshalb (einstweilen) nicht umgesetzt werden kann, rechtfertigt somit für sich gesehen
nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
Besondere Umstände, die vorliegend ausnahmsweise eine Abweichung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung rechtfertigen,
sieht der Senat in der von der Antragstellerin zu 2 im Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung aufgezeigten erheblichen
Gefährdung für die bestehenden Versorgungsstrukturen in Baden-Württemberg. Die betroffenen Förderungen laufen danach bereits
seit durchschnittlich sechs Jahren. Es wurden bereits mehr als 300 Mio. € von den Krankenkassen in die Etablierung dieser
Strukturen investiert. Können die Fördergelder (für 2020 in Höhe von rund 75 Mio. €) bis zur Rechtskraft einer gerichtlichen
Hauptsacheentscheidung einstweilen nicht ausbezahlt werden, drohen die aufgebauten Strukturen wegzubrechen, weil sich die
Vertragsärzte ohne finanzielle Anreize, die mit der Förderung gesetzt werden, von den betroffenen Leistungen abwenden werden.
Dies hätte nicht wieder gut zu machende negative Folgen für die Versorgung der Versicherten in Baden-Württemberg. Die bereits
in den vergangenen Jahren auf den Weg gebrachten und/oder erzielten Versorgungsverbesserungen drohten verloren zu gehen. Dabei
handelt es sich auch nicht um zusätzliche Leistungen außerhalb des "GKV-Katalogs", sondern um Leistungen der Regelversorgung,
zu deren Sicherstellung die Antragstellerinnen verpflichtet sind. Betroffen wären beispielsweise Pflegeheimbewohner (Förderung
der Pflegeheimbesuche nach § 8 Anlage 4 der Vergütungsvereinbarung), deren Versorgung insbesondere in Zeiten der Pandemie
COVID-19 durch Pflegeheimbesuch der Hausärzte in besonderer Weise sichergestellt werden muss. Der Ausfall der Förderung belegärztlicher
Leistungen (§ 7 Abs. 3 und Anlage 7 der Vergütungsvereinbarung) beträfe nach den schlüssigen Darlegungen der Antragstellerin
zu 2 vor allem Versicherte in ländlichen Regionen, weil dort zu einem Anteil von 16 bis 20 % die stationäre Versorgung durch
Belegärzte abgedeckt wird. Beim Wegfall der Förderung des psychiatrischen Gesprächs drohen nach den Ausführungen der Antragstellerin
zu 2 Engpässe bei der Versorgung psychisch schwer erkrankter Versicherter.
Demgegenüber wären die Folgen, die im Fall der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eintreten würden, wenn später die Klage
in der Hauptsache keinen Erfolg hätte, weniger schwerwiegend. Denn in diesem Fall müsste die Antragstellerin zu 2 die von
den Krankenkassen gezahlten rund 75 Mio. € wieder zurückzahlen. Sie kann hierzu - wie dies in der vertragsärztlichen Abrechnungspraxis
üblich ist - die Honorarbescheide unter einen entsprechenden Rückzahlungsvorbehalt stellen. Für die Solidargemeinschaft und
den Steuerzahler drohen mithin keine irreparablen Schäden.
Insgesamt ergibt deshalb die Abwägung der widerstreitenden Interessen, dass das Interesse der Antragstellerinnen an der Aussetzung
der Vollziehung gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin an der Vollziehung deutlich überwiegt und besondere Umstände ausnahmsweise
eine Abweichung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung rechtfertigen.
4. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GKG. Der Senat ist dabei von dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerinnen an der Aufhebung der angegriffenen Beanstandung
ausgegangen, das sie mit rund 75 Mio. € beziffert hat. Da nur eine Anordnung im einstweiligen Rechtsschutz erstritten werden
sollte, war nur ein Viertel des Betrages anzusetzen, der nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG auf den Maximalstreitwert in Höhe von 2.500.000,00 Mio. € zu kürzen war.
Diese Entscheidung kann gem. §
177 SGG nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden.